Titel: Ueber die Dextrinsorten des Handels; von Richard Forster.
Autor: Richard Forster
Fundstelle: Band 190, Jahrgang 1868, Nr. XLII., S. 134
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XLII. Ueber die Dextrinsorten des Handels; von Richard Forster. Forster, über die Dextrinsorten des Handels. Die Darstellung des reinen Dextrins ist nach den bisher dafür bekannt gewordenen Verfahren noch immer viel zu weitläufig, als daß man davon hätte für den Großbetrieb eine Anwendung machen können. Eine vollständige Ueberführung der Stärke in Dextrin einerseits und die Vermeidung jeder zu weit gehenden Veränderung, namentlich nach einigen Methoden einer mehr oder weniger um sich greifenden Zuckerbildung andererseits, sind die Schwierigkeiten zwischen denen die industrielle Erzeugung des Dextrins, die Qualität des Productes betreffend, schwankt. Außerdem ist die Verwendung dextrinartiger Fabricationsproducte in der Technik immer eine sehr specielle, und der Consument stellt, außer dem geringen Preise, Anforderungen an dieselben, welche jedesmal seinem besonderen Zwecke entsprechen und zum Theil Eigenschaften betreffen, die über diejenigen des chemisch-reinen Dextrins hinausgehen; diesen muß der Fabrikant sein Product eigens anpassen, so daß es oft weniger die Aufgabe desselben ist, ein möglichst reines Dextrin im chemischen Sinne zu erzeugen, als ein Kleb- oder Verdickungsmittel u. s. w. von ganz bestimmten Eigenschaften. Es ist dieses jedenfalls der Grund, warum nicht in größerer Ausdehnung ein wenigstens in Wasser vollkommen lösliches, wenn auch nicht von Zucker befreites Dextrin in den Handel kommt, dessen Erzeugung im Großen sonst keine beträchtlichen Schwierigkeiten im Wege ständen. Die besondere Verwendung für industrielle Zwecke hat daher nach und nach eine große Anzahl verschiedener dextrinartiger Producte, von Leiocome und Gommelin bis zur gebrannten Stärke eingeführt, deren näherer Zusammensetzung man, der Natur der Sache gemäß, indeß weniger Aufmerksamkeit widmete als ihrer jedesmaligen Tauglichkeit für den bestimmten Zweck. Ich habe daher eine Reihe mir gerade zugänglicher derartiger Producte ihrem Gehalt an den wesentlichen näheren Bestandtheilen nach, — nämlich: Dextrin, Zucker, Unlösliches und Wasser — untersucht. Die Zusammenstellung der erlangten Resultate beweist augenfällig, wie sehr abweichend die unter dem gemeinsamen Gattungsnamen Dextrin gewöhnlich vereinigten Handelsproducte zusammengesetzt seyn können. Da alle Versuche nach demselben Schema ausgeführt wurden, so will ich die angewandte Methode nur an einem Beispiele — Gommelin I — und zwar unter Zugrundelegung der dabei direct gefundenen Zahlenwerthe durchführen. Bestimmung des Trockengehaltes. — Von dem lufttrockenen, frisch der Verpackung entnommenen Gommelin wurden 2,843 Gramme im Trockenrohre und durch Thermostaten regulirtem Oelbade so lange bei 110° C. im, durch Schwefelsäure getrockneten Luftstrome erhitzt, bis nach dem letzten dreistündigen Trocknen sich keine Gewichtsabnahme mehr zeigte. Das so entwässerte Dextrin wog nun noch 2,448 Gramme. Es enthalten demnach hundert Gewichtstheile lufttrockener Substanz 86,11 Procente trockenes Dextrin und 13,89 Procente Wasser. Bestimmung des löslichen Antheiles. — Zur Bestimmung des in Wasser löslichen Antheiles wurden 50 Gramme des luftrockenen Dextrins, entsprechend nach der vorigen Ermittelung 43,055 Grammen Trockensubstanz und 6,945 Grammen hygroskopischer Feuchtigkeit, in 500 Grm. Wasser suspendirt. In dieser Mischung befanden sich demnach 43,055 Gramme trockenes Gommelin neben 506,945 Grm. Wasser. Das Filtrat zeigte ein specifisches Gewicht von 1,0240. Dieses würde nach Balling's TabelleJ. R. Balling's Gährungschemie, Bd. I S. 129. 