Titel: Ueber die unter hohem Druck stattfindende Verbrennung des Wasserstoff- und Kohlenoxydgases in Sauerstoffgas; von E. Frankland.
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. LXXX., S. 285
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LXXX. Ueber die unter hohem Druck stattfindende Verbrennung des Wasserstoff- und Kohlenoxydgases in Sauerstoffgas; von E. Frankland. Aus den Annales de Chimie et de Physique, 4. série, t. XVI p. 103; Januar 1869. Frankland, über Verbrennung des Wasserstoffes und Kohlenoxyds in Sauerstoff unter hohem Druck. Im Jahre 1861 beschrieb ich die Wirkung einer Druckverminderung auf einige Verbrennungserscheinungen81 Polytechn. Journal Bd. CLXI S. 100. und leitete aus den Ergebnissen meiner Versuche folgendes Gesetz ab: Die Verminderung der Leuchtkraft einer Gas- oder Kerzenflamme ist direct proportional der Verminderung des Luftdruckes. Neuere Versuche über die Ursache des Leuchtens der SteinkohlengasflammePolytechn. Journal Bd. CLXXXV S. 279. erregten mir Zweifel an der Richtigkeit der zuerst von Davy aufgestellten, allgemein angenommenen Theorie, nach welcher das Licht einer Gasflamme, überhaupt der leuchtenden Flammen, durch das Vorhandenseyn fester Theilchen bedingt sey. Man nimmt jetzt allgemein an, daß der Ruß, welcher entsteht, wenn man auf die Gas- oder Kerzenflamme ein Drahtgewebe drückt, oder welcher sich auf einem ebenfalls in der Querschnittsrichtung in die Flamme gehaltenen Porzellanstück absetzt, nicht aus reinem Kohlenstoff besteht, sondern auch Wasserstoff enthält, von welchem man ihn nur durch längeres Weißglühen in einer Chlorgasatmosphäre vollständig befreien kann. — Bei weiterer Verfolgung des Gegenstandes fand ich, daß gewisse Flammen mit großem Glanze leuchten können, ohne feste Theilchen zu enthalten. So gibt die Flamme des in Sauerstoff verbrennenden metallischen Arsens ein weißes Licht von sehr bedeutender Intensität; da nun aber das metallische Arsen bei 180° C., und das Verbrennungsproduct desselben, die Arsenigsäure, bei 218° C. siedet, die Temperatur aber, bei welcher feste Körper glühen, mindestens 500° C. beträgt, so ist Es offenbar unmöglich, die Gegenwart glühender fester Theilchen in dieser Flamme anzunehmen. Wenn man ferner Schwefelkohlenstoffdampf in Sauerstoff oder Sauerstoff in Schwefelkohlenstoffdampf verbrennt, so erhält man ein Licht, dessen Glanz ebenso unerträglich ist. Nun ist aber in keinem Theile dieser Flamme ein fester Körper vorhanden, da der Siedepunkt des Schwefels (440° C.) unterhalb der Glühtemperatur liegt; die Hypothese des Vorhandenseyns fester Theilchen in der Flamme ist also auch in diesem Falle nicht zulässig. Ersetzt man bei dem letzteren Versuche den Sauerstoff durch Stickstoffoxydul, so ist das Resultat dasselbe, und das durch die Verbindung dieses Gemisches erzeugte blendende Licht ist an den brechbarsten Strahlen so reich, daß man Es zur Aufnahme von Augenblicks-Photographien und zur Hervorrufung von Fluorescenz-Erscheinungen angewendet hat. Es ließen sich viele andere Beispiele anführen, daß in Folge des Glühens gas- oder dampfförmiger Substanzen stark glänzendes Licht erzeugt wird; ich beschränke mich aber auf ein einziges. Bei der raschen Verbrennung des Phosphors in Sauerstoff entsteht bekanntlich ein höchst blendendes Licht; die durch diese Verbrennung erzeugte Phosphorsäure ist aber bei Rothglühhitze flüchtig und somit ist Es offenbar unmöglich, daß dieser Körper in der Phosphorflamme, deren Temperatur viel höher als der Schmelzpunkt des Platins ist, in festem Zustande vorhanden seyn kann. Aus diesen und anderen, in den oben erwähnten Abhandlungen angegebenen Gründen glaube ich, daß keineswegs glühende Koblenstofftheilchen die Quelle des Leuchtens der Gas- und Kerzenflamme sind, sondern daß das Leuchten dieser Flammen durch die Strahlung dichter, aber durchsichtiger Kohlenwasserstoffe bewirkt wird, und durch Verallgemeinerung der Folgerungen aus den mitgetheilten Versuchen bin ich zu dem Schlusse gekommen: daß dichte Gase und Dämpfe bei weit niedrigerer Temperatur leuchtend werden, als gasförmige Körper von verhältnißmäßig niedrigem specifischem Gewichte. Dieses Gesetz ist fast gänzlich, wenn nicht vollkommen unabhängig von der Natur des Gases oder Dampfes. Endlich entdeckte ich (zur Bestätigung), daß die Gase von niedrigem specifischen Gewichte, welche bei einer gegebenen Temperatur, wenn sie unter normalem Luftdrucke brennen, nicht leuchtend sind, es werden können, wenn man sie unter starkem Drucke brennen läßt. So geben Gemische von Wasserstoff oder Kohlenoxyd mit Sauerstoff nur wenig Licht, wenn man sie an freier Luft