Titel: Ueber den Portlandcement.
Fundstelle: Band 191, Jahrgang 1869, Nr. LXIV., S. 287
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LXIV. Ueber den Portlandcement. Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1868, Bd. XII S. 257. Ueber den Portlandcement. Unter diesem Titel bringt Erdmann's Journal für praktische Chemie, 1867, Bd. C S. 257–303, eine umfangreiche Arbeit von Dr. W. Michaelis, in welcher derselbe eine sehr sorgfältige Kritik der über den Portlandcement bestehenden Ansichten veröffentlicht und namentlich durch einige wichtige Versuche diesen Gegenstand klar beleuchtet, wobei er, auf eine mehrjährige Praxis gestützt, den Weg zur Darstellung von tadellosem Cement vorgezeichnet hat. Unter „Cement“ verstand man früher diejenigen Substanzen, welche mit Kalk vermischt einen Wassermörtel lieferten. Alle diese Zuschläge enthalten die Kieselsäure in löslicher Form und es sind besonders der Traß, die Puzzolane und Santorinerde. Der heutige Sprachgebrauch bezeichnet unter Cement allgemein „Mörtel, welche unter Wasser erhärten.“ Die „Romancemente“ (der Name rührt von Parker her, welcher durch Brennen der Kalksteinnieren der Insel Sheppey einen dem von den Römern aus Puzzolane bereiteten ähnlichen Wassermörtel herstellte) werden hergestellt aus natürlich vorkommenden thonhaltigen Kalken, welche bei niedriger Temperatur gebrannt ein hell bis dunkel rothbraunes staubiges Pulver darstellen, welches Kohlensäure und Feuchtigkeit leicht anzieht. Die Portlandcemente (von Aspdin erfunden und nach dem in England als portlandstone geschätzten Bausteine benannt, welchem der erhärtete Cement an Farbe und Haltbarkeit gleichkommt) sind künstlichDer in der Fabrik von Kraft und Saulich zu Perlmoos bei Kufstein in Tyrol durch einfaches Brennen des bei Häring in großer Mächtigkeit vorkommenden. Steines hergestellte Cement gehört nach Zusammensetzung und der physikalischen Beschaffenheit unzweifelhaft zu den Portlandcementen. Ueber diesen Cement, welcher durch praktische Versuche sich als vollkommen gleichwerthig mit den besten englischen Cementen gezeigt hat, findet sich Näheres in einer Mittheilung von Georg Rebhann („Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines,“ 1864 S. 13 und 63). Der Stein wird mit Braunkohlen ohne weitere Vorbereitung bei. starker Hitze bis zur beginnenden Sinterung gebrannt und dann gemahlen. durch Zusammenmischen von Thon und Kalkstein in ganz bestimmten Verhältnissen bei beträchtlich höherer Temperatur (die Entfernung der Kohlensäure genügt nicht) gebrannte schlackige Massen, deren Pulver schuppigkrystallinisch, von grauer Farbe mit einem Stich in's Grüne, weit höheres specifisches Gewicht hat und viel langsamer Kohlensäure und Feuchtigkeit anzieht. Beim Anrühren mit Wasser erhärtet der Portlandcement in weit kürzerer Zeit und erlangt zunehmend größere Härte, an der Luft sowohl wie unter Wasser. Es folgen die Analysen verschiedener Sorten von:Siehe die Tabellen auf Seite 289 und 290. Bevor wir der Michaelis'schen Arbeit weiter folgen, wollen wir einen Rückblick auf den Streit geben, welcher über die Theorie der Erhärtung der Portlandcemente in den letzten zehn Jahren von verschiedenen Seiten geführt worden ist. Bekanntlich gab v. Fuchs (Erdmann's Journal für technische und ökonomische Chemie, 1829, Bd. VI S. 1 und 132) zuerst eine wissenschaftliche Erklärung des beim Erhärten der hydraulischen Mörtel stattfindenden Vorganges, indem er durch Versuche nachwies, daß unter dem Einflusse des Wassers eine chemische Verbindung zwischen aufgeschlossener Kieselerde und Kalkhydrat eintrete. Im Jahre 1856 stellte Winkler (Erdmann's Journal, Bd. LXVII S. 444; polytechn. Journal, Bd. CXLII S. 106) die etwas abweichende Ansicht auf, nach welcher es zwei verschiedene Classen von Cementen gebe, für deren erste (die sogenannten Romancemente: gelinde gebrannte hydraulische Mergel, Gemenge von Puzzolane, Traß, Ziegelmehl etc. mit Kalk umfassend), welche nach ihm im frischen Zustande stets Aetzkalk enthalten, er die Theorie von Fuchs anerkennt; während die zweite Classe, zu welcher er die Portlandcemente rechnet, welche, wie er behauptet, im frischen Zustande keinen Aetzkalk enthalten, einem anderen Vorgange beim Erhärten unterliegen soll, wornach unter Mitwirkung des