Titel: Ueber die Darstellung verglaster (eingebrannter) Photographieen; von Maréchal und Tessié du Motay.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XCIII., S. 391
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XCIII. Ueber die Darstellung verglaster (eingebrannter) Photographieen; von Maréchal und Tessié du Motay. Aus den Comptes rendus, t. LX p. 1239; Juni 1865. Maréchal, über Darstellung verglaster Photographieen. Wir legen der (französischen) Akademie mehrere Exemplare von verglasten oder eingebrannten, nach einem neuen Verfahren dargestellten Photographieen vor. Nach diesem Verfahren lassen sich photographische Bilder jeder Art auf Krystallglas, gewöhnlichem Glas, auf Email, Lava, Porzellan, Fayence etc. darstellen. Dasselbe umfaßt eine Reihe von zehn verschiedenen Operationen, welche wir nach ihrer Aufeinanderfolge kurz beschreiben wollen: 1) Man löst 4 Theile Kautschuk in 100 Th. Benzin, setzt zu der erhaltenen Lösung 1 Th. normales, in Aether gelöstes Collodium, gießt dieses Gemisch auf das Glas, Porzellan etc., auf welchem ein verglasbares photographisches Bild direct erzeugt oder auf das es übertragen werden soll, und läßt es in freier Luft oder in einem Trockenschranke trocken werden, bis es eine fest anhaftende hautähnliche Schicht bildet. 2) Auf diese trockene erste oder Grundschicht wird jodirtes Collodium gegossen, welches sich mit jener fest verbindet und dadurch die Festigkeit wenigstens von einem gleich dicken Kautschukblatte erlangt, eine Festigkeit, wie sie bloßes Collodium nicht besitzt. 3) Die so präparirte Schicht kommt nun in das Bad von salpetersaurem Silberoxyd und dann wird das Bild entweder in der Dunkelkammer oder durch Auflegen erzeugt. 4) Hierauf wird das Bild hervorgerufen und durch eines der jetzt angewendeten Mittel entwickelt. 5) Man fixirt dieses Bild durch die successive Anwendung zweier Bäder, deren erstes eins der gebräuchlichen Alkali-Jodcyanüre, deren zweites ein Alkali-Cyanür enthält. 6) Das auf diese Weise fixirte Bild wird einige Minuten lang in eine Lösung von schwefelsaurem Eisenoxydul, Pyrogallussäure oder einer anderen, die Silbersalze reducirenden Säure gebracht. 7) Hierauf wird das Bild durch die Einwirkung der Pyrogallussäure, Gallussäure, Ameisensäure, oder des schwefelsauren Eisenoxyduls auf eine Lösung von saurem salpetersaurem Silberoxyd verstärkt. Diese Verstärkung erfordert im Durchschnitt die Anwendung von vier bis sechs Verstärkungsbädern für Bilder, die im reflectirten Lichte, und zwölf bis fünfzehn Bäder für solche, die bei durchfallendem Lichte betrachtet werden sollen. Während dieser Operation – dem Verstärken – werden die Bilder außerdem drei bis viermal abwechselnd in Bädern gewaschen, welche Alkali-Jodcyanüre und in solchen die Cyanüre enthalten; dann sofort in Lösungen von schwefelsaurem Eisenoxydul, Pyrogallussäure oder irgend einer anderen, die Silbersalze reducirenden Säure gewaschen. Durch die aufeinander folgende Behandlung mit Jodcyanür- und Cyanürbädern werden die nicht anhaftenden Partien des auf der ganzen Oberfläche aus jedem Verstärkungsbade niedergeschlagenen Silbers vollständig aufgelöst, wobei das ursprüngliche Bild durchaus nicht beschädigt, sondern nur verstärkt wird. Das Waschen in den reducirenden Bädern, indem es die Oberfläche der metallisirten Schicht von Neuem neutral oder sauer macht, erhöht die spätere Einwirkung der Verstärkungsbäder beträchtlich. 