Titel: Ueber Cochinchina-Indigo; von Richard E. Meyer.
Fundstelle: Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XL., S. 172
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XL. Ueber Cochinchina-Indigo; von Richard E. Meyer. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, t. XL p. 253; Mai 1870. Meyer, über Cochinchina-Indigo. Ich wurde von dem Ausschuß für Chemie unserer Industriegesellschaft mit der Untersuchung einer Probe von Cochinchina-Indigo beauftragt. Dieser Indigo bildet platte Stücke von 3 bis 6 Grammen; ihre Form deutet darauf hin, daß sie durch Auspressen der feuchten Masse zwischen Leinwand erhalten worden sind, deren Eindrücke man auf ihrer Oberfläche sieht. Diese Stücke sind ziemlich leicht, porös, haften gut an der Zunge und nehmen beim Reiben ziemlich starken Kupferglanz an. Ihre Farbe ist ein reines, aber helles Blau, ohne Stich in Violett. Auf dem Bruche ist die Masse sehr homogen und läßt von Beimengungen eines fremden Körpers nichts bemerken. Zunächst beschäftigte ich mich mit der Bestimmung des Gehaltes dieser Probe an Indigotin, im Vergleich zu mehreren anderen häufig angewendeten Indigosorten. Ich erhielt folgende Resultate: Procent Cochinchina-Indigo, 1. Analyse: 52,2 Proc.         „            „        2.      „       51,5   „ im Durchschnitt 51,85 Bengalischer Indigo  I, ordinärer dunkelblauer, schwer, nichtan der Zunge haftend 55,00          „            „        II (Grus), röthlich dunkelblau 63,50          „            „       III, schön violettblau, leicht 68,25          „            „       VI,              deßgl. 69,50 Guatimalo Indigo      I, bräunlichblau, sehr ordinär 55,25         „             „        II, ordinärer hellblauer 57,75 Ich war nicht im Stande, mir Guatimalo erster Qualität, sowie Java zu verschaffen. Die Bestimmungen sind nach der von Schützenberger in seinem Werke über die Farbstoffe angegebenen Methode mittelst zweifach-chromsauren Kalis gemacht worden. Aus diesen Resultaten geht hervor, daß der neue Indigo zu den an Farbstoff armen Sorten zu rechnen ist. Nimmt man als Norm den (ostindischen) Indigo aus Bengalen von 69,5 Procent Farbstoffgehalt, welcher eine reiche Sorte bildet und gegenwärtig 29 Frcs. per Kilogrm. kostet, so stellt sich der Werth des neuen Indigos nach seinem Farbstoffgehalt zu 21,60 Frcs. heraus. Der reine Farbeton, welchen dieser Indigo trotz seines geringen Farbstoffgehaltes zeigt, ließ vermuthen, daß in demselben die mineralischen Bestandtheile über die extractiven organischen Stoffe vorwalten müssen, um so mehr als seine schwefelsaure Lösung einen nur ganz unbedeutenden Rückstand auf dem Filter gelassen hatte – ein gewöhnliches Anzeichen der Gegenwart einer nur geringen Menge fremdartiger organischer Substanzen. Ich hielt es daher für wünschenswerth, diesen Indigo bezüglich der Menge der beim Verbrennen zurückbleibenden Asche mit denjenigen analysirten Indigosorten zu vergleichen, deren Indigotingehalt ihm am nächsten kommt. Ich gelangte zu folgenden Resultaten: Bengal I       gab beim Einäschern an Rückstand   6,63 Proc. Guatimalo  I   „       „           „          „          „ 11,34    „       „          II   „       „           „          „          „   7,28    „ Cochinchina   „       „           „          „          „ 22,36    „ Die oben ausgesprochene Vermuthung wird also durch diese Einäscherungen bestätigt; dieselben ergeben für den Cochinchina-Indigo einen ganz abnormen Gehalt