Titel: Ueber die Anwendung des Condensationswassers zur Kesselspeisung auf Seedampfern, und über Kesselreinigung mittelst Salzsäure.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. CI., S. 430
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CI. Ueber die Anwendung des Condensationswassers zur Kesselspeisung auf Seedampfern, und über Kesselreinigung mittelst Salzsäure. Ueber Speisen der Schiffskessel mit Condensationswasser und über Kesselreinigung mittelst Salzsäure. Diese Gegenstände wurden in der letzten Generalversammlung des technischen Vereins für Eisenhüttenwesen in Düsseldorf verhandelt. Hr. Peters bemerkte, er habe kürzlich in einer Zeitschrift gelesen, daß sich auf englischen Seedampfbooten die continuirliche Anwendung des Condensationswassers nicht bewährt habe, während man eigentlich denken solle, daß dieses so oft gereinigte Wasser gerade die Kessel ganz vorzüglich conserviren müsse.Man s. Jack's Vortrag in der Mechanical Engineer's Society über „Anwendung des Condensationswassers zum Speisen der Schiffskessel“ im polytechn. Journal Bd. CLXXII S. 109. Dem entgegen habe aber die Erfahrung gezeigt, daß gerade dieses Wasser sehr zerstörend auf die Kessel einwirke, und sey darauf an die englischen Regierungsboote die Instruction ergangen, fortlaufend 1/4 bis 1/5 frisches Wasser bei dem Speisen zuzusetzen. Hr. Schimmelbusch fand die Erklärung dieser Erscheinung darin, daß das Wasser eben nicht chemisch rein sey, sondern eine gewisse Menge Fettsäure enthalte, welche durch den fortlaufenden Betrieb sich immer mehr anreichere. Wenn die Oberflächencondensation richtig durchgeführt werde, so könne es gar nicht fehlen, daß das Fett aus den Cylindern auf die Dauer in entsprechender Menge in dem Speisewasser sich wieder finde. Von dem Fette könne ein Theil allerdings durch Verseifung unschädlich werden, wogegen der Rest immerhin sehr schädlich seyn müsse. Die Fettsäure zeige namentlich in den Temperaturen von etwa 50 bis 70 Grad eigenthümliche Eigenschaften. Wenn z.B. am kältesten Punkte des Kessels das Speisewasser eingeführt werde, dann setze sich die vorhandene Fettsäure in der Stärke von etwa 1/4 Zoll an den Kesselwandungen fest, fresse den Kessel nach und nach an und bilde an dem inneren Bleche förmliche Erhöhungen und Vertiefungen. Bringe man dagegen das Speisewasser, anstatt an den: kältesten Theile, an einer solchen Stelle ein, daß es sofort bei dem Eintritte in den Kessel in Siedehitze komme, so sey die schädliche Wirkung der Fettsäure so zu sagen total aufgehoben, da die letztere sich sogleich auflöse. Selbstredend verliere man aber dann den Vortheil einer rationellen Kesselspeisung, weil es nicht mehr möglich sey, das Wasser am kältesten Punkte einzuführen und so eine vollständige Gegenströmung gegen die heizenden Gase zu bilden. Redner führte an, daß von zwei bei Piedboeuf in Aachen unter ganz gleichen Verhältnissen arbeitenden, neben einander liegenden Kesseln der eine nach Verlauf von drei Monaten schon am Boden erheblich angefressen gewesen sey, während der andere sich vollkommen intact gezeigt habe. Man habe zunächst die Schuld dem Umstande zugeschoben, daß vielleicht die Bleche des zerstörten Kessels mit eingewalzten Schlacken behaftet gewesen seyen. Es habe sich aber bei der Untersuchung gefunden, daß an dem einen Kessel das Speiserohr in der ungefähren Höhe des Wasserstandes einen Riß gehabt habe, der stark genug war um das gesammte Speisewasser hindurchtreten zu lassen. Dieser Kessel sey eben nicht angefressen gewesen, während bei dem anderen, bei welchem das Speiserohr sich in ganz normalem Zustande befunden, die Zerstörung sich eingestellt habe. Halte man das Vorhergesagte hiergegen, so sey es klar, daß der ganze Vorfall auf das verschiedene Verhalten der im Speisewasser befindlich gewesenen Fettsäure zurückgeführt werden müsse. Hr. Dietze constatirte in Betreff der Oberflächencondensation, daß die Engländer die schlechten Resultate bei der Kesselspeisung mit süßem Wasser gefunden, bei der dann aber angewendeten Speisung mit Seewasser ganz andere Erfolge erzielt hätten. So habe der „Himalaya“ eine Reise von Southampton nach Alexandria und zurück gemacht und gleich darauf eine Fahrt nach Ostindien angetreten, ohne während einer Reise von vielleicht 2400 Meilen auch nur ein einziges Mal die Kessel zu reinigen oder das Speisewasser zu erneuern. Nächsthin würden auf rheinischen Dampfbooten ebenfalls Versuche gemacht werden; wenn solche aber nicht günstig ausfielen, so spreche ein derartiges Resultat nur gegen die Anwendung von Süßwasser, nicht aber gegen die Oberflächencondensation überhaupt, welche sich ganz sicher Bahn brechen werde. Uebrigens seyen die Andeutungen des Vorredners eine erneuerte Aufforderung dazu, bei den Dampfcylindern mit dem Schmiermateriale möglichst sparsam umzugehen. Hr. Schimmelbusch: Eine schon seit längerer Zeit von Rübenzuckerfabrikanten in Anwendung gebrachte Methode der Kesselreinigung scheine ihm die Aufmerksamkeit der Versammlung zu verdienen. Es sey dieß der Gebrauch der Salzsäure anstatt des Auspickens der Kessel. Die Robert'schen Apparate, in welchen Rübensaft unter starkem Zusatze von Kalk durch Kochen verdickt werde, seyen ja recht eigentliche Kesselsteinfabrikanten. Die Kessel müßten alle 8 Tage gereinigt werden und würden dieselben regelmäßig Sonntags mit einer Quantität verdünnter Salzsäure behandelt. Damit sey man auf den Gedanken gekommen, auch die Dampfkessel in derselben Weise zu reinigen. In der Raffinerie der HHrn. Joest in Cöln geschehe dieses an den dort arbeitenden Röhrenkesseln mit gutem Erfolge. Man bringe etwa 3 Quart gewöhnliche Salzsäure ein, lasse die Kessel damit in warmem Wasser 2 bis 3 Stunden stehen und spüle dann mit warmem Wasser nach. Der Kesselstein löse sich dabei in Schalen ab, und die Kessel seyen vollständig rein und blank. Nach diesen Resultaten erscheine es empfehlenswerth, die Reinigung durch Salzsäure weiter einzuführen. Bezüglich der Gefahr des zu starken Anfressens der Salzsäure könne nicht das mindeste Bedenken aufkommen, da dieselbe in solcher Verdünnung das Eisen so gut wie gar nicht angreife. Hr. Daelen hatte gelegentlich eines Besuches bei Hrn. Piedboeuf einen solchen Röhrenkessel, wie Vorredner dieselben erwähnt, gesehen und dabei von Hrn. Piedboeuf erfahren, daß die Reinigung eben bei der Benutzung der Salzsäure sehr leicht von Statten gehe. (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1865, Bd. IX S. 462.)