6,00 Procenten Trockengehalt entsprechen. Der letztere wurde jedoch immer nochmals direct, wie oben mitgetheilt, bestimmt, und lieferten in unserem speciellen Beispiele 4,006 Gramme des Filtrates 0,243 Gramme bei 110° C. bis zur Constanz getrockneten Rückstand, entsprechend 6,07 Procenten. Es kommen also in diesem Filtrate auf je 100 - 6,07 = 93,93 Gewichtstheile Wasser 6,07 Gewichtstheile gelöster Trockensubstanz. Da nun im Ganzen 506,945 Grm. Wasser in der ursprünglichen Mischung vorhanden waren, so beträgt die Gesammtmenge der in Lösung übergegangenen Trockensubstanz: Textabbildung Bd. 190, S. 135 Gramme. Diese stammen aber von 50 Grammen lufttrockenen Gommelins her. Auf 100 Gewichtstheile des lufttrockenen Untersuchungsmateriales bezogen, wurden also 65,52 Procente desselben an in Wasser gelöster bei 110° C. getrocknet gedachter Substanz erhalten. Hiernach bestand das so weit untersuchte Gommelin also in hundert Gewichtstheilen aus: Lösliche Bestandtheile 65,52 unlösliche Bestandtheile 20,59 Wasser 13,89 ––––––– 100,00. Die unlöslichen Bestandtheile sind wesentlich unverändertes Stärkmehl; hingegen gibt die Lösung in den meisten Fällen bei der Prüfung mit Fehling'scher Lösung, eine namhafte Reaction auf Traubenzucker, der sich auch durch Behandeln mit Weingeist in bekannter Weise leicht isoliren läßt. Da dieser Zuckergehalt die gewöhnlich von der Verwendung in der Industrie beanspruchten Eigenschaften des Dextrins wesentlich beeinflussen muß, so hielt ich es für angemessen, die Größe desselben in den einzelnen mir zu Gebote stehenden Dextrinsorten besonders zu bestimmen. Bestimmung des Zuckergehaltes. — Von dem Filtrat der eben mitgetheilten Bestimmung des löslichen Antheiles waren zur Reduction von 10 Kubikcentimeter Fehling'scher Lösung, entsprechend 50 Milligrammen Traubenzucker — C12H12O12 — 9,15 Kubikcentimeter erforderlich. Dasselbe hatte also bereits eine der Methode angepaßte Verdünnung. Von diesem Filtrate waren nun nach dem Obigen im Ganzen vorhanden: 506,945 Gramme als Wasser und außerdem 32,760 Gramme als gelöste Trockensubstanz, –––––––––––––––– zusammen 539,705 Gramme und da nach dem Mitgetheilten die Flüssigkeit ein specifisches Gewicht von 1,0240 hatte, so betrug das Filtrat dem Volumen nach, worauf wir zunächst reduciren müssen, da die Zuckerbestimmung nach dem Volumen ausgeführt wurde: 539,705/1,0240 = 527,1 Kubikcentimeter; da weiter jede 9,15 Kubikcentimeter desselben 0,05 Gramme Traubenzucker enthielten, so waren in dem ganzen Filtrat demnach an Zucker vorhanden Textabbildung Bd. 190, S. 136 Gramme. Diese waren wieder von 50 Grammen lufttrockenen Untersuchungsmateriales geliefert; es enthalten demnach hundert Gewichtstheile des lufttrockenen Gommelins 5,78 Procente Zucker. Die Zusammensetzung dieses Gommelins war also den wesentlichen näheren Bestandtheilen nach: DextrinZucker 59,745,78 65,52 Löslich Unlöslich in Wasser 20,59 Wasser 13,89 ––––––– 100,00. Eigentliches Dextrin fanden sich in diesem Producte also nur circa 60 Procente. Ich füge nun die auf solche Weise mit den mir zur Verfügung gestandenen sechs Dextrinsorten erhaltenen Resultate in tabellarischer Zusammenstellung an, geordnet nach dem Gehalt an eigentlichem Dextrin. 1. 2. 3. 4. 5. 6. Dextrin, prima von Langensalza. Dunkelgebrannte Stärke. Dextrin, braunes. Gommelin. Dextrin, älteres, Hellgebrannte Stärke. Dextrin 72,45 70,43 63,60 59,71 49,78 5,34 Zucker 8,77 1,92* 7,67 5,76 1,42 0,24* Unlösliches 13,14 19,97 14,51 20,64 30,80 86,47 Wasser 5,64 7,68 14,23 13,89 18,00 7,95 ––––– ––––– ––––– ––––– ––––– ––––– 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 Bezüglich der Zuckerbestimmung in den beiden Sorten gebrannter Stärke muß ich jedoch noch erwähnen, daß sich dieselbe wegen der tiefbraunen Färbung der Flüssigkeit nicht in der üblichen Weise ausführen ließ. Um indeß auch hier einigermaßen einen Anhaltspunkt über die Kupferoxyd in alkalischer Lösung reducirenden Substanzen zu haben, wog ich das beim Sieden mit Fehling'scher Lösung erhaltene Kupferoxydul nach dem Trocknen bei 110° C. Bei der dunkelgebrannten Stärke waren 50 Gramme lufttrockenen Materiales, entsprechend zufolge der directen Bestimmung des Trockengehaltes: 46,16 wasserfreier Substanz und 3,84 Grammen Wasser, mit 500 Grammen Wasser behandelt. In der Mischung waren also 503,84 Gramme Wasser vorhanden. Außerdem ergab die directe Bestimmung die trocken gedachte in Lösung übergegangene Substanz zu 36,175 Grm. Die Gesammtlösung in welcher die ungelöst gebliebene Trockensubstanz suspendirt war, betrug also 503,841 + 36,175 = 540,016 Gramme. Das specifische Gewicht