Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. , S. 424
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Miscellen. Miscellen. Neue Bewegungsübertragung, von Dr. Warren Rowell. Textabbildung Bd. 182, S. 423 In nebenstehender Figur ist eine neue Bewegungsübertragung abgebildet, welche die Kraft von einer Welle auf die andere ohne Riemen fortpflanzt. Die continuirliche Drehung der Riemscheibenwelle wird auf die zweite Welle durch die Lenkstangen übertragen. In manchen Fällen der mechanischen Bewegung sind Riemscheiben und Räder nicht gut anzuwenden und dann läßt sich die abgebildete Bewegungsart, wenn die Entfernung der Wellen nicht zu groß ist, benutzen. (Mechanics' Magazine, August 1866, S. 117.) Bessemer's Schmiedepressen. Zum Schmieden großer Eisenmassen hat sich der Dampfhammer als höchst vortheilhaft bewiesen. Zum allmählichen Vereinigen einzelner Theile zu einem großen Ganzen ist er aus das Beste geeignet, da ein großer Theil der Kraft auf die Berührungsflächen der zusammenzuschweißenden Stücke übertragen wird. Für das Schmieden großer Gußstahlmassen aber ist der Dampfhammer nicht gut geeignet. Für die Welle einer Schiffsmaschine von 20'' Durchmesser und 30' Länge ist z.B. ein solider Stahlbarren von 3' im Quadrat und 8' Länge nöthig, der über 3000 Ctr. wiegt. Ein solcher Barren würde dem Moment des fallenden Hammers die Trägheit seiner Masse gerade so entgegensetzen wie ein Amboß und wie dieser durch den Schlag wenig beeinflußt werden. Soll die Mitte einer solchen Masse mit hinreichender Kraft erreicht werden, um verlängert zu werden, so muß die Kraft des Schlages durch 18'' festen Stahl übertragen werden; die Theilchen dieser Zwischenmasse müssen aus dem Ruhezustande in die Geschwindigkeit versetzt werden, welche der Hammer beim Niederfallen erlangt hat. Dieß wird durch ihre Trägheit verhindert und somit die Kraft absorbirt, bevor sie die Mitte erreicht. Die Praxis zeigt, daß, wenn der Hammer nicht ein enormes Gewicht hat, nur der äußere Theil der Masse verlängert wird und dadurch wird entweder der centrale Theil auseinandergerissen oder der äußere Theil gleitet darüber hin, so daß sich am Ende der Welle eine Art tiefer Schale bildet. Bei der Bearbeitung großer Gußstahlmassen ist also der plötzliche Stoß des Dampfhammers unbrauchbar und dagegen ein stetiger Druck nöthig. Im Jahr 1856 ließ sich H. Bessemer die Anwendung von hydraulischem Druck für diesen Zweck patentiren, doch wurde in dieser Periode wenig dafür gethan. Der Gegenstand wurde später bekanntlich von Haswell in Wien wieder aufgenommen, der so günstige Resultate erhielt, daß Bessemer's Aufmerksamkeit darauf zurückgelenkt wurde. Die hydraulische Presse nach der gewöhnlichen Construction ist aber nur ein Accumulator kleiner Kraftvermehrungen, der enorm wirksam ist, wenn er langsam auf kleine Entfernungen wirkt, eine Bedingung, die zum Bearbeiten von heißem Metall nicht geeignet ist, das bearbeitet werden muß, bevor seine Wärme den Amboß durchdringt oder durch Strahlung verloren geht. Bessemer construirte daher eine sehr kräftige Presse, die rasch arbeitet, so daß die Pressungen eben so rasch auf einander folgen können, wie die Schläge eines Dampfhammers. Dieselbe besteht aus einem gußeisernen, dem Gerüste eines Walzwerkes ähnlichen Bogengerüste im oberen Theil mit einer stählernen Stellschraube, um die obere Matrize, die den festen Hammer darstellt, in die erforderliche Stellung zu bringen. Im unteren Theil des gußeisernen Gestelles befindet sich ein hydraulischer Cylinder mit 24'' Bohrung und 3'' Hub. Mit dem Kolben dieses Cylinders ist der bewegliche Amboß verbunden. Vom unteren Theil des Cylinders führt ein Rohr nach einer Druckpumpe mit Plunger von bedeutender Größe und Hublänge, der alles Wasser liefert, um den erwähnten Kolben 3'' zu heben. Der Plunger wird durch eine starke Dampfmaschine betrieben und hebt oder senkt den hydraulischen Kolben rasch und mit enormer Kraft. Beträgt z.B. die Bewegung des Kolbens 2 1/2'' und fällt das Gußstahlstück den Raum zwischen Amboß und Hammer bis auf 2'', so wird dasselbe beim Aufgang des hydraulischen Kolbens um 1/2'' zusammengedrückt, während der Plunger nur im letzten Fünftel seines Vorganges und gar nicht während seines Rückganges Widerstand zu überwinden hat. Die Dampfmaschine, die ihn treibt, muß daher ein schweres Schwungrad haben, so daß die Kraft in ihm aufgesammelt und während 1/10 des ganzen Kolbenlaufes abgegeben werden kann. Die Stellschraube, durch welche die Hammerstellung regulirt wird, ist durch ein Gegengewicht balancirt, so daß sie leicht von 2 Mann gehandhabt werden kann und der Hammer kann so gestellt werden, daß eine Welle oder Stange so genau wie in einem Walzwerke bearbeitet werden kann. Es hat sich herausgestellt, daß ein Druck von 120–180 Ctr. per Quadratzoll engl. genügt, um rothglühenden Gußstahl zusammenzudrücken. Der Druck der hydraulischen