Titel: Ueber Verbesserung saurer Grubenwässer zum Gebrauche für den Dampfkesselbetrieb; von Dr. Erwin Willigk, Privat-docent an der Prager Hochschule.
Autor: Erwin Willigk
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. LIV., S. 212
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LIV. Ueber Verbesserung saurer Grubenwässer zum Gebrauche für den Dampfkesselbetrieb; von Dr. Erwin Willigk, Privat-docent an der Prager Hochschule. Willigk, über Verbesserung saurer Grubenwässer zum Gebrauche für den Dampfkesselbetrieb. In einem der größten Kohlenwerke Böhmens traten stark saure Grubenwässer auf, welche, weil sie mittelst Pumpwerken gehoben und auch als Speisewasser für einen sehr ausgedehnten Dampfkesselbetrieb verwendet werden mußten, nicht nur Steigrohre und Ventile, sondern auch die Kesselwände stark angriffen. Es handelte sich, da kein anderes Wasser zur Speisung der Kessel vorhanden war, darum, dasselbe von den die Metalle angreifenden Verbindungen zu befreien oder dieselben unschädlich zu machen. Zunächst wurde das Wasser der Analyse unterworfen, deren Resultate hier folgen. Probe A ist Wasser so wie es aus der Grube zu Tage gehoben wird; dasselbe ist von ausgeschiedenem Ocker und aufgeschwemmtem Thone trübe, hat filtrirt einen schwachen Stich in's Gelbliche, ist geruchlos, besitzt einen tintenhaften Geschmack, reagirt stark sauer, trübt sich auch nach mehrtägigem Stehen an der Luft nicht und hat ein Volumgewicht von 1,016 (bei 15°C.) Beim Kochen bildet es ein bedeutendes Sediment; der feste Rückstand schwärzt sich bei hoher Temperatur durch Zersetzung der beigemengten organischen Substanz. Probe B ist Wasser aus derselben Grube, welches, um es von den aufgeschwemmten Substanzen zu befreien, an der Grube wiederholt durch Kohkscinder filtrirt und dann unmittelbar zur Speisung der Dampfkessel verwendet wird. Das Wasser war klar, zeigte dasselbe Volumgewicht sowie die übrigen physikalischen Eigenschaften wie Probe A A. Die qualitative Analyse ergab folgende Uebergemengtheile: Kali, Natron, Kalk, Magnesia, Eisenoxydul, Eisenoxyd, Manganoxydul (Spur), Zinkoxyd, Thonerde, Chlor (Spur), Schwefelsäure, kieselsäure und organische substanz. Der Chlorgehalt ist für die Gewichtsbestimmung zu klein. Bei der quantitativen Analyse wurden: Kali, Natron, Kalk, Magnesia, Thonerde, Zinkoxyd, Schwefelsäure und Kieselsäure für sich, Eisen (als Eisenoxyd) zugleich mit dem Manganoxyd, und die organische Substanz aus dem Verluste bestimmt. Berechnet wurden die Salze sämmtlich im wasserfreien Zustande. Wassermenge in 1000 Thln. 303.2 Grm. gaben 0,5595 Grm. = 1,8453 345,6 Grm. gaben 0,6375 Grm. = 1,8446     im Mittel = 1,8449 festen Rückstand 1238,5 Grm. gaben 0,0315 Grm. = 0,02540 Kali 624,6 Grm. gaben 0,0376 Grm. = 0,06012 Natron 404.5 Grm. gaben 0,1092 Grm. = 0,26920 Kalk 625.6 Grm. gaben 0,0843 Grm. = 0,13170 Magnesia 416,9 Grm. gaben417,4 Grm. gaben 0,0640 Grm.0,0634 Grm. = 0,1530= 0,1519 Eisenoxyd 629,8 Grm. gaben613,9 Grm. gaben 0,0210 Grm.0,0185 Grm. = 0,0333= 0,0301 Thonerde 416,9 Grm. gaben417,4 Grm. gaben 0,0125 Grm.0,0109 Grm. = 0,0299= 0,0261 Zinkoxyd 307,3 Grm. gaben310,5 Grm. gaben 0,3364 Grm.0,3406 Grm. = 1,0940= 1,0970 Schwefelsäure 416,9 Grm. gaben417,4 Grm. gaben 0,0085 Grm.0,0110 Grm. = 0,0240= 0,0260 Kieselsäure 0,0254 Grm. Kali verlangen 0,0216 Grm. Schwefelsäure 0,0601 Grm. Natron verlangen 0,0775 Grm. Schwefelsäure 0,2692 Grm. Kalk verlangen 0,3988 Grm. Schwefelsäure 0,1347 