Titel: Ueber einige amerikanische Processe zur Entschwefelung goldhaltiger Erze; von Adolph Ott in New-York.
Autor: Adolph Ott
Fundstelle: Band 190, Jahrgang 1868, Nr. LXII., S. 214
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LXII. Ueber einige amerikanische Processe zur Entschwefelung goldhaltiger Erze; von Adolph Ott in New-York. Ott, über einige amerikanische Processe zur Entschwefelung goldhaltiger Erze. Mit der Entwickelung des Berg- und Hüttenwesens in den Vereinigten Staaten von Nordamerika konnte es nicht ausbleiben, daß man auf den Nutzen der Zugutemachung der so vielfach verbreiteten goldführenden Kiese aufmerksam wurde. Versuche in dieser Richtung, welche auf rationeller Grundlage fußten, fanden zuerst in Californien statt, als eine Abnahme in der Ergiebigkeit seiner Goldseifen und goldführenden Quarzgänge sich fühlbar zu machen begann. Durch die daselbst erzielten Resultate wurde jedoch bald nicht allein dort, sondern überall wo jene Erze in bauwürdiger Beschaffenheit sich vorfanden (wie in Idaho, Novada, Arizona, Colorado, Virginien, Nord- und Südcarolina und Georgia), der Grund einer — wenigstens für Nordamerika — neuen Art Metallgewinnung gelegt, insofern neuen, als ihre frühere Benutzung wohl nicht auf den Namen einer „Gewinnung“ im Sinne der modernen Hüttenkunde Anspruch machen durfte. Der Gang der Operationen in der Verhüttung goldhaltiger Pyrite blieb zwar derselbe wie er anderwärts in Anwendung kommt, und die Röstung, d. h. die Entfernung gewisser flüchtiger Körper bildet nach wie vor einen nothwendigen Theil hiervon. Erst nach deren Vollendung wird das Erz den Processen unterworfen, wie sie für nicht schwefel-, resp. antimon- und arsenikhaltige Mineralien direct in Anwendung gebracht werden. Gleich wie auf verwandten Gebieten, so ist auch auf diesem seit einer Reihe von Jahren, namentlich aber seit der Ansiedelung abenteuerlicher Goldsucher in Colorado,Gold wurde in Colorado im Jahre 1858 am Ufer des Plate River, in der Nähe der jetzigen Stadt Denver entdeckt. Von 1860 bis zum Ausbruche der Rebellion fand ein fortwährender Auswanderungsstrom dahin statt. Dieser Staat zählt jetzt 36,000 Einwohner ausschließlich der Mexikaner und Indianer. vielfach ohne Beachtung der von tüchtigen Hüttenleuten jenseits des Oceans veröffentlichten Erfahrungen, eine Unzahl von Vorschlägen zur Entschwefelung jener Mineralien gemacht worden. Wir finden diesen Vorgang indessen zum Theil erklärt, wenn wir bedenken, daß die für Blei- und Kupfererze gewöhnlich stattfindenden Röstverfahren für güldische Kiese unzulänglich, zeitraubend und mit einer Verflüchtigung edler Metalle verknüpft sind. Unter jenen, zum Theil in die Praxis übergegangenen Vorschlägen sind nur wenige wahrhaft nützlich und originell, und es liegt in der Natur der Sache, daß sich das Neue wenig oder gar nicht auf den darin zur Geltung kommenden chemischen Proceß, dagegen größtentheils auf die Ofenconstruction bezieht. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die bewährtesten Erfindungen auf bezeichnetem Gebiete in diesem Journale zu besprechen, hoffend damit um so mehr Anklang zu finden, als in Europa, wie es scheint, sich die Aufmerksamkeit neuerdings der Aufbereitung selbst armer güldischer Kiese zugewandt hat.Wir sagen dieß in Hinsicht auf die Pyrite von Chessy und Sain-Bel, deren Goldgehalt nur 1/10,000 seyn soll. Bevor wir zur Sache selbst übergehen, wollen wir jedoch die öfter angeregte Frage über „den Zustand und die Vertheilung des Goldes in den Pyriten,“ wenigstens was den ersteren Theil anbetrifft, zu erledigen suchen, indem diese Frage, wenn sie auch von größerer Wichtigkeit für die der Entschwefelung vorhergehenden und auf diese folgenden Operationen ist, doch nicht ganz ohne Bedeutung für die Röstung selbst bleibt. I.Ueber den Zustand und die Vertheilung des Goldes in den Pyriten. Der Umstand, daß durch vorherige Abröstung der goldführenden Kiese oder Aussetzen derselben an die Atmosphäre ein namhaft