Titel: Der autographische oder Copir-Telegraph von Caselli.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. I., S. 1
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I. Der autographische oder Copir-Telegraph von Caselli. Nach den Annales télégraphiques, 1863, t. VI p. 209 und dem Exposé des applications de l'électricité par M. du Moncel, t. V p. 334. Mit Abbildungen auf Tab. I. Caselli's Copirtelegraph. Der unter dem Namen „Pantelegraph“ im J. 1855 patentirte Copir-Telegraph von Caselli war in seiner ursprünglichen Einrichtung als ein für Collegien-Zwecke geeigneter Schulapparat zu bezeichnenMan s. Allgem. Encyklopädie der Physik, Bd. XX S. 1009 ff., und hätte kaum je irgend welcher Beachtung in der Praxis sich erfreuen können, wäre er nicht in den letzten Jahren vollständig umgewandelt worden. Seit dem Monate August 1862 soll der neue Copirtelegraph auf den Linien Paris-Amiens und Paris-Lyon versuchsweise in Thätigkeit seyn; dem Vernehmen nach soll derselbe in der letzten Zeit auf der Linie Paris-Lyon neben den schon bestehenden Telegraphen für den öffentlichen Verkehr angewendet werden. Gegenwärtig besteht der Apparat von Caselli aus zwei verschiedenen Haupttheilen, nämlich: 1) aus dem eigentlichen Telegraphen (Fig. 1 und 2), welcher an jeder Station einen Zeichengeber (Transmetteur) und einen Zeichenempfänger (Récepteur) enthält; 2) aus einem regulirenden Pendel (chronomètre régulateur), das den Zweck hat auf sichere und leichte Weise den synchronistischen Gang der Apparate der beiden correspondirenden Stationen zu regeln (s. Fig. 3 und 4). Beschreibung des Telegraphen-Apparates. – Dieser Apparat besteht der Hauptsache nach aus einem sehr schweren Pendel (8 Kilogramme wiegend) von 2 Meter idealer Länge, welches abwechselnd mittelst zweier Arme B, B' (Fig. 2 und 5) auf zwei schwingende und unter sich gleich eingerichtete Systeme M, M', von denen das eine M den Transmetteur, und das andere M' den Récepteur bildet, einwirkt. Ein Läutewerk S wird zum Anrufen beim Beginn des Telegraphirens etc. benutzt. Aus dieser Einrichtung sieht man, daß es das Pendel selbst ist, welches den mechanischen Motor dieser Apparate bildet, und um sowohl von seiner Seite eine genügende Kraft zu erlangen, als auch um es in einem kleinen Bogen schwingen zu lassen, eine nothwendige Bedingung für den Isochronismus seiner Bewegungen, hat man ihm jene Dimensionen und das beträchtliche Gewicht gegeben, wovon wir eben gesprochen haben. Jetzt ist es leicht zu verstehen, daß, damit zwei telegraphische Apparate dieser Natur synchronistischen Gang besitzen, es sich nur darum handelt, die Schwingungen der Pendel auf solche Weise zu regeln, daß sie genau mit einander correspondiren. Zu diesem Zwecke sind nämlich die Elektromagnete E, E' angebracht, auf welche der (unten anzugebende) Regulator einwirkt, und welche die, die Pendellinse ersetzende Eisenarmatur A einerseits festhalten und wodurch letzterer beim Ausschwingen ein kleiner Impuls beigebracht werden soll; vorläufig mag hierüber bloß erwähnt werden, daß das Pendel mittelst des Hebels I auf zwei Commutatoren F, F' einwirkt und bei C zwei Sperrhaken auslöst, welche abwechselnd den Strom nach der Spirale von E oder E' gelangen lassen, wenn das Pendel eine seiner äußersten Lagen annimmt; durch die beiden Anhaltschrauben c, c' an dem Hebel U werden seine Schwingungen begrenzt. Der Transmetteur M und der Récepteur M' haben unter sich ganz gleiche Einrichtung, nur unterscheiden sie sich bezüglich der Größe ihrer schwingenden Bewegung, die bei dem Récepteur etwas kleiner als bei dem Transmetteur ist. Letzterer besteht in einem Rahmen M, M (Fig. 1 und 2), der durch das Metallstück K, J gehalten und an der horizontalen Achse GG angebracht ist; er endigt in dem Stabe L, durch welchen die Verbindung des schwingenden Systemes mit dem Arme B hergestellt wird; das an dem Stabe L angebrachte Gegengewicht HH hat das System M, M