Titel: Spencer- und Henry-Büchsen mit Patronenmagazin.
Fundstelle: Band 179, Jahrgang 1866, Nr. CII., S. 425
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CII. Spencer- und Henry-Büchsen mit Patronenmagazin. Spencer- und Henry-Büchsen mit Patronenmagazin. Den officiell abgegebenen Urtheilen von mehr als zwanzig Generalen und höheren Officieren der amerikanischen Armee entsprechend, wornach die namentlich seit Sherman's Expedition errungenen Erfolge derselben zum großen Theile der Bewaffnung von mehr als einem Viertheile dieser Armee mit den von Spencer und Henry construirten Hinterladungsbüchsen zuzuschreiben sind, welche durch Patronenmagazine von der Form eines zweiten Laufes sieben und beziehungsweise fünfzehn Schüsse ohne Unterbrechung hintereinander abgeben lassen, hat nach Nr. 51 der Allgemeinen Militär-Zeitung von 1865 das schweizerische Bundes-Kriegs-Departement am Schlusse vorigen Jahres Versuche mit der Henry'schen Repetirbüchse anstellen lassen, welche ergaben, daß das Füllen des Magazins derselben mit 15 Patronen nur 15 Secunden Zeit erfordert und weitere 12 Secunden dann zum Abfeuern derselben genügen. Ein beigefügter Auszug aus einem Berichte des früheren Capitäns, jetzigen Contreadmirals Dahlgren über eine von Hrn. Winchester, Theilhaber der N. H. Arms Comp. gelieferte und den gewöhnlichen Proben unterworfene sogenannte Revolverbüchse von Henry besagt Folgendes: „Die Hauptneuerung, welche bei dieser Waffe in Anwendung kommt, besteht in dem Patronenmagazin und in der Art, die Patronen in den Lauf zu bringen. Die Büchse enthält zwei aus einem Stücke geschmiedete, über einander liegende Läufe, von denen der obere gezogen, der untere nicht gezogen ist. Der untere, welcher ganz dieselbe Länge wie der obere hat und so weit ist, daß er die Patronen bequem aufnehmen kann, ist eben das Patronenmagazin. An dem oberen Ende desselben ist eine Spiralfeder angebracht, welche, sobald das Magazin nach Einladung der Patronen geschlossen ist, auf die hintereinander liegende Reihe derselben einen Druck ausübt, der gerade stark genug ist, immer die unterst liegende Patrone, gleichgültig wie viel oder wenig sich noch im Magazin befinden, bis auf den Boden desselben herabzudrücken. Das dort befindliche Patronenlager ist eine Art beweglicher Klappe, die mit einem Hebel, der im ruhenden Zustand zugleich den Abzugsbügel bildet, in Verbindung steht. Oben ist das Patronenlager offen, und ebenso schneidet der eigentliche Lauf, welcher hinten keinen Verschluß hat, in gleicher Höhe mit dem Anfang des Patronenlagers ab, so daß sich über dem letzteren ein hohler Raum befindet, in welchen auf der vorderen Seite die beiden Läufe einmünden, während von der hinteren die Schloßtheile und der betreffende Arm des oben erwähnten Hebels eingreifen. Schlägt man nun den Hebel auf, so wird das bewegliche Patronenlager in die Höhe gehoben, bis es sich in gleicher Höhe mit dem Laufmundloch befindet (zu gleicher Zeit spannt sich auch das Schloß). Beim Zurückführen des Hebels wird die Patrone gefaßt und in den Lauf geschoben, während das bewegliche Patronenlager an seine Stelle zurückgeht. Die Patrone, welche jetzt im Laufe sitzt, bildet zu gleicher Zeit den Verschluß desselben. Sie besteht aus einer mit einer Pulverladung versehenen kupfernen Kapsel, auf welcher vorn das Geschoß sitzt, während der Boden eine Füllung von Knallquecksilber enthält, die die Entzündung bewirkt. „Das Gewehr ist jetzt schußbereit; die Entzündung erfolgt durch einen Schlag gegen den mit Knallquecksilber gefüllten Boden der Patrone, welcher jedoch nicht von dem Hahn selbst ausgeht (wie bei den sogenannten Salonpistolen), sondern von einem Bolzen, der durch das Niederschlagen des Hahns vorgetrieben wird. „Die bei den Versuchen zur Anwendung gekommene Büchse war folgendermaßen zusammengestellt: Totalgewicht der Waffe 9,81 Pfd. Gewicht des Laufs und Magazins 3,35 Pfd. Seelendurchmesser 0,43 Zoll Zahl der Züge      6 Breite der Züge 0,10 Zoll Tiefe der Züge 0,05 Zoll „Die Züge haben an der Kammer einen Drall von 120 Zoll und an der Mündung einen solchen von 33 Zoll. „Die Patrone hat folgende Gewichtsverhältnisse: Kugel 216 Gran Pulver   25    „ Talg     2    „ Metallhülse   50    „ Knallquecksilber     2    „ –––––––– Die ganze Patrone 295 Gran. „Die Patrone, welche man anwandte, um die mit dieser Waffe zu erreichende Percussionskraft zu prüfen, erhielt 31 Gran Pulver. „Die Schießversuche mit der Büchse wurden an zwei aufeinander folgenden Tagen in nachstehender Reihenfolge vorgenommen und ergaben die folgenden Resultate: Zunächst wurden 180 Schüsse abgegeben, und dabei nur die Zeit des eigentlichen Schießens, ganz abgesehen von der Zeit, die das Laden erforderte, in Anschlag gebracht; es zeigte sich, daß man zu dem bloßen Spannen und Losdrücken dieser 180 Schüsse eine Zeit von 3 Minuten 36 Secunden brauchte, was für das Losschießen der mit allen Schüssen geladenen Büchse durchschnittlich 18 Secunden macht. Dann wurden 120 Schüsse abgegeben, bei denen die Zeit des Ladens mit in Anrechnung kam; hierbei ergab sich, daß die 120 Schüsse eine Zeit von 5 Minuten 45 Secunden bedurften, also 10 Schüsse durchschnittlich nicht ganz 29 Secunden. „Um die Trefffähigkeit zu prüfen, wurden zwei Scheiben, die erste in einer Distanz von 328, die zweite in einer Distanz von 728 Fuß aufgestellt. Die Schüsse wurden indessen zum großen Theil auch von ungeübteren Schützen abgegeben, so daß man nach den Resultaten kein entscheidendes Urtheil fällen kann. Ein geübter Schütze traf die erste Scheibe, 18 Zoll im Quadrat, unter fünfzehn aufeinander folgenden Schüssen vierzehn Mal. „Man fuhr hierauf mit Schießen fort, um über die Festigkeit der Waffe ein Urtheil zu erhalten. Es wurden im Ganzen 1045 Schüsse abgegeben, ohne den Lauf ein einziges Mal zu reinigen, und als man dann den Lauf untersuchte, ergab sich, daß er zwar stark verschleimt und voll Pulverrückstand war, und daß sich die Züge nicht mehr erkennen ließen, daß er sich aber in allen anderen Beziehungen vollkommen in Ordnung befand. „Es ist nach den obigen Erfahrungen außer Frage, daß man mit diesen Büchsen mit großer Schnelligkeit chargiren kann, ohne daß dabei Störungen im Mechanismus eintreten. „Die Percussionskraft des Geschosses ist eben so groß wie die bei anderen Büchsen.“ D......y,                  Major im Generalstabe in Cassel.