Titel: Ueber den Kohlenverbrauch bei Dampfkessel-Feuerungen; von Lewis Thompson.
Fundstelle: Band 179, Jahrgang 1866, Nr. II., S. 4
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II. Ueber den Kohlenverbrauch bei Dampfkessel-Feuerungen; von Lewis Thompson. Nach dem London Journal of arts, November 1865, S. 257; aus der deutschen Industriezeitung, 1865, Nr. 48. Thompson, über den Kohlenverbrauch bei Dampfkessel-Feuerungen. Bei der Verbrennung von Kohlen in Kesselfeuerungen treten sowohl chemische wie mechanische Hindernisse einer vollständigen Ausnutzung des Brennmaterials auf. Zunächst werden in der Kohle hauptsächlich zwei in ihren Verbrennungseigenschaften sehr verschiedene Körper verbrannt, nämlich Wasserstoff und Kohlenstoff; dann aber wird die Kohle auch in Sauerstoff verbrannt der durch ziemlich seine vierfache Menge Stickstoff verdünnt ist, d.h. mit atmosphärischer Luft. Dadurch entstehen nun folgende Hindernisse einer vollständigen Verbrennung. Da erstens der Wasserstoff der Kohle verbrennlicher ist, als der Kohlenstoff, so sucht er den Sauerstoff der Luft an sich zu reißen und erschwert die Verbrennung von Kohlenstoff, und da zweitens der Stickstoff der Luft die Wirkung des Sauerstoffes abschwächt, so wird die Intensität der durch den Wasserstoff entwickelten Wärme herabgedrückt und die Temperatur sinkt unter den Punkt, bei dem der Kohlenstoff der Kohle verbrennt; die Wirkung beider Einflüsse hat man täglich in der Bildung von Ruß vor Augen. Ein noch weit ernsterer Uebelstand entsteht aber aus der Neigung rothglühender Kohle, Kohlensäure unter Absorbirung einer bedeutenden Menge Wärme zu Kohlenoxyd zu reduciren. Es ist möglich, wenn man von zwei gleichen Theilen Kohks den einen zu Kohlensäure verbrennt und letztere über den zweiten leitet, fast eben so viel Wärme zu absorbiren oder latent zu machen, als der ganze erste Theil entwickelt hat; d.h. man kann Kohle so verbrennen, daß man in Folge der Bildung von Kohlenoxyd wenig oder gar keine Wärme erhält. Dieß ist um so mehr zu beachten, als die Bildung von unverbrannter Kohle, Ruß, augenfällig ist und der Aufmerksamkeit nicht entgehen kann; die Bildung eines unsichtbaren Gases, wie Kohlenoxyd, aber in weit größerem Maaße unbemerkt eintreten kann und eintritt, als der aufmerksamste Fabrikant vermuthet. Die mechanischen Schwierigkeiten hängen wesentlich von dem Wärmestrahlungs- und Leitungsvermögen der für die Feuerungen und Kessel verwendeten Materialien ab und aus Unkenntniß dieser Principien wird bei der Dampferzeugung oft viel Wärme verloren. Da die Wirkung der Wärmestrahlung mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt, so wird ein Feuer, das bei einer Entfernung von 1' von dem Kessel 16 Pfd. Wasser per Minute durch die Strahlung verdampfen kann, bei 2' Entfernung nur 4 Pfd., bei 4' nur 1 Pfd. Wasser per Minute verdampfen. In Bezug auf Wärmeleitung ist zu beachten, daß die Leitungsfähigkeit des Eisens durch den Absatz von Kesselstein außerordentlich herabgezogen wird, dessen Leitungsfähigkeit kaum 1/50 von der des Schmiedeeisens beträgt. Durch directe Versuche fand Thompson, daß ein eiserner Kessel von 1'' Stärke, der 50 Pfd. Wasser per Min. verdampft, bei gleicher von Außen einwirkender Hitze nur circa 1 Pfd. Wasser per Min. verdampft, wenn sich in seinem Innern eine Kalkkruste von 1'' Dicke befindet. Man sieht also, daß man durch falsche Construction der Feuerung 15/16 der strahlenden Wärme, durch den Kesselstein 19/50 der geleiteten Wärme verlieren kann. Das sind allerdings extreme Fälle, aber doch werden nach den Versuchen an verschiedenen Kesseln in London, Liverpool, Manchester, Newcastle-on-Tyne und Glasgow mit einer Kohle, die ihr 15faches Gewicht Wasser verdampfen kann, nur 6 Pfd. Dampf per Pfd. Kohle erzeugt, d.h. 3/5 der unter den Dampfkesseln verbrannten Kohle geht verloren. Um den Verlust durch unvollkommene Verbrennung in den Kesselfeuerungen zu bestimmen, untersuchte Thompson die aus den Schornsteinen ausströmende Luft. Die Resultate von verschiedenen Schornsteinen und verschiedenen Perioden der Feuerung sind zwar nicht vollständig gleich, zeigen aber in den wichtigsten Zügen eine sehr befriedigende Uebereinstimmung. Nach mehr als 370 Versuchen an 42 verschiedenen Schornsteinen enthält die Luft von einer gut geführten