in die verticale Ruhelage zurückzuführen. An diesem Rahmen ist der unten beschriebene Mechanismus für den Zeichenstift – einer stählernen oder Platinspitze – angebracht, unterhalb welchem der Cylinder N sich befindet, der an dem Transmetteur mit metallisirtem (Silber-) Papier, das die Originalschrift, die Zeichnung etc. enthält, an dem Récepteur mit chemisch präparirtem Papier (nach dem Verfahren von Pouget-Maisonneuve)Polytechn. Journal Bd. CXXXVIII S. 43. bekleidet ist, um die Copie des Telegrammes empfangen zu können. Da die Hauptspindel sowohl beim Hin- als auch beim Hergange einen Zeichenstift des Rahmens M, M bewegen kann, so ist sowohl der Zeichengeber als auch der Empfänger mit einem doppelten Schreibapparate, nämlich mit zwei Stiften j sowohl, als auch mit zwei Markircylindern N, N versehen, von welchen der eine Markirstift beim Hin-, der andere beim Hergange des Pendels arbeiten kann (s. Fig. 1). Jeder der Markirstifte ist (s. Fig. 1 und 10) mit einer Schraube v in mittelbarer Weise verbunden, auf welche die Pendelbewegung durch einen Zwischenapparat übergetragen wird. Mit der Schraube v steht nämlich die an den Stab n, n sich stützende hohle Schraube i in unmittelbarer Verbindung; in dieselbe greift ein Stift, der bei j mit einem um die Spitze schwingenden und von dem beweglichen Arme r, r getragenen Läufer versehen ist, und dieser enthält nun den Markirstift. Da an dem Arme r, r auf diese Weise zwei Markirstifte angebracht sind, so gestattet jene Anordnung, daß, wenn das Pendel nach links schwingt der eine, und wenn es zurückschwingt der andere Stift mit dem Markircylinder in Berührung kommen kann, da dem Arme n, n, wie wir nachher sehen werden, dabei eine Schwingung um eine horizontale Achse beigebracht wird. Der Mechanismus, welcher diese Bewegungen dem eben genannten Systeme beibringt, ist bei o, f, t (Fig. 1) in der vorderen, in Fig. 7 und 8 in der Seitenansicht dargestellt; derselbe besteht aus einem Sperrrad o mit 10 Zähnen, das auf der Achse der Doppelschraube ohne Ende v, v angebracht ist, und auf das eine mit Sperrhaken versehene Gabel f einwirkt. Der Stab t trägt eine Art Anker, welchem beim Hin- und Herschwingen des Systemes K um die Achse G durch die Schrauben d, d abwechselnd ein Impuls beigebracht wird, der dasselbe ebenfalls in Schwingungen versetzt, und wodurch die Sperrkegel das Rad o und mit diesem die Schraube v, v schrittweise in longitudinale Bewegung versetzen. Die oscillirende Bewegung des Stabes r, r, an welchem die beiden Markirstifte mittelst ihrer Läufer sich befinden, wird dadurch bewerkstelligt, daß beim Schwingen des gabelartigen Hebels f bald die Schraube l auf einen Arm des Hebels ux, bald die Schraube l' auf den Arm u' einwirkt; diese Hebel stehen mit dem Stabe rr in Verbindung, und es wird daher dieser bald gegen die eine, bald gegen die andere Seite geneigt. Da aber durch die an den Hebelenden x angebrachte Kautschukfeder der Zeichenstift mit seinem Läufer gegen den Copircylinder gedrückt wird, so wird also durch Einwirkung der Gabel f jedesmal einer dieser Copirstifte von seinem Cylinder abgehoben, wenn dieselbe die Richtung ihrer Schwingung wechselt; schwingt also das Hauptpendel von links nach rechts, so neigt sich das oscillirende System M, L gegen die linke Seite, und der Markirstift des rechten Theiles des Apparates kommt zur Thätigkeit, während der des linken Theiles abgehoben wird; schwingt das Pendel sodann wieder zurück, so markirt der Stift des linken Theiles des Apparates, und der andere Markirstift bleibt dabei abgehoben. In jeder der äußersten Lagen des Pendels aber liegt zwar einer der Stifte auf dem zugehörigen Markircylinder, es darf jedoch hierbei keine elektrolytische Wirkung zu Stande kommen. Mit den vorstehenden Erörterungen ist nunmehr die Wirkungsweise des Telegraphenapparates für sich klar; es ist selbstverständlich, daß dieselbe Einrichtung, wie sie von einem Theile des