Presse wirkt nicht bloß auf die Oberfläche, sondern durch die ganze Masse und gibt eine Gleichmäßigkeit der Verdichtung, die durch die Dampfhämmer nicht erreichbar ist. Diese Wirkung wurde durch folgenden Versuch bestätigt: Ein Stahlcylinder von 2' Länge und 8'' Durchmesser wurde unter dem Drucke der hydraulischen Presse in der Mitte ausgebaucht wie eine Kautschukfeder; unter dem Dampfhammer wurde ein gleicher Cylinder am oberen Ende und ein wenig am unteren Ende verbreitert, die Mitte aber blieb fast unverändert. Die geräuschlose Arbeit der Presse und die Abwesenheit von Stößen machen die Anwendung derselben bequemer und für die Arbeiter weniger ermüdend, auch bedarf man dabei keiner sehr soliden und theuren Fundamente. (Nach W. Fairbairn's neuem Werk: The Iron etc.) Zeiger-Telegraphen mit beweglichem Zifferblatte und Uhren ohne Zeiger. In zwei Artikeln geben die Les Mondes (October 1866, S. 310 und 311) von einer Erfindung Nachricht, welche Ed. Néel (zu Montfarville bei Barfleur) in der letzten Zeit den allgemeinen Umrissen nach bekannt gegeben hat, und die sowohl für den Zeigertelegraphen als auch für die gewöhnlichen Uhren ihre Anwendung finden kann. Da bei den Zeigertelegraphen, welche ihrer Einfachheit halber – seit Wheatstone's Erfindung in den verschiedensten Formen construirt – leicht benutzt und in allen Sprachen verwendet werden können, das Auge des Empfängers sehr ermüdet wird, wenn er bei einem längeren Telegramme den Sprüngen des Zeigers aufmerksam durch einige Zeit folgen muß, so mag es von Vortheil seyn, die Anordnung so zu treffen, daß das Auge bloß auf einen bestimmten Punkt fixirt wird, wo es dann jedes der mitgetheilten Signale abzulesen hat. Um dieses zu bewerkstelligen, bringt Néel an der Achse des mit 13 Zähnen versehenen (und durch elektromagnetische Wirkungen schrittweise in Drehung versetzten) Steigrades ein Zifferblatt an, auf welchem die Buchstaben und telegraphischen Zeichen von der Rechten zur Linken eingeschrieben sind, und das mittelst eines kleinen Triebwerkes in Drehung versetzt wird. Dieses bewegliche Zifferblatt ist durch einen Schirm verdeckt, der an einer bestimmten Stelle eine mit einem Glasfensterchen verschlossene Oeffnung hat, deren Breite einem Ausschnitte des Zifferblattes entspricht, welche dem 26sten Theile des letzteren gleich ist. Mittelst des Manipulators des Telegraphenapparates kann beim Signalisiren das Triebwerk, also auch das bewegliche Zifferblatt, arretirt und mithin durch elektromagnetische Wirkung so eingestellt werden, daß das telegraphirte Signal jedesmal an der genannten Oeffnung sichtbar wird. Näheres über die Einrichtung, bei welcher gleichsam das Zeichengeben der bekannten elektrischen Haustelegraphen nachgeahmt zu seyn scheint, gibt unsere Quelle nicht. Für die gewöhnlichen Uhren will Néel dasselbe Princip anwenden, indem er sowohl für die Stunden, als auch für die Minuten und Secunden bewegliche Zifferblätter anstatt der Zeiger anbringt, die durch Schirme verdeckt bleiben, und wobei man an einem kleinen Fensterchen, mit welchem eine jede der drei zugehörigen Oeffnungen versehen ist, immer an fixen Stellen die Stunden, Minuten und Secunden, welche die Uhr zeigen soll, ablesen kann. Ueber das Löthen mit Chlorzink; von E. Kaiser. Chlorzink ist ein ganz vorzügliches Hülfsmittel, um Stahl, Eisen, Messing, Kupfer und dergleichen mittelst Zinn zusammen zu löthen. Das Verfahren der Anwendung ist ein ungemein einfaches. Das Chlorzink kommt dabei in einer stark verdünnten Auflösung zur Anwendung, mit welcher die Löthstelle genetzt wird. Daß die auf einander zu löthenden Flächen einigermaßen metallisch rein gekratzt oder gescheuert seyn müssen, versteht sich als eine allgemeine Regel für jede Art Löthung wohl von selbst. Nachdem nun die zusammen zu löthenden Stücke in der richtigen Stellung zu einander in irgend einer schicklichen Weise befestigt sind, bringt man sie in die Löthflamme und läßt in derselben die zum Benetzen aufgebrachte Chlorzinklösung abdunsten. Bringt man dann das Zinn an die Löthstelle, so wird dasselbe, sobald der zum Schmelzen erforderliche Hitzegrad erreicht ist, sofort schön dünnflüssig zwischen die vorher genetzten Flächen eindringen, sie verzinnen und unter einander verbinden. Ob dieß erfolgt ist, erkennt man leicht daran, ob das Zinn so vollständig in die Löthfuge eingedrungen ist, daß es auf der entgegengesetzten Seite sichtbar ist. Scheint die Ausbreitung des Zinnes nicht genügend erfolgt zu seyn, so darf man nur mit einem in die Chlorzinklösung getauchten Holzstäbchen oder einem Pinsel oder einer Federfahne nochmals längs der Löthfuge hinstreichen. Während die Feuchtigkeit zischend verdampft, schießt das geschmolzene Zinn hinter dem Stäbchen oder Pinsel her, und schließt die Fuge auf's Sauberste und Vollständigste. In ähnlicher Weise benutzt man dasselbe zum Verbinden der Telegraphendrähte, welche, nachdem