Titel: Die Zusammensetzung und Analyse verschiedener Producte, welche bei Verarbeitung der Rückstände der Soda- und Chlorkalkfabriken nach dem in Dieuze angewandten Verfahren gewonnen werden; von Dr. E. Richters zu Waldenburg.
Autor: E. Richters
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XIV., S. 61
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XIV. Die Zusammensetzung und Analyse verschiedener Producte, welche bei Verarbeitung der Rückstände der Soda- und Chlorkalkfabriken nach dem in Dieuze angewandten Verfahren gewonnen werden; von Dr. E. Richters zu Waldenburg. Richters, über die Zusammensetzung verschiedener Producte von der Verarb. der Soda- und Chlorblasenrückstände nach der in Dieuze befolgten Methode. Ich theile nachstehend die Analysen verschiedener Producte mit, welche bei Verarbeitung der Rückstände der Sodafabrication, mit denen, welche bei der Fabrication des Chlorkalkes abfallen, erhalten werden, resp. vorzugsweise in Betracht kommen. Das bei der Aufarbeitung jener Rückstände befolgte Verfahren ist wesentlich das zu Dieuze in Anwendung kommende, welches bezüglich seiner rein chemischen wie technischen Seite Gegenstand einiger in diesem Journal veröffentlichten Abhandlungen gewesen ist.Man s. Bd. CLXXXI S. 364, Bd. CXCI S. 304 und S. 464. Die Veröffentlichung der folgenden Untersuchungen dürfte bei dem großen Interesse, welches das oben erwähnte sinnreiche Verfahren allerseits erregt, um so mehr gerechtfertigt seyn, als die Anzahl der bisher mitgetheilten Analysen eine verhältnißmäßig geringe ist, andererseits aber die Ergebnisse meiner Untersuchungen in einzelnen Punkten von freilich nur untergeordneter Bedeutung, mit den bisherigen Angaben nicht übereinstimmen. Wo es mir von Interesse zu seyn schien, habe ich die bei der Analyse befolgte Methode, bei deren Auswahl die Mittel und Bedürfnisse der Technik in erster Reihe berücksichtigt wurden, in aller Kürze angeführt. I. Die Sodarückstände. 1 ½ – 2 Pfd. der graugefärbten frischen Rückstände wurden unmittelbar nachdem sie die Laugereigefäße verlassen hatten, auf einem Trichter mit kaltem Wasser ausgewaschen, bis die abfließende Flüssigkeit Zinklösung nicht mehr trübte. Auf einer erwärmten porösen Chamotteplatte ausgebreitet, waren sie nach ¼ Stunde staubtrocken, so daß sie zu einem sehr lockeren, außerordentlich leicht beweglichen Pulver von hellgrauer Farbe zerrieben werden konnten. Die nachfolgend mitgetheilten Analysen beziehen sich auf Rückstände welche zu verschiedenen Zeiten der Fabrik entnommen wurden, also verschiedenen Schmelzen angehören. In 100 Gewichtstheilen des vorerwähnten Pulvers wurden gefunden: a. b. c. Schwefelcalcium (CaS) 37,62 38,04 39,10 Schwefeleisen (FeS) 1,88 1,75 2,01 unterschwefligsaurer Kalk (CaO,S 2O 2) 2,69 3,02 2,35 schwefligsaurer Kalk (CaO,SO 2) 0,74 0,31 0,63 kohlensaurer Kalk (CaO, CO 2) 23,18 22,24 24,02 schwefelsaurer Kalk (CaO,SO 3) 1,68 1,01 1,38 Kalk (CaO) 6,49 7,00 7,25 Thonerde (Al 2O3) 2,11 2,02 2,00 Magnesia (MgO) 0,64 0,54 0,70 Natron (NaO) 2,52 2,10 1,89 Kieselsäure, gebunden (SiO3) 4,24 4,03 4,62 Wasser 2,32 3,29 1,51 Sand 7,74 6,82 7,21 Kohle, unverbrannte 5,41 6,00 6,39 ––––– ––––– ––––– 99,26 98,17 101,06. Methode der Analyse: 1) 0,1—0,15 Grm. wurden in eine verdünnte, durch circa 8—10 Tropfen Salzsäure schwach angesäuerte Jodlösung gebracht. Nach Verlauf einer halben Stunde wurde nach vorhergegangener Neutralisation mit NaO, 2CO2 das nicht verbrauchte Jod mit einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron zurückgemessen. Der Jodverbrauch entsprach der Menge des in dem Pulver enthaltenen Schwefelmetalles, der unterschwefligen und schweflig n Säure. 