Titel: Ueber die Anwendung der Magnesia bei der Hydrooxygengas-Beleuchtung; von H. Caron.
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XXX., S. 114
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XXX. Ueber die Anwendung der Magnesia bei der Hydrooxygengas-Beleuchtung; von H. Caron. Aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 850; Mai 1868. Caron, über Anwendung der Magnesia zur Hydrooxygengas-Beleuchtung. Zur Darstellung der für die Hydrooxygengas-Beleuchtung bestimmten Stifte ist eine Verunreinigung der Magnesia durch fremdartige Beimengungen mehr zu fürchten als zur Anfertigung feuerfester Steine; eine geringe Menge von fremden Körpern vermag der Magnesia keinen störenden Grad von Schmelzbarkeit zu ertheilen, während das mittelst unreiner Magnesia erzeugte Licht öfters mehr oder weniger geschwächt und häufig sehr merklich gefärbt ist. So muß man z. B. bei Anwendung des Magnesits von Euböa (von welchem in meiner vorstehenden Mittheilung die Rede war) durchaus die weißesten und von Serpentin und Kieselsäure am vollständigsten befreiten Stücke auswählen, wenn man nicht Gefahr laufen will zwei Drittel bis vier Fünftel des Lichtes einzubüßen, welches eine ganz reine Magnesia geben würde. Dieser Lichtverlust wird durch die Gegenwart von Kieselsäure, nicht aber von einem Gehalte des natürlichen Magnesiacarbonates an Eisen- und Manganoxyd veranlaßt. Ich habe übrigens beobachtet, daß die Kieselsäure, auch wenn sie mit anderen Körpern, welche die Eigenschaft besitzen bei starkem Erhitzen leuchtend zu werden, verbunden ist, das Licht, welches diese Körper in reinem Zustande geben würden, stets abschwächt und gelb färbt. Das Vorhandenseyn kleiner Mengen von Kalk in der Magnesia ist nicht schädlich; er ertheilt der Flamme nur eine sehr schwache Beimischung von Violettrosa, welche die Farbe von Seidenstoffen oft belebt, dabei aber die zartesten Abstufungen der Farbentöne ebenso leicht zu beurtheilen gestattet wie am Tageslichte. Demzufolge muß die zur Hydrooxygengas-Beleuchtung anzuwendende Magnesia sehr rein, besonders aber von Kieselsäure frei seyn. Nachdem sie zunächst auf dieselbe Weise vorbereitet worden ist, wie ich es für die feuerfesten Steine angegeben habe, wird sie in Formen von gehärtetem Stahl zu cylindrischen Stiften von 4 bis 5 Centimeter Länge gepreßt. Diese Stifte können übrigens auch auf nassem Wege angefertigt werden; hierzu reibt man die stark ausgeglühte Magnesia mit reinem Wasser oder mit einer wässerigen Borsäurelösung zu einem Teige an, bringt diesen in eine Glasröhre von der geeigneten Weite und drückt ihn in derselben etwas zusammen; den so geformten Cylinder legt man horizontal auf eine schwach mit Oel bestrichene Glasplatte zum Trocknen und brennt ihn dann scharf; die mittelst dieses Verfahrens dargestellten Stifte besitzen häufig eine größere Festigkeit als die gepreßten. Die Gegenwart der Borsäure wirkt auf das Magnesialicht nicht störend ein und ertheilt der Flamme keine merkbare Färbung. Bei den ersten Beleuchtungsversuchen wurde der Magnesiastift an seinem unteren Theile mittelst eines Halters in verticaler Stellung gehalten; drei oder vier kleine, in etwa 2 Millim. Entfernung vom Stifte etwas geneigt stehende Röhren führten das entzündete Gemisch von Sauerstoff und Wasserstoff der Magnesia zu; in Folge der hohen Temperatur, welcher die Mitte des Stiftes fortwährend ausgesetzt war, kam es aber oft vor, daß derselbe nach dem Auslöschen etwas unterhalb der erhitzten Stelle abbrach. Dieses System mußte daher aufgegeben werden, und die Stifte wurden mittelst eines eisernen Halters aufgehangen; bei dieser Einrichtung wurde ihr unteres Ende von dem Gasgemisch nach einer verticalen Erzeugenden bestrichen und da die Substanz auf diese Art regelmäßig erhitzt wurde, so zersprang sie beim Erkalten nicht mehr. Außer der größeren Dauerhaftigkeit erzielt man in der angegebenen Weise auch eine merkliche Erhöhung der Lichtstärke. Die Dicke des Magnesiastiftes ist keineswegs gleichgültig; es muß vielmehr ein gewisses Verhältniß zwischen der zu