8) Nachdem das Bild auf angegebene Weise entwickelt, fixirt und verstärkt worden ist, wird es eine Stunde lang, nach Umständen auch länger, in ein Bad entweder von Chlorplatin oder salpetersaurem Platinoxyd, oder abwechselnd in Bäder von Chlorgold und salpetersaurem Platinoxyd, oder auch in Chlorgoldbäder gebracht. Dadurch wird das Silber des Bildes theilweise durch Platin, oder durch ein Gemenge von Platin und Gold, oder durch Gold allein ersetzt. Mittelst dieser Substitutionsbäder soll die Farbe oder die Natur des Bildes, nachdem dasselbe eingebrannt worden, variirt werden. Wollen wir nämlich mittelst des Muffelfeuers durch die Einwirkung der anzuwendenden kieselsäure- oder borsäurehaltigen Flüsse Bilder von schwarzgrüner Farbe darstellen, so werden diese Bilder vorher mit einem Bade von Chlorplatin oder salpetersaurem Platinoxyd, zur Darstellung von schwarzen Bildern dagegen erst mit Chlorgold, dann mit salpetersaurem Platinoxyd behandelt. Wollen wir endlich vergoldete Bilder erzeugen, so wenden wir Bäder an, welche Goldsalze allein enthalten. 9) Sobald das Bild aus dem Platin- oder Goldbade kommt, wird es in einem Bade von Alkalicyanür oder concentrirtem Aetzammoniak gewaschen, dann mit einem fetten Kautschuk- oder Gutta-percha-Firniß überzogen und dem Muffelfeuer ausgesetzt, so daß die organischen Substanzen verbrannt und die Metalle bloß gelegt werden. 10) Schließlich wird das in dieser Weise von Collodium und den anderen organischen Stoffen befreite Bild mit einem Kieselsäure- oder Borsäureflusse überzogen und dann bei Hellrothglühhitze eingebrannt. Dieß sind die verschiedenen Processe aus denen unser Verfahren zur Erzeugung eingebrannter Photographieen besteht. Dieses Verfahren zur Darstellung unzerstörbarer Photographieen beruht auf denselben Principien wie die Photographie mit Silbersalzen auf Collodium und Papier, und ist daher von der kürzlich von Poitevin und Lafon de Camarsac erfundenen Methode des Emaillirens oder Einbrennens photographischer Bilder mit Chromsäuresalzen und Eisenoxydsalzen wesentlich verschieden. Bezüglich der praktischen Verwendung unseres Verfahrens ist das. selbe leicht ausführbar, insofern das Bild in Folge der Festigkeit des aus Kautschuk und Collodium bestehenden Häutchens das öftere Verstärken und Waschen anszuhalten vermag, ohne zu zerreißen oder sonst zu verderbenn. In künstlericher Hinsicht empfiehlt sich die Methode durch ihre vielseitige Anwendbarkeit zum Decoriren von kieselsäurehaltigen Substanzen, besonders von Glas; denn mittelst dieses Verfahrens lassen sich auf dem Glase sowohl spiegelnde, als durchsichtige Bilder erzeugen, was noch durch keinen der bisher bekannten photographischen Processe ermöglicht worden ist. In wissenschaftlicher Hinsicht lehrt unser Verfahren die Wirkungen der abwechselnden Anwendung von Alkalicyanüren und Jodcyanüren kennen, nämlich: 1) das pulverförmige oder nicht vollständig reducirte Silber, welches nach dem Hervorrufen und dem Fixiren des Bildes mit dem metallischen Silber immer noch verbunden bleibt und der auflösenden Wirkung der Unterschwefligsäuresalze, des Ammoniaks und selbst der Cyanalkalibäder – wenn diese letzteren allein angewendet werden – widersteht, vollständig aufzulösen; 2) auch die, den photographischen Bildern selbst nicht fest anhaftenden Silberniederschläge gänzlich zu entfernen, wobei das Silber, aus welchem das Bild besteht, durchaus nicht angegriffen wird. Auch lehrt uns dieses Verfahren, daß das pulverförmige oder nicht vollständig reducirte Silber, welches von Unterschwefligsäuresalzen, Ammoniak und Cyanalkalien nicht aufgelöst wird, sowie die nicht fest anhaftenden, durch die Fällung des Silbers der Verstärkungsbäder erzeugten metallischen Niederschläge sich gegen die substituirende Wirkung der Platin- und Goldbäder zum Theil indifferent verhalten.