verbrennen oder verpuffen läßt, liefern dagegen ein sehr intensives Licht, wenn man sie in geschlossenen irdenen Gefäßen verpufft, so daß ihre Expansion im Augenblicke der Verbrennung verhindert wird. Ich habe diese Versuche neuerlich weiter ausgedehnt, indem ich Wasserstoff- und Kohlenoxydgas unter einem bis zu 20 Atmosphären steigenden Drucke verbrannte. Ich benutzte dazu ein starkes eisernes Gefäß, welches mit einer dicken Glasplatte von solcher Größe versehen war, daß ich die Flamme mittelst geeigneter Instrumente beobachten konnte. Das Ansehen einer in Sauerstoff brennenden Wasserstoffflamme kann ich als bekannt voraussetzen; indem man den Druck bis auf 2 Atmosphären erhöht, wird das anfänglich schwache Leuchten der Flamme sehr merklich stärker und bei 10 Atmosphären Druck gibt die etwa 1 Zoll lange Flamme schon ein so starkes Licht, daß man in zwei Fuß Entfernung von derselben eine Zeitung lesen kann, ohne daß die Intensität durch eine reflectirende Fläche verstärkt zu werden braucht. Das Spectrum dieser Flamme ist glänzend und vom Roth bis zum Violett vollkommen ununterbrochen. Die schon an sich größere Leuchtkraft besitzende Kohlenoxydflamme wird im Sauerstoffe bei 10 Atmosphären Druck weit stärker leuchtend, als eine unter demselben Drucke brennende Wasserstoffflamme von derselben Dimension. Das Spectrum der in atmosphärischer Luft brennenden Kohlenoxydslamme ist bekanntlich ebenfalls ununterbrochen; im Sauerstoff und unter einem Drucke von 14 Atmosphären erscheint Es sehr glänzend und vollkommen ununterbrochen. Wenn specifisch schwere Gase beim Verbrennen ein stärkeres Licht geben, als specifisch leichte, so muß auch die bei dem Hindurchschlagen elektrischer Funken durch verschiedenartige Gase erzeugte Lichtmenge nach der Dichtigkeit dieser Gase verschieden seyn. Davon kann man sich überzeugen, wenn man so viel als möglich unter gleichen Verhältnissen elektrische Funken durch Wasserstoff, Sauerstoff, Chlor und Schwefligsäure schlagen läßt. Beim Wasserstoff ist die Lichtintensität sehr gering, beim Sauerstoff bedeutender, beim Chlor und bei der Schwefligsäure sehr bedeutend. Erwärmt man flüssige Schwefligsäure in starken, beiderseits geschlossenen und mit eingeschmolzenen Platindrähten versehenen Glasröhren so stark, daß der innere Druck 3 bis 4 Atmosphären erreicht, so ist der Strom der Inductionsfunken durch das Gas von einem glänzenden Lichtphänomen begleitet. Wenn man ferner mittelst eines Ruhmkorff'schen Apparates einen Strom von Inductionsfunken durch eine mit atmosphärischer Luft gefüllte, mit einer Druckpumpe verbundene Glasröhre schlagen läßt, und den Druck in derselben allmählich auf 2 bis 3 Atmosphären steigert, so begleitet eine sehr bedeutende Zunahme des Glanzes den durchgehenden Funken; läßt man dagegen die verdichtete Luft nach und nach entweichen, so tritt die entgegengesetzte Erscheinung ein. Der elektrische Bogen einer Batterie von 50 Grove'schen Elementen ist viel stärker leuchtend, wenn man zwischen die Kohlenspitzen anstatt atmosphärischer Luft Quecksilberdämpfe treten läßt. Die im Vorstehenden erwähnten Gase und Dämpfe besitzen folgende relative Dichtigkeit: Wasserstoff 1,0 atmosphärische Luft 14,5 Sauerstoff 16,0 Schwefligsäure 32,0 Chlor 35,5 Quecksilber 100,0 Phosphorsäure 71 oder 142,0 Das schwache Licht, welches der Phosphor beim Verbrennen in Chlor gibt, scheint eine Ausnahme von dem oben aufgestellten Gesetze zu machen; denn da die Dichtigkeit des Verbrennungsproductes, des Phosphorchlorürs (PCl3) sehr groß (= 68,7) ist, so sollte eine beträchtliche Lichtmenge entwickelt werden; der Glanz einer Flamme hängt aber auch von der Temperatur derselben ab, und Es läßt sich nachweisen, daß in dem vorliegenden Falle deren Temperatur weit geringer ist, als die durch Verbrennung des Phosphors im Sauerstoff erzeugte. Wir besitzen nicht alle zur Berechnung der Temperatur dieser Flammen erforderlichen Daten; nach Andrews gibt aber der in Sauerstoff verbrennende Phosphor 5747 Wärme-Einheiten, welche durch das Gewicht des Productes von 1 Grm. Phosphor dividirt, 2500 Einheiten geben. Nach demselben Chemiker gibt der in Chlor verbrennende Phosphor nur 2085 Wärme- Einheiten, und dividirt man diese wie vorhin mit dem Gewichte des Productes, so erhält man 470 Einheiten. Offenbar muß also im letzteren Falle die erzeugte Temperatur weit niedriger seyn, als im ersteren, beim Verbrennen des Phosphors im Sauerstoff. Ich habe nun gefunden, daß auch die Phosphorflamme in Chlorgas ein glänzendes weißes Licht ausstrahlt, wenn man durch vorheriges Erhitzen der beiden Elemente die Temperatur der Flamme um ungefähr 500° erhöht.