Titel: Capitän Warrens' Kochtopf, auch Anhydrat-Kochtopf genannt.
Fundstelle: Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XVI., S. 79
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XVI. Capitän Warrens' Kochtopf, auch Anhydrat-Kochtopf genannt. Mit einer Abbildung. Warren's Anhydrat-Kochtopf. Dieser neue, von Capitän Warrens erfundene Kochapparat, welcher auf der vorjährigen Pariser Welt-Ausstellung mit der großen goldenen Medaille prämiirt worden ist, wird sich als eine wichtige und interessante Neuerung des letzten Jahrzehntes auf dem Gebiete der Speisebereitung auch bei uns bewähren.Wir verweisen auf den Anhydrat-Kochtopf von E. Kohn in Berlin, welcher auf der letzten Welt Ausstellung zu Paris mit einer goldenen Medaille bedacht wurde, beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLXXXVIII S. 391 (erstes Juniheft 1863).A. d. Red. Derselbe kann auf jedem Herd, mit jedem beliebigen Brennmaterial benutzt werden, und sein Hauptvorzug vor jedem anderen Kochgeschirr besteht darin, daß man das Fleisch ohne jeden Zusatz von Wasser kocht, demnach die kräftigste Bouillon ohne jede Beimischung von Wasser gewinnt. – In ähnlicher Weise kocht man Kartoffeln, Gemüse etc., Alles zu gleicher Zeit, ohne Anwendung von Wasser, mit geringem Consum an Brennmaterial und ohne daß während des Kochens irgend welche Beaufsichtigung nöthig ist; trotzdem ist es absolut unmöglich, daß das Fleisch oder irgend eine Speise überkochen oder anbrennen kann. – Das Fleisch wird während des Kochens weder mit Dampf noch mit Wasser in Berührung gebracht, also in seinen eigenen Säften zubereitet, und behält demnach seinen ganzen Nahrungsstoff und Wohlgeschmack unverkürzt, während es an Gewicht fast nichts verliert. Der Apparat empfiehlt sich für jeden Hausstand, dem es darum zu thun ist, ohne Vermehrung des Kostenaufwandes eine kräftigere und zugleich wohlschmeckendere Nahrung zu erzielen. Textabbildung Bd. 191, S. 80 Der Warrens'sche Kochtopf ist aus verzinnten Bessemerblech angefertigt und besteht aus drei Töpfen und einem Deckel, von denen der unterste (A) so weit mit Wasser gefüllt wird, daß der Boden des zweiten (B), wenn man ihn hineinstellt, vom Wasser berührt wird. – Der Topf A wird nun zunächst allein in dem Ring der Kochplatte auf das Feuer gestellt, zu welchem Zwecke an dem Gefäße ein zwei Zoll breiter Ansatz D, D angebracht ist. Sobald das darin befindliche Wasser kocht, setzt man den Topf B, auf dessen Boden ein kleines Sieb liegt, hinein. In diesen letzteren wird das vorher gereinigte Fleisch ohne alles Wasser gegeben, mit Grünzeug versetzt, und demnächst wird der Torf B mit dem Deckel geschlossen, bei dessen Auflegen man zu beobachten hat, daß der darin befindliche Rohransatz in das im Topfe B befindliche Rohr eingreift, damit der Dampf weiter geführt wird, und nicht in den Topf B eindringen kann. Der Deckel besteht aus doppelten Wänden, um dem Ausstrahlen der Hitze und dem Hinabsteigen des Dampfes vorzubeugen. – Man thut gut, den Topf, wenn das Wasser im Kochen ist, seitwärts vom Feuer zu rücken, jedoch so, daß das Wasser immer im Kochen bleibt. – Nach 2–3 Stunden ist das Fleisch gekocht und man gießt sodann die Bouillon durch ein Sieb. – Will man Gemüse, Kartoffeln u.s.w. gleichzeitig mit Bouillon und Fleisch kochen, so kommt der Aufsatz C in Anwendung, dessen am unteren Boden befindlicher Rohransatz gleichfalls in das im Topfe B vorhandene Rohr eingreift und der alsdann auch mit dem Deckel geschlossen wird. – Man wellt Gemüse, wie Kohl, Rüben u.s.w. zuvor ab, thut etwas Butter daran und setzt dasselbe ebenfalls ohne Wasser, entsprechend später als das Fleisch auf; Kartoffeln bedürfen etwa 1/2 Stunde und werden vortrefflich mehlig. Im Allgemeinen kann man annehmen, daß beim Kochen für jedes Pfund Fleisch etwa 1/3 bis 1/2 Stunde ausreicht, besonders wenn das Fleisch in größere Stücke geschnitten wird. – Nachstehender Maaßstab dürfte beim Kochen als Regel festzuhalten seyn: eine Hammelkeule von 10 Pfd. gebraucht etwa 3 Stunden, 10 Pfund Rindfleisch       „          „ 3     „ 30 Minuten, eine Gans       „          „ 2     „ 30     „ ein Truthahn       „          „ 3     „ ein Schinken von 20 Pfund       „          „ 9     „ Pökelfleisch gebraucht etwa 1/3 mehr Zeit als frisches und wird mit so vielem Wasser im Topf B aufgesetzt, daß das Fleisch davon bedeckt wird. Die sich bei diesem Proceß aus dem Fleische entwickelnde Flüssigkeit, welche sich mit dem Wasser mischt, kann zu einer vortrefflichen Suppe benutzt werden. Eine Beaufsichtigung bedingt – wie schon erwähnt – der Apparat während des Kochens nicht; die Speisen können nach ihrer Abkochung noch 2–3 Stunden in demselben warm erhalten werden, ohne daß sie an Geschmack und Qualität einbüßen. Zu beobachten ist schließlich noch, daß die einzelnen Geschirre, wenn sie nicht im Gebrauch sind, trocken erhalten und nicht zugedeckt werden, sowie daß man sie nicht mit Sand, sondern am besten mit Holzasche oder Seifenlauge reinigt und putzt.Solche Kochtöpfe sind aus der Metallwaarenfabrik des Herrn F. W. Haardt in Wien (Niederlage: Opernring 8) in verschiedenen Größen zu beziehen. (Verhandlungen und Mitttheilungen des niederöstereeichischen Gewerbevereines, 1868, Nr. 30.)