Schreibapparates am Transmetteur erläutert wurde, auch für den anderen Theil des letzteren besteht, und daß in gleicher Weise, wie der Transmetteur (Fig. 2) auch der Récepteur (Fig. 5) ausgestattet ist, wurde schon oben erwähnt. Die eine der Treibstangen B oder B' bleibt mit dem Pendel in Verbindung, während es auf das eine schwingende System einwirken soll, wogegen die andere Treibstange dabei außer Verbindung mit dem Pendel gesetzt wird. Bei unserer vorliegenden Besprechung haben wir angenommen, daß Fig. 2 die gebende Station, Fig. 5 die empfangende vorstellen soll; bei jener wirkt also das Hauptpendel mittelst der Treibstange B auf das schwingende System des Transmetteur, bei dieser wirkt dasselbe mittelst der Treibstange B' auf den Récepteur. Es wurde oben erwähnt, daß bei jeder Ausschwingung des Hauptpendels nach der linken oder rechten Seite eines Schwingungsbogens einer der an dem Hebel f angebrachten Sperrkegel das an der Achse der Schrauben v, v befindliche Sperrrad um eine Zahnweite vorwärts schiebt; hierdurch wird also die den Schreibstift haltende Schraube v bei jeder einfachen Schwingung um einen Bruchtheil eines Millimeters vorwärts rücken, wodurch dem Stifte wieder neue freie Stellen auf der Papierfläche N dargeboten werden. In Folge der elektrolytischen Wirkungen beschreibt daher der Markirstift auf dem Copircylinder der Empfangsstation eine Reihe von Linien, welche um einen Bruchtheil eines Millimeters von einander entfernt sind, und wodurch eine continuirliche Linienreihe von jedem Schreibstifte erzeugt würde, die ein Papierblatt von 10 Centimeter Breite und 12 Centimeter Höhe bedecken, wenn der Strom während der Fortbewegung des Stiftes andauernd und nicht unterbrochen wirken würde. Da aber die elektrolytischen Wirkungen auf der Empfangsstation nur dann zu Stande kommen, wenn – während das Pendel sich bewegt – der Schreibstift an der gebenden Station über die auf dem metallisirten Papier mit Tinte eingezeichneten Originalzüge weggeht, so werden die elektrolytischen Marken auf dem Copircylinder das Original in gefärbten Zügen auf weißem Papier darstellen (s. Fig. 11 Hier bedeutet O das Original, C die von letzterem an der Empfangsstation erhaltene Copie.). Weiter muß erwähnt werden, daß die an dem Récepteur dargestellte Copie das Original – mag dieses in einer Schrift oder in einer Zeichnung etc. bestehen – wieder gibt, daß jedoch die Copie nicht der Größe nach dem Originale gleich, sondern diesem ähnlich und verkleinert erscheint. Da nämlich die Versuche herausgestellt haben, daß die Schrift noch deutlich wird, wenn die Striche um mindestens 0,3 Millimeter von einander entfernt sind, so benutzt man für den Récepteur einen kleineren Schwingungsbogen des Pendels; ferner hat das die Schrauben v, v drehende Sperrrad hier eine größere Zähnezahl als bei dem Transmetteur, und man kann so nicht allein die Zeit des Niederschreibens der Depesche etwas verkürzen, sondern auch, da die elektrolytische Wirkung auf kleinere Intervalle beschränkt wird, mit schwächeren Strömen arbeiten oder bei derselben Stromstärke die Zeichen deutlicher darstellen lassen, als unter anderen Umständen. Die Anordnung der Markirspitzen wird durch die in Fig. 9 hierfür bei j gegebene Darstellung deutlich; derselbe besteht nämlich – an dem Transmetteur sowie an dem Récepteur – aus einem einfachen und feinen Eisen- oder Platindraht, der durch einen Metallschnabel geht, welch' letzterer von zwei federnden Lamellen gebildet wird. Da der Copirtelegraph keine hörbaren Zeichen liefert, und da außerdem jedes Mittel, um eine Correctur oder Controle der Depesche anzeigen zu können, hier fehlt, so erscheint es als unerläßlich, den Apparat an jeder der Stationen mit einem Wecker zu versehen, vermittelst welchem der Anruf etc. gegeben werden kann. Der von Caselli bei seinem Telegraphen benutzte Wecker ist bei S (Fig. 2) im Durchschnitt, in Fig. 6 aber in der Seitenansicht