Titel: Mittheilungen aus dem Laboratorium für technische Chemie in Braunschweig.
Fundstelle: Band 192, Jahrgang 1869, Nr. CXXX., S. 489
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CXXX. Mittheilungen aus dem Laboratorium für technische Chemie in Braunschweig. (Schluß von S. 421 des vorhergehenden Heftes.) Mittheilungen aus dem Laboratorium für technische Chemie in Braunschweig. IV. Verseifung der Fette im Zustande der Emulsion. In einer früheren Abhandlung über die Verseifung der Fette im Zustande der Emulsion (état globulaire von Mége-Mouries)Polytechn. Journal, 1866, Bd. (CLXXX S. 309. ist dargethan worden, daß die damit verbundene, äußerst feine Zertheilung die Verseifung durch Laugen außerordentlich erleichtert; sowie daß emulsirte Fette sich in der Kälte und zwar weit rascher verseifen, als nicht emulfirte nach dem gewöhnlichen Verfahren im Sieden. Die Vertheilung der Fette durch Emulsion ist von ganz ähnlicher Wirkung, wie das Pulverisiren fester Körper. Es war noch zu ermitteln übrig geblieben, ob die Verseifung auch vollständig erfolge. Die durch Digestion in der Kälte aus emulsirten Fetten entstandene Seife wird in Gestalt eines Kuchens erhalten, der sich an der Oberfläche der Flüssigkeit abscheidet. Bei der Unlöslichkeit der Seife in der überschüssigen Lauge ist dieser Kuchen bald vollständig hart und spröde, bald weich, bald mehr, bald weniger wasserhaltig, je nach der Stärke der angewendeten Lauge. In der Regel gaben diese Seifenkuchen nach mehrmaligem Abspülen mit destillirtem Wasser und Auflösen darin bei der Siedhitze, keine klare, sondern eine mäßig trübe Seifenlösung. Es genügte jedoch ein Zusatz von wenigen Tropfen Lauge zu der siedenden Flüssigkeit, um sie völlig durchsichtig zu machen. Zuweilen war die Lösung völlig klar. Um die Menge des bei der kalten Digestion aufgenommenen Alkalis zu bestimmen, wählte man den Talg als das am schwersten verseifbare Fett. Der nach weiter unten zu beschreibender Weise emulsirte Talg wurde mit einem großen Ueberschuß von Aetznatronlauge von 20 Proc. durch Umschütteln gemischt und zwei Tage lang stehen gelassen; Es bildete sich, wie beschrieben, ein fester harter Seifenkuchen. Nachdem der Kuchen durchbrochen worden, leitete man anhaltend Kohlensäure durch die Flüssigkeit bis zur vollkommenen Sättigung der überschüssigen Lauge, goß die entstandene Lösung von kohlensaurem Natron vorsichtig und so weit als thunlich ab. Durch Behandeln des Rückstandes mit starkem Weingeist in der Wärme löste sich die Seife und konnte von dem Rest des kohlensauren Natrons durch Filtration getrennt werden. Die abfiltrirte Seifenlösung verdampft und mit verdünnter Schwefelsäure zersetzt, gab 11 Proc. wasserfreies Natron, also einen Betrag, der nicht wesentlich von dem der gewöhnlichen Seifen abweicht. Bei der Ausführung im Großen hätte man den Seifenkuchen nach Entfernung der überschüssigen Lauge kochend aufzulösen, aber ohne ihn vorher abzuspülen. Man erhält dann von selbst eine klare Seifenlösung, die man nach den herkömmlichen Regeln der Kunst zu behandeln und auf die Form zu bringen hat. Zur Verwandlung des Fettes in Emulsion sind schleimige Mittel, Gummi jedenfalls lästig, kostspielig an sich und durch Aufwand an mechanischer Kraft, und für die Anwendung auch dadurch ungeeignet, daß sie nach der Verseifung in der überschüssigen Lauge verbleiben, welche doch wieder benutzt werden muß. Weit zweckmäßiger zum Emulsiren des Fettes ist Seife, weitaus am bequemsten und vortheilhaftesten aber die zum Verseifen dienende Aetzlauge. Sie hat in der That die Fähigkeit Fett in den Zustand der Emulsion überzuführen in einem überraschenden Grade. Wenn man in ein mit eingeriebenem Stöpsel verschließbares Glas einige Tropfen Aetzlauge gießt, das Gingegossene wieder auslaufen läßt und einmal mit etwas Wasser nachspült, so emulsirt ein solches Glas die eingegossenen Fette auf's kräftigste. Gießt man nämlich eine beliebige Menge Oel ein mit etwa ebenso viel Wasser, so genügt fast ein einmaliges Aufschütteln, um das Ganze in eine weiße Milch zu verwandeln. Ist nach kurzem Schütteln der