sie zusammengewunden sind, noch mit Zinn verlöthet werden. Sind die Drähte gezogen, so haben sie eine hinreichend metallisch reine Oberfläche, um sofort verlöthet werden zu können; sind sie jedoch lediglich durch Walzwerke bis zu der erforderlichen Feinheit ausgestreckt worden, so müßen selbstverständlich die Enden erst in geeigneter Weise vom Glühspan gereinigt werden, bevor sie zusammengedreht werden. Der so gebildete Knoten wird dann in ein Gefäß mit geschmolzenem Zinn getaucht, dessen Oberfläche durch eine Schicht geschmolzenen Chlorzinks bedeckt ist. Der eingetauchte Drahtknoten erhält durch das Eintauchen schon eine vollständig verzinnte Oberfläche, welche an den Berührungsstellen der Drähte zusammen löthet und so eine hinreichend innige Verbindung für die Durchleitung des galvanischen Stromes bildet. In gleicher Weise spielt es eine Hauptrolle bei der Verzinkung des Eisens – der Darstellung des sogenannten galvanisirten Eisens. Wenn man eine Eisenblechtafel durch Abbeizen mittelst Salzsäure vom Glühspan befreit, sie darauf in eine Chlorzinklösung eintaucht und darauf in einem geeigneten erhitzten Raume abtrocknet, so wird sie sich, wenn man sie darauf in geschmolzenes Zinn eintaucht, über und über mit Zinn überziehen, und wenn man sie nachher noch einmal durch ein Walzwerk gehen läßt, das vollständige Aussehen einer Zinkblechtafel angenommen haben, obgleich der Ueberzug ungemein dünn ist. In dieser Weise werden auch die großen verzinkten Eisenbleche dargestellt, welche nachher wellenförmig gerippt werden, und zu verschiedenen baulichen Zwecken verwendet werden. In großartigem Maaßstabe wird diese Fabrication von v. Winiwarter in Wien betrieben. Um große Blechtafeln von 7 Fuß Länge und 3 Fuß Breite verzinken zu können, bedarf man entsprechender großer Gefäße, um das Zink zu schmelzen. Man bedient sich dazu großer gußeiserner Kästen. Da diese aber von geschmolzenem Zink leicht durchgefressen werden würden, so wird zunächst eine Partie Blei darin geschmolzen und dann erst Zink, welches als das leichtere Metall oben schwimmt, und durch das Blei von der Berührung mit dem erhitzten gußeisernen Boden abgehalten wird. (Breslauer Gewerbeblatt, 1866, Nr. 17.) Ueber das Verhalten des Kalkes beim Brennen. Der Bulletin de la Société de l'industrie minérale, t. X p. 511, enthält einen sehr ausführlichen Aufsatz von J. Dorlhac und Saminn über die Kalkindustrie des Mayennedepartements, welchem wir eine Angabe über das Verhalten des Kalkes beim Brennen entnehmen, die unseren Lesern neu seyn dürste. Wir meinen hiermit nicht die Beobachtung, daß zwei aus demselben Kalksteinblocke gefertigte Cylinder, welche in Porzellanröhren demselben Hitzegrade ausgesetzt wurden, während über den einen Wasserdampf, über den anderen ein Luftstrom geleitet wurde, in derselben Zeit nicht gleichviel Kohlensäure verloren (100 Th. Kalkstein verloren im Wasserdampfe 3,103 Th. Kohlensäure mehr als in der Luft); denn sollte diese jedenfalls nicht sehr erhebliche Verschiedenheit nicht wirklich in der Natur des Wasserdampfes, sondern vielmehr darin begründet seyn, daß der Dampfstrom durch eine größere Geschwindigkeit das Austreiben der Kohlensäure beförderte, so wäre dieß nur eine Bestätigung der schon seit den Beobachtungen Gay-Lussac's bekannten Thatsachen. Die Verfasser haben aber beobachtet, daß jene beiden Cylinder beim Brennen eine Volumenzunahme erlitten: vor dem Brennen waren sie beide 27 Millimeter lang und 17 Millimeter dick, nach vollständigem Brennen aber 28 Millimeter lang und 17,7 Millimet. dick; ihr Volumen war also etwa um ein Zehntel vermehrt. Es ist die Bemerkung hinzugefügt, daß dieselbe Zahl sich auch aus den Versuchen mehrerer Anderen ergeben habe. Wir haben nirgends eine gleichlautende Angabe finden können; in allen Lehrbüchern der Chemie wird vielmehr ausdrücklich eine Verminderung des Volumens beim Brennen angegeben. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1866, Bd. X S. 684.) Darstellung des Wasserstoffsuperoxydes. Bekanntlich bildet sich nach Schönbein beim Schütteln von Zinkamalgam mit Wasser in einer mit atmosphärischer Luft oder Sauerstoffgas gefüllten geräumigen Flasche eine Flüssigkeit, die etwa 1/45000 Wasserstoffsuperoxyd enthält. C. Hoffmann hat versucht, auf andere Weise reichere Lösungen zu gewinnen und empfiehlt folgendes Verfahren: Man verbrennt Kalium in einem Porzellantiegel unter Aufblasen von Luft, bis man eine an Kaliumsuperoxyd reiche gelblichgrüne Masse erhält. Diese trägt man in eine stark abgekühlte Kieselfluorwasserstoffsäure oder auch Weinsäure ein und gewinnt dann Lösungen, welche 1/375 Wasserstoffsuperoxyd enthalten. Wird nicht abgekühlt, so enthalten die Lösungen nur 1/735 davon. Baryumsuperoxyd, welches man leicht aus chemischen Fabriken beziehen kann, eignet sich zur Bereitung von Wasserstoffsuperoxyd mittelst Kieselfluorwasserstoffsäure, unseren Beobachtungen zufolge, eben so gut als Kaliumsuperoxyd. Professor Böttger.