dargestellt; der Ankerhebel wirkt mit Stromunterbrechung, die Contactschraube z ist mit dem Commutator F (beziehungsweise F') so verbunden, daß, wenn der Commutator so gedreht wird, daß das Contactstück in mit der Lamelle n in leitende Verbindung tritt, der Telegraphirstrom durch die Spiralen der Wecker-Elektromagnete gehen muß. Mittelst eines von Caselli angegebenen Schema's kann man sich durch die telegraphirten Glockenzeichen in passender Weise verständigen. Das regulirende Uhrpendel (Chronomè règulateur). – Zunächst ist jetzt zu zeigen, wie die beiden Hauptpendel der telegraphischen Apparate der correspondirenden Stationen in genau gleichen Gang versetzt werden. Zu dem Ende befindet sich nämlich an jeder Station eine nach Art eines Regulators eingerichtete genaue Pendeluhr (Fig. 3 und Fig. 4). Das Pendel R'' dieses Regulators hat bei b einen kleinen Metallansatz, mit welchem es bei seiner Schwingung nach der rechten Seite gegen die an den Hebel a angebrachte Schraube e wirken, und diesen, da nämlich der Hebel a um die in dem Lager c befindliche Achse drehbar ist, gegen die Feder r drücken kann, welch' letztere mittelst der Schraube v gehörig regulirt wird. In Folge dieser Einwirkung wird der Hebel a von dem Contacte d, der mit dem positiven Pole 2 der Telegraphirbatterie A verbunden ist, getrennt, und der Strom von A, der bei einer gewissen Lage des Pendels A (Fig. 2) hier eintreten könnte, um von da aus durch den Hebel a (Fig. 3) nach c und zur Spirale einer der Elektromagnete E oder E' zu gelangen, wird hierdurch unterbrochen. Ist aber einer dieser Elektromagnete in Thätigkeit, so wird das Hauptpendel A (Fig. 2) und A' (Fig. 5) in einer seiner äußersten Lagen, wie bereits erwähnt, festgehalten; wenn daher die beiden Regulatoren R'' und R' genau synchronistischen Gang besitzen, so mussen die Hauptpendel A und A' genau in demselben Momente wieder ihre Schwingungen von Neuem bezeichnen, und da ihre Schwingungsbogen klein sind, so werden sie also auch übereinstimmenden Gang beständig beibehalten. Das Reguliren der Pendel R'' und R' (Fig. 3 und 4) an beiden Stationen geschieht mittelst der Schrauben v, v'. Da nämlich jedes dieser Pendel nach einer Doppelschwingung die genannte Function verrichten muß, so wird es jedesmal, wenn es von seiner äußersten Lage auf der rechten Seite nach der linken zurückschwingt, einen Impuls durch Einwirkung der Feder r erfahren, wodurch also seine Bewegung in beiden Schwingungsbogen nicht dieselbe verbleibt: dieser Umstand soll nun gestatten, den Gang eines jeden dieser beiden Pendel so empfindlich zu reguliren, daß derselbe für beide bis auf ein Tausendstel einer Secunde übereinstimmt. – Als Kennzeichen für den synchronistischen Gang beider Regulatoren und der Apparate beider Stationen wird folgende Anordnung benutzt: Auf dem versilberten Papier, das die Originaldepesche aufzunehmen hat, befinden sich drei mit Tinte gezogene Parallellinien ad, be und cf (Fig. 12), von denen ad als fixe Marke für die Ruhelage des Markirstiftes dient, die Linien be und cf aber die Depesche begrenzen; werden nun nach geschehenem Anrufe die beiden Telegraphen-Pendel in Gang gesetzt, so wird auf der Empfangsstation die Copie zum Vorschein kommen; dabei dürfen aber, wenn die Regulatoren gehörig rectificirt sind, die beiden Grenzlinien be und cf nicht reproducirt werden. Sollte daher jene oder diese dennoch an der Empfangsstation erscheinen, so hätte man hier durch Lüften oder Anziehen der Regulirungsschraube v' (Fig. 4) beziehungsweise den Gang des Regulators zu verzögern oder zu beschleunigen. Thätigkeit der Apparate. – Ehe wir den Gang der Apparate erläutern, ist es nothwendig zu bemerken, daß Caselli bei seinem Telegraphen nicht bloß eine Telegraphirbatterie anwendet, sondern auch, daß nebst dieser noch zwei kleinere Hülfsbatterien von unter sich gleicher Stärke (?) beständig in der Linie eingeschaltet sind. Das allgemeine Schema für