Inhalt des Gefäßes homogen, so läßt sich die entstandene Emulsion beliebig mit Wasser verdünnen und scheidet sich selbst nach einigen Tagen nicht ab. Die emulsirende Eigenschaft der Lauge beruht nur auf der augenblicklich beginnenden Bildung von Seife. Deßhalb ist Es erforderlich sehr reines oder destillirtes Wasser zu nehmen, denn auf Zusatz von Kochsalz, Säuren u. s. f. scheidet sich die Emulsion sofort in eine schielende Flüssigkeit und in weiße Flocken, die als dicker Rahm an die Oberfläche treten. Talg, Schmalz, feste Fette überhaupt können selbstverständlich nicht bei gewöhnlicher Temperatur emulsirt werden, sondern erfordern Erwärmen des Gefäßes und Wassers bis zur Verflüssigung des Fettes. Um größere Mengen Fett zu emulsiren, setzt man dem Wasser vor dem Umschütteln ein wenig Lauge zu, hüte sich aber vor einem Ueberschuß, der das Fett sogleich an die Oberfläche treibt. Die Theorie des Butterns. Bei der Emulsirung des Talges mittelst der beschriebenen Handgriffe ergab sich Gelegenheit zu einer Beobachtung, welche, wie ich glaube, den Schlüssel zur Erklärung des Butterns enthält. Es zeigte sich nämlich bei dem Talg eine sonderbare Unregelmäßigkeit, indem die Emulsion oft ohne weiteres gelang, oft schlechterdings nicht. In letzterem Falle bildete sie sich zwar anfangs, aber alsbald entstanden Klumpen von Talg, die sich nicht wieder vertheilten, sondern das emulsirt gewesene Fett fast alles aufnahmen. Nachdem man eine Zeit lang vergebens nach dem Grund des Gelingens oder Mißlingens gesucht, fand sich endlich, daß Alles von der Temperatur der Mischung abhängt. Diese wurde jedesmal erwärmt bis der Talg geschmolzen war; schüttelte man nur kurze Zeit und ließ die warme Flüssigkeit ruhig stehen, so hielt sich die Emulsion; schüttelte man längere Zeit, so daß die Flüssigkeit während des Schüttelns erkaltete, so trat Ausscheidung des Talges in Klumpen ein. Schütteln bei Temperaturen oberhalb des Schmelzpunktes des Talges, bleibende Emulsion; unterhalb dieses Schmelzpunktes, Abscheidung in Klumpen. Flüssiger Talg wird durch Schütteln zertheilt und emulsirt; die festen Fettkügelchen von emulsirtem Talg bei gewöhnlicher Temperatur werden durch Schütteln vereinigt. Schütteln, Peitschen, kurz Bewegung ist ein wirksames Mittel um Fette in Flüssigkeiten zu zertheilen; bei dem Buttern in der Landwirthschaft bewirkt Es Abscheidung des Fettes in Masse. Diese uralte, aber etwas paradoxe Thatsache hat sich einer Erklärung niemals recht fügen wollen. Die Autoritäten der landwirthschaftlichen Chemie umgeben die Butterkügelchen nach dem Vorgang von Raspail und Donné mit einer Hülle, oder einer Art Membran. Das Vorhandenseyn dieser Hüllen ist niemals erwiesen worden; das Mikroskop zeigt auch bei stärkster Vergrößerung immer nur vollständig homogene Fettkügelchen mit durchaus einfachem Umriß. Nur unter der Voraussetzung völlig gleicher Farbe, Dichte und lichtbrechender Kraft könnten sich die Hüllen der mikroskopischen Wahrnehmung entziehen. Gewöhnlich wird als Beweis von dem Vorhandenseyn der Hüllen die Beobachtung von Henle angeführt, wornach die Kügelchen der Milch bei allmählichem Zusatz von Essigsäure eingeschrumpfte, verzerrte Formen annehmen sollen. Damit ist jedoch keineswegs gesagt, daß die Kügelchen schon vorher mit einer Hülle umgeben waren, auf welche Essigsäure zusammenziehend reagirt; sie können sich ebenso gut erst durch den Einfluß der Essigsäure mit unlöslich gewordenem Käsestoff umgeben haben. Auch E. Mitscherlich's Beobachtung, daß Milch mit Aether geschüttelt so gut wie unverändert bleibe, das Fett also (wegen der Zwischenlagerung der Hüllen) nicht entzogen werde, ist bekanntlich nicht in allen Fällen wahr. Durch die Bewegung der Flüssigkeit im Butterfaß, so nahm man weiter an, werden die Hüllen zerrissen, die Fettkügelchen bloßgelegt und in die Möglichkeit versetzt, sich zu vereinigen. Die Vereinigung enthülster Fettkügelchen ist aber um nichts verständlicher als die Vereinigung von Fettkügelchen, welche von vornherein keine Hüllen besitzen. Wenn man auch das Zerreißen der Hülle etwa zwischen Keule und Mörserwand