größerer Goldgehalt resultirt, als durch sofortiges Amalgamiren oder Verwaschen, sowie der, daß das Gold meistens nur nach der Entschwefelung sichtbar wird, hat zu der Ansicht Veranlassung gegeben, dasselbe möchte darin nicht isolirt, sondern an Schwefel (einige sagen an Arsenik oder Antimon) gebunden, vorhanden seyn. Die größere Ausbeute soll sich dadurch erklären, daß die resp. Verbindung durch die Hitze zerstört werde. Obschon durchaus keine anderen als die angeführten Thatsachen vorliegen, welche dieser Ansicht zur Stütze dienen könnten, so erhielt sie doch in letzterer Zeit bedeutend Nahrung durch die von Wohler veröffentlichte Analyse eines in Borneo entdeckten, dem krystallinischen Eisen ähnlichen Minerales, welches hauptsächlich aus Osmium- und Rutheniumsulfid besteht. Wenn, sagte man, diese beiden, dem Golde in ihren Eigenschaften so nahe stehenden Metalle in der Natur mit Schwefel verbunden vorkommen, so kann dieß ebenso gut mit dem Golde der Fall seyn. Man vergaß freilich dabei, daß, obschon die Existenz eines natürlichen Goldsulfurids nicht außerhalb des Bereiches der Wahrscheinlichkeit liegt, daraus doch noch lange nicht folgt, daß ein solches in den Schwefelkiesen wirklich vorhanden sey. Zu den Anhängern der Sulfidtheorie gehören nicht allein die in Amerika mit der Goldgewinnung beschäftigten Berg- und Hüttenleute, sondern auch Autoritäten wie Dumas, Brogniart, Erdmann, und in diesem Lande die mehr oder weniger durch ihre geologischen Arbeiten bekannten Gelehrten Emmons, Lieber, Renwick und Stevens. Dumas stützt sich zum Theil auf die oben angeführten Beobachtungen, sowie auf die Thatsache, daß er nicht im Stande gewesen sey, Gold mit Hülfe des Mikroskopes in feinpulverisirten güldischen Kiesen zu entdecken; außerdem spricht er die Ansicht aus, daß das Gold seiner elektronegativen Natur wegen wohl größtentheils als Doppelsulfid im Eisen- und Kupferkies etc. vorhanden seyn dürfte.Muspratt'sChemistry, vol. II p. 264. — Wir führen in der Folge nur die weniger bekannten Quellen an. Ebenso Brogniart. — Erdmann gibt dem zu Reichenstein in Schlesien vorkommenden arsenikalischen Golderz die Formel 2(Au2S3), 3(As2S3, Sb2S3),Bruno Kerl, die Rammelsberger Hüttenprocesse, S. 4. auf welchen Grund hin, ist uns unbekannt. Ohne hier auf die gründliche Arbeit von H. Wurtz „über die Genesis des Goldes“Sie zieht sich durch die Jahrgänge 1867 und 68 des American Journal of Mining hindurch und verdient in hohem Grade die Beachtung unserer deutschen Fachgenossen. — Man vergleiche auch Gold, its sources and origin, a paper read by Dr. Feuchtwanger, im Annual Report of the American Institute of the city of New-York for 1866 and 1867, pag. 739. einzugehen, worin derselbe die auch von uns getheilte Ansicht vertheidigt, daß dieses Metall im freien (metallischen) Zustande in den resp. Erzen vorhanden seyn müsse, gehen wir direct zu Thatsachen über, wie sie Jedermann zur experimentellen Prüfung vorliegen. In Betreff des von den Anhängern der Sulfidtheorie geltend gemachten Umstandes, daß durch Abrösten oder Verwitternlassen der Kiese ein bedeutend größerer Goldgehalt resultire, als durch directe Amalgamation, sey erstens bemerkt, daß derselbe als Beweisgrund für die nicht metallische Natur des Goldes in den Pyriten keineswegs stichhaltig, ist; denn bedenkt man, daß dieses Metall darin gewöhnlich in so fein zertheiltem Zustand vorkommt, daß durch Pochen zu gewöhnlicher Feinheit ein stets mehr oder minder großer Theil desselben von Pyrit-Partikelchen umhüllt bleibt, so erklärt sich obige Erscheinung von selbst. Ueberdieß gewinnt man durch wiederholtes Pochen und Anquicken stets einen neuen Antheil edlen Metalles; ja, in einzelnen wenn auch seltenen Fällen erreicht man durch diese Behandlung eine Ausbeute, welche derjenigen der Analyse gleichkommt. Gleiche Resultate sind durch einfaches Verwaschen erzielt worden. Wir möchten ferner darauf hinweisen, daß durch einmalige Amalgamation sowohl der entschwefelten Erze