Titel: Historische und praktische Untersuchungen über die Natur des Goldpurpurs; von J. C. Fischer.
Autor: J. C. Fischer
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XV., S. 31
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XV. Historische und praktische Untersuchungen über die Natur des Goldpurpurs; von J. C. Fischer. Fischer, über die Natur des Goldpurpurs. A. Vorschriften zur Darstellung des Goldpurpurs. Als Entdecker des Goldpurpurs wird gewöhnlich Cassius genannt; aber schon lange vor ihm hatten Basilius Valentinus, dann Glauber und Kunkel beobachtet, daß durch Einwirkung des Zinns auf Goldsalze ein purpurfarbiges Product entsteht, welchem sie die Namen purpurne Goldseele, Königsmantel, rother Löwe etc. gaben, dessen Anfertigung sie aber geheim hielten. Cassius war nur der erste, der ein Verfahren zu seiner Darstellung, jedoch sehr unvollständig, beschrieb. Orschall bereitete den Purpur und wendete ihn mit Erfolg zur Färbung künstlicher Steine und Gläser an. D'Arclais de Montamy gibt mehrere Methoden zu seiner Darstellung an, und betont dabei besonders, daß man die betreffenden Metalle rein anwenden, auch das Gefäß, worin das Zinn gelöst werde, gut verstopfen müsse, damit das Phlogiston nicht entweiche. Als unerläßliche Bedingung zur Bildung des Goldpurpurs hat sich herausgestellt, daß die Zinnlösung, welche mit der Goldlösung zusammenkommt, Oxydul, resp. chlorürhaltig seyn muß; denn solche, welche nur Oxyd, resp. Chlorid, enthält, verhält sich gegen die Goldlösung ganz indifferent. Aber die Ansichten, ob das Oxydul (Chlorür) allein zur Purpurbildung ausreiche oder ob dazu eine gewisse Menge Oxyd (Chlorid) erforderlich sey, gehen weit auseinander. Hören wir zuerst, was Buisson darüber sagt: „Von der gleichzeitigen Existenz dieser beiden Salze (Zinnchlorür und Zinnchlorid) innerhalb gewisser Grenzen hängt die Güte des Products ab, und der Wandelbarkeit ihres Verhältnisses darf man die beobachteten Anomalien größtentheils zuschreiben, denn 1) möglichst neutrales Zinnchlorür bringt, je nach seiner Menge und Concentration, in einer ebenfalls neutralen Goldlösung einen kastanienbraunen oder blauen, oder grünen oder metallischen Niederschlag hervor, der also niemals purpurn ist; 2) reines Zinnchlorid erzeugt in Goldlösung unter keinen Umständen eine Veränderung; 3) ein ziemlich neutrales Gemisch von 1 Zinnchlorür und 2 Zinnchlorid gibt mit 1 Goldchlorid augenblicklich einen schönen purpurnen Niederschlag, dessen Farbe und Intensität sich gleich bleiben; 4) Zinnchlorür im Ueberschuß nüancirt den Niederschlag in's Gelbe, im großen Ueberschuß in's Blaue, Grüne und Goldgelbe; 5) Zinnchlorid im Ueberschuß macht den Anfangs braunen Niederschlag roth, und bei größerem Ueberschuß violett; 6) ein Ueberschuß von Goldsalz hat wenig Einfluß, besonders in der Kälte, aber in der Wärme macht er den violetten oder kastanienbraunen Niederschlag nach und nach roth; 7) saures Zinnchlorür gibt in saurer Goldlösung einen rothen Niederschlag, welcher aber nach Oberkampf nicht durch das Chlorür, sondern durch das aus der Einwirkung der Säure auf das Chlorür erzeugte Chlorid entstehe.