Titel: Neue Beobachtungen über die Amalgamation; von J. Nicklès.
Fundstelle: Band 183, Jahrgang 1867, Nr. CIIICIV., S. 391
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CIIICIV. Neue Beobachtungen über die Amalgamation; von J. Nicklès. Aus dem Journal de Pharmacie et de Chimie, t. IV p. 330. Nicklès, Beobachtungen über die Amalgamation. Die Einwirkung des Quecksilbers auf Metalle ist weniger energisch als die des Natriumamalgams. Dieser Unterschied läßt sich durch einen sehr einfachen Versuch nachweisen. Man nimmt eine hinlänglich große quadratische Glasplatte und kittet auf jede Seite derselben ein Stück Blattgold auf. Bringt man auf eines dieser Blätter einen Tropfen gewöhnlichen Quecksilbers, so sieht man, daß derselbe dem Golde anhaftet und sich abflacht, jedoch ohne sich merklich auszubreiten. Ebenso verfährt man mit einem Tropfen Natriumamalgam auf der ebenfalls mit Blattgold beklebten anderen Seite der Glasplatte; derselbe wird sich mit erstaunlicher Schnelligkeit ausbreiten und alles in seiner Nähe befindliche Gold aufnehmen und weiß färben, so daß das Quecksilber binnen wenigen Secunden eine Fläche einnimmt, welche viele hundert Male größer als der Querschnitt des ursprünglichen Tropfens ist. Zuweilen erzeugt das Quecksilber hierbei in dem Goldblatt ein Loch oder einen Spalt, indem es das in seiner Nähe befindliche Gold an sich heranzieht; zuweilen aber bleibt das Gold an seiner Stelle, indem es sich mit dem Quecksilber verbindet und die Glasplatte erscheint dann an den Punkten, wo diese örtliche Amalgamation stattgefunden hat, wie versilbert. Das Quecksilber (des Natriumamalgams) breitet sich auf der Oberfläche des Goldblattes nicht immer in concentrischer Weise aus; es kann sich mehr nach der einen als nach der anderen Richtung hin ausbreiten. Diese Erscheinung ist entweder Folge der an einzelnen, stärker zusammenhängenden Stellen stattfindenden Auflösung des Goldes durch das Quecksilber, oder dieselbe wird dadurch verursacht, daß die Oberfläche der Goldmolecüle nicht an allen Punkten denselben Grad von Reinheit besitzt, wie dieß besonders dann der Fall ist, wenn das Goldblatt mittelst eines Kittes auf der Glasplatte befestigt worden war. Diese Wirkung des natriumhaltigen Quecksilbers erfolgt sogar gegen das Gesetz der Schwere; das Goldblatt braucht nämlich keineswegs eine horizontale Lage zu haben, um nach allen Richtungen hin in Folge der Aufnahme von Quecksilber sich weiß zu färben; diese Erscheinung tritt auch dann ein, wenn das Metallblatt vertical gestellt wird, so daß man deutlich wahrnehmen kann, wie das Quecksilber an der Metallfläche emporsteigt und das Gold weiß färbt oder wegfrißt, wobei es seine Arbeit gleichzeitig nach abwärts zu verrichtet. Thalliumamalgam zeigt ganz dasselbe Verhalten gegen Gold. Der in Rede stehende interessante Versuch gelingt mit Silber oder geschlagenem Blattkupfer nicht so gut, entweder weil die Blättchen dieser Metalle nicht so dünn sind wie die Goldblättchen, oder weil ihre Durchdringbarkeit für Quecksilber geringer ist als beim Golde. Diese Erscheinung steht überdieß mit dem physikalischen Zustande des Metalles in Zusammenhang; ein Stück Kupfer von einer gewissen Stärke braucht weniger Zeit, um von Quecksilber durchdrungen und spröde oder mürbe zu werden, als ein zu Lahn ausgewalztes Kupferblech, offenbar weil das Metall im ersteren Zustande weit poröser ist als im letzteren. Aus der Thatsache, daß Eisen und Platin in Berührung mit Quecksilber von diesem nicht benetzt werden, folgt keineswegs, daß diese Metalle sich mit dem Quecksilber nicht verbinden. Eisenamalgam und Platinamalgam kennt man schon seit langer Zeit; nur ist zu ihrer Darstellung die Anwendung entweder der Batterie oder eines elektropositiveren Metalles erforderlich. So braucht man das Eisen, um es zu amalgamiren, nur mit einer mit angesäuertem Wasser befeuchteten Kratzbürste von Zink- oder Messingdraht zu bürsten und einen Tropfen Quecksilber hinzuzufügen. Die Amalgamirung erfolgt hier durch eine galvanische Wirkung, die durch ein Metall hervorgebracht wird, welches, wie Zink oder Natrium, elektropositiver als Eisen ist; in jedem Falle bleibt sie nur oberflächlich, indem das Quecksilber in das als Substrat dienende Metall nicht eindringt. Dann hat es sich auch gezeigt, daß Eisen und Platin durch Vermittelung von Natriumamalgam mit Quecksilber sich recht gut verbinden lassen. Ueber diesen Punkt habe ich verschiedene Versuche angestellt, welche zu folgenden Resultaten führten: – Auf Glas geklebtes Blattplatin wird von Natriumamalgam rasch angegriffen; an den Stellen, an welche letzteres gelangt, entsteht ein Loch. Dasselbe ist der Fall mit dünn geschlagenem Aluminium. Ein Platintiegel wird von Natriumamalgam benetzt und augenblicklich mercurialisirt, d.h. das Platin verbindet sich sofort mit dem Quecksilber des Amalgams; doch durchdringt dieses das Blech des Tiegels nicht, denn nach sechsmonatlichem Contacte hatte dasselbe noch seine ganze Biegsamkeit beibehalten und war nicht spröde geworden; ebenso wie dieß beim Eisen und anderen, vom Quecksilber nicht durchdringbaren Metallen der Fall ist, blieb die Amalgamation eine oberflächliche. Magnesium in Form von Band, wie es zur Beleuchtung benutzt wird, verhält sich gegen Quecksilber ziemlich indifferent und wird nur wenig von demselben angegriffen, unter dem Einfluß angesäuerten Wassers aber benetzt; Natriumamalgam bleibt jedoch ohne Wirkung auf Magnesiumband. Thallium dagegen wird von Quecksilber benetzt und in Contact mit demselben mürbe, gleich manchen anderen Metallen, wie Zink, Zinn, Blei, Kupfer, Silber, Gold und deren Legirungen. Das Verhalten von Magnesium- und Thalliumblech gegen Quecksilber liefert einen neuen Beweis für die Richtigkeit des vor 13 Jahren von mir aufgestellten Satzes, daß „die Metalle, welche von Quecksilber benetzt werden, für dasselbe durchdringbar sind; daß hingegen diejenigen Metalle, welche das Quecksilber nicht benetzt, von ihm auch nicht durchdrungen werden.“ Zu diesem Satze können wir noch folgenden Zusatz machen: „Wenn Metalle, welche von Quecksilber nicht benetzt werden, auf indirectem Wege amalgamirt worden sind, so bleibt das Quecksilber an ihrer Oberfläche und dringt nicht tiefer in sie hinein, kann sie folglich auch nicht spröde machen.“ Von hohem Interesse würde es seyn, näher zu untersuchen, wie sich in dieser Beziehung das Indium verhält.