diese Anordnung ist in Fig. 13 dargestellt. Hierin bedeutet P die an der gebenden Station I. aufgestellte Telegraphirbatterie; J und J' sind die beiden Hülfs-, sog. Ausgleichungsbatterien, wie solche bei Gegensprechapparaten schon früher benutzt worden sind. A bedeutet den Zeichengeber, der mit dem Silberpapier, A' den Copirstift, der mit dem chemisch präparirten Papier in Verbindung steht. Die beiden Ausgleichungsbatterien J und J' sind durch die Leitung unmittelbar und so unter sich verbunden, daß sie ihre Stromeswirkungen gegenseitig aufheben sollen, vorausgesetzt, daß der Isolationszustand der Leitung auf der ganzen Linie von derselben Beschaffenheit ist. Da Letzteres nur sehr selten stattfindet, so schaltet Caselli an der Empfangsstation einen Widerstand R bei G ein, der durch einen Rheostaten (Fig. 13ª) in veränderlicher Weise hergestellt werden kann, da dieser Rheostat, der auch eine Boussole enthält, kleinere und größere Widerstände, und letztere bis zu mehreren Tausenden von Kilomet., anzuwenden gestattet. Der Zweck dieser beiden Ausgleichungsbatterien soll nun darin bestehen, das chemisch präparirte Papier für die chemische Wirkung gleichsam so vorzubereiten, daß die elektrolytische Wirkung im Momente des Stromentstehens bei Station II. beginnen kann, und im Augenblicke der Unterbrechung des Stromes der Telegraphirbatterie die weiteren elektrolytischen Wirkungen sogleich zu beseitigen. Die vorliegende Anordnung (Fig. 13) zeigt nämlich, daß, wenn der Schreibstift A auf einem nicht leitenden Schriftzuge sich befindet, der Strom von P über B und C durch die Batterie I in die Leitung gelangen, und an der Empfangsstation II., nachdem derselbe die Batterie J passirt hat, bei E auf den Copirstift A' übergehen, zum Copircylinder und hierauf zur Erdplatte T' gelangen kann, um durch die Erde zur Erdleitung T nach Station I. und bei D zur Stromquelle P wieder zurückzukehren; in diesem Falle wird folglich der Récepteur eine blaue Marke empfangen, welche die Copie der Originalmarke bei A darstellt; solche Marken entstehen also, so lange der Stift A über einen nicht leitenden Zug des Originales weggeht, und wiederholen sich, wenn der Stift A von einer Stelle des Silberpapieres auf einen Schriftzug übergeht. Geht aber der Stift A von einer Stelle der Schriftzüge auf das Silberpapier über, so wird der Telegraphirstrom unterbrochen, denn es kann jetzt, vermöge des vorliegenden Stromschema's, der Strom von P durch die kurze locale Leitung von B über C und A nach D zum negativen Pole zurückkehren, also keine telegraphische Wirkung hervorbringen. Während nun der Stift A über der Silberfläche sich befindet, sind die beiden Batterien J und J' in der Leitung eingeschaltet, und obgleich sich ihre Wirkungen gegenseitig ausgleichen sollen, so soll nach der angestrebten Absicht dennoch eine solche Wirkung gegen die Copie ausgeübt werden, daß nunmehr jede weitere chemische Wirkung des letzten Telegraphirstromes vernichtet wird. Zugleich soll aber auch durch diese beiden Batterien noch eine derartige elektrolytische Wirkung auf dem chemisch präparirten Papier vorbereitet werden, daß dasselbe momentan die chemischen Marken erscheinen läßt, sobald der Telegraphirstrom von Neuem zur Wirksamkeit kommt. In Fig. 2, 3, 4 und 5 stellen nun A und A' die beiden Telegraphirbatterien vor, von denen A die Telegraphirbatterie der Station I., A' die für Station II. seyn soll; B und B' sind die beiden sog. Ausgleichungsbatterien, welche beständig in der Leitung sich befinden (s. Fig. 13). – Was nun die Einwirkung des Regulators R'' auf den Gang des Pendels A (beziehungsweise R' auf A') betrifft, so erkennen wir, daß der Strom der Batterie A, welcher bei 2 (Fig. 3) in die Apparate treten kann, von hier aus über d, a, c und 3 durch einen Draht des Kabels nach 3 (Fig. 2) gelangt, wenn auf diesem Wege die Kette geschlossen wird. Vor Allem darf also der Regulator R'' den Hebel a nicht