“ Golfier-Besseyre bekam beim Zusammenbringen sehr verdünnter Zinnchlorürlösung mit überschüssiger Goldlösung einen schönen Purpur, und bei Wiederholung des Versuches mit der Abänderung, daß dießmal kein Gold gelöst blieb, einen noch schöneren, der sich sogleich in großen Flocken abschied. Als die Zinnlösung ein wenig vorherrschte, fiel der Niederschlag orangefarben, bei noch mehr Zinnlösung korinthenfarben aus, bedurfte auch zum Absetzen mehrerer Tage, und erschien erst nach gutem Auswaschen carmoisin- bis purpurroth. Wurde bei der Fällung Salpetersäure zugesetzt und erhitzt, so erhielt man einen violetten Niederschlag. Nach Gay-Lussac gaben Gemenge von Zinnchlorür und Zinnchlorid in gewissem Verhältniß, wenn in der Kälte operirt wurde, mit Goldlösung blaue Fällungen, jedoch von sehr verschiedener Zusammensetzung. Aus seinen Versuchen folgert er weiter: 1) will man gleichartige Producte erhalten, so muß man die Solutionen rasch mischen; 2) der Grad der Verdünnung der Flüssigkeiten hat nur bis zu einer gewissen Grenze Einfluß; 3) nur das Zinnchlorür besitzt die Eigenschaft, das Gold zu reduciren und Purpur zu erzeugen, nicht aber das Zinnchlorid. Eine gewisse Menge Chlorür reducirt immer eine entsprechende Menge Goldchlorid; setzt man ersteres im Ueberschuß zu, so wird die vollständige Bildung des Purpurs in solchem Grade verzögert, daß man die freiwillige Zersetzung des Ueberschusses abwarten muß, um allen Purpur sammeln zu können. Man vermag zwar die Zersetzung des überschüssigen Zinnchlorürs zu beschleunigen, dann aggregirt sich aber das nicht gefällte Gold auf eine eigenthümliche Weise und es entsteht Blau, welches, mit dem schon gebildeten Purpur gemengt, Violett gibt; 4) Säuren, Kochsalz, schwefelsaures Kali verzögern ebenfalls die vollständige Bildung des Purpurs. Lentin schreibt zur Bereitung des Goldpurpurs vor, das Zinn in Salzsäure aufzulösen, und in die Lösung so lange Salpetersäure zu tröpfeln, bis eine herausgenommene Probe mit Goldsolution einen schönen Purpur gibt. Sollte man zu viel Salpetersäure angewandt haben, so fällt der Purpur erst dann, wenn man ein Stückchen Zinn auf kurze Zeit in die Mischung legt. Lampadius stellt den Purpur dar, indem er das Goldchlorid in 5–600 Theilen Wasser löst und, je nachdem derselbe heller oder dunkler werden soll, mit 1 bis 5 Proc. rauchender Salpetersäure versetzt und einen platten Zinnstab hineinstellt. Pelletier bereitet den Purpur durch Zusammenbringen von Zinnspänen mit Goldsolution. Elsner verwirft jedoch diese Vorschrift, mit dem Hinzufügen, daß der Purpur am besten und schönsten ausfalle, wenn man in eine sehr verdünnte Goldlösung die stark verdünnte Zinnchlorürchlorid-Lösung vorsichtig tröpfle. Lüdersdorff behauptet, bei der Goldpurpur-Bereitung müsse man jeden Ueberschuß sowohl an Säure, als auch an Goldlösung vermeiden. Nach ihm verhindert arabisches Gummi die Fällung des Purpurs; setze man aber dann Weingeist hinzu, so schlage sich mit dem Gummi auch der Purpur nieder. Nach Fuchs erhält man mit Goldlösung und reinem Zinnchlorür niemals reinen Purpur, sondern ein Gemenge von Purpur und metallischem Golde; dagegen den schönsten Purpur, wenn man Eisenchloridlösung so lange mit Zinnchlorürlösung