Titel: Bestandtheile eines Condensatorsteines; von E. Reichardt in Jena.
Autor: Eduard Reichardt [GND]
Fundstelle: Band 181, Jahrgang 1866, Nr. CXI., S. 445
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CXI. Bestandtheile eines Condensatorsteines; von E. Reichardt in Jena. Reichardt, Analyse eines Condensatorsteines Analog den Ablagerungen in den Dampfkesseln, welche so vielfach der chemischen Analyse unterworfen worden sind, hatte sich in dem Condensator einer Dampfmaschine in einer nahe liegenden Fabrik allmählich eine Incrustation gebildet von der Stärke von 1–2 Zoll. Dieser Condensatorstein bestand äußerlich kennbar aus einer Reihe von sehr dünnen, concentrischen Schichten, hier und da durch andere Färbung u.s.w. charakterisirt. Auf der Oberfläche zeigten sich die deutlichsten Rhomboëder von Kalkspath, mittelst einer Loupe sogar gewöhnlich ganz durchsichtig. Löste man von einem kleinen Stücke, durch vorsichtiges Zerbrechen den Schichten folgend, die eine Schicht von der anderen, was sehr leicht bewerkstelligt werden kann, so zeigte sich dasselbe Bild der schönsten, durchsichtigsten, rhomboëdrischen Krystallisation so, daß die nunmehr obere Fläche die Krystalle erwies, die genau darauf passende andere das umgekehrte Bild. Diese Angaben erweisen eine durchgehende und auffallend gut ausgebildete, rhomboëdrische Krystallisation; die Flächen besaßen die Große bis zu 1 Millimeter. Die Ablagerung von kohlensaurem Kalk aus heißem Wasser, noch dazu so kalkreichem, wie es die hiesigen Quellen und Flüsse bieten, ist nichts Auffallendes und längst beobachtet, interessant ist nur diese so ausgezeichnete Krystallisation in der Form des Kalkspathes, erzeugt an einem Orte wo durch Einspritzen von kaltem Wasser Wasserdämpfe gekühlt und condensirt werden, also eine ununterbrochene Bewegung der Flüssigkeiten stattfindet. Der kohlensaure Kalk ist dimorph; beide Vorkommen des Kalkspathes und Arragonites finden sich beispielsweise auch im thierischen Organismus an verschiedenen Stellen. Die Erzeugung der einen oder anderen Modification hängt von noch nicht genügend aufgehellten Verhältnissen ab; wahrscheinlich wirken jedoch Temperatur und Concentration der Lösung entscheidend mit ein. Eine Auflösung von kohlensaurem Kalk in Kohlensäure haltendem Wasser gibt, nach Rose, bei gewöhnlicher Temperatur verdunstet, Kalkspathkrystalle, bei Abdampfen im Wasserbad meist Arragonit. Mischt man bei gewöhnlicher Temperatur die Lösung von Chlorcalcium mit einer gleichen von kohlensaurem Ammoniak, und läßt den Niederschlag eine Zeit lang mit der Flüssigkeit stehen, so erhält man mikroskopische Krystalle von Kalkspath. Werden die Lösungen kochend gemischt, so entsteht ein Gemisch von Arragonit und Kalkspath; fügt man dagegegen das Chlorcalcium zum kohlensauren Ammoniak, so erhält man nur Arragonit, welcher sich jedoch bei längerem Stehen in der Flüssigkeit wieder in rhomboëdrischen Kalkspath verwandelt. Es scheint demnach der Arragonit sich ungefähr bei einer Temperatur von 100° C. zu bilden, dagegen über wie unter diesen Graden Kalkspath zu entstehen. (Gmelin's Handbuch der anorganischen Chemie, 1852, Bd. I S. 95.) Der Kalkspath besitzt ein spec. Gewicht von 2,721, oder nach Naumann von 2,6–2,8, der Arragonit dagegen von 2,931. Der hier untersuchte Condensatorstein zeigte 2,66 spec. Gewicht. Die chemische Untersuchung ergab in 100 Theilen: kohlensauren Kalk   95,0 kohlensaure Talkerde     3,3 Eisenoxyd Spuren Unlösliches in Salzsäure           2,6 ––––– 100,9 Die Farbe des Steines war gelblichbraun und das Gefüge desselben sehr locker und leicht zerbrechlich; jedenfalls hatten sich unter geeigneten Umständen allmählich Krusten auf Krusten von Kalkspathkrystallen erzeugt und trotz der dauernden Bewegung aufeinander gelagert.