(Polytechn. Notizblatt, 1866, Nr. 18.) Ueber Darstellung der Ameisensäure; von J. C. Sticht aus Brooklyn bei New-York. Die im vorigen Jahre von Lorin empfohlene Darstellung von Ameisensäure aus Oxalsäure mittelst Glycerin (polytechn. Journal Bd. CLXXVIII S. 300) habe ich im Großen probirt und kann ich dieselbe sehr empfehlen. Ich verfuhr folgendermaßen. In eine 60 Gallons haltende, durch gespannten Dampf zu heizende bleierne Destillirblase wurden 100 Pfd. ganz gewöhnliches Glycerin von 26° Baumé, 75 Pfd. Oxalsäure und 75 Pfd. Wasser gebracht. Dieß geschah am Abend; während der Nacht ließ man gerade so viel Dampf durch das in die Blase mündende Bleirohr streichen, daß das Ganze dem Kochen nahe, aber nicht höher erhitzt wurde und auf dieser Temperatur blieb. Am anderen Morgen erhöhte man die Temperatur und destillirte so lange als etwas überging, worauf wieder 50 Pfd. Wasser nachgegossen und dasselbe wieder abdestillirt wurde. Diese Operation wiederholte man zwei Tage lang, worauf man sämmtliches Destillat mit kohlensaurem Natron sättigte und zur Trockne verdampfte. Es hinterblieben 62 Pfd. ameisensaures Natron. Die später daraus bereitete Ameisensäure war ganz rein. Dieses Verfahren bietet im Vergleich zu dem älteren große Vortheile dar, wie Jeder zugeben wird, der je Ameisensäure aus Stärkmehl und Braunstein bereitet hat. Die Säure läßt sich auf diese Weise leicht in großen Quantitäten darstellen. Das Glycerin kann immer wieder zu demselben Zwecke verwendet werden. (Wittstein's Vierteljahresschrift, Bd. XVI S. 49.) Rosanilin als Reagens auf Fettsäuren. Bringt man nach Dr. Jacobsen (Chemisch-technisches Repertorium 1866, I, S. 84) zu einem neutralen Oel ein Stäubchen trockenes Rosanilin, so löst sich auch beim Umschütteln und Erwärmen im Wasserbad nichts davon auf, das Oel bleibt ungefärbt; war das Oel aber ranzig, so färbt es sich bald schwach roth; bei sehr stark ranzigem Oel erreicht der Farbenton die Tiefe von Himbeersaft. Käufliche Fuchsine (salzsaures, arsensaures etc. Rosanilin) lösen sich weder in neutralen noch ranzigen Oelen auf. Oelsäure (oder eine andere Fettsäure) löst Rosanilin augenblicklich in großer Menge und färbt sich damit bis zur Undurchsichtigkeit; ölsaures Rosanilin wird von neutralen Oelen und Fetten in allen Verhältnissen gelöst. In manchen Fällen kann daher Rosanilin benutzt werden, freie Fettsäuren in Oelgemischen etc. zu erkennen. Im Handel kommen z.B. seit einigen Jahren unter verschiedenen Namen weiße Leberthrane vor, die entweder gar keine Leberthrane, sondern flüssiges Fett verschiedener Säugethiere sind, oder auf die Weise hergestellt werden sollen, daß man hellblanken Leberthran mit Potaschelauge schüttelt, längere Zeit absetzen läßt und filtrirt. Da nun aber die medicinische Wirksamkeit des Leberthranes wesentlich seinem Gehalt an freien Fettsäuren zugeschrieben werden muß, kann solchem weißen Thrane keine andere medicinische Wirkung, als jedem beliebigen neutralen fetten Oele innewohnen, denn das Fett der Seesäugethiere enthält keine freie Fettsäuren, Potasche entzieht sie dem Leberthrane. Es kommt aber auch mitunter ein so hellfarbiger „ächter,“ d.h. nicht mit Lauge behandelter Leberthran vor, daß man versucht seyn kann, ihn für einen der oben beschriebenen zu halten. Aechter Leberthran im Reagensglas mit etwas Rosanilin geschüttelt, färbt sich sehr bald schon in der Kälte roth, beim Erwärmen im Wasserbad nimmt er Rosanilin bis zur tief dunkelrothen Färbung auf; unächter Thran färbt sich dagegen nicht, eine schwache Färbung zeigt an, daß er ranzig geworden. Ein sogen. Labrador-Thran, fast wasserhell, von äußerst mildem Geschmack und Geruch, zeigte auch bei längerem Erhitzen im Wasserbad durch Rosanilin nicht die mindeste Färbung. – Als Schmieröl werden neuerdings Gemische von schwerem paraffinhaltigem Petroleum (Petroleumrückstand) mit fetten Oelen (Rüböl) angefertigt; nun ist es vorgekommen, daß der Fabrikant statt des Rüböles die billigere Oelsäure, welche sehr rasch die Maschinentheile angreift, verwendet; auch für diesen Fall kann man mittelst Rosanilin sehr rasch die Gegenwart der Oelsäure constatiren. Bei einigermaßen erheblichem Gehalt eines Oeles an freier Fettsäure löst sich das in Pulverform in das Oel gebrachte Rosanilin sehr bald auf; ist wenig freie Fettsäure vorhanden, ist ein Oel nur ranzig, so dauert der Eintritt der Färbung längere Zeit. Für letzteren Fall verfährt man zweckmäßiger folgendermaßen: Man bereitet sich eine kalt gesättigte Lösung von Rosanilin in absolutem Alkohol, schüttelt einige Tropfen dieser Lösung mit dem zu prüfenden Oele und erwärmt die Mischung in einem Bechergläschen im Wasserbad bis zur Verflüchtigung des Alkohols. War keine freie Fettsäure vorhanden, so scheidet sich beim Stehen das ausgeschiedene Rosanilin aus dem ungefärbten Oele am Boden ab, oder