Titel: Ueber flüssige Glycerinseife; von Professor Heeren.
Fundstelle: Band 180, Jahrgang 1866, Nr. CXXIX., S. 481
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CXXIX. Ueber flüssige Glycerinseife; von Professor Heeren. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1866 S. 73. Heeren, über flüssige Glycerinseife. Die flüssige Glycerinseife aus der Fabrik von Sarg in Wien, deren Bertrieb für Norddeutschland dem Dr. Marquart in Bonn übertragen ist, besitzt beim Gebrauch so empfehlenswerthe Eigenschaften, daß ich mich bemüht habe, ein ähnliches Product herzustellen, was mir um so wünschenswerther erschien, als die Sarg'sche Glycerinseife ihres ziemlich hohen Preises wegen der Classe der feinen Luxus-Seifen anheimfällt, während zu vermuthen war, daß sie zu einem weit niedrigeren Preise sich werde darstellen lassen. Die Sarg'sche flüssige Glycerinseife ist vollkommen klar, von hellbrauner Farbe und dickflüssiger Consistenz, etwa wie Honig, mit welchem sie überhaupt äußerlich viel Aehnlichkeit besitzt. Sie ist parfümirt. Freies Alkali ist nicht vorhanden, was sich daraus ergibt, daß sie, mit Chlorbaryum zersetzt, völlig neutrale Reaction zeigt. Mit Salzsäure vermischt entwickelt sie Kohlensäure, was die Gegenwart von kohlensaurem Alkali documentirt. Dieses letztere kann bei der Zersetzung durch Chlorbaryum eine alkalische Reaction nicht zurücklassen, weil sich beide Salze, unter Bildung von kohlensaurem Baryt, geradeaus zersetzen. Zum Waschen der Hände reicht ein halber Theelöffel voll aus. Die Annehmlichkeit dieser Seife tritt besonders dann hervor, wenn man genöthigt ist, in Ermangelung von weichem Regenwasser, sich mit kaltem harten Brunnenwasser die Hände oder das Gesicht zu waschen, eine mit gewöhnlicher Seife oft recht unangenehme Procedur, welche dagegen mit flüssiger Glycerinseife so schön von statten geht, auch die Unreinigkeiten so rasch entfernt, daß es ein wahres Vergnügen ist. Man stoße sich nur nicht daran, daß diese Seife weniger schäumt, als gewöhnliche glycerinfreie Seife, eine Eigenschaft, die von der Gegenwart des Glycerins herrührt. Man würde nun zwar ziemlich mit demselben Erfolge das Glycerin ganz weglassen können, wie ja die bekannte schwarze oder grüne Schmierseife selbst mit hartem Wasser sich vortrefflich zum Waschen eignet, aber abgesehen davon, daß sie freies Alkali enthält, was zumal beim Waschen der Gesichtes nachtheilige Folgen herbeiführen würde, so steht schon ihr abscheulicher Geruch ihrer Anwendung entgegen. Man könnte zwar, ebenfalls mit Umgehung des Glycerins, eine Schmierseife durch Sättigung von Oelsäure (dem gewöhnlich sogenannten Oleïn) mit Kalilauge anfertigen, wobei sich jeder Ueberschuß von ätzendem Alkali vermeiden läßt, auch der üble Geruch hinwegfällt; aber eine so bereitete Seife, wenn sie flüssig seyn soll, besitzt eine beim Gebrauch höchst unangenehme fadenziehende Consistenz. Das Glycerin aber, welches seiner chemischen Constitution nach den Alkoholen zugezählt werden muß, verhält sich auch den Seifen gegenüber wie gewöhnlicher Alkohol; es bildet mit ihnen nicht fadenziehende, aber wenig schäumende Verbindungen. Zur Bereitung der flüssigen Glycerinseife bringe ich 100 Gewichtstheile Oleïn, wie solches bei den Droguisten zu haben ist, in ein beliebiges Gefäß, welches erwärmt werden kann, bei kleinen Portionen in ein Kochglas oder einen Glaskolben, bei größeren Quantitäten in einen eisernen Kessel, setze 314 Gewichtstheile ordinäres Glycerin von 1,12 specifischem Gewicht, wie solches zum Füllen der Gasuhren gebraucht und zu einem niedrigen Preise, hier am Orte zu 9 Rthlr. der Centner, verkauft wird,Von der chemischen Fabrik von E. de Haen u. Comp. in List vor Hannover. hinzu, erwärme das Ganze auf etwa 50° C. und füge nun 56 Gewichtstheile concentrirter ätzender Kalilauge von 1,34 spec. Gewicht unter stetem Umrühren hinzu. Die Seifenbildung erfolgt