Wassers ein basisches Silicat (1 SiO³ + 3 oder 4 RO) in freien Aetzkalk und in eben solche Verbindungen zwischen Kieselerde und Kalk, Thonerde und Kalk zerfällt, wie sie in den Romancementen aus dem Aetzkalk und der Kieselerde oder sauren Silicaten sich bilden. Dieses Austreten von Aetzkalk finde während der ganzen Erhärtungszeit des Portlandcementes statt, und das zurückbleibende Silicat sey nachher identisch mit dem in den Romancementen gebildeten. Es würde zu weit führen, auf die zu diesen Schlüssen veranlassenden Versuche ausführlich zurückzugehen. Im Jahre 1858 (Wagner's Jahresbericht für 1858, S. 214; 1864, Romancement, dargestellt aus: Textabbildung Bd. 191, S. 289 1. Kalkstein (oberer Muschelkalk) von Krienberge bei Rüdersdorf; 2. Kalksteinniere von Sheppey; 3. Kalkstein (obere Muschelkalkform.) des Bleierzes von Tarnowitz; 4. Gemenge von fettem und magerem Kalkstein von Hamberger; 5. Kalkstein von Metz; 6. Kalkstein von Holkin Mountain bei Holywell, Flintshire; Kalk; Magnesia; Kieselsäure; Thonerde; Eisenoxyd Portlandcement: Textabbildung Bd. 191, S. 289 1. Englischer von White Brothers (Michael); 2. Stettiner Cement (Michael); 3. Wildauer Portlandcement (Michael); 4. Wildauer Portlandcement (Michael); 5. Sterncement aus Stettin (Michael); 6. Stettiner Cement (Michael); 7. Englischer Cement (Hopfgartner); 8. Bonner Bergwerks- und Hüttenverein (Hopfgartner); 9. Kraft und Saullich in Perlmoos (Feicht); Kalk; Kieselsäure; Thonerde; Eisenoxyd; Magnesia; Kali; Natron; Schwefelsäure; Kalk; Thon; Sand Thon, als Zuschlag bewährt, als wasserfrei berechnet: Textabbildung Bd. 191, S. 290 1. Medwaython (Feichtinger); 2. Von der Elbe, Provinz Sachsen (Michaelis); 3. Pommern (Michaelis); 4. Oberharz (Michaelis); 5. Mark Brandenburg (Michaelis); Kieselsäure; Thonerde; Eisenoxyd; Kalko; Magnesia; Kali; Natron; Schwefelsaurer Kalk S. 266) tritt Feichtinger mit Versuchen dieser Winkler'schen Ansicht entgegen und sucht die Richtigkeit der Fuchs'schen Theorie auch für die Portlandcemente zu beweisen. Winkler erwiedert (polytechn. Journal, 1865, Bd. CLXXV S. 208) und findet in den Feichtinger'schen Versuchen gerade eine Bestätigung seiner eigenen Ansicht, welche er noch durch neue Versuche zu beweisen sucht, worauf Feichtinger (polytechn. Journal, Bd. CLXXVI S. 378) ausführlich Punkt für Punkt antwortet und die Fuchs'sche Theorie vertheidigt. A. Winkler ist jedoch (polytechn. Journal, Bd. CLXXVIII S. 223) hiermit keineswegs einverstanden, führt vielmehr für seine Ansicht sprechende, seitdem veröffentlichte Versuche von E. Fremy (Comptes rendus, t. LX p. 993 oder polytechn. Journal Bd. CLXXVII S. 376) und von W. Heldt (Erdmanns Journal, Bd. XCIV S. 129–161 und S. 202–237) zu seinen Gunsten an. Wir wollen versuchen, von dem Streite ein klares Bild im kleinen Raume zu geben, verweisen jedoch auf die Originalabhandlungen, da diese schwer zu entscheidende Frage jedenfalls noch nicht klar und unumstößlich beantwortet ist. a) Winkler behandelte 1 Grm. Portlandcement 85 Tage hindurch mit der 1500fachen Menge Wasser, wodurch von den 0,52 Grm. Kalk, welche im Cemente enthalten waren, 0,191 Grm. Kalk und außerdem 0,045 (Alkalien, Kieselerde etc.) gelöst wurden. 1. Erklärung nach Winkler: Das basische Silicat des Portlandcementes zerfällt beim Erhärten in ein Silicat, welches dem aus Romancementen (nach Fuchs' Theorie) sich bildenden gleich zusammengesetzt ist, und in freien Kalk, welcher vor der Behandlung mit Wasser im Cemente nur mit Kieselerde etc. gebunden enthalten ist. 2. Erklärung nach Feichtinger: Das allmähliche Freiwerden von Kalk rührt daher, daß im Portlandcemente der freie Kalk (welcher in jedem Cemente enthalten seyn muß) überall von gesintertem Thon umhüllt ist, wodurch die Einwirkung des Wassers auf den Kalk und die daraus folgende Lösung verlangsamt wird. 3. Winkler: Gegen 2. spricht die Erfahrung, daß im Feuer schmelzender Thon und freier Kalk nebeneinander, ohne sich zu verbinden, nicht bestehen können, vielmehr wird letzterer aufgenommen, und es bilden sich basische Silicate, welche nachher nicht geschmolzen werden dürfen. 