Titel: Ueber Hélouis' neues Verfahren zur Fabrication von vergoldetem Drahte für Posamentirarbeiten; Bericht von Debray.
Fundstelle: Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXXVIII., S. 315
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LXXVIII. Ueber Hélouis' neues Verfahren zur Fabrication von vergoldetem Drahte für Posamentirarbeiten; Bericht von Debray. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, April 1868, S. 201. Hélouis' Darstellung vergoldeten Drahtes für Posamentirarbeiten. Der zur Anfertigung einer großen Menge von glänzenden Gegenständen, von Degen- und Säbelkoppeln oder Wehrgehängen, von Epauletten und Goldtressen etc. angewendete Golddraht wurde bisher aus reinem Kupfer oder reinem Silber angefertigt; zu diesem Behufe wird der Draht zur erforderlichen Feinheit ausgezogen und auf elektrischem Wege mit einem gleichmäßig starken Goldüberzuge versehen, durch welchen er hauptsächlich eine schöne Farbe und Glanz erhalten soll. Der verhältnißmäßig billige Draht von vergoldetem Kupfer kann nur zu Gegenständen von gewöhnlicher Qualität verwendet werden, weil das Material durch die Einwirkung der Atmosphärilien bald matt wird und eine unangenehme Färbung annimmt, sobald die dünne Goldschicht abgenutzt ist. Vergoldetes Silber (der „fein vergoldete“ Draht) ist natürlich theurer, hat aber den Vorzug vor dem vorigen, daß an den abgenutzten Stellen ein Metall hervorschimmert, von dessen Farbe das Auge nicht unangenehm berührt wird. Indessen tritt bekanntlich auch bei dem Silber, obschon sich dasselbe weit weniger leicht verändert als das Kupfer, der Uebelstand hervor, daß es im Laufe der Zeit schwarz wird, indem sich seine Oberfläche nach und nach mit einer Schicht von Schwefelsilber überzieht, deren allerdings gewöhnlich nur sehr langsam erfolgende Erzeugung von der Wirkung des selbst in normaler atmosphärischer Luft in sehr geringer Menge enthaltenen Schwefelwasserstoffes auf das Silber herrührt; diese Wirkung tritt hingegen sehr kräftig auf, wenn in Folge besonderer Umstände der Gehalt der Atmosphäre an dem genannten Gase so bedeutend wird, daß dasselbe den Geruchssinn in unangenehmer Weise afficirt. Gold wird von Schwefelwasserstoff und löslichen Schwefelverbindungen zwar selbst nicht angegriffen; indessen vermag es andere Metalle gegen die Einwirkung dieser Substanzen nur dann zu schützen, wenn es einen Ueberzug bildet, welcher dick genug ist, um das Eindringen der Gase zu verhindern, bei dem fein vergoldeten Drahte ist aber diese Dicke viel zu gering, als daß dieß der Fall seyn könnte; deßhalb sehen wir auch, daß die aus demselben angefertigten Gegenstände rasch schwarz werden, sobald man sie in eine Schwefelwasserstoff oder Schwefelammonium enthaltende Atmosphäre bringt. Eine Berührung mit Schwefelalkalien bringt dieselben Wirkungen hervor, wovon die in der letzten Zeit zum Probiren der neuen Hinterladungsgewehre nach Vincennes commandirten Schützen- und Jägerofficiere sich zu überzeugen Gelegenheit hatten. Bei jedem Schusse bedeckten sich nämlich ihre vergoldeten Epauletten mit einer Menge kleiner schwarzer Punkte, in Folge der Einwirkung des bei der Verbrennung des Pulvers entstandenen und durch den Verschluß der Waffe in außerordentlich feinen Theilchen nach außen entwichenen Schwefelkaliums auf die Vergoldung. Auf diese Weise traten die Schattenseiten des vergoldeten Silberdrahtes unter einer Form hervor, welche die Aufmerksamkeit