von d entfernen, also auch nicht nahe an seiner größten Ausschwingung nach der rechten Seite hin seyn; ferner muß das Pendel A sich so weit nach links erhoben haben, damit der Hebel I auf den Commutator F einwirken kann; geschieht dieses, so wird die Contactschraube in die Feder o mit dem Contactstücke y in Verbindung bringen; von hier aus kann dann der Strom durch y und o zur Spirale von E gelangen, und aus dieser wieder austretend, wird derselbe (vermuthlich durch die Metalltheile des Apparates) nach der Erdplatte T gelangen, an der zweiten Station die gleiche Wirkung hervorbringen, und von hier aus durch die oberirdische Leitung zur Station I. zurückkehren, um durch den Wecker zur Schraube 1 (Fig. 2) zu kommen und endlich durch einen Draht des Kabels zur Schraube 1 (Fig. 3) und von da zur Batterie zurückzukehren. Dieser Strom bleibt jetzt so lange hergestellt, bis der Regulator R'' den Hebel a (Fig. 3) von d abhebt, und so lange verharrt also auch jedes der Telegraphenpendel in dieser, seiner eigentlichen normalen Ruhelage auf der linken Seite, wenn der Commutator F den Strom für E oder auf der rechten Seite, wenn der Commutator F' den Strom für E' hergestellt hat. Beim jedesmaligen Uebergange in eine dieser Ruhelagen wird daher der Gang des Pendels etwas beschleunigt, welche Verkürzung der Schwingungsdauer wieder durch die Dauer der Anziehung von A gegen E oder E' so weit modificirt wird, daß seine Schwingungsdauer etwas geringer ist, als die doppelte des Regulators. Daß die Telegraphirbatterie A (Fig. 3), so lange das Telegraphenpendel in einer seiner äußersten Lagen verharren muß, nicht zum Telegraphiren benutzt werden kann, versteht sich von selbst; das eigentliche Copiren findet nur statt, so lange das Pendel nicht in der Nähe der Elektromagnete E oder E' sich befindet. Betrachten wir endlich den Apparat in seiner Thätigkeit, während also die beiden Telegraphenpendel sich in Bewegung befinden, und nehmen wieder an, daß von Stat. I. aus die Depesche nach Stat. II. gelangen soll. Fassen wir zuerst einen solchen Moment auf, in welchem der Markirstift bei R. (Fig. 2), auf einem mit Tinte gezeichneten Zug sich befinde, und verfolgen jetzt den Stromlauf der arbeitenden Batterie A (Fig. 3), deren positiver Pol bei 2 und der negative bei 1 sich befinde. Der Strom gelangt jetzt von 2 (Fig. 3) aus durch einen Draht des Kabels nach 2 (Fig. 2) dem Kurbelarm Q, und geht von da aus – da die Communication bei R unterbrochen ist – nach p in die Schraube m, zum Contacte p' und nach m', um von hier aus in den Kabeldraht L ein-, bei L (Fig. 3) auszutreten, und durch die Hülfsbatterie B in die obere Leitung überzugehen, durch welche derselbe sodann in die Hülfsbatterie B' (Fig. 4) der Empfangsstation geht, und von da aus auf ähnlichem Wege wie vorher (Fig. 2) bei L (Fig. 5) in den Récepteur eintreten kann. Hier gelangt derselbe zunächst nach m'' und p'', geht nach m''' und p''', und gelangt nunmehr zu dem Copirstifte R'', von wo aus derselbe, das chemisch präparirte Papier passirend, auf den Markircylinder übergehen kann, um durch die Metalltheile des Apparates nach T zu gelangen. Bei der Schraube T geht der Strom in einen Kabeldraht über, welcher mit der Erdleitung T (Fig. 4) in Communication steht, und kann nun durch die Erde zur Station I. zurückkehren, wo er bei T (Fig. 3) in einen Kabeldraht übergehen und nach der Schraube T (Fig. 2) kommen kann; von hier gelangt der Strom durch die Metalltheile des Läutewerkes in den nach I geführten Draht, der, wie wir bereits gesehen haben, mittelst eines Kabeldrahtes mit der Schraube l (Fig. 3) in Verbindung steht, an welcher das negative Ende der Batterie A sich befindet. Dieser Strom muß also die oben erwähnte elektrolytische Marke an der Empfangsstation copiren; in gleicher Weise geschieht daher das Copiren des an dem Transmetteur befindlichen Originales, und zwar jedesmal, wenn der Markirstift des letzteren