Titel: | Sicherheits-Bremse für Haspel, Krahne und andere Hebmaschinen, von Tanney und Maitrejean. |
Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. I., S. 1 |
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I.
Sicherheits-Bremse für Haspel, Krahne und
andere Hebmaschinen, von Tanney und Maitrejean.
Aus Armengaud's Génie industriel, Juli 1864, S. 3
bearbeitet.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Tanney's und Maitrejean's Sicherheits-Bremse Haspel, Krahne
und andere Hebmaschinen.
Das Herabstürzen des großen Kronleuchters im Napoleon-Circus zu Paris in Folge
eines Zahnbruches an dem zum Aufziehen und Herablassen dienenden Haspel, als man
jenen umfangreichen und schweren Beleuchtungs-Apparat, um ihn von unten
reinigen zu können, niederlassen wollte, veranlaßte die HHrn. Tanney, ehemaliges Mitglied, und Maitrejean,
Regisseur des Circus, welche Zeugen jenes Unfalles waren, über einen Mechanismus
nachzudenken, durch welchen einem ähnlichen Unglück vorgebeugt werden könne, und sie
waren so glücklich, eine ziemlich einfache Vorrichtung zu finden, welche ganz
geeignet ist, die gewünschte Sicherheit zu gewähren, und die sich auch leicht mit
der bisherigen Construction des Haspels mit FederbremseDiesen Apparat bezeichnet man jetzt häufig, aber unrichtig, mit dem Namen:
Krahn, und nennt insbesondere den locomobilen
Haspel Laufkrahn; zum Krahn gehört außer dem Haspel noch der
Kranichhals, durch welchen eine außerhalb der
Verticalebene der Haspelwelle befindliche Last gehoben werden kann. verbinden läßt.
Das Wesentliche dieser Vorrichtung, welche in den Figuren 8–10 an einem
derartigen Haspel angebracht nach der von dem Ingenieur-Mechaniker Piat zu Paris ausgeführten Construction dargestellt ist,
besteht darin:
1) Daß die Bremsfeder F sich nicht gewöhnlich im
ungespannten Zustande befindet und erst durch den von einem Arbeiter auszuübenden
Druck gespannt werden muß, sondern immer durch einen mit einem Laufgewicht
beschwerten Hebel L angezogen wird, und daß dieser Hebel
von einem Arbeiter gehoben werden muß, wenn die Bremse gelöst werden soll;
2) daß die Bremstrommel P, P' nicht fest, sondern drehbar
auf der Achse A der Haspelwelle sitzt und mit ihr durch
ein Sperrrad K und zwei an die Speichen der Bremstrommel
sich stützende Sperrkegel C und C' in Verbindung steht, daß demnach die Bremsfeder F während des Hebens der Last angezogen seyn kann, ohne dieser Bewegung
einen Widerstand entgegenzusetzen, und daß sie nur beim Niederlassen der Last soviel
als nothwendig nachgelassen werden muß.
In der vorliegenden Ausführung dieser Sicherheitsbremse sind auf der concaven Seite
der Bremsfeder nach innen verjüngte Holzklötzchen (wie kurze Radfelgen) befestigt,
welche sich an den gußeisernen Bremsring anlegen und an diesem einen größeren
Reibungswiderstand bewirken, als die Stahlfeder selbst bei gleichem Druck erzeugen
würde. Die Bremstrommel ist aus zwei Theilen P und P' zusammengesetzt, die durch sechs Schraubenbolzen p verbunden sind und von denen der eine aus einer
Bodenscheibe und dem Bremsring besteht, und der andere als zweite Bodenscheibe in
den Bremsring eingepaßt ist. Zwischen diesen beiden Theilen ist das Sperrrad R auf die Achse A
festgekeilt und zwei gegenüberstehende der sechs Verbindungsbolzen p bilden die Achsen und Stützpunkte für die Sperrklingen
C und C', welche durch
die Feder r, r' an das Sperrrad angedrückt werden. Das
eine Ende f' der Bremsfeder F ist an dem Haspelgestell B befestigt, das
zweite Ende f derselben dagegen drehbar mit dem kürzeren
Arme des Spannhebels E verbunden; am längeren Arme
dieses Hebels ist eine cylindrische, am freien Ende mit einem kurzen dreigängigen
Schraubengewinde versehene Zugstange G eingehängt, und
diese geht in horizontaler Lage durch die cylindrische Schraubenmutter m, welche sich in der am Gestell B angegossenen Hülse b dreht und an welcher
der mit dem Laufgewicht belastete Hebel L so befestigt
ist, daß beim Niedersinken dieses Hebels die Zugstange G
angezogen und die Feder F gespannt, beim Heben desselben
nachgelassen wird, und es leuchtet ein, daß bei richtig gewählter Abmessung der
Zugstange G und des Hebels E
die Feder vollkommen gespannt seyn kann, wenn der Hebel L sich nahezu in horizontaler Lage befindet und so den größtmöglichen Zug
ausübt, und daß sie dann hinreichend lose am Bremsring anliegen wird, wenn der Hebel
L um einen rechten Winkel aufwärts gedreht worden
ist.
