Titel: Thomas Adams' Versuche über Schieber-Reibung.
Fundstelle: Band 184, Jahrgang 1867, Nr. LXXIX., S. 386
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LXXIX. Thomas Adams' Versuche über Schieber-Reibung. Mit Abbildungen. Adams' Versuche über Schieber-Reibung. Herr Thomas Adams hat kürzlich in der Society of Engineers eine Mittheilung über Schieberreibung gemacht, welche durch von ihm angestellte Versuche unterstützt, einige interessante Folgerungen über die Größe dieser Reibung enthält, und dabei zugleich eine Erklärung bietet, warum eine bisher gebräuchliche Form von Entlastungsschiebern so wenig befriedigende Resultate gegeben hat. Die Größe des Reibungswiderstandes, welche ein Schieber bietet, hängt bekanntlich zuerst von dem Drucke ab, mit welchem der Schieber an den Schieberspiegel, auf dem er schleift, angedrückt wird, und ferner vom Reibungscoefficienten. Fig. 1., Bd. 184, S. 385 Den Gesammtdruck zwischen Schieber und Spiegel betreffend, so ist dieser gleich der Differenz der auf den Schieber von herab drückenden, und jenen Kräften, welche auf seine untere Fläche einwirken und ihn zu lüften trachten. Es sey der in Fig. 1 dargestellte Schieber als einfachster idealer Fall betrachtet. Die Kraft, welche den Schieber nach abwärts drückt, wird sich aus der oberen Fläche des Schiebers und dem Dampfdrucke ergeben. Die Kräfte, welche den Schieber zu lüften trachten, theilen sich in zwei Theile. Der eine Theil betrifft die Schieberhöhlung, der andere die Berührungsstelle zwischen Schieber und Spiegel. Der erste Theil wird, wenn die Spannung in diesem Raume gegeben, gleichfalls bekannt seyn. Es kann sich also hier nur um die Berührungsfläche zwischen Schieber und Spiegel handeln. Ueber die Art, wie dieser Theil nun an den auf den Schieber einwirkenden Kräften participirt, waren bisher in der That verschiedene Meinungen vertreten. Am Allgemeinsten wurde angenommen, daß an der Berührungsstelle gar kein expansiver Druck vorhanden seyn könne; man setzte somit voraus, daß an dieser Stelle kein Bestreben, den Schieber zu lüften, ausgeübt werde. Aus Adams' Versuchen geht nun mit der größten Wahrscheinlichkeit hervor, daß dieß sehr irrig war. Bei einem sich in dampferfülltem Raume hin und her bewegenden Schieber ist zwischen den Berührungsstellen von Schieber und Spiegel stets eine sehr dünne Schichte von Feuchtigkeit enthalten, welche, so lange sie noch die Temperatur des Dampfes hat, auch dieselbe Expansivkraft äußert wie der Dampf selbst, so daß man diese Berührungsstellen zwischen Metall und Metall nicht als luftleer betrachten kann, sondern dieselben, so lange die Dampftemperatur noch besteht, auch als unter vollem Dampfdruck stehend betrachten muß. Dietz modificirt nun die bisher gebräuchliche Bestimmung des totalen Druckes wesentlich; denn wenn man A die horizontale Projection der oberen Schieberfläche nennt, C die Berührungsfläche zwischen Schieber und Spiegel, B die innerhalb dieser Berührungsfläche liegende Spiegelfläche, somit A = B + C ist, wenn ferner P der Dampfdruck per Flächeneinheit im Schieberkasten, p der unter dem Schieber ist, so hat man bisher den Druck des Schiebers auf den Spiegel gewöhnlich als APBp angenommen, während er nach der obigen Betrachtung bloß APCPBp = B(P – p) wäre. Man sieht, die Differenz ist unter Umständen eine sehr bedeutende, und hat man, wenn z.B. B = A/2 war, den Druck doppelt so hoch geschätzt als er in der That war. Was nun den Reibungscoefficienten anbelangt, so hat man denselben dadurch bestimmt, daß man den Reibungswiderstand in speciellen Fällen gemessen, und aus dem Verhältnisse zwischen diesem Widerstande und dem für richtig gehaltenen Drucke des Schiebers auf die Gleitungsfläche, den Coefficienten ableitete. Da aber die Art, wie dieser letztere Druck bestimmt wurde, unrichtig war, so ist