bleibt bei sehr dickflüssigem Oele als bräunliches Pulver in dem Oele suspendirt. Aus einer Handlung entnommene Proben von Provenceöl und fettem Mandelöl wurden durch Rosanilin nicht gefärbt, Mohnöl färbte sich schwach roth, Leinöl stärker roth (durch die gelbe Farbe des Leinöles bräunlich nüancirt), am stärksten Ricinusöl. Provenceöl, mit 5 Procent Oelsäure versetzt, zeigte die Farbentiefe von Himbeersaft. – Selbstverständlich kann das Rosanilin auch zur Prüfung auf feste Fettsäuren benutzt werden, die man dazu natürlich im Wasserbad verflüchtigen muß; eine höhere Erhitzung als 100° C. ist nicht rathsam und kann zu Täuschungen Veranlassung geben. Man kann statt des Rosanilins wohl auch eine andere Anilinfarbbasis anwenden; die rothe Farbe ist aber für das Auge am empfindlichsten und compensirt am leichtesten die etwa vorhandene natürliche gelbe Farbe des Oeles oder Fettes. Verordnung der französischen Regierung über die Magazinirung etc. des Petroleums. Art. 1. Das Petroleum und seine Abarten, die Schiefer- und Theeröle, die Essenzen und anderen Kohlenwasserstoffe zur Beleuchtung, Beheizung, Erzeugung von Farben und Firnissen, zum Einfetten von Stoffen oder zu irgend einer anderen Verwendung, sind, je nach ihrem Grade der Entzündbarkeit, in zwei Kategorien eingetheilt. – Die 1. Kategorie umfaßt die sehr entzündbaren Substanzen, d.h. jene, welche bei einer Temperatur unter 35° Celsius Dämpfe abgeben, die in Berührung mit einem brennenden Zündhölzchen sich entzünden. Die 2. Kategorie umfaßt die weniger entzündbaren Substanzen, d.h. jene, welche erst bei einer Temperatur von oder über 35° C. Dämpfe abgeben, die in Berührung mit einem brennenden Zündhölzchen sich entzünden. Art. 2. Die Hütten für die Erzeugung, Destillation oder Arbeit im Großen mit den im Art. 1 enthaltenen Substanzen sind in die 1. Classe der Etablissements eingetheilt, auf welche sich das Decret vom 15. October 1810 und die königl. Verordnung vom 14. Jänner 1815 über gefährliche, ungesunde und belästigende Werkstätten beziehen. Art. 3. Die Magazine für Substanzen, welche der 1. Kategorie angehören, sind in die 1. Classe der ungesunden oder gefährlichen Etablissements eingetheilt, wenn sie, wenn auch nur zeitweise, 1050 Liter oder darüber von den genannten Substanzen enthalten. – Sie gehören der 2. Classe an, wenn die eingelagerte Quantität über 1050 Liter beträgt, aber nicht 10500 Liter erreicht. Art. 4. Die Magazine für den Detailverkauf in Mengen, welche 1050 Liter nicht übersteigen, können ohne vorhergegangene Bewilligung errichtet werden. In jedem Falle sind die Besitzer derselben gehalten, an den Präfecten eine Erklärung zu richten, welche eine genaue Bezeichnung des Locals und der Quantität, innerhalb welcher sie ihre Vorräthe beschränken wollen, und die Verpflichtung enthalten, sich nach den im nachfolgenden Art. 5 enthaltenen allgemeinen Maßregeln zu richten. Art. 5. Die Magazine für den Detail-Verkauf von Substanzen der 1. Kategorie in Quantitäten über 5 Liter und nicht 150 Liter überschreitend und die Magazine von Substanzen der 2. Kategorie in Mengen über 60 Liter und 1050 Liter nicht überschreitend, welche nach dem Wortlaute der Art. 4 und 5 ohne vorhergegangene Bewilligung errichtet werden können, sind nachfolgenden allgemeinen Bedingungen unterworfen: 1. Das Local des Depots kann nur zu ebener Erde oder im Keller seyn; es muß mit Steinen, welche mit einem Mörtel aus Kalk und Sand oder Cement versetzt und zusammengefügt sind, gepflastert seyn. 2. Die Schwellen der Verbindungs-Thüren mit den anderen Theilen des Hauses und mit der Straße müssen aus Stein seyn und mindestens 1 Decimeter höher seyn als der gepflasterte Fußboden, um auf diese Art die allenfalls sich ergießenden Flüssigkeiten an ihrer Ausbreitung zu verhindern. 3. Wenn das Depot in einem Keller sich befindet, so muß er gut durch das Tageslicht beleuchtet, entsprechend ventilirt und ohne irgend eine Verbindung mit den benachbarten Kellern seyn, von welchen er durch volle Mauern aus solidem Mauerwerk von wenigstens dreißig Centimeter Dicke getrennt seyn muß. 4. Ist das Depotlocal zu ebener Erde, so darf es keine Stockwerke über sich haben, muß gut ventilirt und durch das Tageslicht beleuchtet seyn. Die Mauern müssen aus gutem Mauerwerk und die Eindeckung muß von Eisen-Trägern getragen werden. 5. In jedem Falle muß das Local leicht zugänglich seyn und darf nicht in Verbindung mit irgend einer Räumlichkeit stehen, welche zur Einlagerung von Holz oder anderen brennbaren Materien dienen und so Elemente zu einem Brande bilden könnten. 