Der Haspel selbst bedarf wohl keiner näheren Beschreibung; es genügt anzudeuten, daß
für größtmögliche Sicherheit beim Aufziehen der Last das gewöhnliche, an der
Seiltrommel selbst befestigte, in Fig. 1 sichtbare Sperrrad,
dessen Sperrkegel sich an das Haspelgestell B stützt,
auch hier zu allem Ueberfluß noch beibehalten ist.
Zu dieser Ausführung unserer Sicherheitsbremse muß Folgendes bemerkt werden:
1) Die Sicherheit des Apparates beruht offenbar auf der Festigkeit der Zähne des
Sperrrades K und der Bolzen p, welche als Stützpunkte der Sperrkegel C und
C' dienen. Diese Festigkeit muß so bemessen werden,
daß jeder Radzahn und ein Sperrkegel für sich allein bei der größten Last, für
welche der Haspel anwendbar seyn soll, den erforderlichen Widerstand leistet, weil
man auch beim Anbringen von zwei Sperrkegeln niemals eine so genaue Theilung des
Sperrrades voraussetzen darf, daß eine gleiche Vertheilung des Druckes auf die
Sperrkegel und die in Eingriff stehenden Radzähne angenommen werden kann. Im
Gegentheil würde ohne den Spielraum der Achsen des Rades und der Sperrkegel immer
nur einer dieser letzteren wirklich in Angriff genommen seyn, und es ist deßhalb
auch zweckmäßiger, die beiden Sperrkegel in zwei diametral gegenüberstehenden Zähnen
eingreifen zu lassen, weil dann die Theilungsfehler des Rades durch den Spielraum
der Bremstrommel auf der Achse der Haspelwelle am besten ausgeglichen werden und
zugleich auch der sonst einseitige Druck auf diese Achse soviel als möglich
aufgehoben wird. Jene Festigkeit der Radzähne darf aber nicht, wie unser Original
angibt, nach der Formel für die Brechungsfestigkeit:
Pl = 1/6 Rab²
worin P den Druck auf den Zahn,
l seine Länge in der Richtung des Halbmessers, b die Breite am Grunde des Zahnes im Sinne des Umfanges,
a die Dicke desselben parallel zur Achse genommen
und R den entsprechenden
Festigkeits-Coefficienten bezeichnet, berechnet werden, weil der Druck nicht
an der Spitze des Zahnes angreift und diesen abbiegen will, sondern nach der
einfachen Formel für die Schubfestigkeit:
P = Gab,
worin G der Coefficient dieser
Festigkeit für das entsprechende Material ist, der für Gußeisen zu 250 Kil. für den
Quadratcentimeter genommen werden kann.