versetzt, bis die gelbe Farbe in eine blaßgrüne übergegangen ist, und dann mit dieser Mischung die Goldsolution fällt. Das dabei nun gegenwärtige Eisenchlorür sey ohne allen nachtheiligen Einfluß auf das Resultat. Capaun erklärt diese Fuchs'sche Bereitungsmethode für weit besser als die Buisson'sche, fügt jedoch hinzu, daß das äußere schöne Ansehen des Präparats noch keine Garantie seiner Brauchbarkeit zur Färbung der Glasflüsse in sich schlösse. Bolley erwärmt 10 Theile Pinksalz (Verbindung von Ammoniumchlorid und Zinnchlorid) mit 1,07 Theilen Stanniol und 40 Thl. Wasser bis zur Lösung des Metalls und setzt dann noch 140 Thle. Wasser hinzu. Man hat nun in der Lösung Zinnsesquichlorid gemäß der Gleichung 3 (NH⁴Cl, SnCl²) + Sn = 3 NH⁴Cl + 2 Sn²Cl³. Andererseits löst er 1,34 Theile Gold in nicht überschüssigem Königswasser, verdünnt die Lösung auf 500 Theile, gießt in letztere die Zinnlösung und erwärmt gelinde. Der bald sich absetzende Purpur wiegt nach dem Trocknen bei 100° C. 4,92 Theile; das Filtrat ist blaßroth. – Die Vorzüge des Pinksalzes zur Darstellung des Goldpurpurs sind: es ist von unveränderlicher Zusammensetzung, daher geschickt zur Herstellung der zwischen Oxydul und Oxyd mitten inne liegenden Oxydationsstufe Sn²O³, dabei wasserfrei, luftbeständig, und somit selbst der Hand des Empirikers anzuvertrauen. Alle oder fast alle Vorschriften stimmen, wie man sieht, darin miteinander überein, daß zwar das Zinnchlorür schon allein mit dem Goldchloride einen Goldpurpur gibt, derselbe jedoch schöner und reiner ausfallen soll, wenn das anzuwendende Zinnchlorür noch eine gewisse Menge Chlorid enthält, d.h. wenn es das Sesquichlorid = Sn²Cl³ ist. B. Ansichten verschiedener Chemiker über die Natur des Goldpurpurs. Buisson hält den Goldpurpur für ein bloßes Gemenge von metallischem Golde mit basischem Zinnchlorid. Sarzeau schließt sich dieser Ansicht Buisson's an. Vauquelin sagt, der Purpur sey ein Gemenge von Goldoxyd, Zinnoxyd und metallischem Golde. Marcadieu schmolz Gold, Silber und Zinn zusammen und behandelte diese Legirung mit Salpetersäure; in dem Augenblicke, als Blasen aufzusteigen begannen, entstand Purpur, mit Salzsäure entstand kein solcher, und Marcadieu folgert nun hieraus, daß im Purpur metallisches Gold enthalten sey. Lentin erklärt die Bildung des Goldpurpurs nach seiner oben mitgetheilten Vorschrift in nachstehender Weise: Das unvollkommen oxydirte Zinn zieht einen Theil des Sauerstoffs des Goldes an sich, welches sich nun purpurfarbig an die Theilchen des Zinnoxyds anlegt, das hier der Farbe eben bloß zur Basis dient, wie beim Scharlachfärben der Cochenille. Daß dem Golde ein Theil des Sauerstoffs entzogen werden müsse, den es durch seine Auflösung in salpetrigsaurer Salzsäure aufgenommen hatte, wenn es eine Purpurfarbe hervorbringen soll, scheint sich ferner dadurch zu bestätigen, daß verschiedene andere Substanzen dasselbe gleichfalls purpurfarben niederschlagen können. Wenn man z.B. etwas Goldsolution auf die Oberfläche der Haut trägt, so entsteht nach einiger Zeit an der Stelle eine Farbe, welche der des Goldpurpurs ganz vollkommen gleich ist; hier entzieht nämlich der Kohlenstoff, der einen