Titel: Cartuschbeutel, welche frei von Nachglimmen nach dem Schusse sind; Vorschlag des Oberapothekers Gras zu Toulon.
Fundstelle: Band 177, Jahrgang 1865, Nr. CVII., S. 454
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CVII. Cartuschbeutel, welche frei von Nachglimmen nach dem Schusse sind; Vorschlag des Oberapothekers Gras zu Toulon. Ueber die Gras'schen Cartuschbeutel. Im Bulletin de la Société d'Encouragement, Mai 1865, S. 275 erstattet Hr. Salvétat im Namen des Ausschusses für Chemie einen sehr günstigen Bericht über den vom Oberapotheker der Civil-Hospitäler zu Toulon, Hrn. Gras, gemachten Vorschlag, die Cartuschbeutel für Geschütz aus besonders zubereiteten animalischen Stoffen anzufertigen. Nachdem in dieser Berichterstattung auf die Gefahren hingewiesen worden ist, welchen glimmende Cartuschbeutelreste des vorhergegangenen Schusses beim Ansetzen der folgenden Ladung für den damit beschäftigten Kanonier herbeiführen, wird der Vorschlag des Erfinders zur Anfertigung von in dieser Beziehung ganz ungefährlichen Schußbeuteln mit folgenden Worten mitgetheilt: „Wenn man Ochsen- oder Hammelblasen, auch wohl die enthaarten Felle von Kaninchen, mindestens vierundzwanzig Stunden lang in eine Mischung von Wasser und ungelöschtem Kalk (12 Liter Wasser auf 500 Gramme Kalk) eintaucht und dann mit einem Holzapparat wieder aus derselben entfernt, so kann man, dieselben ungefähr eine Stunde auf der Form lassend, sie verlängern und dann auf eine, aus mit Leinen überzogenem Holzzeug (bois brisé) bestehende Cartusch-Schablone bringen. Nach hierauf folgender ungefähr zwölfstündiger Einwirkung der Wärme des Sonnenscheines ist dann der Cartuschbeutel fertig.“ „Man kann zu dieser Fabrication auch alle unseren Hausthieren angehörenden Eingeweide, als Dickdärme, Dünndärme, Blasen etc., sowie überhaupt jedes organische Gewebe verwenden.“ In einem Vergleiche dieses Cartuschbeutel-Materials, dessen Schwerverbrennlichkeit dabei nochmals hervorgehoben wird, mit den bisher zur Anwendung gekommenen Pergament-, Flanell-, Serge- und Flockseide-Cartuschen hebt der Bericht auch die größere Billigkeit des neuen Materials sowie die Unmöglichkeit hervor, dasselbe gleich wollenen Geweben, die außerdem den Nachtheil des Pulver-Durchsiebens haben, mit eingewebten Leinenfäden verfälschen zu können und theilt endlich von den Pergamentpapier-Cartuschbeuteln animalischen Ursprungs und in caustischer Potaschelauge löslich, welche bisher noch am billigsten und zuverlässigsten gewesen seyen, mit, daß auch dieses Material schon Unfälle verursacht habe, das Verdienst des Hrn. Gras, durch seinen Vorschlag jede Gefährdung des den Wischer handhabenden Kanoniers durch glimmende Cartuschbeutelreste beim Geschützladen unmöglich gemacht zu haben, also im Interesse der Menschheit ein bedeutendes zu nennen sey. Als Anhaltspunkt zur eigenen Beurtheilung theilt der Berichterstatter dann noch das amtlich festgestellte Resultat einiger an Bord des „Montebello“ vom Commandanten desselben Hrn. Giquet-Détouches angestellten Versuche mit, wornach: 1) mit Gras'schen Cartuschbeuteln von entsprechender Stärke bei 10 Schüssen aus dem gezogenen 30 Pfänder, und   8 30 und 36 Pfünder, nach jedem Schusse sorgfältig ausgewischt und die Rückstände gesammelt, im ersteren Falle 6,8 Grm. und im zweiten Falle 10 Grm. Rückstand erhalten wurden; 2) mit gewöhnlichen reglementmäßigen Cartuschen unter denselben Umständen bei 10 Schüssen aus dem gezogenen 30 Pfünder und 10 30 und 36 Pfünder beziehungsweise 61 und 176 Gramme Rückstände sich ergaben; 3) beim Auswischen nach den mit Gras'schen Patronen abgegebenen Schüssen sich niemals eine Spur von Feuer zeigte und endlich 4) angestellte Fallversuche von 1 Meter Höhe herab mit Gras'schen- und mit Pergamentpapier-Cartuschen, deren Pulverladungsgewichte von 1/2 1/4 und 1/6 und durch Mischungen von halb Sand und halb Sägespäne ersetzt worden waren, die ersteren den letzteren überlegen zeigten. Der Preis eines solchen Gras'schen Cartuschbeutels stellt sich auf 15 Centimes und die zu seiner Herstellung erforderliche Zeit übersteigt nicht die zur Anfertigung einer Pergamentpapier-Patrone nothwendige. Auch haben alle bis jetzt gemachten Erfahrungen bewiesen, daß das von jedem Nachglimmen nach dem Schusse freie Gras'sche Schußbeutelzeug den in unseren Breitegraden herrschenden klimatischen Einflüssen dauernd zu widerstehen vermag; dasselbe ist bei seiner Undurchdringlichkeit also auch noch anderer technischer Verwendungen, zu Zündröhren, Kleidungsbestandtheilen etc. fähig. Cassel, im August 1865. Dy.,                Hauptmann im Generalstabe.