Titel: Colomb's patentirte Signalapparate für maritime und militärische Zwecke, ausgeführt von W. Nunn in London.
Autor: W. Nunn
Fundstelle: Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LXXXIV., S. 364
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LXXXIV. Colomb's patentirte Signalapparate für maritime und militärische Zwecke, ausgeführt von W. Nunn in London. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Colomb's Signalapparate. Von dem Commander Colomb wurde – nach dem Mechanics' Magazine vom 11. August 1865, S. 84 – das Signalwesen für maritime Zwecke bedeutenden Vervollkommnungen entgegengeführt. Die von ihm für Nacht- und Tagsignale angeordneten Apparate haben daher auch auf der allgemeinen Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1867 die gebührende Anerkennung gefunden.Bericht von J. Mörath in dem österreichischen officiellen Ausstellungsberichte, 2. Lieferung, S. 281. Unter solchen Umständen mag es um so mehr als gerechtfertigt erscheinen, das Wesentliche dieses Telegraphen-Systemes hier nachträglich vorzuführen, als dasselbe auch für militärische Zwecke in gewissen Fällen unbedingt seine Anwendung finden kann. Das in Rede stehende System setzt keine besondere Uebung und namentlich weniger Fertigkeit, als die Flaggen-Signale für den Tagesdienst voraus; die Signalisirungsgeschwindigkeit ist größer und geringeren Fehlern unterworfen, als bei letzteren. Da das für den Nachtdienst angewendete System kein farbiges, sondern bloß weißes Licht benutzt, so sind alle Einflüsse, welche die Farben bei dem früheren Systeme auf die Deutlichkeit des Signales hatten, selbstverständlich eliminirt. Die Signale bestehen aus Lichtblitzen (sogen. Blick-Signale), welche in passenden Unterbrechungen auf einander folgen; ein Anruf erscheint hierbei als unnöthig und ebenso wenig eine Wiederholung derselben von Seite der Empfangsstation, während erst nach Beförderung des ganzen Telegrammes die Rückantwort erfolgt. Für die Signale selbst kann nach Uebereinkommen irgend ein Signalcodex entworfen werden, durch dessen Anwendung der telegraphische Verkehr vermittelt wird. Vermöge seiner eigenthümlichen Anordnung kann das Colomb'sche System mit dem im Gebrauche stehenden Flaggen-Systeme verbunden werden, und es gilt dabei als allgemeine Regel, daß die Signale für den Tages-, sowie für den Nachdienst die gleichen sind. Für den Gebrauch auf Schiffen besteht der ganze Apparat aus einer geeignet angeordneten Lampe, einer Signalbüchse, einem gibbet oder einer Vorrichtung, an welcher die Lampe aufgehängt, höher oder niederer gestellt und die Blendvorrichtung versetzt werden kann u.s.w., und endlich in einem passenden Gestelle, um am Bord des Schiffes den Apparat an einer geeigneten Stelle anbringen und nach allen Seiten hin beweglich machen zu können. Die Einrichtung gestattet, daß man die Lampe für irgend eine Lichtquelle zu benutzen im Stande ist; es reicht übrigens eine geringe Leuchtkraft aus, um die Signale mittelst eines gewöhnlichen Marine-Fernrohres und selbst an nicht zu große Distanzen mit bloßem Auge deutlich unterscheiden zu können. In Fig. 25 ist der vollständige Apparat dargestellt, wie derselbe zum Signalisiren bei Nachtzeit auf der See benutzt wird; ein ähnlicher Apparat für den Nachtdienst, wie ein solcher für militärische Zwecke zu Lande oder auf einem Boote benutzt werden kann, ist in Fig. 26 dargestellt. Zum Gebrauche für den Tagesdienst wird (Fig. 27) die Lampe, wie sie bei dem in Fig. 25 angedeuteten Apparate nöthig ist, durch einen zusammenlegbaren Conus ersetzt. Fig. 28 stellt