Titel: Die Pumpen-Constructionen von Norton und Steele; Bericht von H. Tresca.
Fundstelle: Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XXVI., S. 92
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XXVI. Die Pumpen-Constructionen von Norton und Steele; Bericht von H. Tresca. Aus den Annales du Conservatoire des arts et métiers, t. III p. 687. Mit Abbildungen auf Tab. II. Norton's Pumpe. Unter den Pumpen-Constructionen zeichneten sich auf der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung von 1862 besonders die von Norton und Steele durch ihre Neuheit und gute Verwendbarkeit in der Praxis aus. Norton's Pumpe. – Sie ist in den Skizzen Fig. 14 und 15 abgebildet, wovon die eine den Längendurchschnitt durch die Mittellinie und die andere den Querschnitt nach ab vorstellt. Das Ansaugen erfolgt durch die untere Oeffnung O mittelst der beiden über derselben angebrachten Ventile P und P'. Der Pumpenstiefel wird nur durch das verkehrte Auflegen der Rinne R, S auf die Rinne M, N gebildet; sind die Flächen gut abgehobelt, so erzeugt der atmosphärische Druck zwischen den unter Wasser gehaltenen Berührungsflächen eine Adhäsion von solchem Betrag, daß ein Verschieben von R, S auf M, N stattfinden kann, wobei abwechselnd die an den beiden Enden befindlichen Druckventile Q und Q' aufgehoben werden, welche ihr Wasser in den Ausgußkasten M, N einlassen, aus dem es durch die Oeffnung U abfließt. Der Längendurchschnitt zeigt die verschiebbare Rinne R, S in dem Augenblicke, wo sie sich dem Ende ihres Laufes nähert; sobald dieselbe sich aber nach der entgegengesetzten Richtung bewegt, schließen sich die Klappen P' und Q', während sich die Klappen P und Q öffnen. Bei dieser Construction können alle Theile des Apparates sehr leicht nachgesehen werden, weil die ganze Pumpe so zu sagen nur aus einem Aförmigen Schieber besteht, welcher auf einem Vförmigen Sitze gleitet. Unter gewissen Umständen verlegt Norton die Ventile in eine besondere Kammer unter dem Schnabel U des Ausgußkastens; dieselben sind dann paarweise über einander angebracht, wobei das Saugventil immer unten liegt und mit dem centralen Theile des Sitzes durch einen Canal in Verbindung steht, welcher in der Kammer zwischen den beiden Ventilen derselben Seite ausmündet; der Canal für die andere Kammer führt neben dem ersteren hin und endigt in gleicher Weise zwischen dem Saug- und Druckventil dieser zweiten Kammer. Bekanntlich hat dieses Uebereinanderlegen der Ventile an der Außenseite der gewöhnlichen Pumpencylinder den Zweck, einen Theil der fremdartigen Körper in der zwischengelegenen Kammer zurückzuhalten, um so Verstopfungen und Abnutzung des Cylinders zu vermeiden. Bei Norton's Pumpe ist letzterer Uebelstand viel weniger zu befürchten und überdieß braucht man nur den Schieber mit der Hand in die Höhe zu heben, um alle Flächen bloßzulegen und besichtigen zu können. Die auf den Schieber drückende Last beträgt hier wegen der Größe der Oberfläche nur ungefähr 1 Kilogramm per Quadratcentimeter und ist daher so schwach, daß beim Dazwischengerathen eines fremdartigen Körpers der Schieber eher aufgehoben wird, als daß tiefe Ritze auf den Berührungsflächen entstehen. Andererseits hat aber eine solche Pumpe auch ihre Mängel, indem sie das Wasser nicht auf eine große Höhe hinaufdrücken kann und nur in den Fällen anwendbar ist, wo der Wasserausfluß in sehr kleiner Entfernung vom Mechanismus stattfinden soll. Hinsichtlich der Saughöhe haben Versuche gezeigt, daß der Apparat bis zu 8 oder 9 Meter eben so gut wie die besten Pumpen functionirt. Steele's Pumpe zum Speisen der Dampfkessel. – Bei den gebräuchlichen kleinen Dampfpumpen zum Speisen der Dampfkessel ist gewöhnlich der Kolben der Wasserpumpe mit dem Kolben der Dampfmaschine an ein und derselben Stange befestigt und nur für das Passiren der todten Punkte wird es nöthig an diesem System ein Schwungrad anzubringen, daher man bloß zu diesem Zweck die hin- und hergehende Bewegung der Kolben in eine rotirende Bewegung verwandeln muß. Das Schwungrad soll hierbei noch den Vortheil gewähren, daß es die Bewegungen des Apparates regulirt; aber die meiste Zeit hindurch, wenn nicht immer, gibt sich der regelmäßige Gang des Schwungrades durch Stöße am Ende jedes Hubes des Pumpenkolbens kund, und es wäre, um diese zu vermeiden, besser, wenn die Wirkung an den todten Punkten verlangsamt werden könnte. Das Problem, eine