2) Wenn die Bremstrommel beim Niedersinken der Last sich in dem Sinne dreht, wie in
der Zeichnung angedeutet ist, nämlich so, daß sie die Bremsfeder durch den an ihrem
Umfang statthabenden Reibungswiderstand an dem befestigten Ende f' abzureißen strebt, das freie Ende f derselben dagegen dem Hebel E entgegenschiebt, so ist die Spannung dieser Feder bei f' die größte, bei f die
kleinste, und es muß dann auch die Befestigung der Bremsfeder bei f' weit stärker seyn, als sie in der Zeichnung in Fig. 9
angedeutet ist, während am Ende f Alles viel schwächer
seyn kann; ebenso genügt dann ein ziemlich kleines Gewicht an dem Hebel L, um einen sehr großen Reibungs-Widerstand auf der Bremstrommel zu
erzeugen, also auch einer großen Last an der Seiltrommel das Gleichgewicht zu
halten. Vernachlässigen wir die geringe Kraft, welche zum Biegen der Feder
erforderlich ist, betrachten wir diese also wie ein vollkommen biegsames Band, so
haben wir zwischen den Spannungen T und T' der Feder bei f und f' die bekannte Beziehung:
T' = Te
fφ,
worin f den Reibungscoefficient
zwischen der Feder (hier den Holzklötzchen) und dem Bremsring, φ den Bogen, nach welchem die Feder den Bremsring
umspannt, für den Halbmesser = 1 und e die Basis der
natürlichen Logarithmen oder die Zahl 2,71828 bedeutet, und für den
Reibungswiderstand F auf der Bremstrommel hat man
F = T'
– T = T (e fφ
– 1).
Nimmt man z.B. für den gegebenen Fall f = 0,4In unserem Original ist zur Erläuterung einer durchaus unrichtigen Berechnung
der Spannung der Feder f = 0,62 angenommen, was
aber offenbar nur für den neuen rauhen Zustand der Holzstücke und des
Bremsringes zulässig ist; für den durch den Gebrauch entstehenden
geglätteten Zustand dürfte f = 0,4 mehr der
Wahrheit entsprechend seyn., φ = 4/5 . 2π, so folgt
T' = Te0,64π = 7,463 T,
F = 6,463 T,
T = 0,155 F;
die Spannung der Bremsfeder ist darnach bei f' fast 7 1/2 mal so groß als bei f, und diese letztere ist 15 1/2 Proc. von dem erforderlichen
Reibungswiderstand, oder da sich die Durchmesser der Seiltrommel (mit Einrechnung
der Seildicke) und der Bremstrommel wie 7 : 19 verhalten, 7/19 × 15,5 = 5,7
Proc. von der zu hebenden Last.
Würde sich dagegen die Trommel im entgegengesetzten Sinne drehen, so hätte man auch
umgekehrt
T = T'efφ, F = T – T' = T (1 – e–fφ),
und mit den obigen Werthen ergäbe sich
T' = 0,134 T, F = 0,866 T,
T = 1,155 F;
es würde also in diesem Falle für gleiche Last die Spannung
bei f über 7mal so groß als bei der ersten
Drehungsrichtung des Haspels; diesem Falle möchte daher die in der Zeichnung
angedeutete Stärke der Verbindungen in f und f' besser entsprechen.
Lassen wir endlich wie in unserem Original zu, daß die Gewindweite der dreigängigen
Schraube G 0m,12 beträgt, und daß das Gewicht am Hebel L 0m,75 von der Achse der Schraubenspindel G entfernt ist, nehmen aber den Hebel E einfach als gleicharmig an, so erhalten wir für die
Größe W jenes Laufgewichtes, wobei dann auch das auf
denselben Abstand reducirte Gewicht des Hebels L selbst
mit eingerechnet ist, den Werth:
W = 0,12/(0,75 × 2π) T = 0,0255 T oder nahe 1/40 T;
mithin wird sich im ersten Falle
W = 0,0255 × 0,155 F = 0,00394 F oder 1/254 F,
und W = 0,00145 oder 1/690 der zu
bewegenden Last berechnen. Es wird also in diesem Falle für ziemlich große Lasten
schon das Moment des Hebels L allein zum Bremsen
ausreichen.
Bei der entgegengesetzten Drehungsrichtung dagegen und sonst gleichen Umständen müßte
das Moment des Hebels L und seines Laufgewichtes fast 7
1/2mal so groß werden, also W mehr als 1 Proc. der zu
bewegenden Last betragen.
G.
Decher.