4. Feichtinger: Gegen 3,: Der Thon darf nur sintern, nicht so weit schmelzen, daß aller Kalk mit ihm verbunden ist. Um Letzteres zu bewirken, wäre eine vollständige Schmelzung (Verglasung) der ganzen Masse nöthig. Die Praxis hat gezeigt, daß in diesem Falle der Cement unbrauchbar (verbrannt) ist. 5. Winkler: Der Erhärtungsproceß ist ein doppelter, ein physikalischer, sofern er das Verkitten der getrennten Pulvertheile begreift; ein chemischer, sofern die Molecüle durch die chemische Reaction vorübergehend beweglich werden und die Verkittung möglich machen. Der austretende Kalk legt sich zwischen die Pulvertheilchen und verursacht die Verkittung. 6. Feichtinger: Gegen 5: Einige Zeit nach dem Anrühren mit Wasser sind die Pulvertheile statt des anfänglich angewendeten Wassers von Kalkwasser umgeben, welches, wenn einmal gesättigt, keine weitere Auflösung bewirken kann. Die weitere Zersetzung ist erst möglich, wenn frisches Wasser hinzukommt (dieß ist jedoch nicht die Bedingung des Erhärtens) oder wenn der Kalk aus dem Wasser abgeschieden wird (durch Kohlensäure, Kieselsäure etc., was hier nicht der Fall ist). b) Feichtinger rührte Portlandcement mit einer concentrirten Lösung von kohlensaurem Ammoniak zu einem Brei an, wobei keine Erhärtung eintrat, und ein großer Theil kohlensaurer Kalk gebildet wurde; als er darauf das überschüssige kohlensaure Ammoniak durch Waschen mit Wasser entfernt und den Cement getrocknet hatte, trat beim Vermischen mit Wasser keine Erhärtung ein, wohl aber erhärtete das Pulver, wenn er ihm etwas Kalkhydrat zugesetzt hatte. Ferner leitete er in Wasser, in welches wenig Portlandcement eingerührt war, 1 bis 2 Stunden lang einen Strom Kohlensäure (wodurch viel kohlensaurer Kalk, oft bis 27 Proc. gebildet wurde). Das Pulver wurde getrocknet und erhärtete niemals mit Wasser; sobald er aber Kalkhydrat zusetzte, erhärtete es wie frischer Mörtel. 7. Versuch b) zeigt nach Feichtinger, daß in dem Portlandcemente Silicate oder freie Kieselerde enthalten sind, und daß die durch Zusatz von Kalkhydrat erfolgte Erhärtung nicht durch Winkler's Theorie erklärbar ist. 8. Winkler: Gegen 7: Die freie Kieselerde ist erst durch Zerlegung der Silicate des frischen Cementes durch die Kohlensäure resp. das kohlensaure Ammoniak entstanden, und zwar werden die mechanisch feinsten Theile schneller zerlegt als die größeren, welche im Inneren selbst unzersetzt bleiben. Das Resultat des Versuches b) ist also ein Gemenge, welches besteht: α) aus kohlensaurem Kalk und neutralen Silicaten, β) aus unverändertem Cemente im Inneren der groben Stückchen, γ) aus sauren Silicaten, und freier Kieselerde und Thonerde. Daß die noch unveränderten Cementstückchen nicht mehr erhärten, ist eine Folge ihrer groben mechanischen Beschaffenheit, des zwischenliegenden Schlammes und der ihre Oberflächen bildenden neutralen Silicate. Die Erhärtung durch Kalkhydrat wird durch die unter γ) genannten Körper bewirkt. c) Feichtinger behandelte unter gleichen Verhältnissen α) gefällten kieselsauren Kalk, β) Hohofenschlacke mit 32,4 Proc. Kalkgehalt und γ) Portlandcement sowohl mit Kohlensäure als mit kohlensaurem Ammoniak, und erhielt kohlensauren Kalk in Procenten: mit Kohlensäure: mit kohlensaurem Ammoniak: aus α)   4,65   7,72 β)   3,95   4,57 γ) 25,4   31,7   9. Die Resultate sprechen gegen 8.: Die Kohlensäure und das kohlensaure Ammoniak wirken auf die Kalksilicate weit langsamer, wie auf Portlandcement. Es bildet sich bei jenen so wenig kohlensaurer Kalk, daß man nicht an eine bemerkenswerthe Abscheidung von Kieselerde (oder sauren Silicaten) aus dem Portlandcemente in Folge der Behandlung mit Kohlensäure schließen kann. Vielmehr beweist der Versuch durch die energische Bildung von kohlensaurem Kalk das Vorhandenseyn von freiem Kalk, welcher beim Erhärten mit den Silicaten (welche allerdings beim Erhitzen etwas Kalk aufgenommen haben, ohne damit gesättigt zu seyn) sich verbindet. d) Winkler löschte hydraulischen Kalk von Strehlen bei Dresden vollständig in kochendem Wasser und brannte ihn darauf wieder bei stärkster Weißgluth. Das Product verhielt sich dem Portlandcemente ganz gleich. 10. Hiernach ist durch das Löschen mit kochendem Wasser alle freie Kieselerde mit Kalk verbunden und da das Brennen diese Verbindung jedenfalls nicht aufhebt, so kann das Erhärten nicht von einer Vereinigung des Kalkes und der Kieselerde herrühren. (Winkler.) 