Titel: Ueber die Wirkung der Magnesia bei der Erhärtung der Kalk-Thonerdesilicate unter Wasser; von Dr. C. Bender.
Autor: C. Bender
Fundstelle: Band 198, Jahrgang 1870, Nr. CXVIII., S. 505
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CXVIII. Ueber die Wirkung der Magnesia bei der Erhärtung der Kalk-Thonerdesilicate unter Wasser; von Dr. C. Bender. Bender, über den Einfluß der Magnesia auf das Erhärten der Kalk-Thonerdesilicate unter Wasser. Die widersprechenden Beobachtungen, welche von verschiedenen Chemikern über diesen Gegenstand gemacht wurden, veranlaßten mich demselben einige Aufmerksamkeit zu widmen. Ich bin dabei zu demselben Resultate gekommen, wie Heldt,Journal für praktische Chemie, Bd. CXIV S. 161. welcher der Magnesia eine nachtheilige Rolle bei der Erhärtung der Kalk-Thonerdesilicate unter Wasser zuschreibt, wenn dieselbe dabei in etwas größerer Menge die Stelle der einen Basis, des Kalkes vertritt. Um die Wirkung der Magnesia in solchen Verbindungen zu studiren, ist es nöthig, sie entweder künstlich in Kalk-Thonerdesilicatmischungen einzuführen, so daß nach dem Mischen die Summe der beiden Basen, Kalk und Magnesia, zu der vorhandenen Kieselsäure und der Thonerde in einem auf praktischem Wege für Kalk ermittelten, bekannten, normalen Verhältniß steht, solche Mischungen alsdann zu brennen und das entstandene Product auf seine Erhärtungsfähigkeit unter Wasser zu prüfen; oder andererseits natürliche Steine, welche nach ausgeführter Analyse genannte Bedingungen und Verhältnisse schon darbieten, geradezu zu brennen. Im ersteren Falle hat man freies Spiel bezüglich des Zufügens von Magnesia und nur Sorge zu tragen, daß das gewählte normale Verhältniß von Basen zu Kieselsäure und Thonerde erhalten bleibe. Beim Brennen natürlicher Steine hat man sich vorher durch die Analyse zu überzeugen, daß die Magnesia nicht schon in einer durch Salzsäure schwer zersetzbaren Verbindung mit der Kieselsäure vorhanden ist, was aus der Untersuchung des in Salzsäure unlöslichen Theiles hervorgeht. Der erstere Weg führt allein endgültig zur Entscheidung und ich behalte mir Untersuchungen in dieser Richtung vor. Vorerst suchte ich der Lösung der Frage durch Brennen dolomitischer Mergel näher zu kommen. Die Analyse eines solchen, welcher sich in der Nähe von Grenzach (Schweiz) vorfindet, ergab in 100 Theilen: In Salzsäure löslich: Kohlensaurer Kalk 57,678 kohlensaure Magnesia 19,241 kohlensaures Eisenoxydul 1,390 kohlensaures Manganoxydul 1,111 Thonerde 0,251 Phosphorsäure 0,319 Wasser 1,127 In Salzsäure unlöslich: Kieselsäure 13,601 ThonerdeEisenoxyd 4,212 Phosphorsäure 0,129 Kalk 0,266 Magnesia. 0,408 Rest 1,748 Da nach dieser Analyse die Summe der Basen (Magnesia und Kalk) in keinem ungünstigen Verhältniß zur Kieselsäure und Thonerde steht und weiter dieser dolomitische Mergel ein verhältnißmäßig hohes specifisches Gewicht von 2,715 bei 12° C. besitzt, so ließ sich nach dem Brennen ein unter Wasser gut erhärtendes Product erwarten, falls die Magnesia keine nachtheilige Rolle bei der Hydratbildung spielt. Das Brennen geschah in einem eigens dazu nach Muster der großen Schachtöfen construirten Probirofen. Die Steine wurden, mit Kohks geschichtet, auf einem aus feuerfesten Steinen angefertigten Roste aufgelegt. Die Construction des Ofens gestattete weiter eine