Titel: Die Soga-, Zoga- oder Coua-Rinde als Färbematerial; von Dr. P. Bolley.
Fundstelle: Band 178, Jahrgang 1865, Nr. CVIII., S. 390
Download: XML
CVIII. Die Soga-, Zoga- oder Coua-Rinde als Färbematerial; von Dr. P. Bolley. Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1864, Bd. IX S. 135. Bolley, über die Soga-, Zoga- oder Coua-Rinde. In meinem „Bericht über das Charakteristische und Hervorragende in Färberei und Zeugdruck in der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung von 1862,“ Im polytechn. Journal Bd. CLXVI S. 208, 303, 377. habe ich der Patiks oder japanesischen Schutzpappeartikel in der holländischen Abtheilung gedacht und in Aussicht gestellt, ich werde bald im Stande seyn, über einen zu deren Herstellung vorwiegend dienenden braunen Farbstoff, die Soga, eine vollständige chemische Charakteristik geben zu können. Trotz aller Mühe, die von mehreren meiner früheren Prakticanten und Assistenten auf Ausscheidung eines reinen wohlcharakterisirten Pigmentes verwendet wurde, gelang es nicht, im chemischen Sinne völlige Klarheit über diesen Farbkörper zu gewinnen. Ich will darum nicht länger zögern, wenigstens das Technische und Droguistische, was ich beobachtet und gesammelt habe, neben einigen erheblichen chemischen Erfahrungen, die gemacht wurden, hier mitzutheilen. Ich verdanke dem verstorbenen Prof. Dr. Th. Martius in Erlangen die folgenden Notizen aus seiner reichen Droguenkenntniß. Derselbe verglich ein von mir ihm übersandtes Stück von javanischer Sogarinde, die mir von einem schweizerischen Zeugdrucker zugekommen war, mit den Rinden der Erlanger Sammlungen und fand., daß dieselbe die größte Aehnlichkeit habe mit der aus Brasilien stammenden und dort sehr verbreiteten Rinde der Rhizophora Mangles. Die Uebereinstimmung vieler Eigenschaften beider wurde auf seine Veranlassung von Hrn. Prof. Dr. Schnitzlein in Erlangen durch mikroskopische Vergleichung festgestellt, ohne daß nach dessen gütigen Mittheilungen eine unzweifelhafte Identität aus dieser Untersuchung hervorgegangen wäre. Er glaubt aber, beide Rinden gehören Pflanzen der gleichen Familie an. Prof. Martius hatte 1857 unter dem Namen Couarinde eine Drogue erhalten, deren Vaterland Java war. Er erklärte mir diese und die von mir gesandte Soga für identisch. Ich habe aus den Reactionen der Extracte der beiden, der von Hrn. Martius mir freundlichst überlassenen, Coua genannten, und meiner Sogarinde ebenfalls schließen müssen, sie seyen eine und dieselbe Waare. Ebenso spricht Hr. Martius die Ueberzeugung aus, daß die Drogue, die sich in Katalogen tropischer Pflanzensubstanzen unter dem Namen Zoga findet, nichts anderes sey, als Soga, da namentlich bei indischen Bezeichnungen, sehr oft das Z und S abwechselnd vorkommen. Es gehören also diese Substanzen zur Gattung Rhizophora, deren Arten im Mutterlande, vielfach ihrer Rinden wegen, sowohl in der Färberei als Gerberei, Verwendung finden. Unsere javanische Soga-, Zoga- oder Couarinde stammt wahrscheinlich von Rhizophora Candle, deren Rinde auf Java die genannten Anwendungen in ausgedehntem Maaße finden soll. Die Rinde ist rothbraun, mehr in's Röthliche ziehend, als alte. Chinarinden, sonst aber bei oberflächlichem