6. Die Flüssigkeiten müssen entweder in mit einem Deckel versehenen Metallgefäßen oder in soliden und vollkommen dichten, mit Eisenreifen umgebenen Fässern, deren Fassungsvermögen 150 Liter nicht überschreiten darf, oder in Krügen aus Glas oder Thon umwickelt mit einer Hülle von Stroh-Weidengeflecht oder anderen Materien derart, um das Gefäß gegen einen zufälligen Stoß durch einen harten Körper zu sichern, aufbewahrt werden; das Fassungsvermögen dieser Krüge darf 60 Liter nicht übersteigen, sie müssen sehr sorgfältig zugestopft seyn. 7. Die Gefäße, welche zum laufenden Verschleiß dienen, müssen verschlossen und mit Hähnen versehen seyn. 8. Das Ablassen oder Umfüllen der in Vorrath befindlichen Flüssigkeiten darf nur bei Tageslicht und soll so viel als möglich mittelst einer Pumpe geschehen. 9. Abends muß das Local durch eine oder mehrere Laternen beleuchtet seyn, welche an von den die entzündbaren Flüssigkeiten enthaltenden Gefäßen und besonders jenen, welche zum laufenden Verschleiße dienen, entfernten Punkten an den Mauern angebracht seyn müssen. 10. Es ist untersagt, daselbst Feuer anzumachen und leere Fässer, Breter oder irgend andere brennbare Stoffe aufzubewahren. 11. Es ist eine der Größe des Depots entsprechende Menge von Sand oder Erde in dem Locale vorräthig zu erhalten, um einen Brand beim Ausbruche gleich ersticken zu können. 12. Der Depotinhaber muß immer eine oder mehrere, in gutem Zustande sich befindende Sicherheitslampen zu seiner Verfügung haben, deren man sich nach Bedürfniß in den Theilen des Locales bedienen würde, welche von den an den Mauern befestigten Laternen nicht genügend beleuchtet werden. Es ist ausdrücklich untersagt, in dem Locale mit tragbaren offenen Lampen, welche keine Sicherheits-Einrichtung besitzen und demnach ein Feuerfangen einer Mischung von Luft und entzündbaren Dämpfen veranlassen könnten, herumzugehen. Die Detailverkäufer, deren Vorrath auf 5 Liter der Substanzen von der 1. Kategorie oder auf 60 Liter der Substanzen von der 2. Kategorie beschränkt ist, werden an die Vorsichtsmaßregeln gebunden seyn, welche ihnen in jedem Falle von der Municipal-Behörde angegeben und vorgeschrieben werden. Art. 6. Die Depots, welche nicht den hier vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen, oder deren Besitzer unterlassen würden, denselben zu genügen, werden über Befehl der Administrativbehörde geschlossen, abgesehen von den aus der Uebertretung der polizeilichen Vorschriften folgenden Strafen. Art. 7. Der Transport sämmtlicher im Art. 1 angeführten Substanzen muß bei Quantitäten über 5 Liter ausschließend in Gefäßen aus Eisenblech, Weißblech oder Kupfer geschehen, welche vollkommen dicht und hermetisch verschlossen sind, oder in vollkommen dichten Fässern, welche mit Eisenreifen umgeben sind, und deren Fassungsvermögen nicht 150 Liter überschreiten darf, oder in Krügen oder Flaschen aus Glas oder Thon von höchstens 60 Liter Fassungsvermögen, welche zugestopft und mit Flechten von Stroh, Weiden oder anderen Materialien zum Schutze der Gefäße gegen das Zerbrechen umgeben sind. (Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1866 S. 163.) Die Einrichtung des Petroleum-Magazins der Kaiser Ferdinands-Nordbahn in Wien. Hierüber machte der Ingenieur Julius Schwarz in der Wochenversammlung des österr. Ingenieur- und Architektenvereins vom 6. Mai d. Is. nachstehende Mittheilungen. Das Nordbahn Petroleum-Magazin wurde am linken Ufer des Kaiserwassers, am rechtseitigen Fuße des Bahndammes in der Richtung gegen die Station Floridsdorf erbaut. Dasselbe besteht aus zwei Geschossen, einem Kellergeschoß und einem zweiten im Niveau der Bahn. Durch zwei Scheidemauern ist jedes dieser Geschosse in drei nahezu gleich große Abtheilungen geschieden, deren jede durch besondere aus starkem Eisenblech construirte Magazinthore für sich allein zugänglich ist. Das Kellergeschoß ist gewölbt, und steht mit einem Kellerhals in Verbindung, vermittelst welchem der Zugang und respective auch die Zufahrt zu den einzelnen unteren Abtheilungen vermittelt wird. Der Fußboden dieser Magazinabtheilungen ist von Cement hergestellt und ist derselbe derart construirt, daß die Fußbodenflächen nach der Mitte zu geneigt sind; in den tiefsten Punkten, welche sich durch diese Flächendurchschneidungen ergeben, sind eiserne Versenk-Kästen angebracht, welche 2' breit, 3' lang und 3' tief sind, und zwar befinden sich in jeder der drei oberen Abtheilungen je vier und in jeder der drei unteren Abtheilungen im Kellergeschoß je ein solcher versenkter Kasten. Diese Kästen stehen ihrerseits durch Röhrenleitungen mit gemauerten, in der Fundamentsohle liegenden Canälen in Verbindung, und zwar derart, daß die drei zu den einzelnen über einander liegenden Abtheilungen gehörigen Zweigcanäle in einem Hauptcanal sich vereinigen, der schließlich in eine gemauerte Cisterne von 9' Durchmesser und 17' Tiefe einmündet. Es ist ferner jeder dieser Zweigcanäle durch außerhalb jeder Abtheilung zugängliche eiserne Schuber im Kellergeschoß zu öffnen und zu schließen, und zwar geschieht dieß der Art, daß in Momenten der Gefahr nur der eine jeweilig erforderliche aufgezogen wird, während die Schuber in den anderen Zweigleitungen geschlossen