Titel: Ueber die Anordnung von Blitzableitern für Pulvermagazine; nach einem von Akademiker Pouillet in Paris erstatteten Berichte dargestellt und mit Anmerkungen versehen von C. Kuhn in München.
Autor: Carl Kuhn [GND]
Fundstelle: Band 184, Jahrgang 1867, Nr. XCIX., S. 461
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XCIX. Ueber die Anordnung von Blitzableitern für Pulvermagazine; nach einem von Akademiker Pouillet in Paris erstatteten Berichte dargestellt und mit Anmerkungen versehen von C. Kuhn in München. Mit Abbildungen auf Tab. VIII. Kuhn, über Pouillet's Instruction betreffend die Anordnung von Blitzableitern für Pulvermagazine. Einem vom Kriegsminister an die kaiserliche Akademie der Wissenschaften zu Paris mittelst Schreibens vom 27. October 1866 ergangenen Auftrage zufolge, eine Instruction für die Herstellung von Blitzableitern für Pulvermagazine in eingehender Weise zu bearbeiten, wurde neuerdings eine akademische Commission niedergesetzt, welche die schon so oft zur Sprache gekommene Angelegenheit der Blitzableiter näher zu würdigen und für den gedachten Zweck gründlich zu erledigen hat. Die von der Commission vorgeschlagenen reglementären Bestimmungen wurden von ihrem Berichterstatter in der Sitzung vom 14. Januar d. J. der Akademie mitgetheiltComptes rendus, t. LXIV p. 80; 14. Jan. 1867., und wir finden nun in diesen SitzungsberichtenComptes rendus, t. LXIV p. 102; 31. Jan. 1867. außer den aufgestellten Instructionen eine präcise und fachgemäße Auseinandersetzung der Grundlagen, auf welche man vorzugsweise die Einrichtung von Blitzableitern zu basiren hat. Bei ihren Untersuchungen waren es namentlich die vielfachen Documente, welche ihr einerseits vom Kriegsminister selbst zu diesem Zwecke anvertraut, dann von einem ihrer Mitglieder, dem Marschall Vaillant, bezüglich solcher Pulvermagazine, die nicht in unmittelbarer Nähe von unterirdischen Gewässern sich befinden, mitgetheilt wurden, andererseits waren es die die Geschichte der Blitzableiter für Pulvermagazine gleichsam repräsentirenden Berichte der älteren Commissionen, welche die gegenwärtige Commission wie bei früheren ähnlichen Gelegenheiten auch jetzt wieder als wesentliche Ausgangspunkte der Erfahrung wählte. Obgleich wir diesen Gegenstand bereits im Jahre 1859 einer eingehenden Bearbeitung unterworfen und bei mehreren Gelegenheiten hierüber in diesem Journale die nöthigen Erörterungen niedergelegt haben, die dem Wesen nach durch den Bericht der genannten Commission ihre Bestätigung finden konnten, so halten wir es um so mehr für angemessen, nicht bloß die neuen, von der französischen Commission vorgeschlagenen Instructionen, sondern auch das Wesentliche der von ihr hierüber aufgestellten theoretischen Ausgangspunkte hier in Kürze vorzuführen, als gerade die französische Akademie zur Entwickelung und endgültigen Erledigung der in Rede stehenden Angelegenheit bis jetzt sicherlich die gründlichsten Beiträge und Aufschlüsse geliefert hat. Die vorliegende Instruction theilt sich in drei Hauptartikel, von denen der erste (§. I) die allgemeinen Grundsätze, auf welche die Einrichtung eines jeden Blitzableiters basirt ist, der zweite (§. II) die Constructions-Principien für Blitzableiter überhaupt, der dritte (§. III) endlich die speciellen Anordnungen für die Anlegung eines Blitzableiters bei Pulvermagazinen enthält. Da die theoretischen Grundlagen, welche die akademische Commission hier niederlegt, im Wesentlichen dasselbe besagen, was wir bei früheren Gelegenheiten schon in ausführlicher Weise erörtert habenHandbuch der angewandten Elektricitätslehre von C. Kuhn, Leipzig bei Voß, 1866, §. 23, 24 und 27; dann (im Auszuge) polytechn. Journal Bd. CLV S. 274, Bd. CLXVII S. 115, Bd. CLXXXII S. 291., so dürfte es ausreichen, die in unserer vorliegenden Quelle enthaltenen Hauptpunkte nur kurz zu berühren. Von der Annahme ausgehend, daß die Gewitterwolken nichts anderes sind als gewöhnliche Wolken, welche mit einer großen Quantität von Elektricität geladen sind, wird gezeigt, daß das, was wir einen Blitzschlag nennen, sich von den in der Atmosphäre während der Gewitter vorkommenden Blitzeserscheinungen bloß dadurch unterscheidet, daß, während diese den Act der Ausgleichung der ungleichnamigen elektrischen Ladungen zwischen Gewitterwolke und anderen von dieser durch Influenz elektrisirten Wolkenmassen bezeichnen, bei einem eintretenden Blitzschlage die Erde oder vielmehr ein Theil der Erdoberfläche der von der elektrisirten Wolke influencirte Leiter sey, an welchem die mit der Ladung der Wolke ungleichnamige Elektricität gegen die Wolke angezogen, die gleichnamige aber vermöge der gegenseitigen Abstoßung der gleichartigen Ladungen gegen die abgewendete Seite der Erdoberfläche zurückgedrängt werde. Hierbei müsse aber wohl beachtet werden, daß vor allem eine derartige Influenz (gegen den betreffenden Theil der Erdoberfläche nämlich) von einer Gewitterwolke ausgeübt werden kann, selbst wenn diese in einer Höhe von mehreren Kilometern über der Erde sich befindet, und daß sich ferner eine solche Influenz, die einen Blitzschlag zur Folge haben soll, nur auf gute Leiter, die in oder an der Erde sich befinden, erstrecken müsse, also namentlich auf Metallmassen, Wasser, sehr feuchten Boden u.s.w. Es müsse aber dabei ferner besonders hervorgehoben werden, daß die Erdoberfläche in ihrem gewöhnlichen Zustande, obgleich sie in diesem für unsere Elektrisirmaschinen einen genügenden Ableiter als sogenanntes