der Lösung ergab sich ferner zu 1,0248. Die Gesammtlösung hatte demnach ein Volumen von 540,016/1,0248 = 525,431 Kubikcentimeter. Von derselben fällten nun 100 Kubikcentimeter 0,3635 Gramme Kupferoxydul. Die überhaupt vorhandenen 525,4 Kubikcentimeter Flüssigkeit würden also 1,9099 Gramme Kupferoxydul auszuscheiden vermocht haben. Drückt man nun, da es sich hier nur um einen allgemeinen Vergleich und das mögliche Maximum der Zuckerbildung handelt, diese ausgeschiedene Kupferoxydulmenge, wie in den anderen in den Vergleich gezogenen Dextrinproben, als Zucker — C12H12O12 — aus, so werden die 1,9099 Gramme Kupferoxydul, da jede fünf Aequivalente (5 × 71,4 = 357 Gewichtstheile) desselben einem Aequivalente wasserfreiem Traubenzucker (180 Gewichtstheilen) entsprechen, 0,96 Gramme Zucker anzeigen. Dieses ist aber noch der Zuckergehalt in 50 Grammen des lufttrockenen Materiales; hundert Gewichtstheile desselben würden also 1,92 Procente Zucker geliefert haben. Noch viel geringer, nämlich zu 0,24 Procenten ergab sich im Versuche der mögliche Zuckergehalt (wenn nämlich keine andere das Kupferoxyd reducirende Substanz zugegen ist) in der hellgebrannten Stärke. Werfen wir noch einen Blick auf die tabellarische Zusammenstellung, so finden wir, daß im Ganzen die Zusammensetzung der in den Handel gebrachten Dextrinsorten eine sehr wechselnde ist. Selbst das als ganz vorzüglich zu bezeichnende Dextrin von Langensalza enthält nur etwa drei Viertheile eigentliches Dextrin (d. h. lösliche, Fehling'sche Flüssigkeit nicht reducirende Substanz); außerdem zeichnet sich dasselbe durch den geringen Wassergehalt (nur 5,6 Procente) aus. Es war das trockenste aller untersuchten Proben und enthielt zugleich die geringste Menge unlöslicher Bestandtheile. Der Zuckergehalt betrug darin gleichwohl gegen 9 Procent. Die ältere Dextrinprobe 5 ist auffallend durch ihren geringen Zuckergehalt. Sucht man in den vier hier in Betracht kommenden Dextrinsorten das Verhältniß zwischen Zucker und eigentlichem Dextrin auf, so ergibt sich daß dasselbe kein constantes ist, vielmehr kommen auf einen Gewichtstheil Zucker an eigentlichem Dextrin im: älteren Dextrin 35,6 Gewichtstheile Gommelin 10,4 Gewichtstheile Dextrin von Langensalza 8,3 Gewichtstheile braunen Dextrin 8,3 Gewichtstheile In den beiden Proben gebrannter Stärke ist die Zuckerbildung, in unserem Sinne, dagegen so gut wie verschwindend. Die hellgebrannte Stärke zeichnet sich endlich noch durch den enormen Gehalt (86,5 Procente) an unlöslichen Bestandtheilen aus; nach dieser Richtung wäre dieselbe eben als nur wenig verändertes Stärkmehl zu bezeichnen. Von der dunkelgebrannten Stärke waren hingegen nahezu vier Fünftel bereits in Wasser löslich geworden. Das Zutreffen der specifischen Gewichte der wässerigen Lösungen dieser Dextrinsorten mit der von Balling für Zucker und Dextrin zugleich gebrauchten Tabelle betreffend, stimmte in dem eingangs betrachteten Beispiele des Gommelins der aus dem specifischen Gewichte der Lösung nach Balling's Tabelle abgeleitete Extractgehalt mit der directen Bestimmung so gut wie vollkommen überein, so daß man geneigt seyn könnte in ähnlichen Fällen die langwierige directe Bestimmung des gelösten Antheiles durch die Benutzung der Balling'schen Tabelle zu umgehen. In den anderen Versuchen ergaben sich jedoch z. Th. nicht unerhebliche Abweichungen in dem Ergebnisse der beiden Bestimmungsarten. Ich will daher noch die nach beiden Methoden erhaltenen Extractmengen nebeneinander gestellt hier einfügen. Balling. Direct. 1. 7,229 7,473 2. 6,915 6,699 3. 6,498 6,602 4. 6,000 6,066 5. 4,149 4,789 6. 0,545 0,551. Im Allgemeinen fiel hier also die directe Bestimmung etwas höher aus als die nach Balling aus dem specifischen Gewichte abgeleiteten Werthe. Es findet hier folglich ein umgekehrtes Verhältniß statt wie man es bei der Bestimmung des, gleichfalls wesentlich aus Dextrin und Zucker bestehenden Bierextractes beobachtet, wo die directe Bestimmung den niedrigeren Extractgehalt liefert. Für die Werthe in der tabellarischen Zusammenstellung wurden immer die auf directem Wege erhaltenen Zahlen benutzt. München, im Reischauer'schen Laboratorium, Sept. 1868.