erhitzenden Masse und der durch einen bestimmten Consum des Gasgemisches erzeugten Wärmemenge stattfinden. Da uns in dieser Hinsicht die Theorie keine Anhaltspunkte geben kann, so mußte ich versuchsweise verfahren und gelangte dabei zu folgenden Zahlenangaben.Bei meinen sämmtlichen Versuchen nahm ich zur photometrischen Einheit das Licht des für Paris gültigen Normal-Schmetterlingsbrenners, welcher in der Stunde 140 Liter Gas bei 2 bis 3 Millim. Wasserdruck consumirt. Der für die verschiedenen Gase von mir oben angegebene Druck wurde mittelst kleiner, sehr billig zu beschaffender und doch sehr gut functionirender, von Hrn. Maldant mir zur Verfügung gestellter Trockenregulatoren constant erhalten. Die verbrauchten Gasmengen wurden mittelst gewöhnlicher Compteurs gemessen. Der von mir angewendete photometrische Apparat ist Dr. Bothe's Tangenten-Photometer (polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 451), derselbe führt rasch zu sehr genauen Resultaten, selbst in Händen welche in derartigen Versuchen nicht geübt sind. Textabbildung Bd. 189, S. 115 Durchmesser des Stiftes, in Millim; Länge des Stiftes in Millimet; Erzielte Lichtstärke, im Vergleich zu der als Einheit angenommen. des Normalbrenners; Sauerstoffgas; Stündlicher Verbrauch, in Litern; Wasserdruck, in Centimet; Leuchtgas; Gepreßte Stifte; Nichtgepreßte (auf nassem Wege angefertigte) Stifte Benutzt man anstatt des Leuchtgases reines Wasserstoffgas, so erhält man ein bedeutend stärkeres Licht, während gleichzeitig beträchtlich weniger Sauerstoff (beinahe um die Hälfte weniger) verbraucht wird; man hat aber in diesem Falle mit einer Unannehmlichkeit zu kämpfen, auf welche ich zurückkomme. Nehmen wir nun an, daß das Sauerstoffgas zum Preise von 1 Fr. 50 Cent. per Kubikmeter (Verkaufspreis) bezogen werden kann, so finden wir nach dem Vorstehenden, daß bei Anwendung von Stiften von 6 Millim. Durchmesser für gleiche Lichtstärke das Hydrooxygengas-Licht etwa halb so viel kosten würde als gewöhnliches Gaslicht. Bei der Beleuchtung von Städten und in vielen anderen Fällen, wo eine Zerstreuung des Lichtes unerläßlich ist, würde es aber aus ökonomischen Rücksichten nothwendig seyn den Verbrauch an den Gasen zu vermindern, folglich auch die Masse der in glühenden Zustand zu versetzenden Magnesia zu verkleinern. Man würde demzufolge Stifte von sehr geringem Durchmesser anwenden müssen, welche dann wieder zu zerbrechlich wären. Diese Schwierigkeit habe ich dadurch beseitigt, daß ich das brennende Gasgemisch als einen einzigen Strahl auf die eine Seite des Magnesiastiftes wirken lasse, welcher hierbei im Durchmesser bedeutend vergrößert werden kann. Gibt man der Kante des Stiftes eine geringe Neigung zu dem vertical stehenden Brenner, so erzielt man eine Beleuchtungsweise, welche sich nach meiner Ueberzeugung in vielen Fällen sehr leicht und vortheilhaft anwenden lassen würde. Nachdem ich nun die Vorzüge der Beleuchtung mit Magnesia nachgewiesen habe, muß ich auch von ihren Mängeln reden. Bei der durch die Verbrennung des Sauerstoffes und des Gases hervorgebrachten intensiven Hitze ist die auf die vorzüglichste Weise präparirte Erde keineswegs vor Abnutzung ganz geschützt; sie verglast leicht, doch ist dieser Uebelstand von nur geringer Bedeutung; aber sie verflüchtigt sich auch merklich, so daß nach einiger Zeit an der Stelle, wo sie von der Flamme getroffen wird, eine Höhlung entsteht, welche die Intensität des Lichtes mehr oder weniger beeinträchtigt.Diese Höhlung ist mit verflüchtigter Magnesia umgeben, deren Krystalle sich schon mit unbewaffnetem Auge leicht wahrnehmen lassen. Bei Anwendung von reinem Wasserstoffgase anstatt gewöhnlichen Leuchtgases findet eine noch größere Abnutzung der Magnesia statt und die Benutzung derselben ist dann mit nicht unbedeutenden Schwierigkeiten verknüpft. Diese Flüchtigkeit der Magnesia hat mich zur Aufsuchung eines anderen Körpers veranlaßt, welcher ein ebenso starkes Licht zu geben vermag, dabei aber der durch die Verbrennung der beiden Gase erzeugten enormen Hitze vollkommen widersteht.