réservoir commun bilde, die Rolle eines solchen von Seite der Wolke influencirten Leiters nicht einnehmen könne; in dieser Beziehung müsse sie als ein schlechter Leiter betrachtet werden, der unter den vorliegenden Umständen nur eine sehr geringe Influenzfähigkeit besitzt. Nicht die Erdoberfläche in ihrem gewöhnlichen, trockenen Zustande, die je nach der geologischen Formation auf schlechten oder guten ausgedehnten Leitern ruht, sey es, welche diese Influenz erfährt, sondern die letzteren, also eigentlich die unterirdische Wasserstrecke (la nappe souterraine), die selbst wieder in der verschiedenartigsten Weise mit den Flüssen, Strömen und selbst mit dem Meere in Zusammenhang steht, müsse als das gemeinschaftliche Reservoir der gegen die Erde sich entladenden Wolken, also auch nothwendigerweise als das Reservoir unserer Blitzableiter, welche solche Entladungen zu vermitteln haben, betrachtet werden. Es müsse also wohl beachtet werden, daß die an der Erdoberfläche befindlichen Objecte, wie Gebäude, Bäume, lebende Wesen u.s.w., die im Allgemeinen nur einen geringen Grad von Influenzfähigkeit haben, wenn sie vom Blitze getroffen werden, bloß als Zwischen- oder eingeschaltete Leiter, welche mit der unterirdischen Wasserstrecke in nächster Communication stehen, betrachtet werden können: nur unter diesen Umständen sind sie der von der unterirdischen Wasserschichte angenommenen Influenz ausgesetzt; zur Entstehung dieser Influenz (also auch zur Entstehung des Blitzschlages) können sie also nichts beitragen, hingegen bestimmen solche Objecte die Bahn, welche die Blitzeserscheinung an der Erdoberfläche nimmt, um die Ausgleichung mit der Ladung an der unterirdischen Wasserstrecke auf dem Wege des kürzesten Leitungswiderstandes zu vermitteln. Wenn wir also nur die beiden Stellen im Auge behalten, an welchen bei einem eintretenden Blitzschlage die elektrischen Ladungen von größter Dichte angehäuft sich befinden, und von denen die eine an der Gewitterwolke sich befindet, die andere aber an einem mit der unterirdischen Wasserstrecke in leitender Verbindung stehenden Punkte der Erdoberfläche gesucht werden muß, und zwischen welchen beiden Stellen allein nur der eigentliche Blitz, der gegen die Erde einschlägt, zu Stande kommt, so müssen wir uns, wenn wir die eben erwähnten Grundprincipien festhalten, über die Richtung und die Erscheinungen bei einem jeden Blitzschlage vollständigen Aufschluß zu geben im Stande seyn, mögen diese Erscheinungen bezüglich ihrer Qualität oder in Beziehung auf die Zerstörungen und Wirkungen, welche sie begleiten, in noch so sonderbarer Weise und selbst verwickelt für den Beobachter auftreten. Jene principiellen Ausgangspunkte seyen es daher ganz allein, welche wir bei der Anlegung eines Blitzableiters zu berücksichtigen haben; letzterer bildet nämlich den Leiter, welcher die Ausgleichung der ungleichartigen elektrischen Ladungen zwischen Wolke und Erde auf dem Wege des kürzesten Leitungswiderstandes zu vermitteln hat. Ein Blitzableiter ist also nichts anderes als ein guter, ununterbrochener Leiter, dessen unterstes Ende in großer Ausdehnung mit der unterirdischen Wasserstrecke in Communication stehen muß, und dessen oberstes Ende weit genug über das Gebäude hervorragt, für dessen Schutz er bestimmt ist. Ein Entladungsstrom unserer elektrischen Batterien kann einen feinen Eisendraht von mehreren Metern Länge schmelzen; eine Blitzesentladung kann einen Draht von 100 Met. Länge, wie solche bei Glockenzügen u. dgl. verwendet werden, schmelzen; so wurde bekanntlich die Leitungskette des Blitzableiters am Packetboote „New-York“ im Jahre 1827 durch einen Blitzschlag geschmolzen und in Stücke zertheilt bei einer Länge von 40 Metern und aus einem Drahte von 6 Millimetern Durchmesser. Hingegen ist kein Fall bekannt, in welchem ein quadratischer Eisenstab von einigen Metern Länge, dessen Querschnitt 15 Millimeter Seite oder 225 Quadratmillimeter Inhalt hat, jemals zum Rothglühen oder gar zum Schmelzen gebracht worden ist. „Für die Leitung an unseren Blitzableitern nehmen wir daher einen solchen Eisenstab, dessen Querschnitt 15 Millimet. Seite hat, und aus solchen Eisenstäben wird daher auch die ganze Leitung zusammengesetzt.“ Bei der Ausleitung des Blitzableiters in den Boden sey es „die wesentliche und absolut nothwendige Bedingung,“ die Communication mit der unterirdischen Wasserstrecke herzustellen, und selbst wenn diese in einer Entfernung von mehreren Kilometern gesucht werden müßte; hingegen sey es dabei ganz gleichgültig, ob man die Leitung auf geradlinigem oder krummlinigem Wege etc. aufsuche. Wichtig ist es nun zu hören, in welcher Weise sich die Commission bezüglich der Principien für die Anordnung des oberen Theiles, der Spitze der Auffangstange nämlich, ausspricht. Von den erwähnten Influenzwirkungen ausgehend, habe man sich nämlich die eigenthümlichen Vorgänge in einem (natürlich tadelfreien) Blitzableiter so vorzustellen, daß zunächst die an der unterirdischen Wasserstrecke durch Influenz angehäufte (mit derjenigen der Wolke ungleichnamige) Elektricität auf das hier eintauchende Ende der Leitung übergehe und mit ungemein großer Geschwindigkeit längs der ganzen Leitung sich verbreite und an der Spitze des Blitzableiters sich ansammle. Geht also die Auffangstange in eine feine, scharfe Spitze von Gold oder Platin aus, so wird hier in Folge der gegenseitigen Anziehung der Ladungen zwischen Gewitterwolke und Spitze gegen die Luft, die ein schlechter Leiter ist, ein bedeutender Druck ausgeübt, und die Elektricität entweicht in Büschelform, welche bei Nacht wahrgenommen wird; die Divergenz der Lichtbüschel vermindert sich in dem Maaße, als sie von der Spitze sich entfernen und werden selten auf eine Länge von 15 bis 20 Centimetern wahrgenommen, und da nun hierdurch die Luft in stark elektrisirten Zustand versetzt wird, so kann man nicht zweifeln, daß diese von der Spitze mit einer starken Ladung versehenen Luftpartikeln vermöge der genannten gegenseitigen Anziehung bei Windstille bis zur Wolke transportirt werden, um so ihre Ladung zu neutralisiren. „Diese Neutralisirung nun ist es, welche man die preventive Wirkung des Blitzableiters nennt.