Titel: Ueber einige neuere Versuche mit Feuerspritzen; von Professor Rühlmann.
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XLIV., S. 183
Download: XML
XLIV. Ueber einige neuere Versuche mit Feuerspritzen; von Professor Rühlmann. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereines, 1869 S. 32. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Rühlmann, über einige neuere Versuche mit Feuerspritzen. Bei von mir im Jahre 1866 angestellten Versuchen mit Feuerspritzen der Mechaniker Tidow und Wellhausen in Hannover (man s. Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereines, 1866 S. 153; polytechn. Journal Bd. CLXXXII S. 444) stellte sich die (scheinbar merkwürdige) Thatsache heraus, daß ausgezeichnet gearbeitete Feuerspritzen ein größeres Wasserquantum liefern können, als das beim Kolbenaufgange der einfach wirkenden Pumpe sich darbietende geometrische Volumen ist. Damals bat ich am Schlusse meines Berichtes dringend, auch anderwärts mit gut construirten und sorgfältig ausgeführten Feuerspritzen weitere Versuche anzustellen, um meine Wahrnehmungen widerlegen oder bestätigen zu können. Erst im vorigen Jahre (1866) wurde mir die Freude, einen Brief aus Riga von Hrn. Professor C. Lovis daselbst zu empfangen, worin u. A. Folgendes mitgetheilt wird: „Der technische Verein (in Riga) hat sich schon seit zwei Jahren in besonderer Veranlassung mit der Prüfung von Feuerspritzen beschäftigt und bei einigen das Verhältniß der wirklichen Wassermenge zur theoretischen ebenfalls größer als Eins gefunden, eben so wie es Ihnen bei der Spritze von Tidow und Wellhausen ergangen ist. Von 19 überhaupt geprüften Spritzen gaben fieben im Mittel aus unseren Versuchen folgende Wirkungsgrade: 1 Spritze von Metz in Heidelberg 1,08 (einmal sogar 1,20); 6 Spritzen von Andrée in Riga resp. 1,03; 1,03; 1,09; 1,16; 1,19 und 1,19. Die Erklärung dieser Thatsache wurde in unserem Vereine ebenso gegeben, wie sie von Ihnen ausgesprochen ist, nämlich, daß die lebendige Kraft der angesaugten Wassermasse das Saugventil länger offen hält, als es die Bewegung des Kolbens mit sich bringt, und daß in Folge dessen bei einem Kolbenhube mehr Wasser gefördert wird, als das geometrische Volumen des Stiefels zu fassen im Stande ist. Wir freuen uns, Ihre Beobachtung bestätigen zu können, und machen Sie darauf aufmerksam, daß ein genauer Bericht über sämmtliche von uns ausgeführten Spritzenprüfungen in unserem Notizblatte abgedruckt werden wird.“ Seitdem erschienen im „Notizblatte des technischen Vereines zu Riga,“ VII. Jahrgang, 1868. Eine zweite Bestätigung haben meine Wahrnehmungen bei den höchst umfänglichen und mit aller nur erdenklichen Sorgfalt gemachten Versuchen gefunden, welche in Braunschweig bei Gelegenheit der 7ten Versammlung des Vereines deutscher Feuerwehrmänner vom 7., 8. und 9. September 1868 angestellt wurden und wobei unter 27 Handfeuerspritzen (außer zwei Dampfspritzen) sieben das Verhältniß der wirklichen Wassermenge zur theoretischen ergaben zu: 1,056; 1,036; 1,040; 1,093; 1,017; 1,011; 1,091.Der Berichterstatter der Braunschweiger Versuche bemerkt hierbei Folgendes:„Da diese Erscheinung an Spritzen beobachtet wurde, bei denen die Begrenzung des Hubes durch den Ausschlag des Druckbaumes auf ein elastisches Polster geschah, so dürste diese