eine Vorrichtung dar, welche mit dem Namen Shutter-Apparat bezeichnet ist und mit einem Jalousie-Laden Aehnlichkeit hat; sie steht für den Landdienst zu Shoeburyneß im Gebrauche. Ein für den Dienst auf Booten angewendeter sogen. Regenschirm-Apparat, der entfaltet die Form eines einfachen oder doppelten Conus annehmen kann, ist in Fig. 29 abgebildet. Für den Telegraphendienst auf dem Lande steht endlich noch eine einfache Vorrichtung im Gebrauche, die bloß aus einer mit einem langen Stiele versehenen Scheibe besteht, welche ein Mann ausgestreckt in den Händen zu halten hat; die Blick-Signale werden einfach dadurch gegeben, daß die Scheibe gegen die Empfangsstation hin gewendet und zwischen je einem Signale und dem darauffolgenden die Scheibe jedesmal senkrecht zu ihrer vorigen Lage gestellt wird. Unter günstigen Umständen und bei heiterem Himmel kann man durch dieses einfache Mittel bis auf eine Entfernung von ungefähr 5 engl. Meilen (also beiläufig auf 1 deutsche Meile) mit Sicherheit in jeder Minute ein Signal befördern. Die Art, wie das Telegraphiren mittelst der vorher bezeichneten Signalapparate bewerkstelligt wird, ist beiläufig folgende: Innerhalb der Lampe befindet sich ein halbcylindrischer Schirm, der, sich selbst überlassen, durch sein eigenes Gewicht fällt und die Flamme (resp. das Signal) vollständig bedeckt; wird er in irgend einer Weise gehoben, so wird das Licht sichtbar, und es hängt nun von der Dauer des Aufhebens und Freilassens jener Scheibe ab, ob man kurz oder lang andauernde Lichtblicke, sowie geringe oder länger andauernde Unterbrechungen hervorbringen will. Mittelst einer Leine, die in geeigneter Weise (Fig. 25) von der Lampenvorrichtung aus bis zur Signalbüchse herabgeht, ist nun jener Fallschirm mit dem Signalisirungs-Apparate verbunden. Als Hauptbestandtheil enthält letzterer eine Vorrichtung, welche ganz ähnlich einer Drehorgel ist, und die mittelst einer Kurbel gedreht werden kann. Die Oberfläche der Trommel ist mit vier Reihen von Spitzen und längeren Ansätzen besetzt, wobei die Spitzen die kurz andauernden, die längeren Kämme die länger andauernden Signale oder Lichtblicke hervorzubringen haben, da nämlich bei dem ganzen Systeme bloß zweierlei solcher Blitze benutzt werden (analog den Punkten und Strichen bei den telegraphischen Schriftzeichen des Morse'schen Alphabetes), von denen der kurze Blitz beiläufig eine halbe, der lange ungefähr 1 1/2 Secunden andauert. Jene Reihen sind so angeordnet, daß nach Ablauf der ersten eine kürze Unterbrechung zu Stande kommt, bevor die nächste zur Thätigkeit kommt u.s.w.; am Ende der vierten Reihe aber dauert, bis die erste Reihe wieder daran kommt, die Unterbrechung so lange, bis die Trommel um ein Viertel ihres Umfanges gedreht worden ist. Durch diese Unterbrechungen werden die zu telegraphirenden Figuren von einander getrennt, und da jedes Signal so lange telegraphirt wird, bis es beantwortet worden ist, so werden die langen Unterbrechungen für den Beginn und für den Schluß des Telegraphirens benutzt. Parallel zur Trommelachse ist eine Eisenstange angebracht, an welcher fünf Schlüssel (Taster) horizontal so angeordnet sind, daß sie sich heben und senken lassen, und oberhalb des Eisenstabes befindet sich eine Messingplatte, der Director genannt, auf welcher vier Reihen von Figuren 1 bis Null eingravirt sind, wobei jeder Figur gegenüber ein Einschnitt angebracht ist, um die Schlüssel aufzunehmen. Wird die Trommel gedreht, so werden die Spitzen oder die erweiterten Ansätze die Schlüssel heben, und diese Bewegung auf den Eisenstab übertragen. Durch