Titel: Prof. Toepler's Verfahren der Wurzelausziehung mittelst der Thomas'schen Rechenmaschine; mitgetheilt von Professor F. Reuleaux in Berlin.
Fundstelle: Band 179, Jahrgang 1866, Nr. LXIII., S. 260
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LXIII. Prof. Toepler's Verfahren der Wurzelausziehung mittelst der Thomas'schen Rechenmaschine; mitgetheilt von Professor F. Reuleaux in Berlin. Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1865 S. 112. Toepler's Verfahren der Wurzelausziehung mittelst der Thomas'schen Rechenmaschine. Den Besitzern und Freunden der Thomas'schen Rechenmaschine dürfte die Mittheilung eines Verfahrens interessant seyn, welches Prof. Dr. Toepler in Riga für die Ausziehung von Quadratwurzeln mittelst des ArithermometersAri0074hmometers ersonnen hat und welches vermöge seiner Einfachheit als eine glückliche Bereicherung der theoretischen Hülfsmittel des Maschinen-Rechnens willkommen zu heißen ist. Theorie des Verfahrens. – Das Toepler'sche Verfahren ist begründet auf bekannte Eigenschaften der arithmetischen Reihen. Für die arithmetische Reihe von n Gliedern mit dem Anfangsgliede a und der Differenz d ist die Summe s: Textabbildung Bd. 179, S. 261 und das letzte Glied u: u = a + (n – 1) d            (2). Setzt man in einer solchen Reihe a = 1, d = 2, so ist s die Summe der n ersten ungeraden Zahlen (1 + 3 + 5 + 7 +... d) und es wird nach Formel (1) s = (1 + n – 1) n = n², d.h. die Summe der n ersten ungeraden Zahlen ist = n²; dabei wird nach Formel (2) das letzte Glied u = 2 n – 1 oder u + 1 = 2 n, d.h. das letzte Glied der Reihe der n ersten ungeraden Zahlen vermehrt um die Einheit gibt die doppelte Gliederzahl an. Nach diesen beiden Sätzen können für das. Quadrat eines Binoms n + m die drei Glieder n², 2 nm, m² auf der Rechenmaschine leicht als Reihensummen gebildet und durch gliedweises Abziehen von einem Radicanden N im Quotientenzählwerk der Maschine gefunden werden. Man theilt zu diesem Ende wie bei dem gewöhnlichen Wurzelausziehen den Radicanden vom Komma an zu je 2 Stellen ab, und bildet, zur Linken beginnend, durch Einstellen von 1, 1 + 2 = 3, 3 + 2 = 5, 5 + 2 = 7 u.s.w. und jedesmaliges Abziehen der einzelnen Glieder gliedweise zuerst n², wobei im Quotienten n erscheint, sobald die Summe s = (1 + 3 + 5 + 7 +... u) die betreffenden Radicandenstellen erschöpft hat. Darauf addirt man zu dem noch dastehenden letzten Gliede u die Einheit, so daß u in u + 1 = 2 n übergeht, verlegt diese Zahl als Subtrahenten unter die nächste Stelle zur Rechten und bringt unter die zweite Stelle zur Rechten wieder die 1 (vorausgesetzt, daß u + 1 = 2 n von den darüber stehenden Stellen abziehbar ist) als erstes Glied der arithmetischen Reihe 1 + 3 + 5 +..., welche m² zur Summe haben soll, und zieht wieder ab, nach dem einzelnen Abziehen in der Reihe für m jedesmal 2 zufügend. Die neue Quotientenstelle muß m seyn, sobald die betreffenden Radicandenstellen erschöpft sind, indem dann 2 n + m im Subtrahenden successiv gebildet und m mal abgezogen worden ist. Im Quotienten stehen darauf n und m in aufeinanderfolgenden Stellen. Bleibt ein Rest, so wird die Zahl im Subtrahenden = u' gesetzt, zu ihr nun 1 addirt und wie oben angegeben fortgefahren. Läßt sich u + 1 = 2 n, oder diese Zahl nebst dem