2) 10 Grm. wurden in der Kälte mit 1 Liter luftfreiem Wasser, dem einige Gramme essigsaures Zinkoxyd zugesetzt waren, in vollständig gefülltem und wohlverschlossenem Kolben digerirt. Nach 24 Stunden wurde der größte Theil der Flüssigkeit abfiltrirt; 100 Kubikcentimeter wurden mit Jod austitrirt (SO2 und S2O2). Der dem Volumen nach bekannte Rest wurde mit Salzsäure versetzt und eingedampft. Der durch Zersetzung der S2O2 abgeschiedene Schwefel wurde oxydirt und mit Chlorbarium gefällt. Aus der Menge des schwefelsauren Baryts wurde die Menge der unterschwefligen Säure berechnet. Auf Grund der. sub 1 und 2 erhaltenen Daten ließ sich die Menge des Schwefelmetalles, der schwefligen und unterschwefligen Säure berechnen. Zur Bestimmung der Kohlensäure wurde 1 Grm. des Pulvers mit circa 2 Grm. feinzerriebenem chromsaurem Kali gemengt und das Gemenge im gasvolumetrischen Apparate mit Salpetersäure zersetzt. — 5 Grm. des Pulvers wurden bei Luftabschluß mit verdünnter Salzsäure gekocht, die Lösung absiltrirt, verdünnt und mit Chlorbarium gefällt (SO3). — 2 Grm. wurden im Kugelrohre erhitzt und das Wasser über Chlorcalcium aufgefangen. — Zur Bestimmung der sämmtlichen Basen, der gebundenen Kieselsäure, der Kohle und des Sandes wurde wie bei der Silicatanalyse verfahren, und die respectiven Trennungen auf bekannte Weise ausgeführt. Die Art der Berechnung ergibt sich von selbst aus den obigen Zusammenstellungen. Nach eingetretener Oxydation der feuchten Rückstände, welche sich nach dem von Mond angegebenen VerfahrenPolytechn. Journal Bd. CXCI S. 373. sehr beschleunigen läßt, erhält man durch Extraction mit Wasser: 1) eine gelb gefärbte Lauge (eaux jaunes, Hofmann); 2) einen festen Rückstand, welcher so lange einer erneuten Oxydation und Auslaugung unterworfen wird, als man noch gelbe Lauge erhält (eaux jaunes oxydées). II. Die gelben Laugen. Außer geringen Mengen schwefelsaurem Kalk und Chlorcalcium enthalten dieselben, wie bekannt, Calciumpolysulfurete, Calciumsulfhydrat und unterschwefligsauren Kalk. — MondPolytechn. Journal Bd. CXCI S. 378. hat ein Verfahren angegeben, nach welchem sich die beiden letztgenannten Verbindungen leicht bestimmen lassen. Betreffs der Zusammensetzung des Calciumpolysulfurets nimmt er an, daß es der Formel CaS2 entspreche. Hofmann gibt für seine eaux jaunes die Formel CaS3 und CaS4. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Zusammensetzung der Lauge wechselt mit dem bei der Oxydation der Rückstände angewandten Verfahren, und wohl auch von Verhältnissen bedingt wird, deren Regulirung nicht immer in der Hand des Praktikers liegt. Nach dem nachstehend mitgetheilten Verfahren läßt sich a) die Menge des Polysulfuret bildenden, b) des als CaS und CaS, HS vorhandenen Schwefels und c) die unterschweflige Säure bestimmen, was in den meisten Fällen für die Praxis ausreicht. Die Ausführung nimmt zwar einige Zeit, aber nur wenig Mühe in Anspruch. Wollte man nebenbei das Mond'sche Verfahren ausführen, so erhielte man alle zur Berechnung der Zusammensetzung der Lauge nöthigen Zahlen. 100 Kubikcentimeter Lauge werden in einem Kölbchen von circa 300 K. C. Inhalt, welches mit einem doppelt durchbohrten Kork und den nöthigen Glasröhren versehen ist, in ca. 4—5 Stunden durch einen mäßigen Kohlensäurestrom zersetzt (CaSn + HO + CO2 = CaO,CO2.