“ Eine goldene und selbst eine Platinspitze – wenn auch letztere einen höheren Schmelzpunkt besitzt – kann hierbei abgeschmolzen werden, so daß vielleicht nur noch ein kleiner Gold- oder Platinknopf zurückbleibt. Selbst wenn nun hierdurch auch die preventive Wirkung des Blitzableiters ganz verloren gegangen wäre, so würde er dennoch seine schützende Wirkung für das Gebäude ganz und gar beibehalten, wenn seine Anordnung nur die beiden wesentlichsten Bedingungen erfüllt, nämlich: wenn seine Leitung nirgends eine Lücke oder Unterbrechung besitzt, und sein unterstes Ende in gehöriger Ausdehnung mit der unterirdischen Wasserstrecke in Communication steht. Uebrigens habe hierbei, wenn die Spitze der Blitzableiterstange mangelhaft geworden ist, dennoch jene preventive Wirkung nicht ganz aufgehört, sie ist nur hierdurch abgeschwächt worden, da alle Luftpartikel, welche mit den obersten Theilen der Auffangstange in Berührung stehen, immer noch elektrische Ladungen, wenn auch in schwächerem Grade, annehmen. Wenn es übrigens wahr sey, daß durch den Wind die elektrisirte Luft weit von der Wolke hinweggeführt werden könne, so werde ja ohnehin diese preventive Wirkung oft in Frage gestelltDa es sich unseres Wissens bloß darum handelt, den Blitzableiter so anzuordnen, daß derselbe während der statthabenden Influenz eine Ladung an keiner Stelle behalten kann etc., so mag es gleichgültig seyn, ob die negative Ladung gegen die Wolke transportirt oder in anderer Weise fortgetrieben werde, wenn nur die Spitzenwirkung von der Art ist, daß eine Anhäufung jener Ladung vom neutralen Gürtel an bis zur Spitze nicht eintreten kann. Daß übrigens unter günstigen Umständen selbst ein Theil der Wolkenelektricität durch die Blitzableiter neutralisirt werde, darf als ausgemacht angesehen werden.Der Ref., und derselben sey daher auch keine besondere Beachtung zu schenken. Diese Gründe waren es auch, welche die akademische Commission vom Jahre 1855 bestimmten, die Auffangstange in einem Cylinder von Rothkupfer endigen zu lassen, dessen Durchmesser 2 Centimeter und dessen Länge 20 bis 25 Centimeter beträgt, welcher Cylinder jedoch in einem Kegel von 3 bis 4 Centimet. Höhe ausgeht, und bei dieser (in den Comptes rendus t. XL p. 522 vorgeschlagenen) Anordnung bleibt die gegenwärtige Commission ebenfalls stehen. Es könne dieß um so mehr geschehen, als bei einem solchen Kupferconus die Büschelentladungen nicht so häufig, eintreten als bei den stark zugespitzten Kegeln von Gold oder Platin, und außerdem unter sonst gleichen Umständen der Kupferkegel der Schmelzung einen größeren Widerstand leiste, da das Kupfer ein besserer Leiter für Elektricität und Wärme ist. „Kommt der Blitzschlag zum Ausbruche, so dringt er durch den Kupferkegel in die Auffangstange und die Leitung, um auf diesem Wege in die unterirdische Wasserstrecke zu gelangen und sich so zu neutralisiren; elektrische Lichterscheinungen können hierbei dann weiter nicht mehr zum Vorschein kommen.“ Bezüglich der Anordnung des Blitzableiters selbst sind von der Commission fast die gleichen Regeln beibehalten worden wie sie in den Jahren 1854 und 1855 bei der damaligen Commission der französischen Akademie angenommen wurden. Die Auffangstange aus Eisen ist pyramidalisch mit quadratischen Querschnitten; an ihrem unteren Ende, wo sie mit der Leitung in Verbindung gebracht wird, hat sie 4 bis 5 Centimeter Seite und läuft verjüngt bis zu ihrem oberen Ende zu, wo sie, abgerundet, einen Durchmesser von 2 Centimeter hat. An dieser letzteren Stelle ist (Fig. 1) der erwähnte Kupfercylinder so eingeschraubt und während des Einschraubens verlöthet, daß der hervorragende Theil des Kupfercylinders 20 bis 25 Centimeter Länge hat. Die ganze Länge der Auffangstange, von der Spitze an gerechnet, kann je nach Umständen zwischen 3 und 5 Metern variiren, denn es erscheint als vortheilhafter, die Anzahl der Auffangstangen, wenn es nothwendig ist, zu vermehren und in passender Weise durch eine gemeinschaftliche Leitung mit einander zu vereinigen, als eine Auffangstange zu wählen, welche eine Höhe von 7 bis 8 Meter hat. Zu ihrer Vereinigung mit dem Träger oder mit dem Gebäude kann man die Auffangstange auch noch unterhalb der Stelle, wo sie mit der Leitung verbunden ist, verlängern, jedoch sey eine solche Verlängerung nicht mehr als ein Theil des Blitzableiters anzusehen. – Die Leitung ist mit der Auffangstange nach der in Fig. 2 angegebenen Weise zu verbinden; an dieser Stelle hat dieselbe 2 Centimeter Seite, der abgerundete, in die Auffangstange gesteckte Theil hat 15 Millimeter Durchmesser, so daß die beiden Eisenflächen, die hier durch Löthung und Anschrauben unter sich vereinigt sind, nahezu 20 Quadrat-Centimeter Inhalt haben; die Endstellen dieser Verbindung sind durch den Ring