Bestandtheil der Haut ausmacht, dem Golde einen Theil seines Sauerstoffs, und nun schlägt es sich purpurfarben nieder. Strecker reproducirt diese Ansicht über die Natur der durch Goldlösung auf der thierischen Haut entstehenden purpurrothen Flecken in so ferne, als er sie wahrscheinlich für Goldoxyd erklärt, denn sie würden beim Reiben nicht metallglänzend; dieß geschehe aber, wenn man sie in einer mit Wasserstoffgas gefüllten Flasche in das Sonnenlicht bringe. (Siehe indessen weiter unten Knaffl.) Proust untersuchte einen mit Goldchlorid und Zinnchlorür bereiteten und gut getrockneten Niederschlag, und fand ihn aus 24 Proc. metallischem Golde und 76 Proc. Zinnoxyd zusammengesetzt, welche er sich aber chemisch mit einander vereinigt denkt. Gay-Lussac nimmt ebenfalls eine Verbindung beider durch Affinität oder wenigstens durch innige Adhäsion an. Clarke schließt aus von ihm angestellten Versuchen, daß der Purpur aus einer chemischen Verbindung von oxydirtem Zinn und oxydirtem Gold in dem Gewichtsverhältniß von 3 Theilen Zinn und 1 Theil Gold besteht; doch schlage sich bei seiner Bereitung immer mehr Zinn als Gold nieder. Die verschiedenen Farben-Nüancen, welche die Purpure zeigen, sollen in den verschiedenen Verhältnissen, in denen sich die Oxyde der beiden Metalle mit einander verbinden und vielleicht auch in dem verschiedenen Grade ihrer Oxydation begründet seyn. Buchner folgert aus seinen Versuchen „über einige Verbindungen des Goldes“ unter Anderem, daß das Gold, ungeachtet seiner Beständigkeit für sich und gegen Säuren, durch seine Affinität zu den elektropositiven Elementen mit diesen zugleich Sauerstoff aufnehmen oder den damit bereits verbundenen theilen könne, so daß es in Berührung mit elektropositiven Metallen oder mit basischen Oxyden bei einer schwachen Glühhitze, wobei es noch nicht zum Schmelzen kommt, seine metallische Natur verliert und so eigene oxydirte Verbindungen bildet. Die Verbindungen des Goldes mit basischen Oxyden scheinen nur vermöge der Affinität zwischen dem elektronegativen Golde und dem elektropositiven Metalle und zwar so zu Stande zu kommen, daß das Sauerstoffquantum, welches das letztere anzieht oder schon besessen hatte, nun beiden Metallen gemeinschaftlich wird und so ein einfaches Oxyd eines Doppelmetalles entsteht. Sobald aber das elektropositive Metall durch erhöhte Temperatur oder durch Einwirkung einer Säure das Gold verläßt, reißt es das ganze Sauerstoffquantum an sich, um wieder als basisches Oxyd aufzutreten. Ein solches Doppeloxyd bilde nun das Gold mit dem Zinn, und zwar in mehreren Verhältnissen; der Cassius'sche Purpur sey eine solche Verbindung, d.h. Sauerstoff verbunden mit einem Doppelmetalle. Nach N. W. Fischer unterliegt es keinem Zweifel, daß der Goldpurpur aus Goldsuboxyd und Zinnoxyd besteht. Desmarest gibt zwar zu, die Unlöslichkeit des Goldpurpurs in Salzsäure spreche dafür, daß metallisches Gold darin sey; allein demungeachtet nimmt er doch an, daß das Gold, wenn es mit Purpurfarbe auftritt, sich in einem Oxydationszustande befinde. So blieben Marmorstücke, welche man mit Goldlösung getränkt habe, im Dunkeln unverändert, würden aber am Lichte purpurn u.s.w. Oberkampf