Titel: Die Knetmaschinen zur Brodbereitung auf der allgemeinen Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1867; von Dr. C. Thiel in Darmstadt.
Fundstelle: Band 188, Jahrgang 1868, Nr. XLV., S. 141
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XLV. Die Knetmaschinen zur Brodbereitung auf der allgemeinen Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1867; von Dr. C. Thiel in Darmstadt.Aus dem Berichte des Verfassers „über die landwirthschaftlich-technischen Gewerbe auf der letzten Welt-Ausstellung zu Paris,“ in der Zeitschrift für die landwirthschaftlichen Vereine des Großherzogthums Hessen, 1868, Nr. 11. Mit einer Abbildung. Thiel, über die Knetmaschinen auf der Welt-Ausstellung zu Paris. Auf der Ausstellung zeigte sich Frankreich als das Land der Knetmaschinen, indem 15 französische Aussteller solche Maschinen eingesendet hatten, während mit Ausnahme von Amerika kein anderes Land Aussteller von Knetmaschinen aufwies. Mehrere Knetmaschinen waren in Bäckereien im Betrieb, und gaben so Gelegenheit, ihre Construction, ihre Leistungsfähigkeit beurtheilen zu lassen. Sie sind sämmtlich bekannter Construction, trotzdem sich hier auch eine große Neigung geltend machte, eine kleine Veränderung derselben sofort als ein neues System zu erklären. Von denselben sind die von O. I. Boland zu Paris, von Deliry père et fils zu Soissons (Aisne), von Lebaudy und Landry zu Paris und von Thilloy daselbst hervorzuheben; die drei erstgenannten wurden, nebenbei bemerkt, von der Jury mit der Bronze-Medaille ausgezeichnet. Die Knetmaschine von Thilloy ist die mit einigen wenig erheblichen Verbesserungen versehene Maschine von Boland. Boland fertigt jetzt die Arme seiner Maschine statt aus Gußeisen aus Schmiedeeisen, da das erstere nicht die gehörige Festigkeit besitzt und sehr oft den Teig durch seine Oxydationsproducte verunreinigt, welche überdieß das Gehen des Teiges beeinträchtigen können. Er hat ferner den Mechanismus in der Art verändert, daß die Arme vor- und rückwärts bewegt werden können. Die größte Nummer seiner Maschinen, für 350 Kilo Teig und für Maschinenbetrieb eingerichtet, kostet 1400 Franken. Die beiden kleinsten, für Handbetrieb eingerichtet, zu 150 und 80 Kilo Teig per Operation, kosten 800 und 350 Franken. Außerdem führt Boland mehrere Modelle vor, darunter eines mit ringförmigem Trog (cuve circulaire) Er legt ein besonderes Gewicht auf das Ausziehen des Teiges, um demselben möglichst viel Luft einzuverleiben, während er, auf ausgedehnte Versuche gestützt, zu dem Schluß gelangt ist, daß das vielfach für nothwendig erachtete Ruhen des Teiges beim Kneten nicht erforderlich ist, sondern das Kneten so rasch als möglich erfolgen muß. In einer erheblichen Anzahl Bäckereien von größerem Umfange haben seine Maschinen bereits Eingang gefunden; ihre Arbeit, ihre Leistungsfähigkeit wird sehr gerühmt, dagegen auch von verschiedenen Seiten der Vorwurf gemacht, ihr Mechanismus sey zu complicirt, dem Betrieb hinderlich u. s. w. Dieser Aussteller führt schließlich sein bekanntes Aleurometer vor, dessen Gebrauch bei den Bäckern noch nicht die wünschenswerthe Verbreitung gefunden hat. Die Knetmaschine von Deliry père et fils zu Soissons ist bereits seit etwa 10 Jahren bekannt, scheint aber zuerst in den letzten Jahren eine größere Beachtung