Anfangsgliede 1 der Reihe m nicht von den darüberstehenden Radicandenstellen abziehen, so wird die m-Reihe nicht in der ersten Stelle neben u + 1 = 2 n, sondern um eine Stelle weiter rechts begonnen und der Subtrahend ebenfalls um noch eine Stelle nach rechts verlegt; im Quotienten erscheint dann eine Null. Ausführung des Verfahrens. – Die nachfolgenden Beispiele werden das Verfahren, welches leichter ist als es scheinen könnte, vollends klar machen. Ich setze dabei die Bekanntschaft mit der Thomas'schen Rechenmaschine vorausMan s. die Beschreibung der Thomas'schen Rechenmaschine von Professor Reuleaux im polytechn. Journal (1862) Bd. CLXV S. 334. und bemerke nur, daß die römischen Ziffern wieder die Nummern der Schaltwerksspalten bezeichnen, deren ich 6 annehme. Für das Wurzelausziehen ist ein Quotientenzählwerk an der Maschine erforderlich, wie denn überhaupt der Quotient von dem Besteller einer Rechenmaschine stets unbedingt gefordert werden sollte.Hr. Hoart liefert neuerdings Maschinen, bei welchen der Quotient einen besonderen Auslöscher hat, wobei sich der Preis allerdings etwas höher stellt. I. Beispiel. Gesucht √2209. – Subtractionsknopf gedrückt. Eingestellt: Textabbildung Bd. 179, S. 262 Erste Stelle des Quotienten; im Zifferlineal (Z); im Schaltwerk (S); gedreht; es bleibt in (Z); man stellt in (S); gedreht; gibt in (Z); gestellt in (S) Textabbildung Bd. 179, S. 263 Zweite Stelle des Quotienten; gestellt in (S); gedreht, gibt in (Z); geht auf Im Quotient ist erschienen 47, welches die Quadratwurzel von 2209 ist; die Zahl der Drehungen betrug 4 + 7 = 11. 2. Beispiel. Gesucht √4,1625. – Subtractionsknopf gedrückt. Eingestellt: Textabbildung Bd. 179, S. 263 Erste Stelle des Quotienten; Zweite Stelle des Quot.; im Zifferlineal (Z); im Schaltwerk (S); gedreht; es bleibt in (Z); gestellt in (S); von 1 geht nicht, deßhalb Es ist ein Rest geblieben, mit dem man nun fortfährt, nämlich: Textabbildung Bd. 179, S. 264 Vierte Stelle des Quot.; Fünfte Stelle des Quot.; Sechste Stelle des Quot.; Es steht in (Z); gestellt in (S); 408 von 50 geht nicht. deßhalb; gedreht; gibt in (Z) Resultat im Quotienten: 2,04012. Zahl der dafür nöthigen Drehungen 9 + 2 = 11; oder im Allgemeinen: Quersumme der Wurzel + der Anzahl der Nullen, welche in derselben vorkommen. Nach kurzer Uebung ist das Verfahren dem Maschinenrechner geläufig und vollzieht sich dann kaum weniger schnell, als eine gewöhnliche Division. Dasselbe ist für vielerlei Rechnungen, u.a. für mancherlei physikalische Beobachtungsreihen, sowie auch für statistische Rechnungen von wesentlichem Nutzen, insbesondere, wo Wurzeln aus vielstelligen Zahlen gezogen werden müssen, für welche die berechneten Wurzeltafeln nicht ausreichen. Bei dieser Gelegenheit darf ich nicht versäumen, den Zahlenrechnern die Thomas'sche Maschine auf's Neue zu empfehlen; dieselbe findet eine allerdings langsam steigende Verbreitung; der Preis scheint immer noch ein Hinderniß mächtiger Natur zu seyn. Eine dankenswerthe Benutzung hat das Instrument durch Hrn. Prof. Dr. Junge in Freiberg erfahren, indem derselbe eine Tafel der wirklichen Längen der Sinus und Cosinus für den Radius 1,000,000Leipzig, A. Felix, 1864. damit berechnet hat, welche für gewisse Rechnungen sehr vorzügliche Dienste leistet.