Titel: Werthsbestimmung mehrerer in Mecklenburg producirter Gerbe-Lohen.
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XLVI., S. 158
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XLVI. Werthsbestimmung mehrerer in Mecklenburg producirter Gerbe-Lohen. Schreiben an Hrn. Professor Dr. Franz Schulze in Rostock. Werthbestimmung mecklenburgischer Gerbe-Lohen. Es ist für den Lohproducenten wie für den Gerber von großem Nutzen, sicher darüber zu seyn und zu wissen, welche Lohe nach der Holzart, nach dem Standorte und nach dem Alter des Holzes den höchsten Grad von Gerbstoff enthält. Wenn man auch in der praktischen Verwendung der Lohe ein Urtheil über ihren Gerbewerth einigermaßen gewinnen kann, so ist dieß doch oft sehr trüglich und kommt zu spät, um sich vor kostspieligen Verlusten zu schützen, wogegen die vorherige Untersuchung den Vortheil bietet, daß man den Einkaufspreis darnach richten und für gehaltreiche Lohe dann auch bessere Preise als bei geringem Gehalt anlegen kann, was für den Käufer wie für den Verkäufer nur von Nutzen ist und werden kann. Möchten doch den schönen, echt deutschen Baum, die dankbare Eiche, recht viele Menschen pflanzen, da uns die Natur zeigt, daß solche hier gedeiht, sie hier ihr Mutterland hat und ihr Laub in Freud und Leid unser Schmuck ist. Ich lasse alle Sonderinteressen bezüglich des Geschäfts hier weg und rege zu den Voruntersuchungen nur wegen des Nutzens an, den solche im Allgemeinen uns bieten. An Lohe sende ich sieben Proben, nämlich: 1) Fichten-Lohe aus Zölkow-Revier, 50–70jährig, 2) gemahlene Eichen-Lohe von Bernin, 3) gehackte deßgl., 24–30 Jahre alt, von Bauer, 4) deßgl., 40–80 Jahre alt, von Lehnvitz, 5) deßgl. von alten Eichen von Zackow, 6) deßgl., 120–180 Jahre alt, von Sternberg, 7) deßgl. von jungen Eichen, 4–28 Jahre alt, von Bultebuck. Aus der gemahlenen Lohe Nr. 2 möchte sich die Kraft eher ausziehen lassen, da solche sehr fein ist, doch aber auch oft an Kraft und Güte durch das Vermahlen, namentlich wenn dabei Erhitzung stattfindet, verloren geht. Aus Nr. 5 und 6, welche Lohe von alten starken Bäumen ist, wird sich die Kraft schwerer erzielen lassen; ich bitte Sie, dieses gütigst näher zu beobachten etc. Sternberg, 12. August 1865. F. A. Zimmermann,Gerbereibesitzer.     Die Resultate der chemischen Untersuchung der vorerwähnten sieben Lohproben im Universitäts-Laboratorium zu Rostock finden sich in folgender Tabelle übersichtlich zusammengestellt: I.Bezeichnungder Lohe. II.Gesammtmengegelöster Substanzin dem heißbereitetenWasserauszugeaus 100 Th.Lohe. III.Gerbstoffmengein 100GewichtstheilenLohe. IV.Die GewichtsmengeSauerstoff, welche zurvollständigen Oxydationder in dem Wasserauszugevon 1 Th. Lohe enthaltenenorganischen Substanzerforderlich ist. 1) Fichten-Lohe von 50–70    Jahre alten Bäumen aus    dem Revier Zölkow. 16,0   5,0 0,198 2) Gemahlene Eichenlohe von    Bernin. 16,0   7,3 0,198 3) Gehackte Eichenlohe von    24–30 J. alten Bäumen. 16,1   8,1 0,207 4) Deßgl. von 40–80 Jahre    alten Bäumen v. Lehnvitz. 14,0   6,4 0,156 5) Deßgl. von alten Eichen    von Zackow. 15,0   9,0 0,205 6) Deßgl. von 120 bis 180    Jahre alten Bäumen von    Sternberg. 11,0   7,2 0,165 7) Deßgl. von 24–28 Jahre    alten Bäumen v. Bultebuck. 23,0 12,3 0,293 Die Hauptfrage des Hrn. Z., den Gehalt an Gerbstoff betreffend, wird durch die III. Colonne beantwortet. Sie zeigt die sehr bedeutenden Schwankungen von 5 bis 12,3 Proc. Gerbstoff. 5 Proc. haben sich in der Fichtenlohe ergeben, während in den Eichenlohen der Gehalt von 6,4 bis 12,3, also fast auf das Doppelte schwankt, und somit die Mahnung des Hrn. Z. „sich durch chemische Voruntersuchung gegen Verluste zu sichern,“ dringend begründet. Sehen wir bei den Eichenlohen näher zu, um uns die Frage zu beantworten, inwiefern das Alter der Bäume Einfluß auf den Gerbwerth der Lohe habe, so müssen wir gestehen, daß von den vorliegenden Proben zwar die jüngste Rinde (ad 7, 24–28 Jahre alt) mit 12,3 Proc. sich am Gerbstoffe reichsten ergeben hat, auch die etwa gleich alte (24–30 Jahre) Rinde ad 3 mit 8,1 Proc. zu den reicheren gehört, aber andererseits von der alten Rinde ad 5 mit 9 Proc. übertroffen worden ist, sowie die 120–180 Jahre alte ad 6 reicher als die 40 bis 80 Jahre alte ad 4 ist. Das Alter der Bäume liefert also keinen bestimmten Anhalt bei Beurtheilung des Gerbwerthes; sein Einfluß kann vielmehr durch andere Verhältnisse übertroffen werden, von denen die entscheidenden muthmaßlich die Boden- und sonstigen Verhältnisse der verschiedenen Standorte sind. Dieß näher zu beurtheilen, gestatten jedoch die vorliegenden Notizen nicht. Es würde der Sache sehr nützen, wenn Hr. Z. hierüber noch Näheres beibringen könnte und auch von anderen Seiten Material zu umfangreicheren Untersuchungen gegeben würde. Dagegen scheint nach den vorliegenden Untersuchungen das Alter der Bäume bestimmend für die Gesammtmenge löslicher Substanz, die in der II. Colonne der Tabelle notirt ist; sie nimmt stetig ab von 23 Proc. bei der jüngsten ad 7 bis 11 Proc. bei der ältesten ad 6, und scheint nur die alte ad 5 mit 16 Proc. hier eine Ausnahmestellung zu gewinnen. Da jedoch aus den Untersuchungen hervorgeht, daß diese Gesammtmengen löslicher Substanz unabhängig sind von dem Gehalte an Gerbstoff, auf den es hier doch wesentlich ankommt, so dürfte dieser Gesichtspunkt in praktischer Beziehung nicht von Bedeutung seyn. Die von Hrn. Z. ausgesprochene Vermuthung, daß die feinere Zerkleinerung durch Mahlen eine leichtere Ausziehung des Gerbstoffes ermögliche als die gröbere Zerkleinerung durch Hacken, scheint durch obige Zahlen nicht bestätigt zu werden, denn ad 2 und 3 sind gleichmäßig 16 Proc. extrahirt worden. (Landwirthschaftliche Annalen des mecklenburgischen patriotischen Vereins, 1866, Nr. 35.)