Titel: Ueber das Amalgamiren der Zinkelemente galvanischer Batterien; von Dr. A. v. Waltenhofen, Professor am Polytechnicum in Prag.
Autor: Adalbert Waltenhofen [GND]
Fundstelle: Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LXXVI., S. 283
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LXXVI. Ueber das Amalgamiren der Zinkelemente galvanischer Batterien; von Dr. A. v. Waltenhofen, Professor am Polytechnicum in Prag. v. Waltenhofen, über das Amalgamiren der Zinkelemente galvanischer Batterien. Das zweite Märzheft dieses Journals (Bd. CLXXXVII S. 473) enthält einen Aufsatz unter obigem Titel von E. Demance aus den Comptes rendus t. LXV, December 1867. — Das Verfahren, welches der Verfasser empfiehlt, besteht darin, daß in die zur Aufnahme der Zinke dienenden Gefäße „einige Tropfen“ Quecksilber gebracht werden. Ich kann nicht umhin zu bemerken, daß ich dieses von mir schon längst, jedoch mit größeren Quecksilbermengen angewendete Verfahren bereits vor sechs Jahren veröffentlicht habe, und zwar in meinem Aufsatze: „Ueber die Kohlenzinkkette bei Anwendung verschiedener Ladungsflüssigkeiten,“Polytechn. Journal Bd. CLXIV S. 427. wo es Seite 428 heißt: „auch befand sich stets etwas überflüssiges Quecksilber in der Zinkzelle, was wegen der fortwährenden Erhaltung einer vollkommenen Amalgamirung ganz besonders vortheilhaft ift.“ Diese Bemerkung gibt mir zugleich eine erwünschte Veranlassung, die wichtigen Vortheile dieses so nahe liegenden, aber leider sehr wenig bekannten und angewendeten Verfahrens neuerdings und etwas ausführlicher zu besprechen. Die stereotypen Klagen über die lästigen Dämpfe der Untersalpetersäure bei den Platin- und Kohlenketten beweisen eben, daß man diese Batterien in der Regel nicht zu behandeln weiß und über die Ursachen jener belästigenden Gasentwickelung, unter welchen die mangelhafte Amalgamirung der Zinke in erster Linie steht, nicht im Klaren ist. Die unmittelbare Ursache der Entwickelung untersalpetersaurer Dämpfe, wenn nicht etwa die angewendete Salpetersäure schon von vornherein rauchende Salpetersäure war,Rauchende Salpetersäure taugt für galvanische Ketten durchaus nicht, theils wegen der zerstörenden Dämpfe, theils weil sie die Wirkung der Ketten beeinträchtigt, indem sie schlechter leitet als gewöhnliche Salpetersäure. ist bekanntlich die in der Kette stattfindende Wasserstoffentwickelung, welche die Salpetersäure reducirt. Sofern diese Wasserstoffentwickelung durch die elektrolytische Wirkung des Stromes bedingt wird, läßt sich dieselbe allerdings nicht vermeiden; bei der gewöhnlichen Behandlung der Ketten aber werden bedeutende Wasserstoffmengen nicht durch den Strom, sondern durch die directe Einwirkung der Schwefelsäure auf die mangelhaft amalgamirten Zinkelemente entwickelt, und diese Wasserstoffentwickelung, welche die vom Strome herrührende in der Regel weit überwiegt und daher die vielbeklagten Uebelstände zum bei weitem größten Theile bedingt, läßt sich durch entsprechende Amalgamirung sehr leicht und vollständig vermeiden. Zu diesem Zwecke genügt es aber keineswegs, die Amalgamation nach irgend einem Verfahren ein für allemal vorzunehmen und sich bei jedesmaligem Gebrauche der Batterie zufrieden zu stellen, wenn die Zinke noch blank sind; das Quecksilber dringt viel zu rasch in die Poren des Zinkes als daß eine einmalige oder von Fall zu Fall erneuerte oberflächliche Amalgamation genügen könnte; die Amalgamation muß vielmehr während der Thätigkeit der Batterie ununterbrochen fortgesetzt werden, was nur dadurch geschehen kann, daß man die Zinke beständig in Quecksilber eingetaucht läßt, welches zu diesem Behufe in die betreffenden Zellen gegossen werden muß. Hat man erst ein entsprechendes Quantum Quecksilber ein für allemal diesem Zwecke gewidmet, so lohnt sich diese Auslage sehr bald reichlich sowohl in ökonomischer Beziehung als auch durch die Annehmlichkeiten beim Gebrauche. Vor Allem wird auf diese Art der Materialverbrauch auf jenes Minimum herabgesetzt, welches zur Unterhaltung des Stromes erforderlich ist. Die Batterie wird geschont und erlangt durch die sehr bedeutend verminderte Zinkconsumtion eine viel größere Dauerhaftigkeit, während zugleich der kostspielige Verbrauch an Salpetersäure in gleichem Verhältnisse vermindert wird. Andererseits wird dadurch die Wirksamkeit der Batterie erhöht, viel beständiger und länger andauernd gemacht und die Belästigung durch Untersalpetersäure so vollständig behoben, daß man stundenlang