vorauszusehen, daß die gebräuchlichsten Angaben über die Reibungscoefficienten bei Schiebern zu klein sind. Hr. Adams gibt einige aus seinen Versuchen sich ergebende Reibungscoefficienten an, aus welchen sich ergeben würde, daß diese Coefficienten auch von der Intensität des Druckes, d. i. von der Größe des Druckes per Flächeneinheit, sowie von der im Schieberkasten herrschenden Dampftemperatur beeinflußt werden und mit letzteren sich ändern. Er gibt an bei Gußeisen auf Gußeisen: bei der Dampftemperatur 115° C. für die Druckintensitäten 20 Pfd. und 70 Pfd. per 1 Quadratzoll die Coefficienten 0,206 und 0,235, bei Dampf von 138° C. für die gleichen Druckintensitäten die Coefficienten 0,269 und 0,362. Für Messing auf Eisen die entsprechenden Coefficienten: 0,184, 0,219, 0,236, 0,354. Fig. 2., Bd. 184, S. 387 Die Versuche, welche den Beweis für die oben aufgestellten Anschauungen lieferten, waren mit dem in Fig. 2 dargestellten Entlastungsschieber angestellt. Der kolbenartig verschiebbare cylindrische Dichtungsring ist bestimmt, sich an den oberen Schieberkasten-Deckel dicht anzulegen, und dadurch den Schieber um die Fläche, welche er umschließt, zu entlasten, und wird von einigen unterlegten flachen Federn nach aufwärts gedrückt. Derartige Schieber, so häufig sie auch angewendet wurden, haben meistens dem Zwecke der Entlastung nicht entsprochen. Wenn man nach Obigem weiß, daß die Berührungsstelle zwischen Ring und Schieberkastendeckel als dem Dampfdrucke ausgesetzt zu betrachten ist, so ist vorauszusehen, daß er aufhören wird dicht zu schließen, sobald der Dampfdruck auf diese Berührungsfläche dem gegenwirkenden Federdruck gleichkommt. Fig. 3., Bd. 184, S. 387 Man hat diesen Dichtungsringen, um sie sicherer schließen zu machen, auch bisweilen die in Fig. 3 angedeutete Form geben zu sollen geglaubt; indem man hierbei dem Dampf eine Druckfläche darbot, vergrößerte man jedoch in gleichem Maaße die Berührungsfläche, erzielte somit den gewünschten Erfolg nicht. Da nun die Größe der Berührungsfläche zwischen dem Dichtungsringe und Kastendeckel dem dichten Verschluß entgegenwirkt, so liegt es nahe, durch Verringerung dieser Fläche die Sicherheit des dichten Verschlusses zu erhöhen. Dieses Mittels hat sich auch Hr. Adams bei seinen Versuchen bedient und in der Art, wie er die beabsichtigte Wirkung erzielte, die Bestätigung seiner Ansicht erhalten. Der angewandte Dichtungsring Fig. 2 hatte eine Metalldicke von 3/4'', und war von zwei Federn nach oben gepreßt. Die Dampfspannung wurde allmählich gesteigert, und da der Druck der Federn ein constanter blieb, der Druck auf die Berührungsstelle jedoch mit dem Dampfdrucke wuchs, so war vorauszusehen, daß der Ring bei einer gewissen Dampfspannung beginnen wird undicht zu werden. Dieß trat bei 26 Pfd. Dampfdruck ein. Fig. 4., Bd. 184, S. 388 Es wurde nun der Ring herausgenommen, und so eingedreht (Fig. 4), daß die Berührungsstelle nur 1/2'' breit blieb. Nun hielt der Ring bis 40 Pfd. Dampfdruck dicht, bei welcher Spannung er zu blasen begann. Nachdem man nochmals die Berührungsstelle durch Eindrehen bis auf 1/4'' Breite verringert hatte, blieb der Ring bei 60 Pfd., welches die höchste Spannung war die zu Gebote stand, noch vollkommen dicht und es ist vorauszusehen, daß er sich erst bei einer sich 80 Pfd. nähernden Spannung undicht gezeigt haben würde. Diese Resultate lassen sich nur durch obige Anschauung erklären, für welche sie zugleich einen Beweis abgeben, und es dürfte die auffallende Größe der von Hrn. Adams gefundenen Reibungscoefficienten eher einen Zweifel in die Richtigkeit der von ihm angestellten Messungen der Widerstände von Schiebern gestatten, als die weiteren Schlüsse, die er aus seinen Versuchen gezogen hat, erschüttern. F. K. (Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, 1867 S. 32.)