der Fabrikanten erregen mußte und gerade diese Beobachtung war es, welche Hélouis (boulevard Saint-Martin, 55 in Paris) auf das von ihm erfundene, im Nachstehenden besprochene VerfahrenIm polytechn. Journal Bd. CLXXXVIII S. 419 wurde bereits eine Notiz über das Verfahren von Hélouis mitgetheilt. führte. Die Anzahl der Metalle, welche der Einwirkung von Schwefelverbindungen Widerstand zu leisten vermögen, ist gering und unter den gegenwärtig verarbeiteten besitzen nur Gold, Platin und Aluminium diese Eigenschaft. Das Gold ist zur Anfertigung massiver Drähte zu theuer, weßhalb man es nur zur Herstellung des äußeren Ueberzuges des Drahtes benutzt; deßhalb blieben dem Erfinder zur Verwendung als Material für das Innere des zu vergoldenden Drahtes nur die beiden anderen Metalle übrig. Mit Aluminium wurden schon vor einigen Jahren Versuche abgeführt; allein die Schwierigkeit, dieses Metall ohne die Herstellung einer Zwischenschicht von Kupfer zu vergolden, trat der Erzielung wirklich brauchbarer Resultate hindernd entgegen. Deßhalb wendet Hélouis das Platin an, und es ist ihm in sinnreicher Weise gelungen, die Schwierigkeiten zu beseitigen, in Folge deren es anfänglich den Anschein hatte als könne dieses Metall zur Fabrication von entsprechend billigen Producten nicht angewendet werden. Das Platin hat nämlich ein doppelt so hohes specifisches Gewicht als das Silber; überdieß kostet das Platin viermal so viel als eine gleiche Gewichtsmenge Silber; somit würde ein Platindraht den achtfachen Metallwerth haben als ein Silberdraht von derselben Länge und derselben Dicke. Hélouis hat indessen durch seine Versuche nachgewiesen, daß sich ohne Schwierigkeit Kupferdraht fabriciren läßt, welcher mit einem zwar nur dünnen, aber der Einwirkung der Schwefelalkalien oder des Schwefelwasserstoffes und der übrigen atmosphärischen Agentien vollkommen widerstehenden Häutchen überzogen ist. Zur Darstellung dieses platinirten Drahtes treibt Hélouis einen Kupferstab in einen erhitzten Platinring mit Gewalt ein. Die Zusammenziehung, welche das Platin beim Erkalten erleidet, vermittelt ein festes Anhaften beider Metalle, so daß sich dieselben, ohne sich von einander zu trennen, zu Draht ziehen lassen. Die Vergoldung des auf diese Weise erhaltenen neuen Drahtes bietet keine Schwierigkeit dar. Die Farbe des mittelst des Hélouis'schen Verfahrens fabricirten Drahtes steht der des reinen Goldes näher, als die des nach der sogenannten „ministeriellen“ Fabricationsmethode angefertigten vergoldeten Silberdrahtes; das Silber scheint nämlich durch die äußere Goldschicht hindurchzuschimmern und derselben einen Stich in Weiß mitzutheilen, wohingegen das Platin die Farbe des Goldes nicht in demselben Grade bleich erscheinen läßt. Setzt man zur Vergleichung ihres Verhaltens die nach dem Hélouis'schen und die nach dem „ministeriellen“ Verfahren fabricirten Producte der Einwirkung von Schwefelammonium-Dämpfen aus, so nimmt der vergoldete Silberdraht fast augenblicklich eine schwarze Färbung an, während bei dem platinirten und dann vergoldeten Kupferdrahte nur eine rein örtliche Veränderung wahrzunehmen ist, welche wahrscheinlich von der Bildung von Rissen an manchen Stellen der Platinschicht, die beim Ausziehen des Drahtes entstanden, herrührt; das Kupfer schwärzt sich alsdann an allen nicht mehr von Platin bedeckten Stellen. Dieser Theil des in Rede stehenden Fabricationsverfahrens bedarf offenbar noch der