mit der Batterie arbeiten kann, bevor die bekannten rothbraunen Dämpfe sichtbar werden. Es wird nämlich einerseits, wie gesagt, viel weniger Untersalpetersäure entwickelt und andererseits die entwickelte, eben wegen der geringen Menge in der sie auftritt, durch geraume Zeit fast vollständig in der Salpetersäure absorbirt zurückgehalten. Sobald dieß nicht mehr der Fall ist und die Dämpfe so reichlich in die Luft zu entweichen beginnen, daß sie anfangen durch den Geruch zu belästigen oder wohl gar sichtbar zu werden, ist die Batterie sofort zu entfernen und zu zerlegen. Dabei werden die Zinke einfach auf eine Tasse, die Thonzellen in Wasser gelegt; die Kohlenstücke können, wenn sie aus Gaskohle sind, nach Entfernung der metallenen Verbindungsstücke ebenfalls in Wasser gelegt werden, um die lästigen und schädlichen Dünste der daran haftenden Säure zu vermeiden; bei der Bunsen'schen Kohle aber, welche wegen ihrer großen Porosität sehr viel Salpetersäure aufsaugt, ist nur die Stöhrer'sche Einrichtung praktisch, bei welcher die Kohlencylinder in den zur Aufnahme der Salpetersäure dienenden Gläsern mit eng anschließendem Halse stehen bleiben und mit Deckeln verschlossen werden. Wie oft die Ladungsflüssigkeiten wiederholt angewendet werden können, darüber läßt sich im Allgemeinen keine Regel angeben; das richtet sich eben nach dem Zwecke und den Anforderungen, welchen die Batterie im gegebenen Falle entsprechen soll und läßt sich demgemäß bei einiger Erfahrung leicht beurtheilen. Dagegen will ich nicht unerwähnt lassen, daß es vortheilhaft ist die Ladungsflüssigkeit für Zink nicht concentrirter zu nehmen als ein Raumtheil Schwefelsäure auf fünfzehn Raumtheile Wasser, und daß bereits gebrauchte Salpetersäure durch einen Zusatz von concentrirter Schwefelsäure wieder zu bedeutend erhöhter Wirksamkeit gelangt. Was die Menge des in der Zinkzelle anzuwendenden Quecksilbers betrifft, wäre das in dem Aufsatze von Demance angegebene Quantum von „einigen Tropfen“ wohl viel zu gering. Ein so geringes Quantum wird bald aufgesogen und dürfte kaum mehr nutzen, als wenn man die Amalgamatian vor jedesmaligem Gebrauche in gewöhnlicher Weise erneuert. — Soll die Entwickelung von Untersalpetersäure soweit vermindert werden, wie ich es oben angegeben habe, so müssen unbedingt größere Quecksilbermengen angewendet werden, einige Kubikcentimeter in jeder Zelle, kurz, soviel, daß sämmtliche Zinke, so lange die Batterie in Thätigkeit ist, in einen Vorrath von Quecksilber eintauchen, der den Boden der Zelle größtentheils bedeckt. Nach dem Gebrauche läßt sich das Quecksilber leicht mittelst eines Trichters von der Säure abtrennen und aufsammeln. Behandelt man die Batterie regelmäßig in dieser Weise, so wird man sich bald von den besten Erfolgen überzeugen. Bei der gewöhnlichen Behandlung geschieht es ganz in der Regel, daß die Kohlen- oder Platinketten schon gleich nach der Zusammenstellung qualmende Dämpfe von Untersalpetersäure entwickeln; man wird aber in solchen Fällen immer beobachten können, daß auch bei nicht geschlossener Kette eine Wasserstoffentwickelung stattfindet, welche eben beweist, daß das gewöhnliche Amalgamationsverfahren unzureichend ist, um das Zink gegen den directen Angriff der Schwefelsäure zu schützen. Dieß Alles kommt, wenn Quecksilber im Ueberschuß angewendet wird, nicht mehr vor. Man wird es zwar stets vermeiden müssen, solche Ketten in der Nähe von blanken Metallgegenständen aufzustellen, denn diese würden ja auch Schaden leiden, wenn man es überhaupt nur mit Salpetersäure in offenen Gefäßen zu thun hätte; man wird es aber durch das beschriebene Verfahren bald dahin bringen, daß man in der Nähe einer solchen Batterie von nicht zu großer Elementezahl in einem geschlossenen Zimmer mehrere Stunden lang unbelästigt arbeiten kann, wie ich es denn auch bei allen meinen galvanometrischen und elektromagnetischen Untersuchungen gethan habe. Man hat sich vielfach bemüht Surrogate für die Salpetersäure ausfindig zu machen. In ökonomischer Hinsicht und um die betreffenden Ketten auch in Krankenzimmern und in der Nähe von Metallgeräthschaften anwendbar zu machen, wäre ein solches Ersatzmittel auch sehr wünschenswert; wegen einer Belästigung aber habe ich bei Anwendung meines seit achtzehn Jahren bewährten Verfahrens noch nie das Bedürfniß eines Surrogates für die Salpetersäure gefühlt und kann daher diese ebenso einfache als ökonomische Methode aus Erfahrung bestens empfehlen. Prag, den 24. April 1868.