sich theilweise dadurch erklären, daß der Kolbenhub bei den Versuchen etwas größer gewesen ist als er gemessen und der Berechnung des theoretischen Wasserquantums zu Grunde gelegt wurde. Es ist allerdings bei diesen Spritzen der Hub in der Weise gemessen worden, daß sich immer eine Person oder zwei Personen vorn auf den Druckbaum setzten, um eine gewisse Compression des Polsters zu bewirken; doch wurde an einigen Spritzen bei den Versuchen auf Verlangen der Fabrikanten der Aufschlag so kräftig ausgeführt, daß die Kolben immerhin noch etwas tiefer herabgegangen seyn können.“ Bei neun anderen Spritzen stellte sich das Verhältniß im Minimum zu 0,908 und im Maximum zu 0,987 heraus, woraus man überhaupt den Schluß zog, daß bei gut gebauten Feuerspritzen die wirklich pro Hub gelieferte Wassermenge der berechneten (theoretischen) nahezu gleich kommt. Da diese Braunschweiger Versuche überhaupt sehr viel Beachtenswerthes und Interessantes enthalten, so dürfte es nicht unangemessen seyn, Einiges davon aus dem amtlichen Berichte hier mitzutheilen.Im Buchhandel (Braunschweig bei Vieweg) unter dem Titel erschienen: „Mittheilungen über den siebenten deutschen Feuerwehrtag zu Braunschweig am 7. September 1868.“ Vorerst ist dabei zu bemerken, daß bei den praktischen Versuchen mit den 29 vorhandenen (aus verschiedenen Theilen Deutschlands eingesandten) Feuerspritzen namentlich auch wieder das Verhältniß der von der Spritze ausgeworfenen Wassermenge zu der ermittelt wurde, welche, wirklich zur Feuerstelle gelangte, beziehungsweise für letzteren Zweck in einen sogenannten Fangkorb gespritzt wurde. Die Braunschweiger Fangkorb-Anordnung (im Allgemeinen mit der bereits in London,Annales du Conservatoire des arts et métiers,1862 p. 696. Sydenham und Hamburg benutzten übereinstimmend) ist aus Fig. 14 ersichtlich, wozu Folgendes bemerkt werden mag. Der Fangkorb a, b war aus wasserdichtem Segeltuche gefertigt, welches man über ein entsprechendes Gerippe aus Schmiedeeisen gespannt und einen Mündungsdurchmesser von 6 Fuß engl. (5 Fuß 10 Zoll rhein.) gewählt hatte. Schräg abwärts zog sich der Fangkörper zu einem vertical heranhängenden Schlauche c von 10 Zoll Weite zusammen. Zwischen vier starken Ständern (Rüstbäumen) d, d an einem Flaschenzuge f aufgehangen, konnte der Fangkorb mittelst Seilen leicht in beliebiger Höhe befestigt und entsprechend gedreht werden. Das untere Ende des Schlauches c reichte nach zwei gehörig geaichten Meßbottichen g,g1 herab, über welche man ein Dach h aus Segeltuch gespannt hatte. Der größere dieser beiden Bottiche hatte 60 Kubikfuß rhein. Inhalt, der kleinere 20 Kubikfuß, und war ersterer vornehmlich zur Aufnahme des von den Dampfspritzen geworfenen Wassers bestimmt. Zwei gleiche Bottiche dienten zur Entnahme des von den Spritzen angesogenen Wassers. Neu und zweckmäßig war die Vorrichtung, wodurch man bei den Braunschweiger Versuchen die Ausguß- oder Strahlrohre der Spritzen handhabte, weßhalb wir aus unserer Quelle deren Abbildung in Fig. 13 mittheilen. Diese Vorrichtung bestand nämlich aus einem senkrecht stehenden Quadranten A, A, der sich um die verticale Achse B eines ruhenden, horizontalen Grundkreises D drehen ließ. An dem Quadranten war eine um die horizontale Achse E des letzteren drehbare Radialschiene C so angebracht, daß