Titel: Ueber die Anwendung verschiedener Theerproducte in der Druckerei und Färberei; von Armand Dollfus.
Fundstelle: Band 173, Jahrgang 1864, Nr. XC., S. 364
Download: XML
XC. Ueber die Anwendung verschiedener Theerproducte in der Druckerei und Färberei; von Armand Dollfus. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, Mai 1864, t. XXXIV p. 193. Dollfus, über die Anwendung verschiedener Theerproducte in der Druckerei und Färberei. Hr. F. C. Calvert, Professor der Chemie in Manchester, übersandte unserer Société industrielle Proben von verschiedenen aus dem Steinkohlentheer dargestellten Producten. Seitdem man aus dem Benzin oder vielmehr seinem Derivat, dem Anilin, so verschiedene Farben darzustellen im Stande ist, hat man sich auch mit anderen interessanten Substanzen beschäftigt, in deren Gesellschaft das Benzin im Steinkohlentheer auftritt und Hr. Calvert bemühte sich Verfahrungsarten zur Darstellung einiger dieser Körper im Großen zu ermitteln. Der merkwürdigste unter denselben ist gewiß die Phenylsäure (Carbolsäure), welche er in sehr reinem Zustande fabricirt. Die Phenylsäure wird bekanntlich zur Darstellung sehr interessanter Farbstoffe benutzt, so mittelst Oxydation zur Bereitung der Pikrinsäure, welche die Seide und Wolle sehr schön gelb färbt, bis jetzt aber nur in der Färberei, in der Druckerei hingegen fast noch gar nicht verwendet worden ist. Durch Behandlung der Phenylsäure mit reducirenden Körpern erhielt man braune Farbstoffe, welche einige Analogie mit dem Orseille-Extract haben; nach den Versuchen, welche von Mülhausener Fabrikanten mit einigen dieser Substanzen angestellt wurden, lassen sich dieselben zum Drucken und Färben der Wolle und Seide verwenden. Ein anderer Farbstoff, der aus der Phenylsäure dargestellt wird, ist das schöne Azulinblau, welches ein Lyoner Haus (Guinon, Marnas und Bonnet) in den Handel liefert. Dieses Product, das vor dem Anilinblau entdeckt wurde, ist von letzterem großentheils verdrängt worden, welches besonders für den Druck lebhaftere Nüancen liefert; die sehr schönen Farben, welche das Azulin beim Färben der Seide liefert, scheinen jedoch etwas lichtbeständiger zu seyn, als die mittelst Anilinblau erhaltenen. Das erwähnte Lyoner Haus stellte neuerdings eine schöne Orangefarbe, das Corallin, dar; dasselbe hat jedoch sowohl in der Färberei als in der Druckerei bis jetzt nur eine sehr beschränkte Verwendung gefunden. Die Phenylsäure verdient aber nicht bloß als Quelle von Farbstoffen Beachtung, sondern fast noch mehr als Schutzmittel gegen Fäulniß, als Mittel zur Zerstörung von Miasmen und der niedrigsten pflanzlichen und thierischen Organismen. Obgleich in dieser Beziehung schon sehr viele Versuche angestellt worden sind, so blieben doch die Anwendungen im Großen ziemlich beschränkt und nur in England hat sich die Verwendung der Phenylsäure für diese Zwecke in den letzten Jahren zu verbreiten begonnen.Man s. Calvert's Aufsatz über die Anwendung der Phenylsäure als fäulnißverhinderndes Mittel, im polytechn. Journal Bd. CLVI S. 49. Von den Versuchen, welche ich selbst in dieser Hinsicht anstellte, führe ich an, daß eine Leimlösung, welche ich mit einigen Tropfen Phenylsäure versetzte und dann mehrere Wochen stehen ließ, sich besser conservirte als eine solche ohne den Zusatz. Seit der Preissteigerung des Senegalgummis hat man andere Gummisorten zu benutzen gesucht, deren ziemlich gefärbte Lösungen sich aber leicht mit Schimmel überziehen und verändern; durch Zusatz von einigen Tropfen Phenylsäure gelang es, sie vor einer zu raschen Veränderung zu schützen. Dagegen hat sich diese Säure als unwirksam erwiesen, um die Zersetzung des Stärke- und Mehlkleisters zu verhindern. Was das Naphtalin betrifft, so hatten es ausgezeichnete Chemiker, die sich mit dem Studium desselben beschäftigten, schon lange als eine Quelle von Farbstoffen bezeichnet und neuere Arbeiten, welche seit Entdeckung der Anilinfarben angestellt wurden, bestätigten diese Meinung; bis jetzt aber hat kein Farbstoff aus dem Naphtalin oder einem Derivat desselben Anwendung in der Industrie gefunden, namentlich wegen des geringen Glanzes und des Mangels an Beständigkeit. Die Aehnlichkeit der Naphtalinsalze mit den Anilinsalzen veranlaßte mich zu versuchen, ob sich für die schwarze Farbe, welche mittelst des chlorwasserstoffsauren oder salpetersauren Anilins dargestellt wird, die entsprechenden Salze des Naphtylamins verwenden lassen. Ich druckte zu diesem Zweck auf Baumwolle ein Gemisch von einem dieser Salze mit chlorsaurem Kali und Kupfervitriol, das Ganze mit Stärke verdickt; nach mehrtägigem Aufhängen des Zeugstücks erhielt ich statt einer schwarzen eine bräunlichgraue Farbe, welche vollständig ächt ist und vielleicht als solche oder auf andere Weise verwendet werden kann. Hr. Calvert übersandte auch eine sehr caustische, stark riechende Flüssigkeit, die er ebenfalls aus dem Steinkohlentheer dargestellt und Tereban genannt hat, und welche im Verhältniß von 1/3000 zugesetzt, die in der Druckerei verwendeten Eiweißlösungen conserviren soll. Vergleichende Versuche zwischen dieser Flüssigkeit und mit Kampher gesättigtem Terpenthinöl stellten den Vorzug des letzteren Präparats heraus; selbst eine reine Eiweißlösung schien sich eben so gut zu conserviren wie eine mit Tereban versetzte. Dagegen verzögerte dieser Körper ein wenig die Zersetzung einer Lösung von Casëin in ammoniakalischem Wasser. Ich will bei dieser Gelegenheit erwähnen, daß einige Fabriken im Elsaß die Zersetzung von albuminhaltigen Farben durch Zusatz von arsenigsaurem Natron, im Verhältniß von 5 Grammen per Liter, mit Erfolg verzögern.