11. Feichtinger dagegen: Durch Behandlung eines hydraulischen Kalkes mit kochendem Wasser während einiger Stunden kann sich alle freie Kieselerde mit dem Kalk nicht verbinden, dieß geschieht erst, wenn der Kalk vorher in Lösung übergegangen ist, aus welcher Lösung dann die Kieselerde den Kalk wegnimmt, worauf das Wasser dann wieder neuen Kalk auflöst und so fort, bis die Kieselerde gesättigt ist. Da sich aber Kalk in heißem Wasser viel weniger wie in kaltem löst, so kann auch die Bindung des Kalkes durch die Silicate nur langsamer vor sich gehen. Im Gegentheil schützt das heiße Wasser die Silicate vor der Einwirkung des Kaltes; letzterer wurde auch beim nachherigen Brennen nicht vollständig mit dem Thone verbunden. e) Nach Winkler löst sich frischer, wie erhärteter Portlandcement vollständig in alkoholischer Salzsäure. Das Gleiche findet statt bei allen auf trockenem Wege dargestellten, in verdünnten Säuren löslichen Silicaten. Hingegen gibt kieselsaurer Kalk, welcher aus Wasserglas- und Kalklösung dargestellt ist, mit alkoholischer Salzsäure ungelöste Kieselsäure als schleimigen Rückstand. Ebenso verhalten sich alle auf nassem Wege dargestellten Silicate. 12. Dieser Versuch zeigt den Unterschied zwischen erhärtetem Portlandcement und einem auf nassem Wege entstandenen Kalksilicate, spricht also gegen die Gültigkeit der Fuchs'schen Theorie. (Winkler.) 13. Gegen 12: Der Portlandcement ist kein reines Kalksilicat, wie die auf nassem Wege dargestellten, welche zu dem Versuche e) gedient hatten. Doppelsilicate können sich ganz anders verhalten. (Feichtinger). 14. Die Winkler'schen Versuche widerlegen noch nicht die Theorie von Fuchs in Bezug auf den Portlandcement. Letzterer verhält sich anders wie die hydraulischen Kalte, weil der Gehalt und die Zusammensetzung seines Thones und in Folge davon auch die Veränderungen beim Brennen andere sind. Ist in dem Thon die Kieselerde sehr vorwiegend, so wird sie sich beim Brennen sehr leicht, bei niedriger Temperatur, ohne zu sintern, mit dem Kalk verbinden (hydraulische Mergel), während, wenn in dem Thon die Kieselerde mit ziemlich vielen Basen verbunden ist, zugleich mit dem Aufschließen durch das Feuer eine Sinterung eintritt, ohne daß die Kieselerde durch den Kalk gesättigt wird. Hierdurch wird die Masse viel cohärenter und dichter – ebenfalls eine Eigenthümlichkeit des Portlandcementes. Zusammensetzung des Thones und Verschiedenheit der Temperatur bedingen verschiedenes Verhalten. Fremy hat zunächst die Unrichtigkeit der Ansichten seiner Landsleute Vicat, Rivot und Chatoney bewiesen, welche die Erhärtung auf eine Wasseraufnahme der im Feuer gebildeten Thonerde-Kalk- und Kalksilicate zurückführten, indem er zeigte, daß weder Kalksilicate, noch Thonerde-Kalksilicate (künstlich dargestellte) in Berührung mit Wasser erhärten, daß hingegen die in der Hitze (und namentlich in hoher) gebildeten Kalk-Aluminate (Al²O³, CaO; Al²O³, 2 CaO; Al²O³, 3 CaO) im Wasser unter Hydratbildung sehr fest werden. Nach Fremy spielen diese Verbindungen beim Erhärten des Portlandcementes eine sehr bedeutende Rolle, außer ihnen jedoch ist auch die Verbindung zwischen den in der Hitze gebildeten Kalk- und Thonerdesilicaten mit freiem Kalkhydrat (welches sich, wenn kein freier Kalt vorhanden ist, aus dem Kalk-Aluminate bildet) von großem Einflusse auf die Erhärtung. W. Heldt's umfangreiche Arbeit legt ebenfalls einen großen Werth auf die Bildung eines Kalk-Aluminates. Die Kalk-Aluminate werden, wenn sie fein gepulvert mit wenig Wasser angerührt werden, fast augenblicklich fest und liefern Hydrate, welche im Wasser eine bedeutende Härte annehmen und sich außerdem mit chemisch unwirksamen Körpern (Quarz etc.) zusammenballen. Je höher die Temperatur, bei welcher Kalk mit Thonerde zusammengeschmolzen wird, desto fester werden sie bei der Wasseraufnahme. Eisenoxyd gibt ähnliche Verbindungen mit dem Kalk, wie die Thonerde. Die Verwandtschaft des Kaltes zur Thonerde ist nach Heldt im Feuer größer wie zur Kieselerde. Kieselsaure Thonerde wird durch Kalk unter Bildung von Thonerde-Kalk zerlegt und die in Folge dessen freiwerdende Kieselsäure vereinigt sich mit dem überschüssigen Kalk im Feuer zu einer basischen Verbindung. Letztere nimmt erst Wasser auf und verbindet sich nachher unter Erhärtung mit Kalkhydrat, welches sich aus dem