untersuchte zwei Präparate; das eine war mit überschüssiger Zinnlösung dargestellt, sah violett aus und enthielt 39,8 Proc. Gold; das andere war mit überschüssiger Goldlösung dargestellt, sah purpurn aus und enthielt 79,4 Proc., also doppelt so viel Gold. In beiden denkt er sich aber das Gold nicht metallisch, sondern in einem Zustande der Oxydation zugegen. Schweigger-Seidel betrachtet den Purpur als zinnsaures Goldoxydul-Zinnoxydul = SnO + 3 SnO², AuO + 2 SnO², 6 HO. Berzelius nimmt in dem Goldpurpur eine zwischen dem Oxydule und dem Oxyde stehende Oxydationsstufe des Goldes = AuO² an, welche in dem Präparate mit Zinnsesquioxyd = Sn²O³ verbunden sey. Beim Glühen des Purpurs entweicht kein Sauerstoff, weil der von dem Goldoxyde frei werdende sofort an das Zinnsesquioxyd trete und dieses in vollständiges Oxyd überführe. Einen Beweis, daß der Goldpurpur kein metallisches Gold enthalte, findet Berzelius besonders darin, weil er in Ammoniak löslich sey und weil seine Farbe erst beim Erhitzen in die des feinzertheilten metallischen Goldes übergehe. Die von Berzelius aufgestellte Formel ist: AuO² + 2 Sn²O³ + 4 HO. Fuchs theilt im Wesentlichen die Anschauungen von Berzelius über die Natur des Goldpurpurs, gelangt aber zu der Formel: 2 (SnO + SnO²), AuO² + 2 SnO², 6 HO. Figuier unterstützt seine Ansicht, daß der Goldpurpur eine chemische Verbindung von Goldoxydul und Zinnoxyd sey, auf folgende Weise: „Wenn man Goldoxydul und Zinnoxyd zusammenbringt, so bildet sich der Purpur unmittelbar. Um diesen Versuch anzustellen, braucht man nur Goldoxydul mit einer Auflösung von Zinnoxyd in Kalilauge (zinnsaurem Kali) zu kochen; es schlägt sich dann Purpur von der Zusammensetzung AuO + 3 SnO² + 4 HO nieder. Dieselbe Zusammensetzung hat der durch Eintauchen von Stanniol in Goldlösung sich bildende Purpur. Salzsäure, sowie Kalilauge, entziehen dem Goldpurpur Zinnoxyd ohne jede Spur von Zinnoxydul. Goldoxydul und Goldpurpur haben ein und dieselbe Farbe (?). Die nach den üblichen Methoden bereiteten Goldpurpur enthalten eine wandelbare Menge freies Zinnoxyd, das ihnen durch Kalilauge entzogen werden kann; die so gereinigten Präparate besitzen dann die durch obige Formel ausgedrückte Zusammensetzung.“ Endlich habe ich noch über das, was Knaffl in Bezug auf das in Rede stehende Präparat sagt, und zwar etwas ausführlicher zu referiren. „Für die Ansicht, daß der Goldpurpur metallisches Gold und Zinnoxyd enthalte, spricht: daß er getrocknet so aussieht, als wäre feinzertheiltes Gold mit Zinnoxyd gemengt; daß er zum Rothglühen erhitzt ein wenig Wasser, aber keinen Sauerstoff abgibt; daß Königswasser dann aus demselben Gold löst; daß die Menge des Sauerstoffs derjenigen des Zinnoxyds entsprechend ist. Feuchtem Purpur entzieht Salzsäure nach längerer Digestion das Zinnoxyd und metallisches Gold bleibt zurück. Auch wurde die Solution des Purpurs in Ammoniakliquor, welche Berzelius als besonderen Grund angibt, daß metallisches Gold nicht darin sey, als keine solche erkannt, indem Mitscherlich unter dem Mikroskope deutlich Flocken wahrnehmen konnte, welche sich nach monatelangem Stehen in der Flüssigkeit absetzten und sich als Gold erwiesen. So