Feuerung außer unmittelbar nach dem Aufgeben von Brennmaterial keine merkbaren Mengen Wasserstoff, Kohlenwasserstoff oder schweflige Säure; die Menge der Kohlensäure beträgt circa 8 Proc., der Sauerstoff circa 9 Proc., das Kohlenoxyd circa 8 Proc., so daß von den 21 Volum-Procenten Sauerstoff, welche die Luft enthält, 9 unverbraucht entweichen, 6 in Kohlensäure umgewandelt werden, 2 sich mit Wasserstoff zu Wasser verbinden und 4 als Kohlenoxyd entweichen. Man kann annehmen, daß von 12 Wärmeeinheiten, die durch das Brennmaterial erzeugt werden, 4 direct zur Bildung von Kohlenoxyd weggenommen werden, das außerdem wahrscheinlich nicht weniger als 1 absorbirt und latent macht. Wenn nach dem Obigen nur 6/15 der gesammten Heizfähigkeit der Kohle zur Dampfbildung verwendet werden und 1/15 als nothwendig zur Erzeugung des Zuges im Schornstein gerechnet wird, so gehen noch immer 8/15 verloren, so daß also Wärme noch auf andere Weise als durch die Wirkung des Kohlenoxydgases entzogen werden muß. Gibt also eine gewisse Menge Kohle beim Verbrennen in den Kesselfeuerungen 1 Wärmeeinheit, so vertheilt sich diese mit 7/15 = 28/60 auf die nutzbare Dampfbildung, mit 5/12 = 25/60 auf Verlust durch Kohlenoxyd, mit 8/15 – 5/12 = 7/60 auf Verlust durch Strahlung und unvollkommene Leitung. Thompson hat nun darauf einige Verbesserungen an den Dampfkesseln angebracht und dem Anscheine nach nicht ohne Erfolg. Vor Jahren bestimmte Dr. Kennedy den heißesten Punkt einer Feuerung als 1'' über dem Roste liegend und dieß ist richtig für Feuerungen mit schwachem Zug; bei starkem Zug ist dieß aber anders und zwar fand Thompson durch pyrometrische Versuche die heißeste Stelle 2–3'' über dem Roste und empfiehlt daher, den Rost einer Feuerung nie über 4'' und nie unter 2'' hoch zu beschicken. Liegt das Brennmaterial weniger als 2'' hoch, so geht viele Luft nutzlos durch und führt Wärme ab, liegt es höher als 4'', so wird ein großer Theil der im unteren Theil des Brennmaterials gebildeten Kohlensäure am oberen mit großem Wärmeverlust zu Kohlenoxyd zersetzt. Wegen der Strahlung der Wärme soll der Kessel dem Feuer möglichst nahe gelegt werden, wodurch der Nebenvortheil erreicht wird, daß der Feuermann den Rost nicht überfüllen und so noch mehr Kohlenoxyd erzeugen kann. Manche Heizer glauben, daß diese große Nähe des Feuers bedeutend auf das Verbrennen des Kessels einwirke, letzteres wird aber nicht durch die Nähe des Feuers, sondern durch die Dicke des Kesselsteines bewirkt. – Aus den Analysen der Schornsteingase ergibt sich, daß noch genug Sauerstoff vorhanden ist, um das Kohlenoxyd in Kohlensäure überzuführen, daß aber das Kohlenoxyd nicht wirklich verbrannt wird, erklärt sich durch zwei Ursachen, einmal aus der verbrennungshindernden Eigenschaft der Kohlensäure, andererseits durch die Abkühlung durch den Stickstoff und den Dampfkessel, wodurch die Temperatur der Gase unter den Punkt heruntergezogen wird, wo das Kohlenoxyd verbrennt. Die letztere Ursache, wenn auch nicht die erstere, kann man zu beseitigen suchen und dieß ist mit dem besten Erfolge auf folgende Weise geschehen. Eine 4zöllige gußeiserne Röhre wurde im unteren Theil des Schornsteins befestigt und bei 6' über dem Boden durch ein Knie mit der äußeren Luft in Verbindung gesetzt; am unteren Ende dieses Kniees war eine ähnliche Röhre befestigt, die horizontal etwa 1'' unter dem Kessel hingeführt war und unmittelbar über der Feuerbrücke endete. Hier war sie mit der Mitte eines Röhrenquerstückes verbunden, das sich über die ganze Länge der Feuerung erstreckte, an den Enden geschlossen, aber über die ganze Länge mit 2'' von einander abstehenden 1/2zölligen Löchern versehen war. Die Theorie der Wirkung dieser Röhre ist sehr einfach. Die Röhre wird erwärmt und namentlich das Querstück rothglühend, am hinteren Ende tritt die Luft in das Knie ein und gelangt hoch erhitzt nach dem Querstücke, wo sie durch die Oeffnungen austritt und das Kohlenoxyd ebenso rasch verbrennt als dieses sich bildet. In vier Kesseln, wo diese Vorrichtung angewendet ward, wird die Dampferzeugung bedeutend beschleunigt und eine bedeutende Kohlenersparniß erreicht. Schließlich empfiehlt Thompson einen Zusatz von Soda, um die Bildung von aus Gyps bestehendem Kesselstein zu vermeiden, und die baldige Entfernung des Niederschlages.