Kalk-Aluminate bei der Berührung mit Wasser abgeschieden hat:Ob die von Winkler beobachtete Kalkabscheidung, welche hierdurch bestätigt wird, nur von Kalk-Aluminaten herrührt, oder ob unveränderter, von gesinterten Silicaten umhüllter Kalk, wie ihn Feichtinger annimmt, gleichzeitig vorhanden ist, bedarf noch weiterer Untersuchungen. Jedenfalls ist eine Verbindung von puzzolaneartigen Silicaten mit Kalk eine Ursache der Erhärtung, und das erst nach einiger Zeit eintretende Freiwerden (nach Heldt) – hier ist gewissermaßen der Kalk im Entstehungszustande – oder Bloßgelegtwerden des Kalkes (nach Feichtinger) eine Eigenthümlichkeit des Portlandcementes. In diesem Kalkhydratmedium bildet sich die harte kieselsaure Kalkverbindung, während das Thonerdehydrat wirkungslos in der Masse vertheilt bleibt. Ein Zusatz von 1 bis 2 Proc. Alkalien im Portlandcemente ist deßhalb so wichtig, weil durch ihre Löslichkeit im Wasser das der Erhärtung günstige alkalische Medium erzeugt wird, und sie außerdem beim Brennen die Aufschließbarkeit der Thonerde befördern, zu welcher sie eine noch größere Verwandtschaft wie der Kalk haben. Die Wasseraufnahme, namentlich bei Portlandcement, dauert 2 bis 3 Wochen; dann tritt ein Stillstand ein. Nachher kommt die in jedem Wasser enthaltene Kohlensäure zur Wirkung, welche unter Bildung von kohlensaurem Kalk die Silicate zerlegt und aus ihnen mit der Zeit reine Kieselsäure abscheidet, durch welche nach ihrem Austrocknen die losen Theile noch mehr verkittet werden und größere Härte annehmen. Dieser Vorgang findet natürlich vorzüglich nur an den äußeren Schichten statt. Auch Prinz zu Schönaich-Carolath gibt in der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen (Bd. XIV S. 43) einen Beitrag zur Theorie des Portlandcementes, worin er sich, anknüpfend an die Arbeiten von Fuchs, Feichtinger und Pettenkofer, der Ansicht der letzteren Forscher am meisten zuneigt. Veranlassung zu seinen Beobachtungen gaben praktische Versuche, welche er mit verschiedenen schlesischen Materialien (Süßwasserkalk und Septarienthon) anzustellen Gelegenheit hatte, und wobei zwei verschiedene Arten von Thon zur Mischung dienten. Er erhielt zwar in beiden Fällen rasch und vollständig erhärtende Cemente, aber eine dem guten Portlandcemente gleich dicht werdende Masse bildete sich nur, wenn ein den Thonen des Medwayflusses, von Wildau bei Neustadt-Eberswalde etc. ähnlich zusammengesetzter Thon von Kieferstädtel in Oberschlesien angewendet wurde. Die Zusammensetzung dieser Thone, welche nach den Resultaten dieser Untersuchungen einen Gehalt an Kieselsäure von 60 bis 70 Proc. Thonerde 10 20   „ Eisenoxydul     10 15   „ Alkalien   4   6   „ haben müssen, bedingt eine Schmelzbarkeit, welche unter der Temperatur eintreten muß, bei welcher die Kohlensäure des beigemischten Kalkes entweicht, so daß dieses Gas den schon geschmolzenen Thon, welcher den Kalk umhüllt, unter Blasenbildung auftreibt; beim nachherigen Erkalten sind die feinsten Partikel des erzeugten caustischen Kalkes mit einer glasigen Rinde derart umhüllt, daß der Cement eine feinblasige poröse Schlacke von steinigem Gefüge bildet. Wird die Temperatur höher gesteigert oder ist in dem Thone selbst ein großer Theil chemisch gebundener Kalkerde (ohne Kohlensäure) vorhanden, so tritt während des Brennens die Bildung eines Kalksilicates ein, welches häufig beim Erkalten von selbst in ein ganz zartes Pulver zerfällt und mit Wasser nicht mehr erhärtet. Ist hingegen eine Zersetzung des kohlensauren Kalkes und eine umfangreiche Verschlackung der Kalkerde noch nicht erfolgt, so ist sogar ein vollständiges Schmelzen des Thones von keinem Nachtheil, im Gegentheil ist das Entweichen der Kohlensäure nach dem Schmelzen des Thones eine wesentliche Bedingung für die blättchenförmige Structur der kleinsten Theile eines guten Cementes, wodurch die Dichtigkeit nach dem Erhärten befördert wird und umsomehr, je langsamer der durch die Silicatschlacke geschützte caustische Kalk Wasser aufnehmen und die gebildeten Silicate zerlegen kann. Diese Wasseraufnahme, welche deßhalb bei einem guten Cemente ohne merkliche Erwärmung stattfindet, muß langsam erfolgen, damit die einzelnen Platten Zeit haben, sich auf einander zu legen. Bei einem rasch anziehenden Cemente (welcher sich