Titel: Ueber das Vorkommen und die Gewinnung des Erdöls in Galizien.
Fundstelle: Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XLII., S. 154
Download: XML
XLII. Ueber das Vorkommen und die Gewinnung des Erdöls in Galizien. Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1866, Nr. 19. Ueber das Vorkommen des Erdöls in Galizien. Einem Vortrage, welchen hierüber Bergrath v. Cotta im bergmännischen Vereine zu Freiberg gehalten hat, entnehmen wir Folgendes: Der galizische Abhang der Karpathen besteht durchgängig aus Karpathensandstein, welcher der Kreideperiode angehört und meist eine stark aufgerichtete, dem Hauptgebirgsrücken ungefähr parallel streichende und vorherrschend in S. oder S. W. einfallende Schichtung zeigt. Eine Unterbrechung durch Eruptivgesteine ist nicht bekannt. Die Vorhügel der Hauptkette und die davon in die sarmatische Tiefebene auslaufenden breiten Plateaus bestehen dagegen aus stellenweise von Dilluvium und Alluvium überlagerten eocänen und miocänen Bildungen, und die durch ihre Steinsalzführung ausgezeichneten miocänen Schichten scheinen oft die Schichtenköpfe des Karpathensandsteins in übergreifender Lagerung zu bedecken. Das Erdölgebiet zieht sich in einer Breite von 2 bis 3 Meilen durch ganz Galizien hindurch, und zwar dem Fuße des Nordabhanges des Gebirges folgend entlang der Grenze zwischen dem neocomen Karpathensandstein und den tertiären Ablagerungen. Unter ähnlichen geologischen Verhältnissen ist es westlich von Galizien in Mähren und Schlesien, östlich noch bis in die Bukowina, Moldau und Walachei hin bekannt. Innerhalb der galizischen Zone sind nun bereits einige 60 Orte aufgefunden worden, wo in miöcenem, eocänem oder neocomem Gebiete Erdöl, Erdwachs oder Erdpech auftritt, resp. gewonnen werden kann. Einer der wichtigsten von diesen Punkten ist Boryslaw, südlich von Drohobycz, wo sich Erdöl und Erdwachs in dunkeln bituminösen und etwas salzhaltigen Thonen und Mergeln der miocänen Bildung finden, welche aufwärts zunächst von einer 10 bis 12 Fuß mächtigen Geröllschicht und außerdem von einer 6 bis 8 Fuß mächtigen Lehmlage überlagert werden. Hier fand der Vortragende Anfangs September 1865 im Umkreise des Dorfes 2394 Schächte in Betrieb, während 3000 Schächte wieder verlassen waren. Diese Schächte waren rund und viereckig, 2 1/2 bis 6 Fuß weit und durchschnittlich 20 Klafter tief; sie geben theils Wachs, theils beide Substanzen zugleich und können alle Tage ausgeschöpft werden. Quillt nichts mehr aus den Gesteinsfugen hervor, so vertieft man die Schächte. Das Niveau und die Ergiebigkeit der ölführenden Schichten ist überaus wechselnd, doch scheint das Erdwachs bei mehr als 20 Klafter Tiefe nicht mehr vorzukommen, während das Oel in jeder zur Zeit erreichten Tiefe angetroffen worden ist. An Wachs liefert ein Schacht durchschnittlich 2 bis 4, ausnahmsweise jedoch auch bis 30 Ctr. pro Tag, an Oel 1 bis 3 Ctr., und bei Boryslaw werden durch ungefähr 9000 Arbeiter monatlich überhaupt 3000 bis 4000 Ctr. Erdwachs und 1200 Ctr. Erdöl gewonnen. Der Vortragende, der über diesen Gegenstand durch die österreichische Revue eine ausführliche Abhandlung veröffentlichte, bemerkte ferner über die verschiedenen anderweit bekannt gewordenen Oelterritorien, daß die ölführenden Schichten in Canada der Silur- und Devon-, diejenigen in Pennsylvanien der Devon-, diejenigen in Virginien, Ohio und Kentucky der Kohlen-, die californischen aber der tertiären Formation angehören.