auf einem Schriftzuge oder dgl. sich befindet. – Befindet sich hingegen der Markirstift R (Fig. 2) auf dem Silberpapier des Markircylinders, so kann der Strom der Telegraphirbatterie gleich nach seinem Eintritte bei 2 zur Kurbel Q zu dem oscillirenden Systeme des Transmetteur übergehen, und gelangt von hier aus durch das Silberpapier etc. und durch die Metalltheile des Apparates nach 1, von wo derselbe, wie wir schon früher gesehen haben, direct zum negativen Ende 1 (Fig. 3) der Batterie A zurückkehren muß. In solchen Momenten kann also keine telegraphische Wirkung zu Stande kommen, während es der Zusammenwirkung der in entgegengesetztem Sinne eingeschalteten Hülfsbatterien B und B' (und vielleicht auch einem Zweigstrome von A) überlassen bleibt, eine Verlängerung der unmittelbar vorausgegangenen chemischen Wirkungen zu beseitigen etc. – Soll während des Telegraphirens ein Weckersignal gegeben werden, also z.B. von der Empfangsstation aus, so wird an dieser Station (Fig. 5) der Knopf des Weckers, welcher an dem Transmetteur des Läuteapparates sich befindet, und der in Fig. 2 bei z sichtbar ist, hinabgedrückt, und so der Commutator des Weckers (der Empfangsstation) mit dem Commutator F' in Communication gesetzt, wenn das Telegraphenpendel seine äußerste Lage auf der linken Seite angenommen hat. Dieser, jetzt von Stat. II. ausgehende Strom gelangt bei L (Fig. 2) in den Apparat der Station I. und kann hier über m'p' und mp nach n gelangen, wenn hier das Pendel A auf der linken Seite mittelst E festgehalten wird; von da aus geht jener Strom über n' zur Spirale des Elektromagneten des Weckers (Fig. 6) und kehrt sodann durch die Erde zur zweiten Station zurück. So lange also der Knopf 2 auf Stat. II. gedrückt bleibt, wird jeder Pendelschlag ein Glockenzeichen verursachen etc. Zusatz. Der in dem vorstehenden Aufsatze beschriebene Pantelegraph von Caselli befördert jede auf dem metallisirten Papier, mit welchem die Trommel des Transmetteur bekleidet wird, mit einer für diese Zwecke eigens präparirten Tinte geschriebene Depesche so wie jede graphische Darstellung, welche auf das Silberpapier mit dieser Tinte gezeichnet wird, in selbstthätiger Weise ohne weitere Mitwirkung des Telegraphisten; die Copie dieser Schrift oder Zeichnung erscheint dann in etwas verkleinertem Maaßstabe durch blaue Marken auf dem chemisch präparirten Papier, womit der Markircylinder des Récepteur bekleidet ist. Dabei soll die Geschwindigkeit, mit welcher die elektrolytischen Wirkungen an der Empfangsstation auf einander folgen, so groß seyn, daß man im Mittel in jeder Minute 75 Buchstaben, also mehr als 40 Depeschen zu 20 Worten in der Stunde, befördern kann: eine Geschwindigkeit, welche allerdings bis jetzt bei keinem der in Gebrauch stehenden Systeme erreicht (hingegen von derjenigen mit welcher der automatische Schnellschreiber von Siemens und Halske arbeiten soll, bereits übertroffen) worden ist. Solche, so wie andere Vortheile, welche der automatisch wirkende Copirtelegraph darbietet, hier auseinander zu setzen, mag um so weniger als nothwendig erscheinen, als bei dem Bekanntwerden des ersten Copirtelegraphen dieser Art, den Bakewell im December 1848 für England sich patentiren ließ, und mit dem er schon im September 1847 auf der 19 engl. Meilen langen Linie London-Slough seine Versuche ausführte, in umfassender Weise die Erwartungen, welche solche Telegraphen darbieten werden, geschildert worden sindPolytechn. Journal Bd. CXIX S. 75 und 315; Bd. CXX S. 103; Bd. XXI S. 234; Bd. CXXII S. 40., und wir erinnern uns, daß selbst die von Hipp ersonnenen sinnreichen Einrichtungen dieser Art trotz ihrer einfachen Ausstattung in der Praxis keinen Eingang finden konnten. Es ist auch nicht die Absicht, hier alle Uebelstände anzuführen, welche die Copirtelegraphen schon ihrer Natur nach mit sich führen, und die also auch bei dem Pantelegraphen nicht umgangen werden könnenDiese sind in