auch stärker erwärmt) ist der Kalk weniger von Schlacke umhüllt und der Cement erreicht einen guten Härtegrad erst durch Aufnahme von Kohlensäure. Zu den wesentlichen Erfordernissen eines zur Cementfabrication geeigneten Thones gehören nicht Eisenoxyd-, sondern Oxydulsilicate, da nur letztere den nöthigen Grad von Leichtschmelzbarkeit besitzen, welcher die Aufnahme der Kalkerde in die Silicatbildung während des Brennens verhindert oder erschwert. Ein Beweis hierfür findet sich in den Erscheinungen der freiwilligen (die Güte des Cementes beeinträchtigenden) Zersetzung des Medwaythones, wo das Oxydul sich in Oxyd verwandelt und das Schwefeleisen, welches in unzersetztem Zustande von den Silicaten aufgenommen wird und deren Schmelzbarkeit befördert, durch längeres Lagern sich in schwefelsaure Salze verwandelt, welche sich mit dem Kalk während des Mischens zerlegen und schwerer schmelzende Eisenoxydsilicate bilden. Wir kehren nun zu der Arbeit von Michaelis zurück. Derselbe tritt zuerst der auch von Pasley und Schafhäutl aufgestellten Hypothese über die Wichtigkeit der Oxydationsstufe des Eisens entschieden entgegen und behauptet auf Grund vieler Versuche, daß, sowie im gebrannten Cemente nur Eisenoxyd ist, es wahrscheinlich auch gleichgültig sey, ob der Medwaython verwittert sey oder nicht. Die Cementthone enthalten alle weit mehr Kieselsäure (auf 2 Al²O³ [Fe²O³] 6 bis 11 Aequiv. SiO²), als die eigentlichen Kaoline, welche 2 Al²O³, 3 SiO² + 4 HO enthalten, in normaler Zusammensetzung: Kieselsäure 39,96 Thonerde 44,46 Wasser 15,58 –––––– 100,00 Für die Portlandcemente ergeben sich als Grenzwerthe folgende stöchiometrische Verhältnisse:   80 SiO² bis 80 SiO² 210 CaO  „ 230 CaO   27 Al²O³ (Fe²O³)  „   15 Al²O³ (Fe²O³) oder wenn SiO² und Al²O³ als gleichwerthig angenommen werden: 10 SiO² (R²O³) + 20 CaO bis 10 SiO² (R²O³) + 24 CaO. Für den Erhärtungsproceß sind folgende Thatsachen von Wichtigkeit: 1. Kalk mit löslicher Kieselsäure bildet Verbindungen welche unter Wasser erhärten. Fuchs hat 4 CaO, 3 SiO² gebildet durch Vermischung beider Körper; Heldt hat aus Wasserglas und CaO, HO die Verbindung 5 CaO, 3 SiO² + 5 HO, Michaelis bei Fernhalten aller Kohlensäure die dem Kalkspath an Härte und Festigkeit gleichkommende Verbindung von 5 CaO, 2 SiO² durch Vermischung von Wasserglas und Kalk erhalten. 2. Kalk bildet mit Thonerde in starker Hitze, wie vor Heldt und Fremy schon Sefström und Winkler beobachtet haben und wie Michaelis ebenfalls bestätigt, Verbindungen, welche unter Wasser erhärten. Die Hydraulicität dieser Verbindungen wächst mit der Temperatur des Glühens. 3. Kieselsäure und Magnesia erhärten nach Deville (polytechn. Journal Bd. CLXXIX S. 309) vorzüglich, spielen aber beim Festwerden des Portlandcementes keine Rolle, wohl aber bei gewissen, aus dolomitischen Gesteinen dargestellten hydraulischen Kalken. 4. Der Lösung von kieselsauren Alkalien entziehen Kalk und Magnesia alle Kieselsäure, um erhärtende Verbindungen zu bilden. 5. Cement löst sich in kohlensäurefreiem Wasser (Gunning, Feichtinger), Michaelis löste in 17 Tagen mit der 20,000fachen Menge destillirten Wassers 86 Proc. des Portlandcementes. In der Praxis schützt ihn vor der Zersetzung nur die Dichtigkeit einerseits und die Kohlensäure des Wassers andererseits. Die Bildung von kohlensaurem Kalk und die aus kieselsaurem Alkali abgeschiedene Kieselsäure verkitten die Masse und heben das weitere Eindringen von Kohlensäure und Wasser so vollständig auf, daß selbst bei jahrelang und sehr gut erhärteten Cementblöcken Michaelis die Kohlensäure nur wenige Millimeter weit eingedrungen fand. Im Gegensatze zu Feichtinger behauptet er, daß die Kohlensäure die Erhärtung nicht vermehrt, daß Portlandcement ohne dieselbe ebenso fest wird. 6. In der Praxis wird der Cement mit 40 bis 50 Proc. Wasser angerührt. Ist er vor Kohlensäure geschützt, so enthält er nach dem Erhärten 14 bis 16 Proc. Wasser. Unter der Exsiccatorglocke über Chlorcalcium zeigten nach 3 bis 4 Wochen die Versuchsproben des erhärteten Cementes, welche nach dem Binden auf 100 Theile Cement 36 bis 43 Theile HO verschluckt hatten, also circa 26 bis 30 Proc. Wasser enthielten, noch 8 bis 9 Proc. Wasser. Das ängstliche Benetzen des Mauerwerkes ist bei gutem Portlandcemente nach Michaelis also nur nöthig, wenn hohe Temperaturen einwirken. 