Titel: | Ueber den zeichenempfangenden Apparat des transatlantischen Telegraphen. |
Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. CIII., S. 429 |
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CIII.
Ueber den zeichenempfangenden Apparat des
transatlantischen Telegraphen.
Nach dem Engineer, Juni 1866, S. 447.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Zeichenempfänger des transatlantischen Telegraphen.
Es ist zwar noch nicht mit Bestimmtheit festgestellt, welche definitive Anordnung
künftig, wenn die Linie einmal ihre ungestörte Thätigkeit zu erkennen gibt, der
zeichenempfangende Apparat (Indicator, Récepteur,
Receiving apparatus) erhalten wird; das was gegenwärtig hierüber bekannt
geworden ist, soll im Folgenden mitgetheilt werden.
Der Empfangsapparat, welcher vorläufig angenommen wurde, ein äußerst empfindlicher
Nadel-Telegraph, ist dem Professor Thomson
patentirt, und repräsentirt offenbar in vervollkommneter Ausstattung den
Telegraphen-Apparat, welchen Gauß und Weber bei der ersten kurzen Telegraphenlinie zwischen der
Sternwarte und dem physikalischen Cabinete zu Göttingen schon im Jahre 1833 benutzt
haben.
Der Hauptbestandtheil dabei ist (ein Gauß'sches) sogen.
Reflexions- oder Spiegel-Galvanometer, wie solche, namentlich von Lamont nach dem Principe seiner magnetischen Apparate, dann von Wiedemann mit magnetisirtem Spiegel vor etwa 16 Jahren,
und von Thomson selbst nach der vorliegenden
principiellen Anordnung schon seit mehreren Jahren construirt worden und in die
physikalische Praxis übergegangen sind.
Der Apparat ist in Fig. 13 in einer Seitenansicht, in Fig. 14 in einer Ansicht
von einem Ende und in Fig. 15 in einem
Horizontalschnitte dargestellt; gleiche Buchstaben bedeuten in allen Abbildungen
dieselben Gegenstände. Wegen der großen Empfindlichkeit, womit der Empfangsapparat
ausgestattet seyn muß, um selbst bei mangelhafter Isolirung mittelst schwacher
Arbeitsströme noch sicher functioniren zu können, ist der ganze Apparat auf einem
wohl isolirten gegen alle seitliche Erschütterungen geschützten und gemauerten
Steinpfeiler aufgestellt, welcher für Zuschauer unzugänglich gemacht worden ist. Der
kleine Stahlmagnet A, von 0,5 Zoll Länge, 0,1 Zoll
Breite und 0,1 Zoll Dicke, ist mit einem kreisförmigen versilberten Glasspiegel a von 0,005 Zoll Dicke verbunden und mit diesem mittelst
eines dünnen Coconfadens in bekannter Weise suspendirt; die Adjustirung von beiden
kann mittelst der Schraube B (Fig. 16) leicht
ausgeführt werden. Spiegel und Magnet können so zart angeordnet werden, daß ihr
Gesammtgewicht nicht mehr als 1 1/2 Grains beträgt. Die Multiplicatoren R, aus sehr feinen übersponnenen Kupferdrähten, deren
Windungen gut von einander isolirt sind, haben viele tausend Windungen und sind so
in Gruppen getheilt, daß man je nach Bedürfniß das Galvanometer für schwache oder
starke Ströme anwenden kann. Dieselben sind mittelst Platten T von Hartkautschuk an dem Gehäuse D befestigt
und ihre Enden führen nach den isolirten Schrauben U und
V, die bei X und W nach außen treten. Ein gekrümmter Magnet Q ist an der Suspensionsröhre O an einem eigenen Halter so angebracht, daß er mittelst einer
Mikrometerschraube Q jede erforderliche Verrückung und
Einstellung erfahren kann, um auf die Magnetnadel so einzuwirken, daß in der
Ruhelage der letzteren der von der Mitte des Spiegels a
reflectirte und durch die im Rohre N angebrachte Linse
M gehende Lichtstrahl stets gegen den Nullpunkt der
Elfenbeinscale I, I reflectirt wird, um in dem dunklen
Arbeitsraume an der Scale ein scharfes Bild der optischen Spalte F, von welcher der Lichtstrahl herkommt, zu erzeugen.
Daß das Gehäuse D, das an den betreffenden Stellen mit
Plan- und Parallelgläsern versehen seyn muß, einen luftdichten Verschluß
darzubieten hat, um jede störende Einwirkung von Luftströmen auf den Magneten
beseitigen zu können, muß noch besonders hervorgehoben werden. Der Spiegel empfängt
von einem bestimmten Theile der Flamme E einer Lampe, bei
welcher die Oelsorte eigens zu diesem Zwecke präparirt wird, ein dünnes Lichtbündel
K, das durch die Spalte F zu demselben gelangen kann, und welches gegen die bereits erwähnte Scale
I in der Richtung der punktirten Linie L reflectirt wird. Die Größe der Spalte kann mittelst
des durch die Handhabe H verrückbaren Schlittens G veränderlich gemacht werden; der Rahmen Y, Z hat jede weitere Verbreitung und Einwirkung der
Flamme gegen den Telegraphenapparat abzuhalten. Die optischen Bilder der Spalte,
welche während des Telegraphirens bei der Ausweichung des Magnetes aus seiner
Ruhelage auf der Scale von dem Empfänger abgelesen werden können, bilden die
eigentlichen telegraphischen Zeichen, welche die Empfangsstation erhält. Es ist von
Thomson in Aussicht genommen,Engineer, Juli 1866, S. 2. die Scale später so anzuordnen, daß die telegraphischen Signal-Marken
auf photographischem Papiere gleichzeitig fixirt werden.
Welche Schriftsprache bei dem transatlantischen Telegraphen benutzt wird, ist bis
jetzt noch nicht bekannt; von vielen Seiten sollen, wie die eben citirte Quelle
mittheilt, hierfür bereits patentirte Vorschläge gemacht worden seyn. Die meisten
dieser Vorschläge sollen dahin gehen, eine Chiffernschrift einzuführen, um (nach
einer Methode, die seiner Zeit von Schilling in Cannstadt
erdacht worden und später auch von Morse und Anderen
nachgeahmt worden ist) nach erfolgter Vollendung des Telegrammes, letzteres durch
ein Chiffern-Lexikon enträthseln zu können.
Jedes Ende der Linie ist nach einer von Thomson
angegebenen Einrichtung mit einem Telegraphen-Blitzableiter einfacher
Construction versehen, um sowohl directe Blitzesentladungen, als auch die Wirkung
der von Gewitterwolken erzeugten inducirten Ströme unschädlich zu machen. Die
Einwirkung der Erdströme auf den genannten Nadeltelegraphen kann durch jene
Anordnung nicht beseitigt werden.
Zum Schlusse sey noch bemerkt, daß unsere Quelle besonders hervorhebt, daß keine
kräftigen Batterien in Anwendung gebracht werden dürfen und der Arbeitsstrom nie so
stark seyn soll, daß chemische Wirkungen an den Elektroden-Enden zum
Vorschein kommen können, welche die Enden des Kabels mit der Zeit beschädigen
würden.