bleiben. Die Fenster in beiden Geschossen sind mit zweiflügligen von außen zu schließenden eisernen Fensterläden versehen; alle Thorgewände sind von Stein, die Magazins-Schubthore von starkem Eisenblech construirt. Zur Communication zwischen den Abtheilungen im oberen und im unteren Geschosse dienen drei eiserne Wendeltreppen, welche nach oben zu mit einer eisernen Fallthüre abgeschlossen werden können. Außerdem vermittelt ein gemauerter kleiner Schacht in Verbindung mit einer Aufzugvorrichtung das Herablassen von beladenen Fässern in das Kellergeschoß und ist diese Schachtöffnung unter dem Magazins-Perron ebenfalls mit einer eisernen Fallthüre wohl verschließbar. Die Dachconstruction ist eine Winiwarter'sche, und zwar mit Anwendung einer feuersicheren Zwischendecke, weiche von Gurten aus verzinktem Eisenblech getragen wird. Die Fußpunkte dieser Gurten ruhen in gußeisernen Schuhen, welche an der Mauerbank festgeschraubt sind und ist diese letztere durch eine Eisenarmatur und an den Stellen zwischen den Gurten durch eine Ziegelaufmauerung vollkommen feuersicher gelegt. Vermöge der nun so getroffenen Einrichtung müßte bei einem etwa in einer Abtheilung durch irgend welche Veranlassung ausbrechenden Brande das Feuer auch nur auf diese Abtheilung beschränkt bleiben, denn in einem solchen Falle würden allsogleich die von außen zu schließenden Fensterläden geschlossen, das betreffende Magazinsthor ebenfalls gesperrt und der Schuber jenes Zweigcanals aufgezogen werden, welcher mit der betreffenden Abtheilung communicirt. Das durch Bersten oder sonstige Veranlassung sich entleerende Petroleum würde durch die in den tiefsten Punkten des Fußbodens befindlichen Versenk-Kästen in den betreffenden Canal und schließlich in die Cisterne sich ergießen, welche nach oben zu luftdicht abgeschlossen ist. Durch hermetischen Verschluß aller nur denkbaren Luftzutrittsöffnungen könnte in dem Falle eines entstehenden Brandes dieser keine große Ausdehnung gewinnen, und ist noch außerdem durch entsprechend große cylindrisch geformte, wohl verschlossene Aufbewahrungs-Gefäße in den Lager-Räumen schon in erster Linie für die Hintanhaltung einer möglichen Feuersgefahr thunlichste Sorge getragen. Die Bedeutung der Kieselerde in der Pflanzenernährung; von Professor Dr. August Vogel. Die Thatsache, daß die Kieselerde am reichlichsten an der Peripherie der Vegetabilien, in dem Oberhäutchen der Gräser und Wasserpflanzen angetroffen wird, hat früher zu der sonderbaren Ansicht Veranlassung gegeben, daß die Kieselerde ein dem vegetabilen Leben fremder und selbst schädlicher Körper sey, welchen die Pflanze zu entfernen sucht und gleichsam wie ein Excret an der äußersten Oberfläche anzuhäufen bestrebt seyn muß. Durch die umfassenden Forschungen auf dem Gebiete der Agriculturchemie, auf dem von Liebig, ihrem genialen Gründer, angebahnten Wege, haben wir über das Verhältniß der unorganischen Bestandtheile des Bodens zur Pflanze, besonders zur Culturpflanze, eine ganz andere Anschauung gewonnen, und wir wissen jetzt recht wohl, daß auch die Kieselerde nicht als ein durch den Vegetationsproceß auszuscheidender Stoff, sondern als ein wichtiger Nährstoff zu betrachten ist, ja daß große Gruppen der Culturpflanzen ohne diesen ihre Constitution charakterisirenden Bestandtheil gar nicht existiren können. Wenn dessenungeachtet der Kieselerde im landwirthschaftlichen Betriebe bisher die verhältnißmäßig geringste Berücksichtigung zu Theil geworden ist, so rührt dieß offenbar daher, daß sie allerdings in den meisten Bodenarten im Ueberfluß vorhanden ist. Bei weitem der größte Theil der in der Natur vorkommenden Kieselerde gehört aber der krystallisirten Modification an, welche in Wasser und Säuren nahezu vollkommen unlöslich ist; um aber von der Pflanze aufgenommen zu werden, muß sich die Kieselerde in einem Zustande befinden, in welchem sie der Pflanze zugeführt werden kann. Für die Landwirthschaft mußte es somit als eine Aufgabe von großer Bedeutung erscheinen, die unlösliche Kieselerde in eine zur Aufnahme durch die Vegetabilien geeignete Form überzuführen, d.h. die in der Natur vorkommenden verhältnißmäßig geringen Mengen der löslichen Kieselerde-Modification wesentlich zu vermehren. Ich sage absichtlich „vermehren,“ denn es wäre in der That ein großer Irrthum, wollte man den natürlichen Gehalt an löslicher Kieselerde zu gering anschlagen. Abstrahirt man ganz von einigen Edelsteinen, dem Kieselsande der Lüneburger Haide, dem Kieselconglomerate im bayerischen Walde u.a., welche die Kieselerde vorzugsweise im amorphen Zustande enthalten, so darf doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß eine jede Bodenart, eine jede Acker- oder Gartenerde, wenn sie überhaupt Kieselerde als Bestandtheil mit sich führt, neben der unlöslichen Kieselerde immer, obschon weit geringere Mengen – bisweilen nur Spuren – der amorphen Kieselerde-Modification