wie des Quarzes selten mehr als 70 Proc. des darin vorhandenen edlen Metalles gewonnen werden, ja Silliman vermochte aus californischem Quarz ohne Zusatz von Natriumamalgam zum Quecksilber in einem Falle nicht ganz 60 Proc. auszuscheiden, und in einem anderen Falle nicht 40 Proc.Chemical News, 1866, vol. XIV p. 170; polytechn. Journal Bd. CLXXXIII S. 34. Mit bloßem Auge nicht sichtbares Gold kommt überdieß nicht allein in Schwefelkiesen, sondern auch öfters in Quarz vor. Solches Erz (Berggold) bezahlt sich bei sorgfältiger Behandlung gewöhnlich ungemein gut,B. Silliman hat unter anderen drei Proben Quarz untersucht, welcher mit der Loupe kein Gold mehr erkennen ließ und wovon a) doch durch einfache Amalgamation 4 Dollars 98 Cents, b) 6 Dollars 98 Cents und c) 10 Dollars 21 Cents in je 100 Pfd. ergab. (Remarks upon the gold mines, and on parts of the gold regions of Virginia, im American Journal of science and arts, vol. XXXII p. 105. während Gänge mit Golderzen, welche wohl schöne Stücke für mineralogische Cabinete oder ActiengesellschaftenEine Compagnie, welche nur auf den Humbug ausgeht, nennt der Yankee in seiner drastischen Weise a wildcat. liefern, durchschnittlich nicht sehr lohnend sind. Zuweilen mag auch ein anderer gewiß beachtungswerther Umstand dazu beitragen, daß sich die vorherige Abschwefelung der Kiese für ihre Verhüttung lohnender erweist als die directe Verwaschung oder Anquickung. B. Silliman hat nämlich gefunden, indem er fein gepochten Goldkies aus Virginien verwusch, daß das mit unbewaffnetem Auge kaum sichtbare Gold sich gewöhnlich oben ablagerte, so daß es durch die leiseste Bewegung fortgewaschen wurde, während ein den Kies begleitendes, obwohl specifisch leichteres Eisenoxyd („schwarzer Sand“Etwa Titansand, wie in den Goldseifen von Canada vorkommend? genannt) sich fortwährend unten ansammelte. Er schreibt diese Erscheinung der Beschaffenheit des Goldes zu; während das Gold nämlich in Blättchen sich zeigte, fand sich das Eisenoxyd in eckigen Körnern vor.American Journal of science and arts, vol. XXXII p. 98. — Wir möchten hier auch auf das bekannte Experiment von Faraday hinweisen, welcher durch Reduction einer Goldlösung mit Phosphor das Metall in so fein vertheiltem Zustande erhielt, daß die Flüssigkeit von dem suspendirten Golde roth erschien und letzteres erst nach sehr langer Zeit zu Boden sank. In solchen Fällen, d. h. wo das Gold in blätterigem Zustande vorhanden ist, liegt es nicht ganz außerhalb des Bereiches der Wahrscheinlichkeit, daß durch die Röstung die einzelnen Partikelchen schmelzen und dann die Adhäsion überwindend, welche sie zuvor an der Oberfläche festhielt, zu Boden sinken; wir wissen ja, daß die bei der Entschwefelung stattfindende Temperatur genügend hoch ist, um eine Verflüchtigung edlen Metalles zu bewirken. Sicher ist indessen, daß durch die Temperaturerhöhung eine Auflockerung des Gesteines und somit eine Vergrößerung der Differenz zwischen dem spec. Gewichte des letzteren und des Goldes bewirkt wird. Den zweiten von den Anhängern der Sulfid-Theorie geltend gemachten Einwurf betreffend, daß das Gold erst nach der Abschwefelung sich zeige, so erklärt sich diese Erscheinung durch die Desintegration, welche die das Gold einhüllenden Pyrit-Theilchen durch die Hitze erleiden, auf so einfache Weise, daß die Annahme einer Goldverbindung als eine unnöthige Zuflucht erscheint. Wie die Anhänger jener Theorie übrigens selbst zugestehen, ist metallisches Gold zuweilen in unzersetzten Pyriten mit und ohne Loupe bemerkbar. In verwitterten Schwefelkiesen findet man dieses Metall zudem in Blättern und Körnern, was nicht der Fall seyn könnte, wenn dasselbe in vererztem Zustande vorhanden gewesen wäre. Auch hat John Torrey, Probirer an der Münze zu New-York, in Colorado-Schwefelungen, welche durch die Loupe nicht eine Spur Goldes erkennen ließen, mittelst des Mikroskopes und Behandlung des gepochten Erzes mit salzsäurefreier Salpetersäure, Gold in blätter-, draht- und