Grm. Magnesia verlangen 0,2694 Grm. Schwefelsäure 0,1525 Grm. Eisenoxyd verlangen 0,2208 Grm. Schwefelsäure 0,0317 Grm. Thonerde verlangen 0,0740 Grm. Schwefelsäure 0,0280 Grm. Zinkoxyd verlangen 0.0275 Grm. Schwefelsäure Darnach stellt sich das quantitative Verhältniß sämmtlicher Uebergemengtheile dieses Wassers folgenderweise heraus: Gesammtmenge des festen Rückstandes in 1000 Thln. = 1,8449 Schwefelsaures Kali in 1000 Thln. = 0.0470 schwefelsaures Natron in 1000 Thln. = 0,1376 schwefelsaurer Kalk in 1000 Thln. = 0,6680 schwefelsaure Magnesia in 1000 Thln. = 0.4041 schwefelsaures Eisenoxyd in 1000 Thln. = 0,3745 schwefelsaure Thonerde in 1000 Thln. = 0,1057 schwefelsaures Zinkoxyd in 1000 Thln. = 0,0555 Kieselsäur in 1000 Thln. = 0,0251 organ. Substanz u. Verlust in 1000 Thln. = 0,0264 –––––––– 1,8449 B. In diesem Wasser wurden der Menge nach bestimmt: der feste Rückstand; Eisenoxyd (Manganoxyd), Thonerde und Zinkoxyd Zusammen; Kalk, Magnesia, Schwefelsäure und Kieselsäure für sich. Wassermenge in 1000 Thln. 412,8 Grm. gaben 0,759 Grm. = 1,838   Grm. festen Rückstand 818,5 Grm. gaben 0,0664 Grm. = 0,0811 Grm. Alkalien (als Natron in Rechnnng) 605,5 Grm. gaben 0,1628 Grm. = 0,2688 Grm. Kalk 345,6 Grm. gaben 0,0454 Grm. = 0,1381 Grm. Magnesia 575,5 Grm. gaben 0,1335 Grm. = 0,2320 Grm. Eisenoxyd etc. 455,5 Grm. gaben 0,5009 Grm. = 1,0984 Grm. Schwefelsäure 625,6 Grm. aben 0,0150 Grm. = 0,0239 Grm. Kieselsäure. Die Uebereinstimmung dieser Zahlen mit den bei A gefundenen macht jede weitere Berechnung überflüssig und zeigt, daß bei der Filtration über Kohkscinder keine basischen Salze ausgeschieden wurden, sonach die beiden Wässer identisch sind. Zehn Centner dieser Wässer enthalten, annähernd und in runden Zahlen ausgedrückt, die bedeutende Menge von 1 pfund 25 Loth W. G. (1 Kilogramm) festen Rückstandes; und dieser enthält, als für die Verwendung des Wassers besonders nachtheilig: 11 Loth schwefelsaures Eisenoxyd 3 Loth schwefelsaure Thonerde 20 Loth schwefelsauren Kalk. Um eine Methode zu finden, das Wasser für die Kesselspeisung tauglich zu machen, wurden nachfolgende Versuche angestellt: Eine Probe mit körnigem Kalk in Berührung ergab erst nach drei Tagen Aufhören der sauren Reaction und Ausscheiden von Eisenoxydhydrat. Eine Probe mit Kreidestücken in Berührung, zeigte schon nach 30 Minuten Aufhören der sauren Reaction und geringe Abscheidung von Eisenoxydhydrat. Eine Probe über Magnesit stehen gelassen, war nach 24 Stunden noch sauer und zeigte keine Abscheidung. Mit Witherit in Berührung, zeigte das Wasser schon nach zwei Stunden, viel rascher noch beim Schütteln, Abwesenheit von Eisenoxyd und Aufhören der sauren Reaction. Nach diesen Versuchen eignet sich zur Verbesserung des fraglichen Grubenwassers am besten Witherit, indem Magnesit sehr langsam wirkend, wohl auch zu kostspielig ist, bei Anwendung von Kalk (wenn auch in Form von Kreide sehr schnell wirkend) aber die ohnehin sehr bedeutende Menge des im Wasser enthaltenen Gypses unnöthig vermehrt würde, was bei Anwendung von Witherit wegfällt, indem die durch Zersetzung der schwefelsauren Salze ausgeschiedene Schwefelsäure in Form von unlöslichem schwefelsaurem Baryt zu Boden fällt. Zur genaueren Ermittelung der Wirksamkeit des Witherites wurde eine größere Wassermenge wiederholt durch ein langes Glasrohr geleitet, welches mit kleinen Stücken desselben gefüllt war. Bei 50 Fuß Gesammtlänge der Witheritsäule hörte die saure Reaction auf, bei 