Titel: Die Strohhutpresse mit hydraulischem Druck von Mathias in Paris.
Fundstelle: Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LXXII., S. 274
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LXXII. Die Strohhutpresse mit hydraulischem Druck von Mathias in Paris. Nach Armengaud's Génie industriel, März 1868, S. 143. Mit Abbildungen auf Tab. V. Mathias' Strohhut-Presse mit hydraulischem Druck. Bei der Anfertigung der Strohhüte ist das Bügeln oder Façonniren die schwierigste Manipulation, und nur die geschicktesten Arbeiter sind im Stande, besonders in feineren Sorten brauchbare und werthvolle Stücke zu liefern. Der aus Strohgeflecht annähernd nach der gewünschten Form zusammengenähte Hut erhält durch die Hand des Büglers die richtige Form, Festigkeit und Glanz, überhaupt das äußere Ansehen, welches neben der Qualität des verarbeiteten Geflechtes seinen Werth bestimmt. Um diese schwierige, zeitraubende und kostspielige Bügelmethode zu umgehen, war man seit Jahren bemüht dazu Spindelpressen zu construiren und hat auch recht günstige Resultate erreicht, besonders wenn man mit stark conischen oder flachen Formen zu thun hatte. Diese Pressen bestehen in der Regel in einer concaven Form von Gußeisen, Zink oder Kupfer, welche derart auf einen kleinen Dampfkasten aufgeschraubt ist, daß sie durch eingeleiteten Dampf erhitzt werden kann. Man legt den zu pressenden Hut ein, füllt dessen Inneres mit einer genau passenden Holzform aus und preßt letztere mit der Schraubenspindel fest in die metallene erhitzte Form ein. Nach einer Minute ist die in dem Geflechte enthaltene Feuchtigkeit verdunstet, der Hut hat seine Appretur und die richtige Gestalt erhalten. Bei ordinären Hüten oder flachen Formen ersetzt die Presse das Bügeleisen vollständig; anders ist es bei hohen Hüten oder geraden Formen, weil der seitliche Druck mit den eingepreßten steifen Holzformen nicht gegeben werden kann. Für derartige Hüte bedarf man anderer Apparate. Ein solcher ist die für alle Fälle ausreichende, sinnreich construirte Presse von Mathias, bei welcher die concave Hutform von Metall auf einem Dampfkasten festgeschraubt und so von unten erhitzt wird. Ein gußeiserner halbkugelförmiger Obertheil, dessen nach unten gerichtete gerade Fläche mit einem Kautschuk-Beutel überspannt ist, bildet den Deckel. Der hohle Raum über dem Kautschuk steht durch ein Röhrchen mit einem Accumulator in Verbindung, welcher ihm Wasser unter einem Drucke von beiläufig 15 Atmosphären zuleitet, wodurch der Kautschuk ausgedehnt und fest gegen die Wände der Form gedrückt wird. Es ist selbstredend, daß bei dieser Einrichtung die Gestalt des Hutes eine beliebige seyn kann, weil durch den unter so starkem Drucke sich jeder Form anschmiegenden Kautschuk jede Stelle des Hutes gleichförmig gepreßt wird und in kürzester Zeit der schönste Appret und die untadelhafte Form erreicht ist. Figur 35 ist eine Seitenansicht dieser Presse mit offenem Deckel; Figur 36 ein Grundriß derselben mit geschlossenem Deckel. In Figur 37 ist der zur Presse gehörende Accumulator dargestellt. Zwischen dem halbkugelförmigen, mit Rippen verstärkten gußeisernen Deckel A und dem wohl eingepaßten abgedrehten Ringe, ist die Kautschukplatte B mit sechs starken Mutterschrauben festgespannt. Durch den kleinen Hahn C an dem höchsten Punkte des Deckels läßt man die eingeschlossene Luft ab. Der Deckel ist mit der starken Flansche A′ an den Hebel E befestigt, dessen hohle Achse sich in den Lagern D dreht. Letztere können je nach der Dicke der Kautschukplatte durch die Stellschrauben d etwas gehoben oder gesenkt werden. Um dem schweren Deckel das Gleichgewicht zu halten, trägt das andere Ende des Hebels die beiden Kugeln F. Dieselben müssen so regulirt seyn, daß der Deckel in gehobener Stellung stehen bleibt und der Arbeiter ihn mit Leichtigkeit an dem Griffe E′ heben oder senken kann, wobei die Feder T dem Hübe eine Grenze setzt. Bei dem Niedergang treten die Zapfen mit Keillöchern K, K in entsprechende Schlitze an dem Dampfkasten und eingeschobene starke Keile drücken den Deckel fest auf die untergesetzte Form. Auf dem gußeisernen Tische S ist der Dampfkasten G angebracht, um die erhabene oder vertiefte Hutform H aufzunehmen. Das Rohr W leitet den Dampf aus dem Kessel unter die Form, während das Rohr W′ zur Abführung des