auffallend auch diese Beispiele für die feine Vertheilung des Goldes sprechen, so nehmen doch andere Chemiker, besonders Berzelius und Fuchs, das Gold im Purpur im oxydirten Zustande an, nämlich als AuO². Die Ursachen, welche zu dieser Annahme führten, gründen sich hauptsächlich auf die Eigenschaften des Rubinglases; ferner auf die purpurne Färbung, welche Seide, Papier, Haut etc. annehmen, wenn man sie mit Goldlösung bestreicht, und darauf, daß Quecksilber aus dem Purpur bei gewöhnlicher Temperatur kein Gold aufnimmt, wie Robiquet angibt, und als Beweis für das Oxydirtseyn des Goldes im Purpur ansieht, welche Angabe aber von Buisson widerlegt wurde, da er durch Digestion mit Quecksilber bei 120–130° C. dem Purpur alles Gold entziehen konnte. Berzelius verwirft indessen letzteren Beweis als ungenügend, da auch Goldoxyd von Quecksilber aufgenommen wird. Die purpurne Färbung, welche Seide, Papier, Haut etc. annehmen, dürfte wohl nur von feinzertheiltem metallischem Golde herrühren, denn Seide, welche purpurn gefärbt und aus welcher die überschüssige Goldlösung gut weggewaschen ist, konnte ich nicht metallisch glänzend erhalten, wenn ich sie einer Atmosphäre von Wasserstoff aussetzte. „Gold kann metallisch durch metallisches Gold aus seinen Lösungen selbst herausgefällt werden; wenn man nämlich mit Oxalsäure gefälltes Gold in einer Porzellanschale mit Wasser übergießt, vorsichtig Königswasser zusetzt bis es sich (bei gewöhnlicher Temperatur) aufgelöst hat, dann noch mit dem 5–6fachen Volum Wasser verdünnt und mit Oxalsäure gefälltes Gold einträgt, so entstehen prachtvolle Dendriten. „Zur Bildung des Goldpurpurs ist Zinnchlorid durchaus nicht nöthig, es verzögert vielmehr, wie das Chlornatrium, dieselbe; wohl aber entsteht er, wenn man eine Legirung von Gold, Zinn und Silber in Salpetersäure bringt. „So wahrscheinlich es durch die angeführten Umstände nun auch wird, daß der Purpur nur fein zertheiltes Gold und Zinnoxyd enthalte, so mangelt doch, so lange man die purpurne Modification des Goldes nicht kennt, jeder directe Beweis dafür. Buisson spricht zwar von einer solchen Modification, welche er erhielt, als er Oxalsäure mit Goldchloridlösung befeuchtete. Berzelius konnte aber bei aller angewandten Sorgfalt auf diese Weise kein befriedigendes Resultat erhalten. „Auf folgendem Wege gelang es mir, eine purpurrothe Modification des Goldes zu erzielen. In eine salzsaure, von Salpetersäure freie, mit der 10–12000fachen Menge destillirten Wassers verdünnte Goldchloridlösung trage ich eine ziemliche Quantität Oxalsäure ein und erwärme auf 30–40° C. Es wird sich nun Gold ausscheiden. Ich füge noch einige Tropfen concentrirte Salzsäure hinzu, um die Abscheidung des Goldes noch mehr zu verzögern, und erhalte so stets die purpurne Modification des Metalls als ein höchst zartes, an die Wande der Porzellanschale sich anhängendes Pulver. Wird mit demselben frisch gefälltes Zinnoxyd vermengt, so erhält man ein dem Goldpurpur ganz gleiches Präparat. „Ueber die Constitution des Goldpurpurs gibt die Existenz der purpurnen Modification entschieden Aufschluß, natürlich aber nicht über die Constitution des damit purpurroth gefärbten Glases.