A und die Flantsche B durch sicheres Anlöthen geschlossen. Der ganze oberirdische Theil der eisernen Leitung hat einen Querschnitt von 15 Millimetern (6,65 Pariser Lin.) Seite; zwei Stücke einer solchen Leitung werden, wie dieß in Fig. 8 in einem Längen-, in Fig. 4 in einem Querschnitte gezeigt ist, mit ihren flachen Seiten an einander gelöthet, mittelst Bolzen unter sich verschraubt, an diesen Stellen mit angelötheten Wulsten versehen, und beiläufig in der Mitte dieser Verbindung, welche etwa eine Länge von 15 Centimeter haben kann, wird eine Umfassung c, c' angelöthet. Die an verschiedenen Stellen nöthigen und immer abgerundeten Krümmungen werden für die eintretenden Längenänderungen ausreichen, so daß durch die Einwirkung der Wärme die Verbindungen nicht alterirt werden; die Führungen für die Leitung, welche keine elektrischen Isolatoren seyn sollen, müssen dieser Anforderung ebenfalls entsprechen. – Für die Bodenleitung muß ein Brunnen gewählt werden, der in gewöhnlicher Art zu diesem Zwecke construirt werden kann, der nie austrocknet, und in welchem selbst in den trockensten Jahreszeiten die Wassertiefe mindestens 50 Centimeter beträgt; derselbe muß jeder anderweitigen Benutzung entzogen bleiben. Wenn eine natürliche Wasserfläche für diesen Zweck nicht zur Disposition steht, so hat man einen Schacht von 20 bis 25 Centimeter Durchmesser, in welchen ein Rohr eingesetzt wird, zu diesem Zwecke anzulegen. Von der Stelle aus, wo die Leitung in den Boden tritt, muß sie einen Querschnitt von 2 Centimeter Seite haben; beim Eintritte in den Brunnen wird sie an zwei Winkelstücken a und a' (Fig. 5) mittelst Bolzen befestigt, und letztere sind durch die Träger b und b' unterstützt. An der Ausleitung in den Brunnen selbst sind (Fig. 6) an den unteren Theil der Leitung vier Zweige, wie die beiden a, b, c und a', b', c', mittelst Bolzen und fester Verlöthung verbunden; die Länge eines solchen Zweiges (von denen also jeder im Wasser selbst sich befinden muß) kann 40 bis 50 Centimeter betragen. Die größte Sorgfalt habe man dabei dem Umstande zuzuwenden, daß die Ausleitung im Boden immer unter Wasser verbleibt. Die Beobachtungen der Veränderungen des Wasserniveau's in den benachbarten Brunnen u. dgl. erscheinen daher als nothwendig. Von Zeit zu Zeit, etwa nach 4 bis 5 Jahren, dürften die Abzweigungen der Bodenleitung zu erneuern seyn, da manche Wässer das Eisen nicht unverändert lassen, weßhalb auch in dieser Beziehung von Zeit zu Zeit Untersuchungen angestellt werden müssen. Was nun die speciellen Anordnungen der Blitzableiter für Pulvermagazine betrifft, so ist man theilweise hierbei auf die älteren VorschlägeHandbuch der angewandten Elektricitätslehre S. 158. hierüber und namentlich auf die Instructionen vom Jahre 1823 zurückgegangen. „Die Blitzableiter sollen nämlich nicht an dem Gebäude des Pulvermagazines selbst, sondern außerhalb der Umgebung und der Ringmauer angebracht werden. Jedes Magazin von größeren Dimensionen (27,89 Meter Länge, 20 Meter Tiefe, 11 Meter Höhe) wird mit drei Blitzableitern umgeben; zwei davon werden an den Enden der Langseite der Ringmauer, welche der Richtung der Gewitterstürme am meisten ausgesetzt ist und der dritte in der Nähe der Mitte der entgegengesetzten Seite angebracht. Diese Blitzableiter, deren Auffangstange nur 5 Meter Höhe haben soll, kommen an eigene Tragsäulen von 15 Meter Länge, von deren Fuß aus die Bodenleitung geführt wird.“ Als Stützen oder Träger kann man entweder steinerne, gemauerte, hölzerne, eiserne oder gußeiserne Säulen wählen, nur müssen sie so angeordnet werden, daß sie starken Windstößen und anderen Einwirkungen widerstehen, was bei hölzernen Trägern durch Errichtung von eigens hierfür gebauten Pyramiden u. dgl. ausgeführt werden könne. Bei den Pulvermagazinen der mittleren Größe legt man zwei Blitzableiter an, für die kleinen Magazine aber reiche eine Auffangstange mit zugehörigem Träger aus. In allen diesen Fällen wird nun noch eine eigene Leitung, die Gürtel-Leitung (circuit de ceinture) genannt, welche in einer kleinen Tiefe im Boden außerhalb der Ringmauer sich befinden soll, angelegt, die um die Enden der Träger vorüberzieht, hier mit jeder der Leitungen metallisch verbunden wird, und an welcher eine passende Stelle dann gewählt werden kann, von welcher man am günstigsten die Ausleitung in den Boden selbst ausführen kann. Die sichere metallische Verbindung (Fig. 7) der Gürtel-Leitung c, d, r und c', d', r' mit der Leitung a, b müsse dann wieder durch Verschraubung und Löthen geschehen. Bei dieser Anordnung würde gleichsam die Ringmauer von dieser secundären Leitung umgeben; diese Gürtel-Leitung darf dann bloß in den Boden eingelegt werden, ohne daß, bis auf die der Passage ausgesetzten Stellen, die zu diesem Zwecke angelegte Rinne ausgefüllt werde. Man könne übrigens auch für diese Gürtel-Leitung eine auf bloßem Boden liegende Einfassung von Gußeisen wählen, die selbst wieder nur an den zugänglichen Stellen zu decken sey. – Diese eben erwähnte Gürtel-Leitung habe zwei wesentliche Vortheile: vor Allem gestatte dieselbe alle etwa vorkommenden Reparaturen etc. des Blitzableiters außerhalb der Umgebung des Magazins vorzunehmen, ohne durch die etwa vorkommenden Löthungsarbeiten eine Gefahr herbeizuführen; dann aber sey dieselbe als eine beträchtliche Garantie für den Fall anzusehen, daß bei eintretendem Regen das durchnäßte Erdreich eine leitende Verbindung mit der unterirdischen Wasserstrecke herstellen und so