Titel: Das Aetzammoniak als Reagens zur sicheren Nachweisung der giftigen Arsenik-Kupferfarben; von C. Puscher in Nürnberg.
Autor: C. Puscher
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. LXXXVII., S. 326
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LXXXVII. Das Aetzammoniak als Reagens zur sicheren Nachweisung der giftigen Arsenik-Kupferfarben; von C. Puscher in Nürnberg. Puscher, Verfahren zum Erkennen der Arsenik-Kupferfarben. Die schönen gelb- oder bläulich grünen giftigen Arsenik-Kupferfarben, welche unter den mannichfachsten Namen als: Schweinfurtergrün, Wiener-, Mitis-, Kaiser-, Neu-, Neuwieder-, Berggrün etc. im Handel bekannt sind, werden, trotzdem sie zur Verwendung für Tapeten, zum Bedrucken von Stoffen, für künstliche Blumenblätter, Patent-Oblaten, Zimmeranstriche, Spielwaaren, Glanzpapiere etc. verboten sind, immer noch benutzt, obgleich man jetzt schöne arsenikfreie Ersatzfarben dafür hat. Welchen schädlichen Einfluß diese zu den erwähnten Anwendungen benutzten Farben oft auf die Gesundheit des Menschen äußern, ist daraus ersichtlich, daß seit Januar dieses Jahres allein hier bereits acht Erkrankungsfälle constatirt wurden, bei denen man mit Gewißheit (es ließ sich in den meisten Fällen Arsenigsäure in dem Harn der Erkrankten nachweisen) die Ursache der Krankheitserscheinungen im Einathmen des Schweinfurtergrün-Staubes von Tapeten und Kleiderstoffen oder im Anlecken von grünen Patent-Oblaten gefunden hat. Damit sich nun das mit diesen Farben nur sehr wenig vertraute Publicum gegen die Gefahren derselben schützen kann, ist Es wünschenswerth, ein einfaches, von Jedermann leicht ausführbares Verfahren zu besitzen, welches das Erkennen derselben auf Tapeten, Kleidern, Spielwaaren etc. ermöglicht. Das Verfahren, welches zu diesem Zweck hauptsächlich empfohlen wurde, nämlich das Verbrennen solcher giftigen Tapeten, Papiere, Gewebe etc., wodurch dann bei Gegenwart von Arsenigsäure der dem Arsen eigenthümliche Knoblauchgeruch sich entwickelt, ist wegen des zugleich auch mit verbreiteten Geruches des Papieres, Gewebes und Bindemittels in der Hand des Publicums unsicher und nicht für alle Fälle anwendbar. Ebenso unsicher ist das umständliche Verfahren, die zu prüfenden Gegenstände mit Aetzkalilauge zu kochen, um durch die Verwandlung der grünen in eine rothe Farbe (Kupferoxydul) auf die Anwesenheit von Kupfer-Arsenikfarben zu schließen. Es kommen im Handel grüne Farben vor, die sogenannten unechten Sorten von Chromgrün und Zinkgrün (Mischungen von Chrom- oder Zinkgelb mit Pariserblau), wovon einige im Aeußeren mit den giftigen Arsenikfarben Aehnlichkeit haben und welche, auf obige Art behandelt, ebenfalls rothbraune Niederschläge von Eisenoxydhydrat hervorrufen, dadurch also zu Täuschungen Veranlassung geben. Mein Verfahren gründet sich auf die Thatsache, daß alle Kupfer-Arsenikfarben in dem in jeder Apotheke zu habenden Salmiakgeist mit ultramarinblauer Farbe löslich sind, daß diese blauen Lösungen nach dem Verdunsten ihres überschüssigen Ammoniaks ihre blaue Farbe verlieren und zugleich einen schmutzig gelbgrünen Niederschlag von arsenigsaurem Kupferoxydhydrat erscheinen lassen. Gießt man daher auf die farbigen zu prüfenden Gegenstände einige Tropfen Salmiakgeist (Aetzammoniak), so erhält man nach wenigen Minuten, bei Anwesenheit von Kupfer-Arsenikfarben, eine blaue Lösung, welche, auf weißes Papier übertragen, nach dem Verdunsten des freien Ammoniaks ihre Farbe verliert und zugleich den erwähnten schmutzig gelbgrünen Niederschlag absondert. Da meistens nur die mit Zusätzen, wie Gyps etc., bereiteten billigen Sorten von Giftfarben in Anwendung kommen, so bleiben diese Zusätze beim Auflösen der Farbe in Aetzammoniak auf dem zu prüfenden Gegenstand zurück, überziehen sich aber beim Trocknen, da sie mit der blauen Lösung getränkt sind, mit demselben schmutzig gelbgrünen Niederschlag. Hinterläßt dagegen die blaue Salmiakgeistlösung nach dem Verdunsten des Ammoniaks, statt des schmutzig gelbgrünen Niederschlages einen hellblauen Rückstand, so haben wir Es mit einer der arsenikfreien Kupferfarben, Bremergrün oder Blau, Bergblau, Kalkblau etc. zu thun. Die Kupfer-Arsenikfarben sind Verbindungen von essig- und arsenigsaurem Kupferoxyd. Wenn daher durch die blaue Lösung der Farbe in Aetzammoniak mit Sicherheit das Vorhandenseyn von Kupferoxyd constatirt ist, so wird durch das Verschwinden der blauen Farbe der Lösung (weil sich die Arsenigsäure des ganzen Kupfergehaltes der Lösung bemächtigt) und Erscheinen des schmutzig gelbgrünen Niederschlages nach dem Verdunsten des Ammoniaks, die Anwesenheit der arsenigen Säure ebenso zuverlässig mittelst dieses einzigen Reagens nachgewiesen. Es gibt daher wohl kaum ein einfacheres, von Jedermann leicht auszuführendes Verfahren, um die Gegenwart von giftigen Kupfer-Arsenikfarben nachzuweisen, als das erwähnte; dasselbe dürfte also namentlich den HHrn. Sanitätspolizei-Beamten bei Visitationen zu empfehlen seyn. Da der Salmiakgeist lösend auf Sandarakharz wirkt, so läßt sich mittelst des beschriebenen Verfahrens auch auf den mit Sandaraklack lackirten Spielwaaren die Anwesenheit der Kupfer-Arfenikfarben mit Sicherheit ermitteln.