Condensationswassers dient; beide sind direct an der Presse mit einem Hahn versehen. Ist der Hut eingelegt und der Deckel niedergezogen, so werden die beiden Keile J durch einen Zug an dem Hebel N in die Keillöcher K eingetrieben, wodurch die starre Befestigung des Deckels auf der Form hergestellt wird. Zwei mit den conischen Rädern M auf einander wirkende horizontale Achsen O und P übertragen die Bewegung von dem Handhebel N nach den Keilen. Die Achse O liegt in Lagern unter dem Tische und trägt an ihrem einen Ende den Hebel N, während die Achse P in den an der Seite des Gestelles angeschraubten Lagern Q geführt wird und dicht neben dem conischen Rädchen M mit einem gezahnten Segment L versehen ist, das in die Zahnstange R der Führungstraverse I eingreift. Diese Traverse ist durch die horizontalen Bolzen V geführt und wirkt auf die mit Schrauben verstellbaren Keile J, J. Der hohle Zapfen des Hebels E bildet die Verbindung zwischen dem Deckel und dem nach dem Accumulator führenden Rohre U; der Hahn U′ dient zur Entlastung des Kautschukbeutels nach vollendeter Pressung. Das Röhrchen X trägt einen Manometer, damit der Arbeiter jederzeit beobachten kann, ob in der Presse der erforderliche Druck vorhanden ist. Die Form H kann leicht ausgewechselt werden, was mit dem Heizen eine Unterbrechung der Arbeit von etwa fünf Minuten verursacht. Der Accumulator zu diesen Pressen, welchen Figur 37 im verticalen Durchschnitte darstellt, besteht aus dem Luftkessel A, der mittelst Flanschen auf den Wasserbehälter B geschraubt ist. Nachdem letzterer mit Wasser angefüllt worden ist, comprimirt man mit einer Luftpumpe durch die Rohrmündung y die Luft in der Glocke A bis zu dem gewünschten Drucke, der an dem oben angebrachten Manometer x jederzeit beobachtet werden kann. Durch die mit dem Wasserniveau sich hebende und senkende Kautschukplatte C sind beide Behälter von einander getrennt. Die Druckpumpe D ersetzt das durch das Rohr F nach den Pressen fließende Wasser in dem Behälter B, wobei die Oeffnung e dem Druckrohre als Einmündung dient. Die Bewegung der Pumpe erfolgt von der Welle m aus mittelst der Kurbelscheibe M und der Schubstange N mit Gleitstück und Schleife. P ist die treibende Riemenscheibe, P′ der Leerlauf. Die Ein- und Auslösung der Pumpe geschieht durch den Accumulator selbstwirkend in dem Augenblicke, wo das Wasserniveau in dem unteren Behälter B eine gewisse Höhe erreicht hat. Das an die Kautschukplatte C geschraubte Auge bewegt die Stange h′ und den Hebel h; die Drehungsachse des letzteren geht durch eine Stopfbüchse nach außen und trägt dort das Aermchen g dessen Bewegungen die Stange J mit dem Bügel s und das Segmentstück p folgen muß. Das Segmentstück p sitzt lose auf der Auslösungsachse l; in seinem Schlitze gleitet der Zapfen des fest auf der Achse sitzenden kleinen Armes o. An den beiden Enden der Auslösungsachse l sind verticale aufwärts stehende Hebel mit punktirt angezeigten Gewichten festgekeilt, deren fallende Bewegung die lose auf der Achse sitzende Riemengabel q mit fortreißt und so die Pumpe zum Stillstand oder in Thätigkeit bringt. Durch die Bewegung des Aermchens o und der Achse l werden die Gewichte in die verticale Lage und zum Umschlagen gebracht. Unsere Figur zeigt den Apparat in dem Augenblicke wo der höchste Wasserstand im den Behälter B erreicht ist; die Stange J hat das Segment herunter gezogen und so die Gewichte von links nach rechts in die verticale Stellung gebracht. Jetzt wird das Gewicht nach rechts fallend die Riemengabel mitreißen und so die Pumpe zum Stillstand bringen. Die entgegengesetzte Stellung der Kautschukplatte führt den Riemen auf die treibende Scheibe und die Pumpe beginnt ihre Thätigkeit wieder. An dem Rohre F zwischen dem Accumulator und den Pressen sieht man den Hahn f, dessen Schlüssel von dem an der Stange J befestigten Schubstängchen j′ auf- und zugedreht wird. In unserer Abbildung ist der Hahn ganz offen, sinkt jedoch die Kautschukplatte und hebt sich dadurch die Stange J, so wird durch die tiefste Stellung von C der Hahn f geschlossen und einem ferneren Sinken des Wasserspiegels und einer dadurch verursachten zu starken Ausdehnung der Kautschukplatte nach unten vorgebeugt. G. M.

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Tafel Tab.
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