dabei augenblicklich und man erhält so ein ziemlich dickflüssiges, jedoch etwas trübes Liquidum, welches man bis zum nächsten Tage, oder wenn keine Eile ist, noch einen Tag länger an einem nicht zu kalten Orte der Ruhe überläßt, wobei die Trübung noch etwas zunimmt. Die Seife muß nun, um honigartige Durchsichtigkeit zu erlangen, durch Papier filtrirt werden, was freilich ihrer etwas dünnflüssigen Consistenz wegen äußerst langsam von Statten geht. Man macht ein großes Filtrum von einem ganzen Bogen Löschpapier, breitet es in einem großen Glastrichter gehörig aus, und gibt die Seife hinein. Wenn nach Verlauf mehrerer Tage das langsame Abtröpfeln fast aufgehört hat, bringt man den noch im Filtrum vorhandenen Rest in ein neues kleines Filtrum. Zur Beschleunigung dieser langwierigen Filtration kann man sich in Laboratorien, oder wo immer sonst chemische Hülfsmittel zur Verfügung stehen, des folgenden Verfahrens bedienen: Man verdünnt nach dem Zusatz der Lauge die Seife mit einer ihrem Gewichte gleichen Menge Wasser, wodurch sie ganz dünnflüssig wird und sich am nächsten Tage leicht filtriren läßt, und dampft sie nachher wieder auf ihr vorheriges Gewicht ein. Dieses Eindampfen darf aber keinenfalls auf freiem Feuer geschehen, weil die Seife in hohem Grade dem Stoßen unterliegt, wobei sie plötzlich unter starkem Aufschäumen steigt und leicht überschießt; es muß vielmehr im Dampfbade stattfinden, indem man die in einem flachen Gefäße befindliche Seife von unten durch kochenden Wasserdampf erhitzt. Nachdem nun auf eine oder andere Art die Seife im ganz klaren Zustande erhalten worden, fügt man ihr gereinigte Potasche, und zwar ein Zehntel von der Gewichtsmenge des angewendeten Oleïns zu. Man thut wohl, diese Potasche in einer sehr kleinen, nur gerade hinreichenden Menge heißen Wassers aufzulösen und sodann der Seife unter Schütteln oder Rühren zuzusetzen. Durch diesen Zusatz erlangt die Seife eine dickflüssige honigartige Consistenz, weßhalb auch derselbe erst nach der Filtration gegeben werden darf. Schließlich gibt man der Seife mit Oleum neruli, petits grains oder auch wohlfeileren Riechölen ein angenehmes Parfüm. Ich habe mir die Frage gestellt, ob nicht die unbequeme Filtration ganz umgangen werden könne, da ja eigentlich kein Grund vorliegt, weßhalb eine Mischung von Seife und Glycerin sich trüben müsse. Die Ursache dieser Trübung liegt aber theilweise in der Beschaffenheit des Oleïns, so wie es, wenigstens hier am Orte zu haben ist, nämlich in einem Gehalte an unverseiftem Fett, welches in der Seife emulsionsartig vertheilt bleibt. Zwar würde sich dasselbe bei Anwendung von überschüssiger Kalilauge nach und nach verseifen, aber gerade diesen Laugenüberschuß wünschte ich zu vermeiden. Zweitens veranlaßt auch die Beschaffenheit des Glycerins eine Trübung, wie es scheint durch einen Gehalt an Kalk- oder anderen Salzen. Nicht nur das ordinäre Glycerin, sondern selbst gereinigtes, wie es die hiesigen Droguisten führen, trübt sich bei Zusatz einer vollkommen klaren Seifenlösung, und wenn auch ein durch Destillation sehr gereinigtes Glycerin sich ohne Trübung mit Seife mischt, so würde doch ein solches für den vorliegenden Zweck zu kostbar seyn. Legen wir als Preis des Oleïns 6 Sgr., der Kalilauge 8 Sgr. und des Glycerins 3 Sgr. zu Grunde, so berechnet sich, abgesehen von dem zum Parfümiren dienenden ätherischen Oel, der Preis auf etwa 4 Sgr. das Pfd. Die Benutzung der flüssigen Glycerinseife betreffend, so halte ich es für zweckmäßig, sie in einem Gefäß mit ganz weiter Oeffnung auf dem Waschtische zu haben und mit einem Theelöffel oder Glasspatel, welcher stets in dem Gefäße stehen bleibt, das nöthige Quantum herauszunehmen, denn beim Ausgießen aus einem Gefäße zieht sich leicht etwas Seife an der Außenseite herunter, wodurch die Oberfläche schmierig und die Handhabung eines solchen Gefäßes höchst lästig wird.