110 Fuß Länge derselben waren keine Eisensalze in dem Wasser mehr nachzuweisen. Die qualitative Analyse des so behandelten und filtrirten Wassers ergab, daß von den ursprünglichen Uebergemengtheilen desselben: Eisenoxyd (Manganoxyd), Thonerde und Zinkoxyd vollständig ausgeschieden wurden; nachweisbar blieben: Schwefelsäure, Alkalien, Kalk und Bittererde. Um zu ermitteln, wie weit die Zersetzung der im Wasser gelösten schwefelsauren Salze durch Einwirkung des Witherites erfolgte, wurden: 1) die Gesammtmenge des festen Rückstandes, 2) die Schwefelsäure und 3) der Kalk der Menge nach bestimmt. 1) 370,5 Grm. Wasser gaben 0,519 Grm. d. i. in 1000 Th. 1,3198 Grm. Rückstand 2) 370,5 Grm. Wasser gaben 0,2873 Grm. d. i. In 1000 Th. 0,7754 Grm. Schwefelsäure 3) 410,0295,0 Grm. Wasser gabenGrm Wasser gaben 0,107700,08115 Grm. d. i. in 1000 Th.Grm. d. i. in 1000 Th. 0,2600,275 Grm Kalk Es enthält demnach das Wasser in 1000 Theilen: aus der Grube mit Witherit behandelt Rückstand = 1,8449 Th. 1,3198 Th. Kalk = 0;2692 Th. 0,2675 Th. Schwefelsäure = 1,0955 Th. 0,7754 Th. Sonach stellt sich heraus, daß durch die Filtration über Witherit die Verbindungen der Schwefelsäure mit KO, NaO, CaO und MgO unzersetzt blieben, während sie aus ihren Verbindungen mit Fe2O 3, Al2O 3 und ZnO in unlöslicher Form ausgeschieden wurde; nach folgender Berechnung: Textabbildung Bd. 192, S. 215 Der Rückstand des ursprünglichen Wassers betrug : 1,8449; Der Rückstand des filtrirten Wassers betrug : 1,3198; Differenz = 0,5251; durch Filtration wurden ausgeschieden:; Schwefels. Eisenoxyd : 0,3755 Schwefels. Thonerde : 0,1057 Schwefels. Zinkoxyd : 0,0555; im Ganzen : 0,5367 Textabbildung Bd. 192, S. 216 Das ursprüngliche Wasser enthielt an Schwefelsäure : 1,0955; Das filtrirte Wasser enthielt an Schwefelsäure : 0,7754; Differenz = 0,3201; Es verlangen aber von den ausgeschiedenen: 0,1525 Th. Eisenoxyd an SO3 : 0,2208; 0,0317 Th. Thonerde an SO3 : 0,0740; 0,0280 Th. Zinkoxyd an SO3 : 0,0275; im Ganzen = 0,3223; während die nach der Filtration im Wasser zurückgebliebenen: 0,0254 KO; NaO; CaO; MgO; an SO3; 0,0216; 0,0775; 0,3988; 0,2694; im Ganzen = 0,7673; Im filtrirten Wasser wurde an SO3 gefunden = 0,7754; Der Kalkgehalt im ursprüngl. Wasser wurde gefunden = 0,2692; Der Kalkgehalt im ursprüngl. Wasser wurde gefunden = 0,2675 Die angewendete Reinigungsmethode erscheint nach dem Angeführten brauchbar, insofern das Wasser nicht nur völlig neutralisirt, sondern auch die Abscheidung von basisch-schwefelsaurem Eisenoxyd, welches erfahrungsgemäß nicht unwesentlich zum Erhärten des Kesselsteines beiträgt, unmöglich gemacht wird, ohne daß der Gehalt an schwefelsaurem Kalk steigen würde. Die Kosten der Herstellung einer Vorrichtung, in welcher das Speisewasser eine 110 Fuß lange Witheritsäule durchläuft, verdienen wohl keine Beachtung und stellen sich, mit Rücksicht auf die großen Nachtheile saurer Speisewässer, auch übrigens kaum zu hoch, indem von dem untersuchten, ungewöhnlich schwefelsäurereichen Grubenwasser 1000 Ctr., in runden Zahlen 80 Pfd. Witherit zur Reinigung benöthigen. An dem das besprochene Wasser liefernden Schachte sind zum Betriebe des Wasserhebewerkes, der Aufzugs- und Fördermaschinen, sowie einer Dampfsäge, durchschnittlich binnen 24 Stunden 113 Ctr., somit in einem Jahre (dort zu 320 Arbeitstagen gerechnet) 36,160 Ctr. Speisewasser erforderlich, zu dessen Reinigung 30 Ctr. Witherit völlig ausreichen. Prag, im März 1869.