7. Im bestimmten Widerspruche mit den bisherigen Erfahrungen Anderer (Feichtinger, Heldt) behauptet Michaelis auf Grund einer ausgedehnten Versuchsreihe, daß der bereits erhärtete Portlandcement bei nochmaligem Brennen (vorausgesetzt, daß bei dem Anrühren mit Wasser durch Ueberschuß desselben kein Substanzverlust stattgefunden hat, und daß die richtige genügend hohe Temperatur angewendet wird) ein ganz ebenso dichtes, schuppig krystallinisches Pulver von gleicher Erhärtungsfähigkeit liefert. Feichtinger hat also Unrecht, wenn er seine Theorie von der erst durch Einwirkung des Wassers stattfindenden Verbindung zwischen den sauren Silicaten und dem von ihnen umhüllten freien Kalk aus der Thatsache ableitet, daß wieder gebrannter (bereits erhärteter) Cement sein Wasser sofort ohne zu erhärten aufnimmt. Er hatte eben nur zu niedrige Temperaturen angewendet. 8. Mit Winkler bestreitet Michaelis deßhalb das Vorhandenseyn von freiem Kalk in den gebrannten Cementen nicht nur, weil er derartiges Verhalten in der Hitze für unwahrscheinlich hält, sondern weil sich Portlandcement mit Wasser nicht erwärmt, was freier Kalk thun müßte. Er hat verschiedene Proben aus einem und demselben Ofenbrande entnommen und gefunden, daß die normalen, genügend gebrannten Stücke auch bei der feinsten Pulverung sich nicht erwärmten, während weniger gut aggregirte, wenn auch gesinterte Stücke, welche geringere Hitze erlitten hatten, zwar schnell erhärteten, sich aber auch erwärmten und zwar umsomehr, je feiner, sie gepulvert waren, so daß jedenfalls ein Cement, welcher sich nicht erwärmt, keinen freien Kalk enthalten kann. 9. Hiernach bilden sich beim Brennen Kalkaluminat (Eisenoxydkalk) und Kalksilicat, welche sich nach dem Erkalten in einem gewissen chemischen Spannungszustande befinden, in welchem sie bei der Berührung mit Wasser nicht bestehen können, da dessen Verwandtschaft zu beiden, namentlich zum Kalk, die Bildung der sehr beständigen erhärtenden Silicatverbindungen veranlaßt. a) Entweder besteht im Cement das saure Silicat CaO, SiO² neben dem basischen Aluminat 5 CaO, R²O³ (bis 10 CaO, R²O³) und dann wird also durch das Wasser zunächst das letztere zerlegt, der ausgeschiedene Kalk verbindet sich dann mit dem Silicat (wahrscheinlich zu 5 CaO, 3 SiO², 5 HO) und erst nachher bleibt Kalk frei, welcher später, als das Silicat und Aluminat, sich mit Wasser verbindet, wodurch Feichtinger zur Annahme des umhüllten Kalkes veranlaßt wurde; b) oder es erzeugt sich im Feuer das basische Silicat 3 CaO, SiO² neben dem weniger basischen Aluminat 3 CaO, Al²O³, und dann wird zunächst das erstere zerlegt, es bildet sich wieder 5 CaO, 3 SiO², 5 HO und daneben freies CaO, HO, welches sehr wohl, wenn es auch von dem umgebenden Wasser gelöst worden ist, aus demselben dadurch abgeschieden werden kann, daß der Losung das Wasser durch die fortschreitende Hydratbildung (welche sich auf das Aluminat erstreckt) entzogen wird. Etwa vorhandene kieselsaure Alkalien zersetzen sich mit dem Kalkhydrat zu erhärtendem kieselsaurem Kalk oder, wenn sie mit Kohlensäure zusammentreffen, zu sich ausscheidender verkittender Kieselsäure. Außerdem spielt dieses Kalkhydrat der Kohlensäure gegenüber ebenfalls eine wichtige verkittende Rolle. Mit den oben erwähnten stöchiometrischen Grenzwerthen stimmt der Wassergehalt des erhärteten Cementes so weit überein, daß den im gebrannten Cement enthaltenen 60 Proc. Kalk ungefähr 19 Theile Wasser (auf 1 Aequ. CaO : 1 HO) oder 16 Proc. der erhärteten Verbindung entsprechen, so daß die letztere im Wesentlichen folgende Verbindungen enthält: 1. 5 CaO, 3 SiO², 5 HO; 2. 