Anblick dieser ziemlich ähnlich Sie kommt bis zu 1/2 Zoll Dicke und zuweilen noch etwas stärker vor. Hr. Prof. Schnitzlein beschreibt ein Stück von 5 Millimeter Dicke wie folgt: Die primäre Rinde mißt 2 Millimeter, die secundäre 3 Millimeter. Die Korkschicht zeigt außen eine dünne Lage von Korkzellen und darauf eine etwas dickere, welche von zarten Peridermastreifen unterbrochen ist. Hierauf folgen 3 Lagen von rostrothem Parenchym, welches mit ebenfalls 3 Lagen von primärem Bastgewebe abwechselt, zwischen welchen einzelne Krystallzellen vorkommen. Die Innenrinde zeigt ein Parenchym von dreierlei Art: a) größere Zellen mit rostrothem nicht körnigem Inhalte erfüllt; b) kleinere Zellen, welche radiale keilartige Gruppen bilden, die meistens hinter und vor den Bastbündeln stehen; c) mittelgroße Zellen ohne erkennbare Ordnung füllen den übrigen Raum aus. Die Bastbündel sind zahlreich, einzeln durch Parenchym getrennt, ziemlich deutlich sowohl peripherisch als radial geordnet. Ihr Querdurchschnitt erscheint häufig länglich rund, fast eckig, auch liegen oft 2 oder 3 neben einander und sind von den großen Zellen a nach der Peripherie hin begrenzt. Die Sogarinde liefert durch Auskochen mit Wasser gegen 30 Proc. ihres Gewichtes an einem braunen, glänzenden, spröden Extract. Die heiße, etwas concentrirte wässerige Lösung scheidet beim Erkalten einen hellbraunen Bodensatz ab. Weingeist zieht die Rinde leichter aus, als Wasser. Die weingeistige Lösung wird durch Wasserzusatz gefällt. Auch Aether bewirkt eine flockige rothe Ausscheidung in der weingeistigen Lösung. Verdünnte Alkalien lösen leicht das Extract mit rothbrauner Farbe. Säuren fällen den Körper wieder, wie es scheint, unverändert. In concentrirter Essigsäure wird der größte Theil des getrockneten wässerigen Extracts gelöst. Die concentrirte essigsaure Lösung trübt sich durch Wasserzusatz. Leimlösung wird durch das braune wässerige Extract rothlich gefällt: mit Eisenchlorid wird ein schwarzgrüner, mit Bleizucker ein braunrother, mit einfach-chromsaurem Kali ein rehbrauner Niederschlag erzeugt. Die weingeistige Lösung erträgt Säurezusatz, ohne gefällt zu werden, die wässerige nicht. Wird weingeistiges Sogaextract mit etwas Chlorwasserstoffsäure oder Schwefelsäure versetzt und etwas erwärmt, so wird die braune Farbe in eine schön blutrothe umgewandelt. Leider hat diese Farbe keine Beständigkeit. Ausfällen mit einem Alkali und Wasser ergibt einen braunen spröden Körper, ähnlich dem, welcher beim Fällen aus der weingeistigen Lösung durch Wasser entsteht; er scheint jedoch etwas weniger in kochendem Wasser löslich, ja theilweise darin selbst unlöslich geworden zu seyn. Nach längerem Kochen der mit Säure versetzten weingeistigen Lösung und Ausfällen des gelösten braunen Körpers kann in der abfiltrirten Flüssigkeit, jedoch nur spurweise, Zucker durch die Reduction des Kupferoxyds aus weinsaurer Kupferoxydnatronlösung nachgewiesen werden. Die wässerige Lösung verwandelt eingehängte thierische Haut in Leder. Es wurden mehrere Methoden versucht, eine gut charakterisirte zur Analyse geeignete Substanz zu erhalten. Die weingeistige Lösung von getrocknetem, mittelst heißen Wassers gewonnenem Extract wurde