Titel: Ueber die Anwendung des Flußspaths zum Reinigen phosphorhaltiger Eisenerze; von H. Caron.
Fundstelle: Band 188, Jahrgang 1868, Nr. CXIV., S. 472
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CXIV. Ueber die Anwendung des Flußspaths zum Reinigen phosphorhaltiger Eisenerze; von H. Caron. Aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 744; April 1868. Caron, über Reinigung phosphorhaltiger Eisenerze mittelst Flußspath. Bereits früher übergab ich der Akademie die Resultate der von mir ausgeführten Untersuchungen über die Verbesserung des aus den in Frankreich sehr allgemein verbreiteten nicht manganhaltigen Eisensteinen erblasenen Roheisens.Polytechn. Journal Bd. CLXVIII S. 380 und Bd. CLXXI S. 56. Mittelst genauer Versuche hatte ich nachgewiesen, daß durch Zuschlag von Manganoxyd zu der Hohofenbeschickung ohne Zweifel ein beträchtlicher Antheil des in der Kohle wie in den Erzen enthaltenen Schwefels und Siliciums, welche Substanzen das Roheisen immer nur zu leicht und in zu großer Menge aufnimmt, in die Schlacken getrieben werden kann. Seit jener Mittheilung ist meinen Laboratorium-Versuchen die Weihe der Praxis zu Theil geworden, und jetzt dürften in Frankreich wohl nur noch wenige Hohöfen existiren, deren Producte in Folge der Anwendung von Manganoxyd sich in Hinsicht auf ihre Qualität nicht bedeutend verbessert hätten. Ich hatte damals erkannt, daß dieses Oxyd ungeachtet seiner energischen Wirkung bezüglich der Ausscheidung des Schwefels und des Siliciums, eine merkbare Wirkung derselben Art hinsichtlich des Phosphors nicht äußert. Zur Ergänzung dieser Lücke meiner Untersuchungen über die Verbesserung des Roheisens habe ich eine große Anzahl erfolgloser Versuche und Proben gemacht; ich beschränke mich hier darauf die einzige Methode mitzutheilen, welche mir unter gewissen Umständen befriedigende Resultate lieferte. Der Phosphor ist in den zur Verhüttung kommenden phosphorhaltigen Eisenerzen meistentheils als Eisen-, Thonerde- oder Kalkphosphat enthalten und um die schädliche Wirkung der Phosphorsäure aufzuheben, pflegt man diesen Erzen Kalk zuzuschlagen, welcher die Fähigkeit das Eisen vom Phosphor zu befreien, bisher allein zu besitzen schien. Leider sind diese mit Kalk versetzten Phosphate nur schwierig oder gar nicht schmelzbar, und es wird unerläßlich gleichzeitig eine ziemlich erhebliche Menge Kieselsäure zuzuschlagen, damit hinlänglich leichtflüssige Schlacken sich bilden können. Welcher Vorgang findet unter diesen Umständen statt? Es sind drei Substanzen zugegen: phosphorsaure Salze, Kieselsäure und Kohle, gerade so wie bei Wöhler's Verfahren zur Darstellung des Phosphors; wir erhalten demnach einerseits eine kieselsäurereiche Schlacke, andererseits Eisen, Kohle und freien Phosphor, welche letzteren drei sich natürlicherweise zu einem phosphorhaltigen Roheisen verbinden. Die Reaction erfolgt sicherlich auf die angegebene Weise, denn wenn man Schlacken von mit phosphorhaltigen Erzen betriebenen Hohöfen analysirt, so findet man in denselben keinen Phosphor, während das Roheisen stets Phosphor enthält und zwar nur selten in unschädlicher Menge. Nehmen wir nun an, daß der Kalk dem Eisenoxyde die Phosphorsäure entzieht, so handelt es sich darum, abgesehen von der Kieselsäure, eine schmelzbare