+ Sn—1 + HS, und CaS,HS + HO + CO2 = CaO, CO2 + 2HS). Die Zersetzung ist vollendet, sobald Bleipapier von dem entweichenden Gase nicht mehr geschwärzt wird. Man filtrirt ab und bestimmt in dem Filtrat S2O2 maaßanalytisch durch Jod (c). Der gefällte kohlensaure Kalk und Schwefel wird mit Salzsäure behandelt, bis ersterer gelöst ist; man sammelt den Schwefel auf einem gewogenen Filter, trocknet bei 90° C. und wiegt (a). 20 K. C. Lauge werden mit 100 K. C. Wasser verdünnt und in einen mit Glasstöpsel verschließbaren ½ Literkolben gebracht; man fügt aus einer Bürette 2/10 ammoniakalische Silberlösung hinzu, bis auf weiteren Zusatz derselben nach starkem Umschütteln kein Niederschlag mehr erfolgt. Die Titration läßt sich leicht mit einem Ueberschuß von 0,2 K. C. vollenden. Aus der Menge der verbrauchten Silberlösung wird die Menge des Schwefels berechnet, welcher auf Zusatz von Säure als HS entweicht (CaS und CaS, HS). — Die folgenden Zahlen sollen weniger dazu dienen, die durchschnittliche, als vielmehr die außerordentlich wandelbare Zusammensetzung der Laugen zu zeigen. 1 Liter Lauge enthielt:1, 2 5 und 7 sind Laugen, welche nach der ersten, die übrigen, welche nach der zweiten Oxydation der Rückstände erhalten wurden. — Die Zahlen, wie die Methode selbst verdanke ich der gefälligen Mittheilung des Hrn. Chemikers Wählert, früher zu Saarau. Spec. Gewichtder Lauge. Polysulfuretbildender Schwefel. Schwefel bei der Zersetzungmit Säuren als HS entweichend. Schwefel alsS2 O2 vorhanden. 1) 1,045 3,37 Grm. 4,02 Grm. 8,25 Grm. 2) 1,050 9,00 Grm. 7,38 Grm. 5,12 Grm. 3) 1,043 3,38 Grm. 3,48 Grm. 7,04 Grm. 4) 1,058 12,95 Grm. 4,57 Grm. 7,42 Grm. 5) 1,072 3,83 Grm. 2,57 Grm. 14,14 Grm. 6) 1,175 6,35 Grm. 2,53 Grm. 19,20 Grm. 7) 1,084 10,21 Grm. 4,69 Grm. 14,08 Grm. 8) 1,079 11.04 Grm. 5,78 Grm. 11,84 Grm. III. Die erschöpften festen Rückstände. Die festen Rückstände, welche nach fortgesetzter Oxydation und Auslaugung zuletzt übrig bleiben, sind, wenn sie einige Zeit der Luft ausgesetzt gewesen sind, frei von Schwefelcalcium und enthalten nach Hofmann 66,2 Proc. CaO,SO3, 1,3CaO,CO2,21 CaO,7 (Al2O3,Fe2O3), 1,5 Manganoxyduloxyd (Mn3 O4), 3 Proc. Unlösliches. — Wenn die erschöpften, zur weiteren Verarbeitung auf Lauge nicht mehr brauchbaren Rückstände die angegebene Zusammensetzung besitzen, so können sie unzweifelhaft statt des Kalkes, resp. Gypses, mit Vortheil zur Düngung verwandt werden. Auffallenderweife zeigten aber die in der chemischen Fabrik zu Saarau gesammelten Rückstände eine von der obigen völlig abweichende Zusammensetzung. Sie bestanden selbst nach Jahre langem Liegen an der Luft, wie die unten stehenden Analysen zeigen, vorwiegend aus schwefligsaurem und kohlensaurem Kalk, und enthielten nur verhältnißmäßig geringe Mengen schwefelsauren Kalk. Hauptsächlich wegen des großen Gehaltes an dem erstgenannten Salze, dessen Vorhandenseyn im Boden jede Vegetation zerstört, war es nicht möglich denselben als Düngemittel Absatz zu verschaffen. Erwähnt zu werden verdient hierbei indessen, daß zu der Zeit, aus welcher jene Rückstände stammen, die von Hofmann später in Vorschlag gebrachte Fällung des Schwefeleisens aus der Mangan brühe, welches zum Zwecke einer energischeren Oxydation den frischen Sodarückständen zugesetzt wird, nicht stattfand; möglich, daß in dieser verschiedenen Behandlungsweise die abweichende Zusammensetzung der zuletzt verbleibenden Rückstände ihren Grund hat. Die Erscheinung verdient umsomehr die Aufmerksamkeit der Techniker, als die Verwendbarkeit der Rückstände für landwirthschaftliche Zwecke einen nicht unerheblichen Vortheil bietet. Zusammensetzung der Rückstände im lufttrockenen Zustande. 