ein während des Regens sich ereignender Blitzschlag das Magazin treffen könnte, während durch die Gürtel-Leitung seine kürzeste Bahn schon von vornherein vorgeschrieben sey. – Hingegen müsse bemerkt werden, daß wenn ein Magazin von Felsenwänden oder von anderen in seiner Nähe befindlichen Gebäuden überragt wird, ein Schutz gegen Blitzschläge durch derlei Umstände nicht zu erwarten sey; es sey wohl möglich, daß der erste Schlag jene Objecte treffe, während dennoch in der Bahn der ganzen Blitzesentladung das Pulvermagazin seyn könnte, wenn dieses einen günstigeren Weg zur unterirdischen Wasserstrecke darbiete als jene.Derartige Fälle sind in Kuhn's Handbuch der angewandten Elektricitätslehre unter Anderem auf S. 117, 136, 152, 208 zusammengestellt. – Für die Einrichtung der Bodenleitung wurden von der Commission eigenthümliche Vorschläge gemacht, um unter allen Umständen die Einmündung des Blitzableiters in das Grundwasser zu ermöglichen. Findet sich letzteres in der nächsten Umgebung, so könne für die Fortführung der Leitung von einem geeigneten Punkte der Gürtel-Leitung aus bis zur Versenkung das bereits angeführte Verfahren angewendet werden. Die Anwendung von Bäckerkohlen zum Schutze der an oder in der Erdoberfläche liegenden Leitung müsse unter allen Umständen als unnöthig betrachtet werden. Ist jedoch die unterirdische Wasserstrecke, an welcher der Versenkungs-Brunnen anzulegen ist, in großer Entfernung von der Umgebung der Ringmauer erst aufzufinden, so habe man weder Kosten noch Hindernisse zu scheuen, um durch geeignete Mittel die Leitung des Blitzableiters bis zu einer solchen Stelle fortführen zu können. In einem solchen Falle erscheine es als rathsam, die Leitung nicht mehr am flachen Boden mittelst einer hierfür angelegten Rinne, sondern so fortzuführen, wie dich bei unseren oberirdischen Telegraphenleitungen geschieht; jedoch mit dem Unterschiede, daß die in der Luft fortgehende Leitung nicht isolirt, sondern mit der Erde in leitender Verbindung erhalten bleibe. Die hierfür vorgeschlagene ziemlich complicirte Anordnung besteht beiläufig darin, daß von der Stelle aus, wo die auf dem Boden fortgehende Leitung auf Hindernisse stößt etc., diese durch eine quadratische Eisenstange a, b (Fig. 9) von 2 Centimet. Seite verlängert, durch Löthung und Verschrauben mit zwei symmetrisch an dieselbe angelegten Eisenarmen c, d, f u. c', d', f' verbunden wird, von denen jeder der letzteren mit einer runden Oeffnung zur Aufnahme der Röhren t, t' (Fig. 9 u. 10) versehen ist, die selbst wieder durch die eisernen, abgerundeten Hülsen h, h' in die Oeffnungen gesteckt und geschlossen werden. Jede dieser Röhren t, t' hat einen inneren Durchmesser von etwa 30 Millimeter und ist 18 bis 20 Centim. hoch; in jede kommen drei der stärksten Eisendrähte von 6 bis 7 Millimeter Dicke, die vorher verzinnt und umgebogen werden (s. Fig. 8), und zwar wird nach dem Einsetzen dieser Drähte die Röhre mit dem geschmolzenen Lothe vollständig angefüllt. Diese sechs Drähte, von denen immer drei in einer Röhre unter sich verbunden sind, bilden nun die Fortsetzung der Leitung; sie werden zunächst über die festen zu diesem Zwecke eingerammten Träger v, v', die unter sich und mit der Vorrichtung a, d, f, d' mittelst einer starken Eisenschiene z, z' verbunden sind, gelegt, und hier in passender Weise mittelst metallener Sättel befestigt; von da aus geht dann diese Luftleitung über eiserne Träger, mit denen sie zu diesem Zwecke passend verbunden werden soll, um nach und nach zu ihrem Bestimmungsorte zu gelangen u.s.w. – Unter den Einwendungen, welche gegen die vorstehenden Anordnungen von mehreren Seiten in der Akademie erhoben worden sind, gehen namentlich die von General Morin dahin, daß es nicht als rathsam erscheinen könne, die Fortsetzung der Leitung des Blitzableiters nur an den Boden zu legen oder mittelst Tragsäulen in der Luft auszuspannen, während General Piobert hierin auch nicht, selbst bei der besten Ueberwachung, die nöthige Sicherheit gegen Beschädigung etc. des Blitzableiters finden kann. –––––––––– Die im Vorstehenden vorgeführte Instruction, wie sie von der jüngst angeordneten französischen Commission für Blitzableiter an Pulvermagazinen zum Vollzuge vorgeschlagen wurde, ist der Tragweite halber, welche dieselbe haben kann, viel zu wichtig, als daß wir dieselbe hier übergehen dürfen, obgleich wir keinen Grund haben, von den Vorschlägen, die in der fraglichen Angelegenheit von uns hierüber aufgestellt worden sind, abzuweichen. Wenn wir auf die Beurtheilung einer wirksamen Blitzableitereinrichtung eingehen wollen, so ist es zunächst nothwendig von bestimmten theoretischen Grundlagen auszugehen und diese unter Benutzung der durch die Erfahrung angesammelten Thatsachen auf die Anordnung im Allgemeinen, sowie auf die speciell vorzunehmenden Constructionen in Anwendung zu bringen. Die oben (S. 462) angeführten theoretischen Ausgangspunkte müssen gegenwärtig als einige von den wenigen principiellen Anhaltspunkten betrachtet werden, die den theoretischen Lehren für die vorliegende Frage entnommen werden dürfen; in eingehender Weise habe ich daher auch in meiner Bearbeitung (a. a. O. Cap. I und II) dieselben sowie andere damit in Zusammenhang stehende Lehrsätze zur Anwendung gebracht. Halten wir aber an diesen Grundlagen fest, und berücksichtigen, daß dieselben bis jetzt durch die vielfachen Erfahrungen sogar ihre Bestätigung gefunden haben, so dürfte es nöthig seyn, manche der in der