Steigerung der Hitze um jeden beliebigen Grad, durch Feuerung von unten. Weder die schwach bei etwa vier- bis fünfhundert Graden gebrannten Steine, noch die bis zur vollständigen Aufschließung des Thones (welches. nebenbei bemerkt, leicht vor sich geht), noch die bis zur Sinterung erhitzten Steine gaben ein unter Wasser kräftig erhärtendes Product. Bei dem schwachen Brennen etwas thonreicherer dolomitischer Mergel erhielt ich ein Product von folgender Zusammensetzung in 100 Theilen: Kieselsäure 25,8 inerte Masse 4,0 Thonerde 8,3 Kalk 36,3 Magnesia 22,3 Rest 3,3 ––––– 100,0 Es bildete ein gelbes, lockeres Pulver von geringer Dichte und konnte schon deßhalb das Product unter Wasser nicht gut erhärten. Dieselben Steine, stärker gebrannt, gaben einen Cement welcher mit Wasser langsam abband und unter Wasser weiter erhärtete. Die erhärtete Masse hielt jedoch entfernt nicht den Vergleich mit den unter Wasser erhärteten Kalk-Thonerdesilicaten aus. Untersucht man das stark gebrannte Product, so findet man die Quantität inerter Materie von 4 Proc. auf etwa 11 Proc. angewachsen und zwar hat man neben 22,3 Proc. aufgeschlossener Kieselsäure: Kieselsäure. 4,179 Proc. ThonerdeEisenoxyd 4,365 Phosphorsäure 0,099 Kalk 0,189 Magnesia 1,980 Da die Temperatur noch lange nicht jenen Grad erreicht hatte, bei welchem gewöhnliche Kalkmergel eine Sinterung erleiden, so läßt sich die Ursache der Verschlackung der Gegenwart von Magnesia zuschreiben, wie aus den vorstehenden Zahlen auch offenbar hervorgeht. Bei nur wenig stärkerem Erhitzen verglasten die Steine vollständig. Die erlangten Resultate sind auffallend gegenüber den Angaben von Michaelis,Die hydraulischen Mörtel etc., S. 77 und 78. wornach sogenannte Magnesiakalksteine beim Brennen, unter Wasser gut erhärtende Verbindungen liefern sollen. Michaelis sagt in Bezug hierauf: „Je weniger Kieselsäure und Thonerde in den Magnesiakalksteinen enthalten ist, desto wichtiger ist es, den Brennproceß so in Schranken zu halten, daß nur möglichst wenig Kalk Kohlensäure verliert; je thonreicher aber dieselben sind, desto weniger hat man einen Nachtheil von Anwendung zu hoher Temperaturen zu fürchten.“ Ich glaube die Allgemeinheit dieses Satzes auf Grund meiner Versuche verneinen zu müssen. Sie zeigen vorläufig weiter, daß die Gegenwart einer größeren Menge Magnesia in den Kalk-Thonerdesilicaten, mag das Brennen innerhalb gewisser Grenzen stark oder schwach ausgeführt worden seyn, für die Erhärtung derselben immer nachtheilig ist. Wird das Brennen der Steine nur so weit ausgeführt, bis der thonige Bestandtheil derselben gerade aufgeschlossen ist, so scheint die Magnesia, welche zur Kieselsäure eine bedeutendere Verwandtschaft besitzt als der Kalk, diesen von der Vereinigung mit Kieselsäure auszuschließen, wodurch Aetzkalk frei bleibt, der in größerer Menge ein Zerfallen unter Wasser bewirkt, in nicht sehr großer Menge die Ursache einer geringeren Festigkeit bildet. Bei stärkerem Brennen entsteht bei größerem Magnesiagehalte eine Verschlackung, welche schon durch die Vermehrung der inerten Masse eine Verschlechterung des Productes herbeiführen muß. Den Grenzwerth zu bestimmen, bei welchem die Magnesia aufhört schädlich zu wirken, kann nur durch das erste angegebene Verfahren der Herstellung künstlicher Mischungen gelingen. Basel, im August 1870.