sie außen am Quadranten ihre Führung fand. An die Schiene C wurden die Ausguß- (Strahl-) Rohre der betreffenden Spritzen, der Längenrichtung nach, mittelst Bügel, Holzfutter und Druckschrauben F, F befestigt. Eine Handhabe G, in welche diese Schiene nach rückwärts auslief, diente zur erforderlichen Drehung des Ausgußrohres seitens des Rohrführers, sowohl in verticaler als horizontaler Richtung. Die Gradeintheilung am Umfange des Quadranten A benutzte man begreiflicher Textabbildung Bd. 192, S. 184 Namen des Spritzenfabrikanten.; Bauart der Spritze und Preis.; Cylinderdurchmesser Zoll rh.; Voller Kolbenhub Zoll rh.; Hebellängen; Größte und kleinste Höhe der Angriffsstangen vom Boden; Dimensionen des Windkessels; Saugschlauch; Druckschlauch; Weite des Mundstückes Millim; I. Versuch Nahes Ziel: 28 2/3′ horiz. Abst. 24 ½′ vertic. Abst. 37 ½′ wirkl. Abst.; II. Versuch. Weites Ziel. 48 2/3′ horiz. Abst. 24 ½′ vertic. Abst. 54 ½′ wirkl. Abst.; des Mundstückes vom Centruum der Fangschlauchsmündung. Versuchsdauer eine Minute.; Zahl der Doppelhübe.; Ausgeworfene Wassermenge; Aufgefangene Wassermenge; Kubikfuß; Zahl der Doppelhübe.; Ausgeworfene Wassermenge; Aufgefangene Wassermenge; Kubikfuß; III. Versuch; In die Weite under 45 Grad Elevationswinkel.; IV. Versuch Vertical in die Höhe.; Versuchsdauer eine Minute.; Zahl der Doppelhübe.; Ausgeworfene Wassermenge; Wurfweite; Kubf.; Fuß; Zahl der Doppelhübe.; Ausgeworfene Wassermenge; Steighöhe; Kubf.; Fuß; Zahl der Pumpenmannschaft; Länge des geschlossenen Strahles; Geshwindigkeit des Windes; Fuß; Sec. F. pr.; Kurtz in Stuttagart.; Saugspritze ohne Rasten mitliegenden Cylindern. Ventile leicht zugänglich. (Horizont. Ventilhahn.) 800 Thlr.; Bartels in Bremen.; Abprotzspritze mit Kasten u. Saugwrk. befonders leicht auf- und abzuprotzen. Ventile zugänglich.; Hermann in Memmingen.; Abprotzspritze mit Kasten u. Saugwerk. Ventile zugänglich in zwei Hähnen 571 Thlr.; Kurtz in Stuttgart.; Abprotzspritze mit Kasten u. Saugwerk. Ventile leicht zugänglich in zwei horizontalen Hähnen 595 Thlr.; Tidow in Hannover.; Kastenspritze mit Saugwerk. Ventile leicht zugänglich 600 Thlr; Kurtz in Stuttgart. Abprotzspritze mit Kasten u. Saugwerk. Ventile Leicht zugänglich in einem horizontalen Hahne 285 Thlr.; Derselbe; Kastenspritze mit Saugwerk und liegenden Cylindern. Ventile leicht zugänglich; Franke in Berlin; Dampfspritze mit vertical Cylindern 1860 Thlr.; G. Egestorff in Hannover.; Dampfspritze mit liegenden Cylindern. (Doppelt wirkend.) 2850 Thlr. Textabbildung Bd. 192, S. 184 Name des Fabrikanten.; Werthdezifferung nach den Fangschlauchversuchen; Nahes Ziel; Verhältniß der aufgefangenen Wassermenge zur aus- geworfenen; Aufgefangen pro Min. Kubikfuß rheinl.; Weites Ziel; Verhältniß der aufgefangenen Wassermenge zur aus- geworfenen; Aufgefangen pro Mann und pro Min. Kubikfuß rheinl.; Werthbestimmung nach; den Weitspritzversuchen ; den Hochspritzversuchen; Producte aus dem pro Secunde ausgeworfenen Wassergewichte und der Wurfweite; pro Mann; Wassermenge pro 1 Doppelhub in Kubikzollen; Theoretisch; Wirklich; Verhältnitz der wirklichen Wassermenge zur theoretischen.; Kurtz; Bartels; Hermann; Kurtz; Tidow; Kurtz; Kurtz; Franke (Dampfspritze); Egestorff (Dampfspritze) Weise zum Messen des jedesmaligen Elevationswinkels