vorliegenden Instruction angenommenen Constructionsprincipien zu verlassen oder wenigstens zu modificiren. Zunächst muß bemerkt werden, daß die s. g. preventive Wirkung des oberen Theiles des Blitzableiters von sehr bedeutender Wichtigkeit erscheintVergl. Handbuch der angewandten Elektricitätslehre S. 10, 72, 183, 187., mag man sich auch die Entladungsweise der Spitze vorstellen wie man will. So lange nämlich die Spitzenwirkung andauert, kann das ganze Blitzableitersystem, wenn dasselbe vollkommen unisolirt ist, entweder gar keine oder nur eine schwache elektrische Ladung annehmen, während die durch Influenz in dem oberen Theile sich anhäufende Ladung eine sehr bedeutende Menge und Dichte annehmen kann, wenn die Spitzenwirkung alterirt ist; in diesem Falle müssen daher auch nothwendig die bei eintretendem Blitzschlage entstehenden Wirkungen weit stärker ausfallen als unter normalen Umständen, und es fragt sich sogar, ob man dann dem Leitungssysteme einen genügend großen Querschnitt zu geben im Stande ist, um diese Wirkungen unschädlich machen zu können. Da man sich jede Blitzesentladung als eine Menge in unmittelbarer Aufeinanderfolge entstehender partieller Entladungen vorzustellen hat, da ferner unmittelbar vor eintretendem Blitzschlage gegen die unterirdische Wasserstrecke und gegen das mit letzterer in directer Verbindung stehende Leitungssystem die von der Gewitterwolke ausgeübte Influenz stattfindet, und letztere auch noch während des Blitzschlages so lange andauert, bis ein Theil der Ladung der Wolke vernichtet worden ist, so möchte es als nothwendig erscheinen, die Zahl der Spitzen sogar möglichst zu vermehren. Da aber die Spitzenwirkung eines einfachen Blitzableiters alterirt wird, wenn die sogen. Auffangstange mit mehr als einer Spitze versehen wird, so muß es, namentlich für den in Rede stehenden Zweck, als gerathen erscheinen, die Zahl der Blitzableiter von solcher Größe zu wählen, als es die herrschenden UmständeVergl. Handbuch der angewandten Elektricitätslehre §. 36. erfordern und als zweckmäßig erscheinen lassen. Für ein Pulvermagazin der größeren Gattung (s. o. S. 467) dürften daher schon aus den angeführten Gründen und unter sonst gleichen Umständen drei selbstständig angeordnete Blitzableiter als ein äußerstes Minimum anzusehen seyn. Jede Spitze selbst aber so anzuordnen, daß ihre Wirksamkeit so weit als möglich erhalten bleibt, dürfte sohin nicht minder als rathsam erscheinen. Es dürfte daher zweckmäßig seyn, unter Benutzung der oben gedachten Construction die Spitze aus chemisch-reinem Silber zu wählen Vergl. a. a. O. S. 96 und polytechn. Journal Bd. CLV S. 274., und dieselbe jedesmal wieder zu erneuern, wenn sie ihre Wirksamkeit verloren haben sollte. Eine andere Frage bezieht sich auf die Stärke und Gestalt des Querschnittes der aus Schmiedeeisen gewählten Leitung. Die französische Commission vom Jahre 1854 nimmt wie jene im J. 1823 für den Querschnitt der eisernen Ableitung 2 1/4 Quadratcentimeter, d.h. 15 Millimeter oder etwa 6,65 Pariser Linien Seite für Quadrateisen und etwa 7 1/2 Linien Durchmesser – 17 Millimeter – für Rundeisen an (s. o. S. 466). Obgleich diese Annahme, in so weit dieselbe als normale zu Grunde gelegt wird, der Erfahrung genügt, so bleibt dennoch bei der Wahl der Dicke der Leitung ein ziemlich großer Spielraum, über den jedenfalls entschieden werden muß, wenn man die Anordnung eines Blitzableiters gehörig zu beurtheilen im Stande seyn soll. Bei meinen Erörterungen dieser FrageVergl. Handbuch der angewandten Elektricitätslehre S. 82. bemerkte ich unter Anderem Folgendes: „Bei der Bestimmung der Dicke der Ableitung hat man auf verschiedene Umstände Rücksicht zu nehmen“ u.s.w. „Man wird daher für lange und ausgedehnte Leitungen den Querschnitt des Leitungsmateriales von solcher Größe zu nehmen haben, daß mit der Zunahme der Länge das Leitungsvermögen der Ableitung nicht unter das normale fällt. Bei Gebäuden, die an unterbrochenen Stellen mit Metalltheilen bedeckt, oder in denen größere Metallmassen angehäuft sind, muß der Querschnitt der Leitung so groß genommen werden, daß unter keinerlei Umständen eine Blitzesentladung durch das Gebäude selbst und die in ihm enthaltenen Metalle eintreten kann....“ Obgleich man also bei der Anlegung eines Blitzableiters die jeweilig herrschenden Umstände gehörig abzuwägen hat, so läßt sich dennoch für normale Fälle der Querschnitt des Leitungsmateriales mit genügender Wahrscheinlichkeit feststellen. Einen Versuch dieser Art habe ich (a. a. O. S. 84) gemacht; obgleich ich dort von einem geringeren Querschnitte der normalen Leitung (Rundeisen von 6 Par. Linien Durchmesser) ausgegangen bin, so würde dennoch meinen für Fälle der vorliegenden Art aufgestellten Grundsätzen zufolge (a. a. O. S. 164) die Leitung eines Blitzableiters für Pulvermagazine der größeren Gattung, wenn dieselbe aus quadratischem Eisen gewählt wird, 25 Millimeter Seite des Querschnittes haben sollen. Bezüglich der Gestalt des oberirdischen Theiles der Leitung haben die in §. 23 und 24 meiner Bearbeitung vorgenommenen Betrachtungen herausgestelltA. a. O. S. 59 und 64., daß unter allen Umständen die Querschnitte weder Ecken noch Kanten darbieten, und daß daher wo möglich cylindrische Leitungen verwendet werden sollen, während bei nicht cylindrischen Leitungen die gestellten Bedingungen mit größerer Sicherheit erfüllt werden, „wenn die Querschnitte derselben von oben nach unten zunehmen, und dabei schon der obere Theil einen solchen Querschnitt hat, wie er für einen cylindrischen Leiter erforderlich wäre.