Titel: Ueber den atmosphärischen Staub; von Prof. Tyndall.
Fundstelle: Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XV., S. 72
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XV. Ueber den atmosphärischen Staub; von Prof. Tyndall. Tyndall, über den atmosphärischen Staub. Einer Vorlesung Prof. Tyndall's über Staub und Nebel in der Royal Institution am 21. Januar d. J. entnehmen wir Folgendes: Unsere Atmosphäre enthält eine Menge Staubtheile, welche ein Sonnenstrahl oder das elektrische Licht, die durch ein dunkles Zimmer gehen, enthüllen. Bei seinen Versuchen über die Wirkung des Lichtes auf Dämpfe wurde dem Verfasser dieser Staub sehr hinderlich, so daß es nothwendig wurde ihn zu entfernen. Luft welche durch Schwefelsäure, Aetzkalilauge und Kohlensäure geleitet war, führte immer noch diese Stäubchen. Nachdem verschiedene Versuche fehlgeschlagen waren, die Luft von denselben zu befreien, gelang dieß, wenn die Luft über eine Spiritusflamme in den Apparat geleitet wurde. Dieß deutete an, daß diese Theilchen verbrennbar und organischen Ursprunges seyen. Tyndall ließ nun die Luft durch eine glühende Platinröhre, welche ein Platinsieb enthielt, langsam streichen. Auf diesem Wege wurden alle Staubtheile entfernt. Der Versuch wurde daher wiederholt, nachdem die Röhre sich abgekühlt hatte. Nun zeigte sich jedoch keine Trennung des Staubes von der Luft. Demnach war die Brennhitze allein an dem Verschwinden des Staubes aus der Luft Schuld. Diesen durch den Focus eines Hohlspiegels zu erkennen, gelang nicht. Eine Weingeistflamme reichte hin, die Verbrennung zu bewerkstelligen; brachte man jedoch eine solche Flamme unter einen Lichtstrahl, so wurde eine höchst merkwürdige Erscheinung beobachtet. Dunkle, rauchähnliche Wolken erschienen im Lichtstrahle, und ersetzte man die Spiritusflamme durch einen Bunsen'schen Gasbrenner, so machte sich ein scharf begrenzter dunkler Ausschnitt oder Spalt bemerkbar. Sollte diese Dunkelheit Rauch seyn? Rothglühendes Eisen oder die Wasserstoffgasflamme erzeugten dieselbe Erscheinung. Hier konnte doch keine Rede von Rauch seyn! Diese dunkle Stelle ist nach Tyndall die Dunkelheit des Weltenraumes; sie bildet sich dadurch, daß in der Luft, welche durch Verbrennung der Staubtheile von diesen befreit ist, sich nichts mehr befindet, um das Licht zu zerstreuen. Es braucht jedoch nicht unbedingt ein Verbrennen der Staubtheilchen vorherzugehen, um diese Erscheinung hervorzurufen. Eine über der Weingeistflamme erhitzte Kupferkugel erzeugte diese Wolken von Dunkelheit, aber dieselben entstanden gleichfalls, wenn auch im geringeren Grade, nachdem sich die Kugel unter die Temperatur des kochenden Wassers abgekühlt hatte. Ein Glaskolben mit kochendem Wasser brachte dieselbe Erscheinung in geringerem Maaße zu Stande; und ein ähnliches Resultat gab Platindraht durch Elektricität erhitzt, lange bevor er glühend wurde. Alle diese Versuchsgegenstände erhitzen die sie umgebende Luft, diese wird leichter und erhebt sich, während der Staub in seiner Schwere nicht wesentlich verändert wird. – Verschiedene Gase, wie Wasserstoffgas, in einer Weise dargestellt, welche diese schwebenden Theilchen ausschließt, bringen, einem Lichtstrahle ausgesetzt, Dunkelheit hervor. Ein Glas in der Luft mit seiner Mündung abwärts gehalten, läßt das Licht der elektrischen Lampe in der Form eines sichtbaren Strahles durchgehen; leitet man Wasserstoffgas und Leuchtgas mittelst einer Röhre, welche bis auf den Grund reicht, in das Glas, so wird jener Theil des Lichtstrahles, welcher innerhalb des Glases fällt, unsichtbar. Bei dieser Gelegenheit bemerkte Tyndall, daß ein Theil dieses atmosphärischen Staubes dem menschlichen (und jedem thierischen) Leben Gefahr bringe, und verweilte längere Zeit bei der Keimungstheorie der Krankheiten. Der atmosphärische Staub kann nicht mit dem Blasbalg weggeblasen werden; ersetzen wir den Blasbalg durch die menschliche Lunge, so erscheint einfach eine weiße Wolke im Lichtstrahl, welche der Wasserdampf im Athem erzeugte. Wird die Athmungsluft jedoch vorher getrocknet dadurch, daß man sie durch eine erhitzte Röhre steigen läßt, so erhält man ein eigenthümliches Resultat. Athmet man ein und wieder aus, so daß die Luft langsam durch die glühende Röhre in den Lichtstrahl tritt, so zeigt sich anfangs gar keine Veränderung bei den letzten Athmungswellen einer Athmung, jedoch erscheinen im Lichtstrahl dunkle Nebel und zeigen an, daß der Staub aus diesem Theil der Luft entfernt und von der Lunge zurückgehalten worden ist (oder daß nun Luft aus Theilen der Lunge kommt, wohin dieser Staub nicht gedrungen, oder daß Gase aus dem Blute austreten, welche diese Staubtheilchen nicht enthalten werden). Füllen wir dagegen unsere Lungen mit Luft, welche durch Baumwolle filtrirt ist, so finden wir, daß alle ausgeathmete Luft frei von Staubtheilchen ist! Dieser Befund gibt der Gewohnheit vieler Aerzte, bei der Annäherung an Infectionsherde sich das Taschentuch vor den Mund zu halten, eine gewisse wissenschaftliche Begründung. Tyndall ist übrigens überzeugt, daß alle Krankheitskeime durch ein Filter von Baumwolle abgehalten werden können,Dr. T. A. Hoffmann in Beardstown (Ills.) ließ sich bereits am 25. Sept. 1866 (in Folge der i. J. 1854 von Prof. H. Schröder und Dr. Th. v. Dusch angestellten Versuche) einen locker mit Baumwolle gestillten Respirator in Amerika patentiren. und daß wir auf diese Weise in Beziehung auf diese Keime eine Luft in unsere Zimmer bringen können, welche an Reinheit mit jener der Alpen wetteifern kann. (Nach dem Neuen Jahrbuch der Pharmacie“, Bd. XXXIII S. 332.)