Verlangsamung an den Enden eines jeden Hubes des Pumpenkolbens zu erzielen, wurde von dem amerikanischen Maschinenbauer Steele gelöst, dessen in Fig. 16 abgebildete Anordnung auch das Eigenthümliche hat, daß kein Schwungrad angewandt wird. Wir haben gesehen, daß es bei den Pumpen offenbar zweckmäßig ist, die Bewegung aller ihrer Theile in dem Augenblicke zu verlangsamen, wo der Kolben die Richtung seiner Bewegung wechselt. Dieses Resultat wird bereits bei den meisten Constructionen durch die Functionen der Kurbel und Kurbelstange erzielt, welche eine allmähliche Abnahme der Geschwindigkeit mit der Annäherung an die todten Punkte herbeiführen; vollständiger läßt sich dieser Zweck aber durch die Anordnung der Steuerungsorgane erreichen. Bei den Schiffsmaschinen kuppelt man zwei Kolben so an ein und dieselbe Welle, daß der eine von ihnen immer einen Druck ausübt, während der andere die todten Punkte passirt, und man vermeidet so die Anwendung eines Schwungrades. Steele hat eigentlich dasselbe gethan, jedoch mit dem Unterschiede, daß er den zweiten Kolben viel kleiner oder vielmehr so klein machte, daß er in einer bloßen Verlängerung des Schieberkastens des Hauptcylinders angebracht werden kann. Der Kolben A im großen Cylinder (Fig. 16) zeigt die Stellung, welche er beim Beginne seiner rückgängigen Bewegung einnimmt; seine Stange ist über den Kolben hinaus verlängert und treibt direct und in derselben Richtung den Kolben der Speisepumpe, welche in der Zeichnung weggelassen ist. Auf der anderen Seite ist die Stange dieses Kolbens mit einem coulissenförmigen Bügel versehen, in welchen mittelst eines Bolzens das Ende einer kleinen Stange B befestigt ist, die ihren festen Drehpunkt C an den Enden der Maschine hat. In dem Maaße als sich der Kolben A fortbewegt, beschreibt das Ende der Kurbelstange B einen Kreisbogen um den Punkt C und zieht in diese Bewegung das gezahnte Bogenstück B' hinein, welches einen Bestandtheil der Stange B bildet. Der kleine Bogen D' ist im Eingriff mit B' und bewegt seinerseits die Stange D des zweiten Cylinders, welche in ihrer Mitte durch den Schieberkasten unterbrochen wird und deßhalb zwei Kolben a, a trägt, die zusammen denselben Dienst leisten, wie ein gewöhnlicher Kolben. Sobald der Kolben A seine Bewegung beginnt, bewegt sich der Doppelkolben a, a in entgegengesetzter Richtung; aber während der erstere seinen Weg ganz zurücklegt, hat der letztere in Folge des Verhältnisses zwischen den Durchmessern der beiden gezahnten Bogenstücke und der Verschiedenheit der Wege, Zeit gehabt zu seinem Anfangspunkt zurückzukehren. Der kleine Kolben a bewegt sich nahezu wie der Schieber einer gewöhnlichen Maschine und auf diese Weise konnte der Erfinder die Bewegung des Hauptschiebers T des großen Cylinders zur rechten Zeit ermöglichen. An der Schieberplatte befindet sich oben ein Rahmen, welcher in einer Nuth des mittleren Theiles der den beiden Kolben a, a gemeinschaftlichen Stange steckt. Das Spiel des Rahmens in dieser Nuth ist der Art, daß die Bewegung des Schiebers T bei jedem Kolbenhub vollendet wird, obwohl dieser Schieber während des größten Theiles der Admissionsperiode unbeweglich bleibt. Diese Einrichtung würde aber zur Ueberschreitung der todten Punkte nicht hinreichen, wenn die kleinen Kolben zu diesem Zwecke nicht noch Dampf durch eine besondere Steuerung erhielten, welche in demselben Schieberkasten hinter dem Schieber T angebracht ist. Der Schieber derselben, welchen wir mit t bezeichnen wollen, obgleich er kaum auf der Zeichnung zu unterscheiden ist, wird ebenfalls von dem mittleren Theil der Stange der kleinen Kolben bewegt, und zwar so, daß einer von den unter den Kolben punktirt angegebenen Admissionscanälen jedesmal dann sicher geöffnet wird, wenn der Kolben A am Ende seines Weges ist. Bei dieser Anordnung erfolgt die Dampfadmission in den kleinen Cylinder nur mit sehr großer Verzögerung, aber der geringe Durchmesser dieses Cylinders macht diesen Umstand fast gleichgültig. In der That ist Steele's Pumpe vollkommen selbstthätig; dieselbe verlangsamt beim Beginne eines jeden Kolbenschubes ihre Bewegung sehr merklich und vermeidet folglich alle Nachtheile des zu raschen Ingangsetzens der meisten durch ein rotirendes Organ getriebenen Pumpen. Wir müssen diese höchst sinnreiche Anordnung als einen Fortschritt bezeichnen.

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