“ Die für die Herstellung der Continuität des ganzen Leitungssystemes und nicht minder für die Anlegung der Bodenleitung und des in Wasser versenkten Endes von der früheren, sowie von der dermaligen akademischen Commission aufgestellten Grundsätze und Maßregeln müssen als wahre Muster für maßgebend in allen vorkommenden Fällen betrachtet werden. Dennoch dürfte aber zu befürchten seyn, daß durch die Anordnungen, durch welche jenen Bedingungen genügt werden soll (s. o. S. 468), nicht die gehörige Garantie dargeboten wird.Vergl. polytechn. Journal Bd. CLV S. 280 und Bd. CLXXXII S. 298. Kann man die unterirdische Wasserstrecke, in welche die Ausleitung des Blitzableiters gelegt werden muß, in der Umgebung des Gebäudes antreffen, so ist die Ausführung jener Maßregeln ohnehin mit keinen besonderen Schwierigkeiten verbunden. Unter allen Umständen sollte man aber für Fälle, wie der vorliegende, weder Schwierigkeiten noch Kostenaufwand scheuen, um durch Bohrung und Anlegung eines Bohrloches in nicht zu großer Distanz vom Gebäude für die sachgemäße Versenkung der Bodenleitung in das Grundwasser sicher zu sorgen. Selbst in wasserarmen Gegenden kann man nämlich, wenn die Bodenschichten, auf denen das Magazin ruht, nicht bis zu einer sehr bedeutenden Tiefe vor der Anlegung des Gebäudes untersucht worden sind, nicht mit Sicherheit behaupten, daß dort nicht zuweilen unterirdische Wassergänge, Quellen u. dgl. auftreten können; in einem solchen Falle könnte namentlich, wenn bei vorausgegangenen Regen das Dach und die Mauern, sowie die angrenzenden Bodenschichten stark durchnäßt wurden, die von dem Gebäude selbst durch Einwirkung der Gewitterwolken angenommene und influencirte Ladung stark genug werden, um der Blitzesentladung eine Bahn von kürzerem Widerstande darzubieten, als eine auf langen Strecken theils am Boden und theils in der Luft angelegte und bis zu dem weit entfernten Wasserreservoir führende Leitung, wenn letzterer nicht ein bedeutend großer Querschnitt gegeben würde. Die Nachahmung eines Leitungssystemes aber für Blitzableiter, das dem der oberirdischen Telegraphen bis jetzt nur als Nothbehelfe eigen ist, möchte unter keinerlei Umständen als rathsam erscheinen. Im Gegentheile halte ich es für zweckmäßig, das ganze Leitungssystem eines Blitzableiters – sowohl den ober- als auch den unterirdischen Theil desselben – so zu führen, daß dasselbe vom Fuße der Auffangstange an seiner ganzen Ausdehnung nach der äußeren Wahrnehmung etc. ganz und gar entzogen bleibe.Vergl. polytechn. Journal Bd. CLV S. 279. Wählt man für die in den Boden zu liegen kommenden Leitungsstrecken verzinktes Eisen Vergl. polytechn. Journal Bd. CLVI S. 428., so ist für die sichere Conservirung der Bodenleitung hinreichende Garantie geboten. Außerdem besitzt man erkleckliche Mittel, um zu jeder Zeit nicht bloß die Continuität, sondern auch das Leitungsvermögen einer jeden Strecke des Blitzableiters mit Sicherheit untersuchen zu können; allerdings ist es für den unterirdischen Theil desselben, wie ich bei einer frühern GelegenheitHandbuch der angewandten Elektricitätslehre S. 126. bemerkt habe, „unumgänglich nothwendig, daß man die Richtung der ganzen Versenkung durch geeignete Marken ein für allemal fixire, um von Zeit zu Zeit die Untersuchung der ganzen Bodenleitung leichter und sicherer vornehmen zu können.“ Der Art und Weise der Untersuchung eines Blitzableiters habe ich daher auch in meiner Bearbeitung eine eigene Besprechung (in §. 44) gewidmet; diese Untersuchung, welche bloß die Anwendung der einfachsten galvanometrischen Methoden erfordert, kann auf jeden Theil des ganzen Leitungssystemes, sowie auf die Bodenleitung ausgedehnt werden, ohne daß diese hierbei bloßgelegt wird.Die Idee, das Galvanometer zur Prüfung der Blitzableiter anzuwenden, ist meines Wissens schon im Jahre 1846 (s. polytechn. Journal Bd. CIII, S. 265) zum Vorschlage gekommen; nur hielt ich es für zweckmäßig, dieselbe so weit auszudehnen, um durch Messung des Leitungswiderstandes der einzelnen Theile des Blitzableiters jeden Fehler desselben mit Sicherheit entdecken zu können. Um so mehr war ich überrascht, als ich aus dem Aufsatze: Vérificateur électrique des paratonnerres et la manière de s'en servir, par H. Cauderay. Extrait du Bulletin de la Société vaudoise des sciences naturelles, vol. IX, No. 57, 1867,“ von dem der Hr. Verfasser einen Abdruck mir zuzusenden so freundlich war, ersah, daß Hr. Cauderay in Lausanne von anderen ganz ähnlichen und exacten Mitteln, welche schon vor mehr als 7 Jahren von mir für diesen Zweck vorgeschlagen worden sind, ganz und gar Umgang nahm. Dieses Verfahren des Hrn. Telegraphen-Inspectors Cauderay kann übrigens durchaus nicht einer etwaigen Ignoranz in der deutschen Literatur zugeschrieben werden, da ich mit Sicherheit annehmen kann, daß demselben die hierauf bezüglichen Arbeiten nicht unbekannt seyn konnten, und nicht minder andere Vorschlage, die er sich ebenfalls in seiner vorliegenden Arbeit anzueignen scheint. Als eine wesentliche Bedingung für die zweckmäßige Ausleitung des Blitzableiters im Boden dürfte die Anordnung angesehen werden, daßVergl. polytechn. Journal Bd. CLV S. 282 und Handbuch der angewandten Elektricitätslehre S. 124. der unterirdische Theil einer jeden der Hauptleitungen auf seinem ganzen Wege den Boden berühre, sich mehrfach und zwar mit großer Oberfläche nach den Stellen hin