gefunden zu haben. Sie besteht aus einem rotirenden ringförmigen Trog von Gußeisen, mit einem sich vertical drehenden Kneter in Form eines Rahmens und zwei sich horizontal drehenden Ausziehern (allongeur) in Form von schraubenförmig gebogenen Flügeln; hinter dem einen derselben ist ferner ein Abstreicher angebracht. Der Mechanismus, welcher die Bewegung dieser Theile vermittelt, ist unter dem Trog angebracht, und mittelst einer einfachen Vorrichtung können Kneter, Auszieher und Abstreicher aus dem Trog gehoben und so nach dem Kneten der Teig vom Trog aus gewogen und zu Laiben geformt werden. Jedenfalls muß die ganze Construction dieser Maschine als eine sehr zweckmäßige bezeichnet werden, da sie ein Nachhelfen während des Knetens gestattet, überhaupt bequem und beim Betrieb nicht störend ist. Die kleineren Nummern dieser Maschinen sind für den Handbetrieb ganz geeignet, da sie sehr wenig Kraft in Anspruch nehmen sollen. Je nach ihrer Größe, sowie je nach ihrer Montirung ist ihr Preis ein verschiedener. Mit feststehendem Mechanismus und für Maschinenbetrieb eingerichtet kostet: Nr. 1 bei 1,9 Meter Druchmesser zu 500 Kilo Teig 1400 Franken, Nr. 2 bei 1,6 Meter Druchmesser zu 250 Kilo Teig 1200 Franken, Nr. 3 bei 1,35 Meter Druchmesser zu 150 Kilo Teig 800 Franken, Mit entfernbarem Mechanismus kosten die beiden ersten Nummern 1600 und 1500 Franken. Die Nummer 2 für Handbetrieb eingerichtet und mit entfernbarem Mechanismus kostet 1700 Franken, ohne den letzteren 1400 Franken. Die Construction derselben wird durch die nachstehende Figur verdeutlicht. Textabbildung Bd. 188, S. 143 Der mittelst dieser Maschinen dargestellte Teig zeigt eine große Gleichmäßigkeit und durchweg befriedigende Beschaffenheit. Jhre einfache Construction, sowie ihre Leistungsfähigkeit macht sie auch für Feldbäckereien empfehlens- oder wenigstens beachtenswert. Die Knetmaschine von Lebaudy und Landry steht in ihrer Construction der Deliry'schen sehr nahe. Sie war ebenfalls in Betrieb zu sehen, aber nähere Details waren nicht zu erhalten. Beide Maschinen mit rotirendem Trog und verdecktem Mechanismus bezeichnen jedenfalls einen nicht unwichtigen Fortschritt in der Verbesserung der Knetmaschinen überhaupt, da durch dieses System eine größere Bequemlichkeit beim Betrieb erzielt wird. Die Teigbearbeitungsmaschinen der im Park eingerichteten amerikanischen Biscuitbäckerei von Bacon zu Boston sind ebenfalls von Interesse, da hier zwei verschiedene Maschinen zum Herstellen des Teiges nach einander in Anwendung kommen, nämlich eine sehr einfache Knetmaschine mit geraden Armen, welche den vorher in einem Backtrog angerührten etwas dünnflüssigen Teig empfängt, um ihm die zur richtigen Consistenz nothwendige Menge Mehl zu incorporiren. Nachdem dieß geschehen, passirt er mehrmals ein einfaches eisernes Walzwerk mit verstellbaren glatten Walzen, um die für Biscuit geeignete Beschaffenheit zu erhalten. In derselben Bäckerei, sowie in der österreichischen und einer französischen sind ferner die in Betrieb befindlichen Teigtheilmaschinen von einigem Interesse. Für kleines Backwerk bestimmt, leisten sie vortreffliche Dienste. Sie besitzen einen rotirenden Cylinder, welcher aus dem ihm zugeführten ausgewalzten Teig die einzelnen Abschnitte aussticht und auf ein Tuch ohne Ende gelangen läßt.