Drehung des letzteren wird ein an seinem Ende angebrachter Hebel die oben gedachte Leine, an der sich der Fallschirm befindet, entweder nach abwärts ziehen oder der Einwirkung des letzteren überlassen, und es werden so die verlangten Lichtblitze mit den zugehörigen Unterbrechungen erzeugt. Wenn daher die Schlüssel oder Taster auf die zu signalisirenden Figuren der dirigirenden Platte eingestellt werden, so hat man nichts anderes zu thun, als die Trommel in Bewegung zu versetzen, um auf automatischem Wege die verlangte Depesche abzutelegraphiren. Das hier beschriebene System kann unter allen Umständen, selbst in dem Falle, wo andere Schiffe vorüberpassiren, benutzt werden, da man jedes Signal in einer Minute 3 bis 4 mal andauernd wiederholen kann. Es zeichnet sich durch seine große Einfachheit, durch die Unabhängigkeit von der individuellen Fertigkeit, durch die Anwendung einer einzigen Flamme weißen Lichtes irgend welcher Quelle etc. aus; man kann für den Tages- und für den Nachtdienst dieselben Signale, also auch den gleichen Signal-Codex benutzen, und letzterer kann ohne die Elementarzeichen abzuändern, nöthigenfalls auch durch Uebereinkommen geändert werden. Die Untersuchungen auf dem Mittelmeere und andere großartige Versuchsreihen haben die Beseitigung der alten Systeme und die Einführung des Colomb'schen Telegraphensystemes in der englischen Marine zur Folge gehabt. Nach den Angaben von Mörath (a. a. O.) ist dasselbe System auch bei der österreichischen Marine eingeführt worden. – Unter Anwendung des elektrischen Lichtes eines magneto-elektrischen Apparates konnte man (bei den Versuchen im Jahre 1865) auf eine Distanz von 30 englischen Meilen rasch abtelegraphiren, mit dem Kalklichte auf eine Distanz von 23 engl. Meilen, und bei Anwendung von Oelflammen betrug die Distanz bis zu 6 engl. Meilen. Es ist selbst dafür gesorgt, daß bei Nebel telegraphische Zeichen gegeben werden können; zu diesem Zwecke wird der Apparat mittelst Hebelsystemes an der Stelle, wo die Leine des Fallschirmes ihre hin- und hergehende Bewegung erhält, mit dem Hahne der Dampfpfeife so verbunden, daß anstatt der Lichtblitze kurze und lange Töne zum Vorschein kommen, welche die Signalisirung auf akustischem Wege sodann in gleicher Weise gestatten. Bei solchen Schiffen, die nicht mit Dampfkraft betrieben werden, wird anstatt der Pfeife ein sogen. Nebel-SignalhornNäheres über die Anordnung des Signal-Hornes bei Nebel von Key, Robinson etc. findet man in dem Berichte von J. Mörath des k. k. österreichischen Ausstellungs-Comité's (2. Lieferung S. 287). in gleicher Weise zur Anwendung gebracht. Was die Anordnung des Signal-Codex betrifft (den unsere Quelle näher beschreibt), so mag beiläufig bemerkt werden, daß die Signale der einzelnen Ziffern von 1, 2 etc. bis Null die Grundlage für das ganze System bilden. In dem Signal-Codex ist ein kurzer Lichtblitz durch einen Punkt „.“, ein langer durch einen Strich „–“ bezeichnet, die Ziffern 1 bis 5 werden durch einen, zwei etc. fünf Punkte, die Ziffer sechs durch 1 Strich, sieben durch 1 Punkt und 1 Strich, acht durch 1 Strich und 1 Punkt, neun durch 2 Punkte und 1 Strich, Null durch 1 Strich und 2 Punkte repräsentirt; für die am meisten vorkommenden Phrasen werden Variationen benutzt, welche selten mehr als 5 Elemente enthalten; im Alphabete ist jeder Buchstabe durch eine Ziffer, nämlich A mit 5, B mit 6...., Z mit 30 bezeichnet. Daß ein derartiger Signal-Codex in beliebiger Weise abgeändert werden kann, versteht sich von selbst.

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