verzweige, welche die Bahn des meteorischen Wassers beim Abflusse desselben bezeichnen. Es scheint uns nicht, daß durch die oben erwähnte, in einer Rinne befindliche ringförmige oder Gürtelleitung dieser wesentlichen Bedingung in der gehörigen Weise Genüge geleistet werde, abgesehen davon, daß eine solche, fast in sich selbst zurückkehrende Leitung, wenn sie am Fuße des Gebäudes selbst angebracht würde, Gelegenheit zu Gefahren im Gebäude geben könnte, die ich bei meinen Betrachtungen über die Entstehung von secundären Entladungsströmen besonders hervorzuheben für nöthig hielt.Handbuch der angewandten Elektricitätslehre S. 63 und 169. – Ob es endlich als rathsam erscheinen könne, den Blitzableiter für Pulvermagazine nicht unmittelbar am Gebäude selbst, sondern – wie es die im obigen Berichte enthaltenen Vorschläge anordnen – außerhalb der Ringmauer hierfür eigene solide Träger zu errichten und diese mit den Blitzableitern in der gedachten Weise zu versehen, habe ich bei meiner BearbeitungHandbuch der angewandten Elektricitätslehre S. 161 und polytechn. Journal Bd. CLV S. 286. eingehend zu erörtern gesucht; jene Betrachtungen haben mich zu dem Resultate geführt, „daß man bei Errichtung von Blitzableitern an Pulvermagazinen ganz dieselben Umstände zu berücksichtigen hat, wie bei anderen Bauwerken, und daß die Gestalt und Anordnung der Franklin'schen Apparate dabei keinerlei Aenderung zu erfahren brauche“; nur dürften dabei gewisse Maßregeln für Blitzableiter zu derartigen Zwecken (auch bei solchen an Fabrikgebäuden für chemisch-industrielle Zwecke, Leuchtgasfabriken u. dgl.), die sich namentlich auf die ausreichende Ausleitung im Boden, auf die Größe des Querschnittes des ganzen Leitungssystemes etc. beziehen, in ähnlicher Weise beachtet werden, wie dieß bei solchen Constructionen in der Bau- und Maschinentechnik geschieht, denen bei der Ausführung eine erhöhte Sorgfalt gewidmet werden muß, und wobei man „zwar an die durch Theorie und Erfahrung bestimmten Dimensionen im Allgemeinen sich hält, aber bei der Ausführung selbst nicht diese Dimension x, sondern (wenn ich des Ausdruckes eines unserer gefeiertsten Ingenieure der Gegenwart mich bedienen soll) x + Douple-Meter als die wirkliche Dimension benutzt.“ Bei der Anlegung der Blitzableiter an eigenen Mastbäumen, hölzernen oder eisernen Tragsäulen etc., die außerhalb der Ringmauer, also beiläufig in einer Entfernung von 5 Metern vom Magazine hierfür errichtet werden, geht man offenbar von den Annahmen stillschweigend aus, daß jedem Blitzableiter mit hohen Auffangstangen etc. eine gewisse Wirkungssphäre dem Magazine gegenüber zugeschrieben werden dürfe, selbst wenn derselbe nicht unmittelbar am Gebäude angebracht sich befindet, daß ferner unter allen Umständen die von den Gewitterwolken vor und während des Blitzesereignisses gegen die unterirdische Wasserstrecke ausgeübte Influenz sich nur auf das Blitzableitersystem und nicht auch auf das in der Entfernung von etwa 5 Metern von diesem befindliche Gebäude selbst sich erstrecken könne, weil die Materialien, aus denen letzteres besteht etc., nur eine schwache Influenzfähigkeit haben sollen. Die erste dieser Annahmen hat sich jedoch durch den Ausspruch der französischen Commission im Jahre 1854, wenn auch nur in besonderen Fällen, als sehr zweifelhaft herausgestellt und das Mißtrauen gegen jene Annahme ist auch in dem vorliegenden Berichte (s. o. S. 468) klar ausgedrückt.Gegen die Annahme einer sogen. Wirkungssphäre oder eines Schutzkreises, den ein Blitzableiter mit hoher Auffangstange darbieten soll, habe ich meine Bedenken schon früher (u.a. im polytechn. Journal Bd. CLV S. 284) und selbst noch in der letzten Zeit (polytechn. Journal Bd. CLXXXII S. 299) ausgedrückt. Sobald wir aber jene Annahme in Zweifel stellen oder gar als bedenklich betrachten, sind wir nicht berechtigt, den zum Schutze eines Gebäudes bestimmten Blitzableiter von jenem zu trennen oder in einer gewissen, wenn auch nur kurzen EntfernungEntferung von demselben anzulegen. Die zweite jener stillschweigend vorausgesetzten Annahmen aber kann ebenfalls zu sehr bedenklichen Folgen Veranlassung geben; unter Umständen nämlich, wie wir sie bereits mehrmals schon berührt haben, kann die Influenzfähigkeit des Magazins selbst mit den durchnäßten Bodenschichten, auf denen es ruht, mindestens so stark werden, daß die beim Eintreten eines sogen. Blitzschlages gegen den entfernten Blitzableiter gleichzeitig auftretenden Rückschläge und secundären Erscheinungen derartige zerstörende Wirkungen im Pulvermagazine hervorbringen könnten, die denen nicht nachstehen, wenn das unbewaffnete Gebäude direct den Blitzschlag hätte aufnehmen müssen. Ist daher die Befürchtung gerechtfertigt, das Magazin müsse mit Blitzableitern versehen werden, weil es für die Beschädigung durch Blitzesereignisse befähigt ist, so sprechen alle uns bekannten Gründe dafür, dasselbe unmittelbar mit dem Blitzableitersysteme zu versehen und in dieses in gehöriger Weise, nämlich so einzuschalten, daß keinerlei Veranlassung zu secundären Wirkungen etc. gefunden werden kann. Vermöge unserer Anschauungsweisen sind wird daher genöthigt, den letzten der hier besprochenen Theile der vorliegenden Instruction für Blitzableiter an Pulvermagazinen geradezu als gefahrdrohend anzusehen. Mögen die vorstehenden Bemerkungen, welche der uns vorliegende so wichtige Bericht über die Blitzableiter für Pulvermagazine veranlaßte, eine geneigte Aufnahme finden. München, im Mai 1867.