Titel: Neue Belege für die Verwendbarkeit des Naphtalins in der Farbstofftechnik; von M. Ballo.
Autor: M. Ballo
Fundstelle: Band 195, Jahrgang 1870, Nr. XXII., S. 82
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XXII. Neue Belege für die Verwendbarkeit des Naphtalins in der Farbstofftechnik; von M. Ballo. Ballo, über Verwendbarkeit des Naphtalins in der Farbstofftechnik. Die in der neuesten Zeit gemachten vielfachen Versuche das Naphtalin, gleich dem Benzol, als Grundlage technisch verwendbarer Farbstoffe in die Industrie einzuführen, sind bis jetzt bekanntlich mit wenig Erfolg gekrönt. Das Martius'sche Binitronaphtol, sowie das in der Fabrik des Hrn. Clavel in Basel nach dem Verfahren des Hrn. Schiendl in Wien zuerst von Durand im Großen dargestellte und von Hofmann untersuchte Naphtalinroth Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1869 S. 374 und 412; polytechn. Journal Bd. CXCIII S. 502. allein, hielten bis jetzt die Hoffnung auf die Verwendbarkeit des Naphtalins aufrecht. Es findet nun diese Hoffnung weitere Begründung in dem Umstand, daß es mir gelungen ist, wenigstens indirect (wenn ich mich so ausdrücken darf) die Naphtalinderivate der Farbstoffchemie nutzbar zu machen. Durch Behandlung der Rosanilinsalze mit den Jodüren gewisser Alkoholradicale erhält man bekanntlich violette, mit Anilin auch blaue Farbstoffe. So sind bis jetzt die drei typischen Wasserstoffatome des Rosanilins mit Methyl, Aethyl und Phenyl ersetzt; auch haben Dawson die Einwirkung des Allyljodids auf Rosanilin, Wanklyn die des Pseudopropyljodids, Vogel die des Aethylenbromids (und Jodids) untersucht. Es lag nun der Gedanke nahe, dieselben durch den univalenten Naphtalinrest C¹ºH⁷ zu ersetzen, und es war von vornherein zu erwarten, daß auch bei dieser Reaction Farbstoffe entstehen würden. Das Experiment bestätigte diese Vermuthung. Aus Fuchsin und Monobromnaphtalin (C¹ºH⁷ Br) entsteht beim Erwärmen ein violetter Farbstoff, welcher weder im festen Zustand, noch in der alkoholischen Lösung, noch auf Wolle und Seide fixirt, dem Hofmann'schen Violett nachsteht. Die gesättigte alkoholische Lösung dieses Farbstoffes ist undurchsichtig, tief violett, beinahe schwarz gefärbt; im festen Zustand besitzt er das Aeußere des Fuchsins: Metallglanz und cantharidengrüne Farbe. Seine Färbekraft steht der des Binitronaphtols kaum nach. Durch Zusatz von wenig Salzsäure ändert sich die Farbe der alkoholischen Lösung dieses Farbstoffes zunächst in Blau, bei weiterem Zusatz in schönes dunkles Grün; durch vorsichtigen Zusatz von Alkali, ja selbst von Alkohol zu der grünen Lösung schlägt deren Farbe wieder in Blau, dann Violett um. Durch Kalilauge wird die violette Lösung gebräunt, und aus der prächtig braunen Flüssigkeit durch Zusatz von Wasser die Base gefällt. Analog der Bildung der Mono-, Di- und Triphenylrosanilinderivate entsteht ferner ein violetterein blauer Farbstoff aus Fuchsin und Naphtylamin. Schmilzt man Fuchsin mit Naphtylamin zusammen, so entsteht eine kupferglänzende Masse, welche sich in Alkohol mit derselben Farbe wie der vorige Farbstoff löst, und diese Lösung zeigt ein ganz analoges Verhalten gegen Säuren und Alkalien wie die vorige, so daß wohl in beiden Fällen ein und derselbe Farbstoff entsteht. Eine gewisse Wichtigkeit ist wohl dem Umstand zuzuschreiben, daß beim Behandeln von 1 Mol. Fuchsin mit 1, 2 und 3 Mol. Bromnaphtalin sowohl, als auch mit 1, 2 und 3 Mol. Naphtylamin die Bildung blauer, oder überhaupt anders gefärbter Producte nicht bemerkt werden konnte. Selbst nach vierstündigem Erhitzen eines Gemenges von Fuchsin mit überschüssigem Bromnaphtalin auf 250°C. und nach Behandlung des Rückstandes (der viel unverbundenes Bromnaphtalin enthielt) mit schwacher Salzsäure, löste sich der Rückstand in Alkohol mit violetter Farbe, und die Lösung zeigte die oben beschriebenen Farbenänderungen. Ich muß jedoch bemerken, daß das überschüssige Bromnaphtalin sich stets schwach blau gefärbt zeigte, und daß der Metallglanz des Productes nur nach Entfernung desselben mit wenig Alkohol zum Vorschein kam. Es kann darnach wohl angenommen werden, daß auch die kupferrothe Farbe des Productes aus Naphtylamin und Fuchsin Folge von Gegenwart unverbundenen Naphtylamins ist. Ebenfalls glaube ich, daß in dem Rosanilin durch den Naphtalinrest C¹ºH⁷ nur 1 Atom Wasserstoff bei den obigen Versuchen ersetzt wurde, muß mir jedoch die Entscheidung dieser interessanten Frage für die nächste Zukunft vorbehalten. Angesichts dieser Thatsachen wurde nun auch die Oxydation eines Gemisches von Anilin und Naphtylamin mittelst Arsensäure versucht. Naphtylamin ist in Anilin mit dunkelrother Farbe in bedeutender Menge löslich, aber die Oxydation dieses Gemenges (das aus 1 Mol. Anilin und 2 Mol. Naphtylamin bestand) führte bis jetzt noch zu keinen befriedigenden Resultaten. Im Obigen glaube ich jedoch den Beweis suchen zu dürfen, daß bei der auf die mannichfaltigste Weise combinirten Einwirkung der Naphtalinderivate auf Benzolderivate eine Verwendbarkeit des Naphtalins zu finden sey. Pesth, 8. December 1869.