Vervollkommnung; indessen gibt die Methode bereits auf ihrem jetzigen Standpunkte Producte, welche vorzüglicher sind als die nach dem bisherigen Verfahren angefertigten. Und doch ist die Dicke der Platinschicht bei diesen Producten so gering, daß das Gewicht des Platins höchstens ein Hundertstel von dem des Silbers beträgt. Hélouis hat sogar versucht, den Platinüberzug noch schwächer herzustellen; allein dadurch litt die Qualität der Producte. Außerordentlich dünner Draht, aus welchem er vergoldete Fransen anfertigte, und der nur 15 bis 20 Tausendstel Platin enthielt, veränderte sich in Schwefelammonium-Dämpfen beinahe so rasch wie ein gleich dünner vergoldeter Silberdraht. Im Interesse des neuen Fabricationszweiges ist es demnach erforderlich, den Platingehalt, namentlich bei sehr feinem Drahte, nicht in diesem Grade zu verringern, denn das Platin schützt das von ihm umhüllte Metall nur dann, wenn die aus ihm bestehende Schicht eine gewisse Stärke besitzt, welche von der Gesammtstärke des Drahtes unabhängig ist und nur durch Erfahrung genau bestimmt werden kann. Es ergibt sich daraus, daß die Stärke des Platinringes, in welchen der Kupferstab getrieben wird, nach dem Durchmesser des schließlich zu erzielenden Drahtes verschieden und daß dessen Stärke um so bedeutender seyn muß, je geringer dieser Durchmesser ausfallen soll. Hélouis muß also über diesen Punkt noch einige Studien machen, um die für jede Nummer oder jede Stärke des zu fabricirenden Drahtes anzuwendende Minimalmenge von Platin mit Sicherheit bestimmen zu können. Aber selbst wenn wir annehmen, daß man Platinringe von 5 Millimet. bis 1 Centimet. Stärke anwendet, was für alle Fälle mehr als hinreichend seyn dürfte, so wird die Benutzung verplatinten Drahtes immer noch weit billiger zu stehen kommen als die von Silberdraht. So z. B. kostet das Kilogrm. des bei der sogen. ministeriellen Fabricationsmethode zur Anfertigung von Fransen benutzten außerordentlich feinen Drahtes von vergoldetem Silber 335 Frcs.; der von Hélouis fabricirte, ebenso feine Draht hingegen nur 200 Frcs. Es wird dadurch ermöglicht, bei der Anfertigung von Koppeln und Tressen die Seide, um welche der vergoldete Draht gewickelt wird, durch ganz aus Metall bestehenden Draht zu ersetzen, dessen Preis beinahe derselbe ist wie der der Seide. Hélouis stellt auf diese Weise Wehrgehänge und Tressen her, welche weniger kosten, dabei aber doch schöner und dauerhafter sind und sich weniger leicht verändern als die nach dem bisher üblichen Verfahren angefertigten. Ueberdieß haben die mit Seide fabricirten Tressen, wenn sie abgetragen sind, einen nur geringen Werth, weil beim Einschmelzen des in ihnen enthaltenen Metalles die den bei weitem größeren Antheil ausmachende Seide selbstverständlich zerstört wird. Die Hélouis'schen Tressen hingegen hinterlassen, da sie ausschließlich aus Kupfer, Platin und Gold bestehen, nach ihrer Abnutzung Rückstände von weit höherem Werthe.Ein Paar nach dem „ministeriellen“ Verfahren angefertigte Lieutenants-Epauletten, welche neu 75 Francs kosten, werden, wenn sie abgetragen sind, für 30 Fr. wieder angenommen; ein gleiches Paar Epauletten aus Hélouis-Metall kosten nur 50 Fr. und werden alt für 25 Fr. zurückgenommen.Eine 30 Fr. kostende Koppel, nach der „ministeriellen“ Methode fabricirt, hat nach dem Verbrennen einen Werth von 6 Fr.; eine Koppel von Hélouis kostet neu 25 Fr. und ist in abgetragenem Zustande noch 10 Fr. werth.