haarförmiger Gestalt nachgewiesen.Es wäre interessant zu wissen, ob mikroskopisch krystallinisches Gold auch in Schwefelkiesen vorkommt. Nach dem von den Regierungs-Commissären Roß Brown und I. W. Taylor verfaßten Berichte über den Mineralreichthum der Vereinigten Staaten besindet sich in der Nähe von Sonora frei gefundenes Gold in der Sammlung eines gewissen Dr. Snell in Californien. Es wird als in verzogenen Oktaëdern vorkommend beschrieben; wahrscheinlich sind es Krystalle mit dem Oktaëder am Würfel, vielleicht auch verwickeltere Formen. — Die Krystallgestalten des Goldes betreffend, vergleiche man übrigens den Aufsatz von Francis Alger im American Journal of science and arts, 2. series vol. X p. 101; derselbe hatte Gelegenheit eine Sammlung von Exemplaren im Werthe von circa 4 Millionen Dollars zu untersuchen. Nach dem angeführten Berichte (Seite 204) sollen neuerdings bei Angels in Californien Goldkrystalle von ⅛–¼ Zoll Durchmesser von schwammiger Beschaffenheit und fast so leicht wie Kork ausgewaschen worden seyn; diese Nachricht kann jedoch vor der Hand nur mit größter Vorsicht aufgenommen werden. Bedenkt man endlich, daß das Gold in der Natur wohl in Verbindung mit seltenen Metallen, wie mit Tellur und Silber im Schrifterz, und legirt mit QuecksilberJournal für praktische Chemie, Bd. XLIII S. 317. und WismuthAmerican Journal of science and arts, 2. series vol. IV p. 280. gefunden, aber noch nicht mit Schwefel vererzt entdeckt worden ist, so muß die Hypothese von dem „Schwefelgold in den Pyriten“ nothwendig in das Reich der Phantasie verwiesen werden. Bekanntlich tritt selten ein Schwefelmetall im Mineralreich für sich auf, wohl aber finden wir gewöhnlich Gemenge verschiedener; Bleiglanz trifft man oft mit Zinkblende an, Kupfer- und Arsenikkies mit Eisenkies u. s. f. Wie nun die Vertheilung der Erze und Erzmittel auf Gängen eine höchst verschiedene ist, so scheint es auch mit derjenigen des Goldes in den es einschließenden Schwefelmetallen der Fall zu seyn. Es treten daher die Fragen auf: 1) ob das Gold sich darin ganz ungleichmäßig vertheilt findet, oder 2) ob eine jener Geschicke vorzüglich als Ansammlungsmittel für dieses Metall dient, und in diesem Falle 3)welche der betreffenden Bildungen die Hülle sey? Ueber diesen Gegenstand gibt es freilich fast nur Vermuthungen, doch sey hier das Wenige, was sich in der Literatur darüber findet, zusammengestellt. Nach Hausmann ist das Gold der im Rammelsberge vorkommenden Gebilde wahrscheinlich wie auf den Lautenthaler Gängen am Oberharze an Zinkblende gebunden;Hausmann, Studien des Göttinger Vereines bergmännischer Freunde, Bd. III S. 332. er schließt dieß daraus, daß in den blendefreien Bleiglanzen, Eisen- und Kupferkiesen der Oberharzer Gänge sich keine Spur Gold nachweisen lasse. Kerl spricht indessen die Ansicht aus, daß, weil aus den Juliushüttener blendereichen Braunerzen der geringste, aus den an Schwefelkies reichen Kupfererzen der größte Goldgehalt resultire, wahrscheinlich neben Zinkblende hauptsächlich der Schwefelkies und vielleicht in noch höherem Grade der Arsenikkies als Träger des Goldes anzusehen sey.Bruno Kerl, Ergänzungen zur ersten Auflage der Rammelsberger Hüttenprocesse, S. 22. Nach Holzmann soll in dem Erzgemenge des Rammelsberges der Kupferkies die Hülle des Goldes seyn.Holzmann's hercyn. Archiv, S. 525. Auch in diesem Lande betrachtet man im Allgemeinen den Kupferkies als das Ansammlungsmittel eines großen Quantums in den Pyriten vorkommenden Goldes. Namentlich hat man diese Erfahrung in Colorado gemacht, wo nach WhitneyJ. P. Whitney,Colorado in the United States of America, p. 40. einzelne Lagerstätten dieses Kieses oft über 2000 Dollars per Tonne à 2000 Pfd. ergeben. Dort gilt also das chilenische Sprüchwort: „findest du Kupfer, so hast du Gold.“ Dagegen werden in Nordcarolina, Virginien und anderswo die goldführenden Gänge in der Teufe nur Kupfergänge. (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)