Titel: Ueber die Darstellung der sogenannten Zauberphotographien; von Dr. J. Schnauß.
Fundstelle: Band 180, Jahrgang 1866, Nr. LXXX., S. 300
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LXXX. Ueber die Darstellung der sogenannten Zauberphotographien; von Dr. J. Schnauß. Aus dem photographischen Archiv, April 1866, S. 141. Schnauß, über Darstellung der Zauberphotographien. Seit einigen Wochen sind im Kleinhandel zu einem ziemlich geringen Preis sogenannte Zauberphotographien (photographie magique) zu bekommen. Dieselben scheinen ursprünglich aus Paris zu stammen und bestehen aus weißen Blättern von Albuminpapier, auf welchen, wenn sie mit den beigefügten Blättern von Fließpapier bedeckt und gleichmäßig angefeuchtet werden, plötzlich Bilder in braunem Sepiaton entstehen, oder recht eigentlich entwickelt werden. Die Sache ist sehr nett und verdient deßhalb eine Besprechung in unserer Zeitschrift. Sehr räthselhaft wird keinem Photographen diese Erscheinung seyn, sofern er nur einmal die jetzt etwas veraltete Methode der Verstärkung der Negativen mittelst Quecksilbersublimat und hierauf mit Ammoniak, Schwefelammonium oder unterschwefligsaurem Natron praktisch geübt hat. Das Sublimat verwandelt nämlich das schwarze Silber in eine weihe Masse, indem sich zugleich Hg² Cl bildet, welches, nach vorhergehenden Waschungen, durch caustisches Kali in schwarzes Quecksilberoxydul, durch Ammon in eine schwarze Doppelverbindung, durch Schwefelammon in schwarzes Quecksilbersulphür und durch unterschwefligsaures Natron gleichfalls in eine schwarze Verbindung verwandelt wird. Schon in meinem photographischen Lexicon (2te Aufl. S. 8) erwähne ich, daß Silbercopien durch Sublimatlösung verschwinden, durch Ammon aber wieder sichtbar gemacht werden. Um dieses jedoch mit gutem Erfolg zu bewirken, sind verschiedene Vorsichtsmaßregeln zu berücksichtigen. Zunächst dürfen keine vergoldeten Photographien zu diesen Versuchen benutzt werden, weil diese nie vollständig in Sublimatlösung verschwinden. Selbst bloß in einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron fixirte Photographien bleiben etwas sichtbar, wahrscheinlich wegen vorhandenen Schwefelsilbers. Man thut daher am besten, die Albumincopie nur tüchtig in Wasser auszuwaschen, um sie von allem löslichen Silbersalz zu befreien, sie sodann in eine concentrirte, mit etwas Salzsäure versetzte Sublimatlösung so lange zu legen, und zwar im Dunkeln, bis das Bild vollständig verschwunden ist, was etwa 1/2 bis 1 Stunde Zeit erfordert. Oefteres Bewegen befördert den Proceß sehr. Hierauf wäscht man das Papier gut aus und trocknet es. In diesem Zustand ist es immer noch etwas lichtempfindlich, weßhalb es vor starkem Tageslicht geschützt aufbewahrt werden muß. Die Pariser Zauberphotographien färben sich im directen Sonnenlicht bald bräunlich und werden folglich sichtbar. Man versendet und bewahrt sie am besten in Couverts von orangegelbem Papier. Zur Entwickelung kann man alle die oben genannten Chemikalien benutzen; weil jedoch die Versendung und Handhabung für Laien trockene und nicht zerfließliche Salze erfordert, so nimmt man am besten unterschwefligsaures Natron, mit dessen concentrirter Lösung man Blätter von weißem Fließpapier tränkt. Diese werden sodann auf das unsichtbare Albuminbild gelegt und gleichmäßig stark mit Wasser befeuchtet. Die Entwickelung schreitet langsam vorwärts, das Bild gewinnt allmählich an Intensität und der gelbbraune Ton wird nach und nach immer schwärzer. So hübsch sich dieses Experiment als eine Unterhaltung für Kinder eignet, so darf man ihnen dieses Spielzeug doch nicht ohne strenge Aufsicht in die Hände geben wegen der großen Giftigkeit des Quecksilbersublimates. Durch Sorgfalt beim Auswaschen der Bilder läßt sich diese Gefahr sehr verringern, da fast alles freie Sublimat hierdurch entfernt wird. Ueberdieß ist Eiweiß ein bekanntes Gegengift gegen Sublimatvergiftung.