enthält. Behandelt man eine Ackererde mit kochendem Wasser und raucht die filtrirte Flüssigkeit bis zur Trockne ab, so erhält man einen meistens bräunlich gefärbten Rückstand. In demselben läßt sich stets Kieselerde, bisweilen allerdings nur in Spuren, auf das Deutlichste nachweisen. Offenbar ist ursprünglich schon in der Ackererde und zwar in allen Sorten derselben, die ich bisher in der angegebenen Weise zu prüfen Gelegenheit hatte, in Wasser lösliche Kieselerde vorhanden. Daß in dem Stalldünger nicht unbeträchtliche Mengen löslicher Kieselerde vorhanden sind, ist eine bekannte Thatsache. Hierzu kommt noch der Kieselgehalt des Quell-, Brunnen- und Flußwassers, wodurch den Pflanzen ebenfalls Kieselerde in löslicher Form geboten wird. Durch Beobachtungen im kleineren und größeren Maaßstabe habe ich zu zeigen versucht,A. Vogel, die Aufnahme der Kieselerde durch Vegetabilien. Von der königl. Akademie der Wissenschaften in Berlin gekrönte Preisschrift. München 1866. daß es für die Vegetation entschieden vortheilhaft ist, wenn sich im Boden von vornherein reichlich amorphe Kieselerde befindet oder demselben durch Dünger zugeführt werde. Der Vortheil liegt darin, daß die Umwandlung der krystallisirten in die amorphe Modification der Kieselerde, welche als erster Vorgang der erwachenden Vegetation auftritt, erspart wird, indem die amorphe und gelöste Kieselerde, sogleich von der Ackerkrume absorbirt unmittelbar der Pflanze zur Nahrung dient. Die Hauptresultate lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen: Die Asche der mit amorpher Kieselerde gedüngten Pflanzen enthält etwas mehr Kieselerde als die Asche der mit krystallisirter Kieselerde gedüngten. Der Ertrag einer uncultivirten Wiese wird durch Düngung mit amorpher Kieselerde in höherem Maaße als durch Düngen mit krystallisirter Kieselerde vermehrt. Geringer ist der Einfluß der Kieseldüngungen auf den Ertrag einer vollkommen cultivirten Wiese. Der durch ausschließliche Kieseldüngung erzielte Mehrertrag einer natürlichen Wiese erreicht den Erntenertrag einer vollkommen cultivirten Wiese niemals. Der durch Kieseldüngung erzeugte Mehrertrag der Cerealien bezieht sich nur auf die Strohernte, nicht auf die Körnerernte. Endlich ist noch beobachtet worden, daß durch eine reichliche Düngung mit Kieselerde die Tenacität des auf solchem Boden gezogenen Haferstrohes erhöht werde. Ob die Differenzen indeß groß genug sind, um einer solchen Strohsorte vor einer anderen einem kieselarmen Boden entnommenen in technischer Beziehung, z.B. zur Papierfabrication, den Vorzug zu geben, muß selbstverständlich weiteren Versuchen zu beurtheilen überlassen bleiben. (Deutsche Gewerbezeitung, 1866, Nr. 46.) Ueber das Verhalten der Kieselsäure zum Ammoniak. In diesem Betreff enthält Wittstein's Vierteljahresschrift, Bd. XVI Heft 1, eine umfassende Untersuchung von Richard Pribram; die Ergebnisse derselben stellt der Verfasser schließlich in Folgendem zusammen: 1) Sowohl die wasserfreie natürliche und künstliche als auch die wasserhaltige Kieselsäure werden von Ammoniakliquor aufgelöst, aber in sehr verschiedenem Grade, dergestalt daß die natürliche wasserfreie gegen 6000, die künstliche wasserfreie gegen 260, die trockene wasserhaltige gegen 330 und die gallertartige Kieselsäure gegen 140 Theile Ammoniakliquor von 10 Proc. bedarf. (Bei den beiden wasserhaltigen Arten der Kieselsäure bezieht sich das angegebene Löslichkeits-Zahlenverhältniß ebenfalls auf die wasserfreie Säure SiO³.) 2) Werden diese Lösungen der Luft ausgesetzt, so lassen sie, ungeachtet des dabei stattfindenden großen Ammoniakverlustes, die Kieselsäure nicht wieder fallen, sondern bleiben klar, und wenn sie keine Reaction auf freies Ammoniak mehr geben, so befinden sich Base und Säure darin in dem der Formel NH⁴O + 4 SiO³ entsprechenden Verhältniß. 3) Durch Kochen der Lösungen entweichen ungefähr 19/20 des noch vorhandenen Ammoniaks, aber gleichfalls ohne Ausscheidung von Kieselsäure, und in der rückständigen Flüssigkeit stehen nun Base und Säure in dem beiläufigen Verhältniß von 1 Aeq. und 80 Aeq. 4) Läßt man die Lösungen (bei gewöhnlicher Temperatur) eintrocknen, so enthält die trockene Masse Base und Säure in dem nämlichen Verhältnisse wie in der gekochten Solution, aber ihre Löslichkeit in Wasser hat sie so weit verloren, daß letzteres nur mehr Spuren davon aufnimmt. 5) Die vorstehenden Thatsachen verdienen in der analytischen Chemie alle Beachtung, denn ihre Nichtberücksichtigung kann zu merklichen Fehlern Anlaß geben. 6) Sie haben aber auch pflanzenphysiologisches und agricoles Interesse, denn sie liefern einen wichtigen Beitrag zur Erklärung der Einführung der Kieselsäure in die Gewächse. 7) Endlich ist auch der Medicin Gelegenheit gegeben, Nutzen daraus zu ziehen, insofern ihr dadurch die mildeste lösliche Form geboten wird, in der sie die Kieselsäure innerlich anwenden kann.