des Ausgußrohres. Der Fangschlauch blieb bei allen Versuchen in derselben Position und betrug der Verticalabstand zwischen Korbcentrum und Mundstück 24½ Fuß. Der Abstand zwischen Mundstück und Korbcentrum (die gerade Linie zwischen beiden Mittelpunkten) betrug 37¾ Fuß bei nahem Ziele, und 54½ Fuß bei weitem Ziele, erstere Entfernung bei 40½ Grad Neigung gegen den Horizont, letztere bei 56 ⅔ Grad Neigung. Zum Messen der Geschwindigkeit des während der Versuche wehenden Windes bediente man sich eines Anemometers von Neumann in Paris. Indem hinsichtlich sonstiger Details und bemerkenswerther Angaben, welche die Genauigkeit der Messungen und Beobachtungen zum Gegenstande haben, auf die angegebene Quelle verwiesen werden muß, theile ich in den beigegebenen beiden Tabellen speciell noch Hauptmaaße und Versuchsresultate derjenigen 7 Handspritzen, sowie zweier Dampfspritzen mit, wobei sich das Verhältniß der wirklichen Wassermenge zur berechneten höher als Eins herausstellte. Am Schlusse des Berichtes wird hinsichtlich der Dampfspritzenleistung noch Folgendes hervorgehoben: Wie aus der II. Tabelle ersichtlich, hat die beste Handspritze auf das nahe Ziel eine Wassermenge von 0,625 Kubikfuß und auf das weite Ziel eine solche von 0,437 Kubikfuß pro Mann und pro Minute in den Hauptschlauch geworfen, während nach der Tabelle I die Franke'sche DampfspritzeEs ist zu bedauern, daß der Bericht über die Braunschweiger Versuche keine Abbildungen von Feuerspritzen überhaupt und somit auch nicht der Franke'schen Dampfspritze enthält. Beschreibung und genaue Zeichnung der Egestorff'schen Dampfspritze findet man in den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereines, 1864 S. 71; daraus im polytechn. Journal Bd. CLXXIII S. 342. im Ganzen ein Quantum von bezüglich 6 und 2½ Kubikfuß Wasser pro Minute, die Egestorff'sche aber (die auf das nahe Ziel verzichtete) ein solches von 17 Kubikfuß beim weiten Ziele hineingebracht hat. Hiernach würde sich die Leistungsfähigkeit der Franke'schen Dampfspritze beziffern als eine solche von 6/0,6 Mann bei dem nahen Ziele und von 2,5/0,4 6 bis 7 Mann bei dem weiten Ziele. Die Leistung der Egestorff'schen Dampfspritze aber würde sich herausstellen zu 17/0,4 bis 43 Mann bei weitem Ziele. Der Berichterstatter bemerkt bei diesen Ergebnissen ganz richtig, daß sich die Leistungen der Dampfspritzen bei einer längeren Zeitdauer der Versuche als eine Minute (wie es in Braunschweig der Fall war) jedenfalls noch günstiger herausgestellt haben würden als vorstehend, da die Menschenarbeit gar bald zu erlahmen pflegt. Ich möchte hierbei mein bereits früher über Nutzen und Vorzüge der Dampfspritzen (gegenüber den Handspritzen) ausgesprochenes Urtheil wiederholen,Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereines, 1862 S. 112; polytechn. Journal Bd. CLXVIII S. 409. darin bestehend, daß die Dampfspritzen nicht dazu bestimmt seyn können, die Handspritzen überflüssig zu machen, sondern ihre Aufgabe eine ganz andere, nämlich die ist, letztere zu unterstützen, und zwar in den beiden Fällen, wenn eine Feuersbrunst nicht schnell zu bewältigen und große Massen Wasser auf weite Entfernungen (der bedeutenden Hitze wegen) geworfen werden müssen, sobald man endlich Herr des Feuers werden will.

Tafeln

Tafel Tab.
									IV
Tab. IV