begreift, so ist doch nicht einzusehen wie dieß bei mikroskopischen Kügelchen von 0,0012 bis 0,0018 Linien Durchmesser in einer nach allen Seiten ausweichenden Flüssigkeit geschehen kann. Warum findet das Buttern nicht wenigstens theilweise schon beim Melken, warum nicht im Euter des Trab laufenden Thieres statt? Warum überhaupt nicht bei höherer Temperatur, warum nur in der Kälte? Der Vorgang beim Buttern scheint doch wohl einfach darauf hinauszulaufen, daß der Rahm die Fettkügelchen in festem, nicht mehr in flüssigem Zustande enthält. Tropfen von flüssigem Fett werden in der mechanisch bewegten Caseinlösung so lange zerrissen, bis sie dem mechanischen Angriff nicht mehr hinreichend Oberfläche bieten, bis die Cohäsion der Fetttheilchen diesem Angriff das Gleichgewicht hält, d. h. bis das Fett in mikroskopische Tröpfchen zertheilt ist. Kügelchen von starrem Fett werden in der bewegten Flüssigkeit beim Zusammenstoß aneinander haften und in diesem Zustand verharren, weil sie dem mechanischen Angriff eben durch ihre Starrheit gewachsen sind. V. Portugiesischer Graphit; von Knublauch. Von Oporto ist vor einiger Zeit eine Probe von Graphit eingelaufen, welche angeblich aus einer neuen, nicht näher bezeichneten Fundgrube in Portugal stammt. Die Probe war in Form eines etwa zollstarken Prisma's geschnitten, aus einer sehr gleichförmigen, feinkörnigen Masse, welche weder blätterige, noch schieferige Absonderungen zeigte und für das Auge keine fremdartigen Einschlüsse zu erkennen gab. Bei ihrem sehr mäßigen Glanz glich sie ganz den künstlichen Massen, wie solche aus Graphit und Thon in den Bleistiftfabriken angefertigt werden. Dieser Graphit, im Wasserbad getrocknet, verlor bei beginnender Glühhitze einen weiteren Antheil Wasser und hinterließ nach der Einäscherung einen reichlichen graubraunen Rückstand von unverbrennlicher Substanz. 1) 1,917 Grm. Graphit verloren bei 100° C. getrocknet 0,060 Grm. Wasser; ebenso gaben 0,898 Grm. Graphit 0,044 Grm. Wasser. 2) 1,149 Grm. bei 100° C. getrockneter Graphit verloren bei mäßigem Glühen unter der Verbrennungstemperatur 0,044 Grm. Wasser. 3) 1,224 Grm. bei 120–150° scharf getrockneter Graphit verloren ebenso 0,051 Grm. Wasser. Die Verbrennung nach Art der organischen Analyse mit Kupferoxyd und Sauerstoffgas gab folgende Resultate: 4) 0,1860 Grm. ungetrockneter Graphit: 0,264 Grm. Kohlensäure und 0,019 Grm. Wasser; ferner 0,0945 Grm. Asche. 5) 0,2375 Grm. ebenso: 0,372 Grm. Kohlensäure, 0,015 Wasser und 0,1205 Asche. 6) 0,4145 Grm. ebenso: 0,640 Kohlensäure, 0,031 Wasser und 0,2115 Asche. 7) 0,249 Grm. ebenso: 0,405 Kohlensäure. In reinem Sauerstoffgas in dem Platinschiffchen verbrannt gaben: 8) 0,234 Grm. ungetrockneter Graphit 0,335 Grm. Kohlensäure, 0,023 Wasser und 0,118 Asche. Endlich auf nassem Wege mit doppelt-chromsauren Kali oxydirt, gaben: 9) 0,266 Grm. ungetrockneter Graphit 0,422 Grm. Kohlensäure. Daraus berechnet sich der chemische Bestand des neuen Graphites wie folgt: Wasserverlust durch Trocknen bei 100° C.: nach 1) 3,13 und 4,89 Proc. Wasserverlust durch Glühen des getrockneten Graphites: nach 2) 3,838, nach 3) 4,08 Proc. Ferner in der ungetrockneten Substanz: 4. 5. 6. 7. 8. 9. Wasser, hygroskopisch u. gebunden 10,21 6,31 7,47 9,83 Kohlenstoff 38,71 42,72 42,12 44,33 39,04 43,30 Asche 50,81 50,74 51,02 50,42 ––––––– ––––––– ––––––– ––––––– 99,73 99,77 100,61 99,29 Durch Einäscherung unter der Muffel in einer Platinschale wurde erhalten: 10) von 0,410 Grm. Graphit 0,217 Grm. Asche, entsprechend 52,96 Proc. 11) von 0,417 Grm. Graphit 0,223 Grm. Asche, entsprechend 53,55 Proc. Diese beiden letzten Bestimmungen sind etwas zu hoch, weil der Bedeckung der Tiegel mit der Platinschale ungeachtet nicht verhindert werden konnte, daß etwas Asche von außen zukam. Der bei 100° C. getrocknete Graphit besteht daher im Mittel aus: Gebundenem Wasser 3,96 Kohlenstoff 42,69 unverbrennlicher Substanz 53,35 ––––––– 100,00 Die unverbrennliche Substanz ergab bei der Analyse Eisenoxyd mit Thonerde(ersteres überwiegend) 79,50 Proc., 19,14 Kieselerde und 1,36 Kalk in 100 Gew. Th.