Substanz zu finden, welche den phosphorsauren Kalk aufzulösen vermag, ohne ihn gleichzeitig zu zersetzen. Die Substanz, welche mir diesen beiden Bedingungen am besten entsprechen zu müssen schien, glaubte ich nun im Fluorcalcium (Flußspath) zu findenKryolith und andere Fluoride würden ohne Zweifel dieselbe Wirkung hervorbringen. und um mich davon zu überzeugen, stellte ich folgende Versuche an. 1) Einen aus Gasretortengraphit angefertigten Schmelztiegel beschickte ich mit einem Gemenge von phosphorsaurem Kalk und Flußspath, und stellte diesen Tiegel, von Holzkohlenpulver umgeben, in einen Thontiegel. 2) Gin gleicher Tiegel wurde mit einem Gemenge von phosphorsaurem Kalk und Kieselsäure beschickt. Beide Tiegel wurden bis zur Gußstahlschmelzhitze erhitzt. Der Tiegel, welcher das aus Kalkphosphat und Kieselsäure bestehende Gemenge enthielt, zeigte sich nach dem Erkalten ganz durchgefressen; der Phosphor war verschwunden und nur kieselsaurer Kalk zurückgeblieben. Der mit dem Gemenge von phosphorsaurem Kalk und Flußspath beschickte Tiegel hatte dagegen nicht weiter gelitten, als daß eine dünne Schicht seiner Graphitwandungen, wahrscheinlich in Folge des Kieselsäuregehaltes dieses Materials, verzehrt worden war; das erhaltene Korn war phosphorhaltig und zeigte beim Daraufschlagen mit dem Hammer Phosphorescenz. Es bestätigte sich demnach, daß das Fluorcalcium den phosphorsauren Kalk aufzulösen vermag, ohne ihn zu zersetzen. Hierauf experimentirte ich mit phosphorsaurem Eisenoxyd. Ich beschickte a) einen mit Kohlengestübbe ausgeschlagenen Tiegel mit einem Gemenge von reinem phosphorsaurem Eisenoxyd, Kalk und Fluorcalcium, und b) einen gleichen Schmelztiegel mit einem aus reinem phosphorsaurem Eisenoxyd, Kalk und Kieselsäure bestehenden Gemenge. Beide Tiegel wurden zur Gußstahlschmelztemperatur erhitzt. Der die kieselsäurehaltige Beschickung enthaltende Tiegel war durchgefressen worden und das Eisen bildete einen großblätterigen krystallinischen Regulus von großer Sprödigkeit. Der mit dem flußspathhaltigen Gemenge beschickte Tiegel hingegen war fast ganz unverletzt; der wohlgeflossene Regulus ließ sich unter dem Hammer etwas abplatten und zerbrach endlich, wobei er auf dem Bruche ein halbirtes Ansehen zeigte.Dieser Regulus von halbirtem Roheisen verwandelte sich beim Umschmelzen in weißes Roheisen. Der erste Regulus besaß einen etwa dreimal größeren Phosphorgehalt als der zweite. Unterwirft man phosphorhaltige Eisenerze, welche einen geringeren Phosphorgehalt haben, als reines Eisenphosphat, einer eben solchen Behandlung, so erhält man bei Anwendung von Flußspath stets eine stärker hervortretende Verbesserung des Roheisenkönigs, als bei Zuschlag von Kieselsäure; indessen wird diese Verbesserung immer unbedeutender, je mehr der Phosphorgehalt der Erze abnimmt. Uebrigens lösen sich im Fluorcalcium, ohne Zersetzung zu erleiden, nicht bloß die phosphorsauren Salze; die schwefelsauren, arsensauren etc. verhalten sich ebenso. Selbst Thonerde und verwandte Körper lösen sich in diesem Fluoride und werden durch dasselbe in die Schlacken übergeführt, ohne daß dazu die Mitwirkung von Kieselsäure erforderlich ist. Ich habe diese auflösende Eigenschaft des Fluorcalciums in Bezug auf Thonerde zur Darstellung prächtiger Krystalle von Corund benutzt.