an Mineralsubstanzen, welcher fast doppelt so groß ist wie bei Guatimalo I, der doch schon eine sehr hohe, die mittlere überschreitende Ziffer gibt. Die qualitative Analyse der Asche der neuen Indigosorte ergab als vorwaltenden Bestandtheil phosphorsauren Kalk, von kleineren Mengen kohlensauren Kalkes begleitet; ferner Eisenoxyd, Thonerde, Magnesia und Natron, jedoch keine Spur von Kali. Ein geringer Kupfer- und Bleigehalt rührt wahrscheinlich von den bei der Fabrication angewendeten Gefäßen her. Was den Gehalt der Asche an Säuren betrifft, so herrschen, wie bereits bemerkt wurde, die Phosphorsäure und Kohlensäure bei weitem vor. Kieselsäure ist nur in geringer Menge, zum größten Theile in Form von Sand vorhanden; von Chloriden und Schwefelsäuresalzen sind nur Spuren zugegen. Ein so großer Gehalt an Mineralsubstanzen dürfte auf eine fehlerhafte Fabricationsmethode hindeuten. Denn es ist einleuchtend, daß, wenn es gelänge den Indigo von diesen Bestandtheilen zu befreien, seine Qualität dadurch in bedeutendem Grade verbessert würde. Dieß ist jedoch ein Punkt, dessen Würdigung wir dem Fabrikanten überlassen müssen, welcher am besten beurtheilen kann ob es ihm möglich wäre, durch Veränderungen in seinem Fabricationsverfahren die Einführung dieser großen Menge von Mineralstoffen zu vermeiden, durch welche nur der Transport des Productes vertheuert und dessen Qualität verringert wird. Wenn es z. B. in jenen fernen Gegenden anginge, den fabricirten Indigo, bevor er in den Handel gebracht wird, mit Salzsäure zu behandeln, so würde es leicht seyn, die Phosphate und Carbonate, welche den größten Theil der Asche bilden, zu entfernen. Ich habe mich überzeugt, daß die Salzsäure dem Cochinchina-Indigo 30,41 Proc. seines Gewichtes entzieht, indem sie außer den erwähnten Salzen eine gewisse Menge organischer Substanzen auflöst. Der so behandelte Indigo gibt nur noch 3,74 Procent Asche, anstatt der 22,36 Procent welche er vor der Behandlung mit Säure hinterließ, und sein Indigotingehalt beträgt 74,7 Procent, so daß er eine ganz vorzügliche Sorte bildet. Schließlich will ich über die von mir benutzte Methode zur Bestimmung des Indigotins einige Bemerkungen beifügen. Bekanntlich gründet sich dieses Verfahren auf die Oxydation der Indigschwefelsäure durch zweifach-chromsaures Kali in Gegenwart von Chlorwasserstoffsäure. Das Ende der Reaction wird durch die vollständige Zerstörung der blauen Farbe angezeigt, welche in dem Augenblicke stattfindet, wo sämmtliche Indigschwefelsäure zu Isatinschwefelsäure umgewandelt ist; da aber letzterer Körper der Lösung eine gelbe, öfters beinahe braune Färbung ertheilt, so ist es ziemlich schwierig, den Augenblick der Endreaction mit Genauigkeit zu erfassen. Durch diese Unsicherheit wird die Zuverlässigkeit der Methode etwas abgeschwächt; ich glaube jedoch, daß bei einiger Uebung der Fehler 1/2 bis 1 Procent nicht übersteigt, was eine für alle technischen Bedürfnisse hinreichende Annäherung ist. Ein anderer Punkt, auf welchen ich aufmerksam machen möchte, weil derselbe zu Fehlern Anlaß geben kann, ist die Stärke der zum Auflösen des Indigos bestimmten Nordhäuser Schwefelsäure. Ich habe nämlich gefunden, daß eine Säure von 1,85 specifischem Gewicht, welche an der Luft noch ziemlich stark raucht, nicht stark genug ist, um eine vollständige Auflösung zu bewirken. Erst bei Anwendung einer Säure von 1,89 specifischem Gewicht bin ich zu befriedigenden Resultaten gelangt.