3 CaO, Al²O³ (Fe²O³), 3 HO; 3. CaO, HO; und wenn man einen imaginären Cement mit Vernachlässigung der Magnesia und Alkalien 45 Aequ. CaO = 65,6 15 „ SiO² = 24,2   3 „ Al²O³ (Fe²O³) = 10,2 –––––– 100 zu Grunde legt, etwa folgender Ausdruck sich ergibt: 3 [5 (CaO, SiO²) + 10 (CaO, Al²O³)] + 45 HO = = 3 (3 CaO, Al²O³, 3 HO) + 5 (5 CaO, 3 SiO², 5 HO) + + 11 (CaO, HO). – Das Brennen des Portlandcementes geschieht meist in Schachtöfen von 40 bis 80 Fuß (12,5 Met. bis 25 Met.) Höhe und 7 bis 12 Fuß (2,2 Met. bis 3,8 Met.) Weite. Der 3 bis 4 Fuß (0,94 Met. bis 1,25 Met.) über dem Erdboden liegende entsprechend starke Rost kann nach beendetem Brande entfernt werden. Die nach den oben angeführten genau zu berechnenden Verhältnissen innig gemischten Rohmaterialien werden gewöhnlich in Backsteine geformt, welche, wenn sie lufttrocken geworden sind, in mit dem Brennstoff abwechselnden Lagen so eingesetzt werden, daß die Feuergase zur Erzielung einer gleichmäßigen Temperatur überall Durchzug finden. In der Regel werden Kohks angewendet, weil ein sehr reines Material erforderlich ist. Ein großer Aschengehalt verunreinigt den Cement und ein Gehalt an Schwefel veranlaßt die Bildung von Gyps. Stein- und Braunkohlen erfordern eine andere Ofenconstruction, da sie mit dem Cement nicht in Berührung kommen dürfen. Die neuerdings erfolgreich angewendeten Ringöfen (Amöneburg am Rhein) vermeiden die Nachtheile der Aschenablagerung. Für jedes Material ist der geeignete Hitzegrad durch Versuche zu erproben. Ein dichteres Brennmaterial erfordert schärferen Brand; Steinkalk und Schlämmkreide mehr Hitze als lockerer Wiesenkalk, also auch höhere Oefen, jedoch liegt der Hitzegrad nicht innerhalb zu enger Grenzen. Die erforderliche Temperatur ist Weißgluth. Schon bei dunkler Rothglühhitze wird der kohlensaure Kalk ätzend und wirkt energisch auf den Thon. Bei lebhafter, nur eine Stunde anhaltender Rothgluth wird sämmtliche Kieselsäure des Thones löslich; die Masse ist hellgelbbraun, erhitzt sich stark in Wasser, hat geringe Erhärtungsfähigkeit und zerfällt an der Luft. Mit Weißgluth wird die Masse grau, mit Stich in's Grüne (von einer Eisenoxyd-Kalk- oder Silicatbildung). Bei größerer Hitze tritt eine blaugraue Färbung und eine Verschlechterung des Cementes ein, er wird immer dichter, basaltischer und schmilzt zuletzt, obsidianartig. Im ersten Stadium gibt die Cementmasse ein helles, gelbbraunes, lockeres Pulver; im zweiten, dem Normalzustande, ein graues scharfes Pulver, mit einem Stich in's Grüne; im dritten ist es entschieden blaugrau, während das letzte, der verglaste Cement ein helles, weißgraues, äußerst scharfes Pulver liefert, wie wir es an Gläsern kennen. Ferner ist es von Wichtigkeit, daß der Cement gut „stehe,“ d.h. daß die Stücke nicht beim Erkalten zerfallen. Dieß tritt beim blaugrauen, todtgebrannten, aber auch beim ganz normal gebrannten Cemente ein; letzterer stellt dann ein äußerst feines hellbraunes Pulver dar. Aus einer Zur Ergründung dieser Erscheinung angestellten Versuchsreihe ergab sich, daß ein an Thon reicher Cement (auf 59,2 CaO 26,3 SiO²) stets zerfällt, daß das Brennen die Ursache des Zerfallens nur dann ist, wenn gleichzeitig in Folge zu hoher Hitze todtgebranntes blaugraues Pulver entsteht, und daß sich durch größeren Kalkzusatz, noch leichter aber durch Alkali, das Zerfallen vermeiden läßt. Letzterer hat aber den Nachtheil, daß durch ihn sehr leicht schon bei niedrigerer Temperatur blaugraue Massen entstehen, abgesehen davon, daß bei Alkalizusatz weit eher Volumänderung eintritt, daß die Massen viel stärker treiben und reißen, und daß sie an der Luft leichter zersetzt werden. Je feiner die Mischung ist, desto höher kann der Kalkzusatz seyn. Bei schlechter Mischung ist ein großer Kalkgehalt aber schädlich, der Cement verändert sein Volum, treibt und reißt. Auf 100 Aequ. SiO² (R²O³) nimmt Michaelis 216 CaO als normal und Durchschnitt an, und fand durch sehr ausgedehnte Versuchsreihen, daß 1) unter 200 CaO ein Zerfallen, über 240 Aequ. CaO Treiben des Cementes eintritt, daß 2) es vortheilhaft ist, nicht unter 220 zu gehen, 3) daß man der Grenze 240 um so näher kommen darf, je inniger die Mischung ist, 4) daß die kalkreicheren Cemente langsamer anziehen, aber vorzüglicher erhärten. Bei Aufstellung dieser Formeln ist der geringe Magnesiagehalt unberücksichtigt geblieben, muß aber, wenn er größer ist, in Rechnung gebracht werden. Der geringe Alkaligehalt der Rohmaterialien ist ebenfalls nicht beachtet worden, umsomehr, da er bei der Erhärtung ausscheidet. „Es kann nicht genug hervorgehoben werden, daß auf die innigste Mischung der Rohmaterialien das größte Gewicht zu legen sey. Wer das nicht genugsam würdigt und die Fehler in anderen Verhältnissen sucht, der kann oft völlig rathlos werden; denn in welchen Verhältnissen auch immer er Kalk und Thon mische, sie versagen ihm insgesammt.“ Dr. E. M.