eingehender Weise von Zetsche in der deutschen Industriezeitung (April 1865, Nr. 15 und 16) geschildert worden.; hingegen wollen wir einige Punkte hervorheben, die sich nur auf den Caselli'schen Telegraphen allein beziehen. Dieser neue Telegraph erfordert nach den Angaben der oben erwähnten Quelle für seine erkleckliche Wirksamkeit außer der Telegraphirbatterie A noch zwei Hülfsbatterien, welche unter sich von gleicher Stärke und in entgegengesetztem Sinne in die Linie eingeschaltet seyn sollen. Als Zweck der letzteren wird bloß bezeichnet, die Deutlichkeit der telegraphischen Schrift durch dieselben zu erhöhen. Es ist nämlich bekannt, daß jede elektrolytische Wirkung zu ihrer' Entstehung sowie zu ihrem Verschwinden eine gewisse – wenn auch ganz kurze – Zeit erfordert, deren Dauer vermuthlich von der Beschaffenheit des Elektrolyten und der von diesem getränkten Substanz selbst abhängig ist, und deßhalb veränderlich seyn dürfte; die elektrolytische Marke entsteht daher an der Empfangsstation nicht in dem Momente, in welchem hier der Strom auftritt und dauert auch noch eine kurze Zeit an, nachdem der Strom wieder unterbrochen worden ist: kurz andauernde Ströme geben daher undeutliche Marken, und deutliche Marken erscheinen über die ihnen angewiesene Stelle hinaus verlängert. Bekanntlich hat Jacobi schon gezeigtPolytechn. Journal Bd. CLV S. 114., in wie weit man solche und ähnliche secundäre Wirkungen unter Anwendung einer Gegenbatterie aufheben kann. Nach der Absicht von Caselli sollen jene Uebelstände mittelst der beiden Hülfsbatterien B und B' beseitigt werden, obgleich sie von gleicher Stärke und in entgegengesetztem Sinne in der Telegraphenkette wirken; der Strom der einen soll gleichsam das chemisch präparirte Papier beständig für den Empfang der elektrolytischen Marke vorbereiten, während der Strom der anderen an der Empfangsstation befindlichen Hülfsbatterie das Verlängern der Marken beseitigen soll. Diesen beiden Bedingungen kann aber unter den in unserer Quelle angegebenen Umständen nicht entsprochen werden; es hat daher vielmehr den Anschein, daß für die erkleckliche Wirksamkeit der Apparate es unumgänglich nothwendig sey, je nach Bedürfniß einen stärkeren oder schwächeren Telegraphirstrom in Anwendung zu bringen. Ob durch derartige Hülfsmittel nicht wesentliche praktische Schwierigkeiten bei der Benutzung des Caselli'schen Telegraphen hervortreten, müssen wir dahingestellt seyn lassen. – Weiter muß bemerkt werden, daß dem Telegraphirpendel nicht eine, sondern mannichfache Functionen übertragen worden sind, von denen schon jede allein den präcisen Gang der Apparate beeinträchtigen kann, und trotz dieser complicirten Wirkungsweise müssen die beiden correspondirenden Telegraphenpendel unter sich genau gleichen Gang beibehalten, also einer Anforderung genügen, welche zwar von der Thätigkeit der Regulatoren allein abhängig gemacht werden will, die aber sonst, selbst für zwei an einem und demselben Orte aufgestellte Uhren, in präciser Weise kaum befriedigt werden kann. Es kann ferner nicht unerwähnt bleiben, daß die geregelte Bewegung des oscillirenden Systemes des Transmetteur und des Récepteur auch zu manchen Schwierigkeiten und Rectificationen etc. Veranlassung geben muß, da diese etwas complicirten Mechanismen ebenfalls mannichfache Functionen gleichzeitig und in exacter Weise verrichten sollen, u.s.w. – Fassen wir also nur die eben gedachten Umstände, welche sich lediglich auf die Ausstattung des Telegraphen für nur zwei correspondirende Stationen beziehen, zusammen, so müssen wir bei näherer Würdigung derselben zugestehen, daß dem Pantelegraphen von Caselli eine länger andauernde Lebensfähigkeit gewünscht werden dürfte, als dieselbe allem Vermuthen nach, in so weit als die in unserer Quelle gegebenen umfassenden Erörterungen die Einsichtnahme zulassen, erwartet werden kann. C. K.

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