mit Aether versetzt, die Flocken gesammelt, mit Aether ausgewaschen, in concentrirter Essigsäure das darin Lösliche aufgenommen und mit Wasser wieder daraus gefällt, der Niederschlag mit kaltem Wasser ausgewaschen, getrocknet und der Analyse unterworfen. Es wurde erhalten I. II. C = 57,70 58,50 H =  5,00  5,18 O = 37,30 36,32 Durch Fällen der weingeistigen Lösung mit Bleizucker, Sammeln und Waschen des Niederschlags, Vertheilen desselben in Wasser und Zerlegen mit Schwefelwasserstoff sollte controlirt werden, ob die Substanz rein war, indem der mit Weingeist aus dem Schwefelblei ausgezogene und zur Trockne gebrachte Körper der Elementaranalyse unterworfen wurde. Die Analysen ergaben: I. II. C = 56,76 55,71 H =  4,44  4,40 O = 38,80 39,89 Bei diesem Mangel an Uebereinstimmung der Resultate und der Schwierigkeit, eine Substanz mit festen physikalischen Eigenschaften, die einen Anhaltepunkt hätten geben können, zu erhalten, wurde von weiterer Verfolgung der Frage der Zusammensetzung dieses Körpers abgestanden. Unzweifelhaft gehört er in die wirre Reihe der Gerbsäuren. Am ähnlichsten scheint er sich der Kinogerbsäure zu verhalten. Hierfür spricht die Unlöslichkeit in Aether, die Farbe des Bleiniederschlags und die der Substanz an und für sich. Der Einfluß der stärkeren Säuren auf diesen Körper ist nicht ähnlich demjenigen, der bei Gallusgerbsäure beobachtet wurde, eine Spaltung. Es entsteht jedenfalls nur sehr wenig Zucker und ein krystallisirbares Spaltungsproduct ist nicht erkennbar; es scheint vielmehr die Hauptmasse in ein den Gummisubstanzen sich näherndes Product, ein Product ähnlich der von Stenhouse beobachteten Melangerbsäure, überzugehen. Jedenfalls ist der Körper, um den es sich handelt, wenig beständig, was an anderen gerbsäureartigen Substanzen ja vielfach beobachtet worden ist. Mit wässerigem Extract der Couarinde, das ein specifisches Gewicht von 1,04 hatte, wurden mehrere Färbeversuche vorgenommen. Auf ungeheizten Baumwollstoffen haftet das Braun nicht sehr, es kann mit heißem Wasser fast gänzlich entfernt werden. Baumwolle und Wollstoffe, mit chromsaurem Kali behandelt, dann durch die Farbebrühe gezogen, lieferten ein sehr lebhaftes Braun, reines Zimmtbraun. Stoffe, mit Zinnchlorid oder Alaunerdesalzen gebeizt, wurden ebenfalls hellbraun gefärbt; Eisenbeize gibt ein grünliches Schwarz. Die braunen Farben sind sämmtlich sehr solide. Aechte javanische Patiks, auf welchen nur Braun und Blau vorkommt, sind mit diesem Farbstoff und Indigo gefärbt. Die angewandte Beize ist Alaun. Es kommen solche Tücher vor, die ein gelbliches Roth enthalten. Diese Farbe wird, wie ich jetzt überzeugt bin, nicht mit Soga hervorgebracht. Ihr Verhalten deutet mehr Aehnlichkeit mit Krapp-Pigmenten an. Vielleicht dient dazu dasjenige des Munjeetkrapps, welches, wie wir durch Stenhouse's Untersuchungen (polytechn. Journal Bd. CLXXIII S. 366) erfahren, mit Thonerdebeizen ein Orange liefert.Es wurde durch einen Versuch, der nach dem Druck obigen Berichtes angestellt wurde, dargethan, daß das wässerige, scharfgetrocknete Extract, in einem Strome von Kohlensäure der Destillation unterworfen, Pyrogallussäure, jedoch in nicht bedeutender Menge, liefert.Bolley.