“ Sehen wir von Vauquelin ab, welcher das Gold im Purpur als Oxyd und Metall zugegen annimmt, so bleiben noch 18 Chemiker übrig, von denen nur 6 das Gold darin metallisch, die übrigen 12 dagegen dasselbe darin oxydirt betrachten, nämlich das Gold metallisch:         Gold oxydirt:       Buisson, Berzelius, Fuchs,       Gay-Lussac, Buchner, Lentin,       Knaffl, Clarke, Oberkampf,       Marcadieu, Desmarest, Robiquet,       Proust, Figuier, Schweigger-Seidel,       Sarzeau. Fischer, Strecker. Literatur. d'Arclais de Montamy: Traité des couleurs pour la peinture en émail ou sur porcelaines 1765, p. 90. Basilius Valentinus: De re metallica. Berzelius: Annalen der Physik und Chemie, Bd. XXII S. 306. Bolley: Annalen der Pharmacie, Bd. XXXIX S. 244; polytechn. Journal Bd. LXXXIII S. 51. J. A. Buchner: Repertorium für die Pharmacie, Bd. XXIX S. 1. Buisson: Journal de Pharmacie, t. XVI p. 629; polytechn. Journal Bd. XXXVIII S. 297. Capaun: Journal für praktische Chemie, Bd. XXII S. 152; polytechn. Journal Bd. LXXIX S. 364. Cassius: De Auro 1685, p. 165. Clarke: Annals of philosophy, Mai 1821, S. 393; polytechn. Journal Bd. V S. 379. Desmarest: Journal de Pharmacie, t. XVII p. 219. Elsner: Chemisch-technische Mittheilungen 1850–52, S. 77. Figuier: Annales de Chimie et de Physique, Juli 1844, S. 336; polytechn. Journal Bd. XCIII S. 222. N. W. Fischer: Schweigger's Journal, Bd. LVI S. 360. Frick: Annalen der Physik und Chemie, Bd. XII S. 358. J. N. Fuchs: Kastner's Archiv, Bd. XXIII S. 368; Annalen der Physik und Chemie, Bd. XXV S. 630, Bd. XXVII S. 634; Schweigger's Journal, Bd. LXV S. 267; polytechn. Journal Bd. XLI S. 274, Bd. LVIII S. 176, Bd. LXXV S. 138. Gay-Lussac: Annales de Chimie et de Physique, t. XXXIV p. 396; polytechn. Journal Bd. XLV S. 292. Glauber: De prosperitate Germaniae 1656–60, t. IV. Golfier-Besseyre: Annales de Chimie et de Physique, t. LIV p. 40; polytechn. Journal Bd. LI S. 375. Guyton: Annales de Chimie, t. LXIX p. 261. Knaffl: polytechn. Journal Bd. CLXVII S. 191. Kunkel: Laboratorium chimicum 1716. cap. 26. Lampadius: Journal für technische und ökonomische Chemie, Bd. XVI S. 347. Lentin: Scherer's allgemeines Journal der Chemie, Bd. III S. 30. Lüdersdorff: Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1833 S. 228. Macquer: Dictionnaire de Chimie, article; Précipité. Marcadieu: Annales de Chimie et de Physique, t. XXXIV p. 147; polytechn. Journal Bd. XXIV S. 437. Milly: Mémoire sur la porcelaine de Saxe 1771, p. 42. Oberkampf: Annales de Chimie, t. LXXX p. 140. Orschall: Sol sine veste. J. Pelletier: Annales de Chimie et de Physique, t. XV p. 5 et 113; Schweigger's Journal, Bd. XXXI S. 305. Poggendorff: Annalen der Physik und Chemie, Bd. XXV S. 630. Proust: Journal de Physique, t. LXII p. 131; Gehlen's neues Journal, Bd. I S. 477. Robiquet: Journal de Pharmacie, November 1830, S. 693. Sarzeau: Journal de Pharmacie, 2. série, t. III p. 373. Schweigger-Seidel: Schweigger's Journal, Bd. LXV S. 265. Strecker: Lehrbuch der Chemie, 5. Auflage 1861, Bd. I S. 637. Vauquelin: Annales de Chimie, t. LXXVII p. 321; Schweigger's Journal Bd. III S. 323. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)