1) Farbe weiß mit einemStich in's Graue. 2) Farbe grauweiß,etwas gelblich. 3) Farbe wie bei 2. 45,63 CaO, CO2 53,02 CaO, CO2 53,51 CaO, CO2 29,85 CaO, SO2 27,92 CaO, SO2 22,41 CaO, SO2 6,29 CaO, S2O2 1,69 CaO, S2O2 0,56 CaO, S2O2 4,59 CaO, SO3 6,62 CaO, SO3 10,61 CaO, SO3 9,51 HO 7,74 HO 8,45 HO 3,50 Unlösliches 4,75 Unlösliches 4,85 Unlösliches. ––––– ––––– ––––– 99,37 101,74 100,39. IV. Das oxydirte Schwefelmangan. Die neutralisirten Manganchlorürlaugen wurden in gemauerten, mehr flachen als hohen Bassins mit der aus den Rückständen der Soda gewonnenen Lauge gefällt. Der Niederschlag setzte sich bald ab; er wurde, nachdem die überstehende Flüssigkeit abgelassen worden war, dreimal ausgewaschen und hierauf vermittelst Kettenpumpen in Holzbottiche gebracht; nachdem er einigermaßen trocken geworden, wurde er über Holzrahmen zu kleinen ziegelförmigen Stücken gestrichen, welche sich bald oxydirten, so daß nach einiger Zeit kein Mn S mehr vorhanden war. Nachstehend die vollständigen Analysen dreier verschiedener Fällungsproducte: a. b. c. abzüglich 9,76 Proc. abzüglich 3,40 Proc. abzüglich 9,71 Proc. Wasser. Wasser. Wasser. 19,97 Mn 2 O 3 25,85 Mn 2 O 3 18,88 Mn 2 O 3 12,79 MnO 14,55 MnO 10,76 MnO 0,35 Fe 2 O 3 0,40 Fe 2 O 3 0,55 Fe 2 O 3 5,82 CaO 1,37 CaO 6,40 CaO Spur NaO Spur NaO 0,57 NaO 3,70 S 2 O 2 0,40 S 2 O 2 1,34 S 2 O 2 1,59 Cl 0,73 Cl 0,65 Cl 2,51 SO 3 4,59 SO 3 4,76 SO 3 1,55 Sand 0,42 Sand 1,51 Sand 51,52 Schwefel 51,76 Schwefel 53,92 Schwefel ––––– ––––– ––––– 99,78 100,07 99,34. V. Die nach dem Abrösten des oxydirten Schwefelmangans verbleibenden Rückstände. Die Niederschläge a und c wurden im Schwefelverbrennungsofen abgeröstet. a gab 67,5 Proc., c 59,2 Proc. Röstgut, von nachfolgender Zusammensetzung: Textabbildung Bd. 192, S. 66 a.; c.; In Wasser löslich.; In Wasser unlöslich. Vergleicht man die Gesammtmenge des Schwefels in dem lufttrockenen Niederschlage mit eben derselben in dem entsprechenden Röstgute, so ergibt sich, daß bei a) 75,8 Proc., bei c) 80,7 Proc. derselben beim Abrösten zu SO2 verbrannten, und als solche in die Bleikammern gelangten, Zahlen, welche mit den von Hofmann angegebenen vollkommen übereinstimmen. Ich will zum Schluß eine Beobachtung mittheilen, welche mir von einiger praktischen Bedeutung zu seyn scheint. Man machte die Bemerkung, daß der wesentlich aus Schwefel und Schwefelmangan bestehende Niederschlag in dem Falle eine besonders große Neigung zur Selbstentzündung zeigte, wenn derselbe verhältnißmäßig viel Schwefeleisen beigemengt enthielt. Die vorherige Fällung des Eisens aus der Manganlauge erscheint daher in mehrfacher Beziehung als empfehlenswerth: Man erhält außer einem eisenfreien Manganoxyd (auf dessen Gewinnung übrigens in dem vorliegenden Falle aus verschiedenen Gründen kein sehr großes Gewicht gelegt wurde) einen Niederschlag, welcher die oben angedeutete üble Eigenschaft nicht zeigt, und besitzt außerdem in dem Schwefeleisen das Material, durch dessen Zumischung zu den frischen Rückständen es möglicherweise gelingt nach vollendeter Auslaugung der letzteren eine Masse zu erhalten, welche, wie Hofmann angibt, vorwiegend aus schwefelsaurem, statt, wie meine Analysen zeigen, aus schwefligsaurem Kalk besteht. Das Röstgut c), sowie der Niederschlag b) lieferte mir das Material zu weiteren Versuchen, welche ich im nächsten Hefte dieses Journals mittheilen werde.