Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 198, Jahrgang 1870, Nr. , S. 354
Download: XML
Miscellen. Miscellen. Hufeisen-Schmiedemaschine. Obgleich die Dampfkraft den Pferden zum Fortbewegen von Lasten zu Lande viel Arbeit abgenommen hat, so ist doch bekanntlich der Bedarf von Pferden im Civil wie im Militär nicht geringer wie früher geworden und scheint sogar fortwährend zu wachsen. Hieraus folgt, daß auch die Anzahl der zu beschaffenden Hufeisen, welche bis jetzt wohl noch überall von Hand geschmiedet werden, im Allgemeinen zunehmen und daß es daher wünschenswerth seyn wird, zum Schmieden derselben die Fortschritte der Technik benutzen zu können. Dieß ist denn jetzt auch erzielt worden; der Ingenieur Dopp in Berlin hat nämlich eine solche Maschine construirt (welche bereits in Preußen patentirt wurde) und mit Anwendung derselben eine Hufeisenfabrik errichtet. Diese Maschine besteht, soweit wir über dieselbe berichten können, aus einem Maschinencomplex, bedarf zu ihrer Bedienung sechs Mann (Arbeitsleute), und wird durch Dampf getrieben. Sie liefert eine Arbeit welche sauberer als die Handarbeit ist und zu einem Preise welcher sich zu dem durch Handarbeit hergestellten Erzeugniß etwa verhält wie 5 : 6, wobei zu beachten ist, daß bei Hufeisen der Hauptwerth in dem Material selbst liegt. Die Fabrik fertigt bereits Hufeisen in allen Nummern und findet ihre Abnehmer theils bei den Schmiedemeistern, theils beim Militär. Dr. Rob. Schmidt. Ueber die Producte der Spinnerei und Weberei, welche in den Pfahlbauten aufgefunden worden sind. In der Februar-Versammlung 1870 des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen sprach Hr. Dr. Max Weigert (in Berlin) über diese Producte, wornach feststehe, daß bereits in den zur Steinzeit bewohnten Bauten Flachs in ausgedehntem Maaße cultivirt und zu den verschiedensten Gespinnsten, Schnüren, Seilen etc. verarbeitet worden sey. Es seyen zahlreiche Stücke solcher Gespinnste sowie Massen von Spinnwirteln aus Stein und Thon vorhanden. Reste von Geflechten, die zu Matten, Decken und Gewändern gedient haben, zeigten die weitere Verarbeitung dieser Gespinnste durch die Kunst des Flechtens, während zahlreich aufgefundene Webesteine, neben Ueberbleibseln von unzweifelhaft durch Weben hergestellten Stoffen bewiesen, daß auch die Arbeit des Webens bereits bekannt gewesen sey. Diese sey auf einem Webestuhle mit vertical stehender Kette ausgeführt, der durch sinnreiche Ergänzung jetzt als reconstruirt gelten könne. – Die Untersuchungen über die Uranfänge seyen geeignet, wichtige Aufschlüsse über die Culturentwickelung des Menschengeschlechtes im Allgemeinen zu geben, indem von den beiden im Alterthum angewendeten Systemen des Webestuhles – dem mit horizontal ausgespannter Kette (à basses lisses) und dem mit senkrecht stehender Kette (à hautes lisses) – in frühester Zeit das erstere Indien und Egypten eigenthümlich sey, während das zweite bei den graeco-italischen Völkern in Gebrauch gewesen sey – ein Beweis daß die europäische Cultur von Afrika und Asien erst zu einer Zeit beeinflußt worden, da sie selbst schon ansehnlich vorgeschritten gewesen sey. (Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1870 S. 47.) Rauchverzehrende Feuerung für jedes Brennmaterial; von Albert Wagner, Architekt in Stuttgart. Diese Feuerung besteht zunächst aus einem Rost, auf welchem wie gewöhnlich ein Feuer von kleinem Holz angezündet wird, so daß die ganze Rostfläche mit brennendem Holz bedeckt ist. Auf die ganze Länge des Rostes, an den beiden Langseiten desselben und etwa 1 Zoll höher als dieser, findet die Flamme durch je einen niederen Canal ihren Abzug. Ueber dem Rost, also über der eigentlichen Gluth, befindet sich der Füllraum, dessen Länge- und Breitedimensionen etwas kleiner sind als die des Rostes. Dieser Füllraum wird, nachdem das Feuer eine Zeit lang brennt, mit dem Brennmaterial angefüllt und je nach dem Quantum welches auf einmal eingefüllt worden, respective je nach der Länge des Zeitraumes während welchem das Feuer anhalten soll, kann die Höhe dieses Fullraumes größer oder kleiner seyn. Die oben beschriebenen, an beiden Seiten des Rostes befindlichen Abzugscanäle sind mit der dort am stärksten brennenden Gluth verschüttet, so daß sich frisch eingeworfenes Brennmaterial nur über der Gluth anhäuft, nie aber in die Abzugscanäle fallen und dort die Gluth bedecken kann, vielmehr bleiben diese Canäle stets mit Gluth angefüllt und aller Rauch welcher sich über der Gluth im frisch eingefüllten Brennmaterial erzeugt, findet keinen anderen Ausweg, als durch die mit Gluth gefüllten zwei Abzugscanäle. Die Folge ist, daß dieser Rauch bei aufmerksamer Behandlung vollkommen, bei nachläßiger Behandlung beinahe vollkommen verbrennt. Das Verrußen des Ofens ist hierdurch nicht möglich. Außer den erwähnten zwei Abzugscanälen führt vom oberen Theil des Füllraumes eine kleine Rauchröhre zum Hauptabzugsrohr. Dieselbe ist mit einer Klappe versehen und hat den Zweck, den Rauch abzuführen, welcher sich beim Anzünden des Holzfeuers oder beim Oeffnen der Heizthür oder einer Kochöffnung dort ansammeln kann. Die zwei über dem Rost befindlichen Abzugscanäle ermöglichen daß feines Brennmaterial, welches bei gewöhnlichen Feuerungen das Feuer ersticken würde, hier ganz gut gebraucht werden kann, weil die Flamme ihren Weg nicht durch das aufgeschüttete Brennmaterial hindurch zu nehmen hat, sondern unter demselben, es mag noch so dicht ausgeschüttet seyn, unbehindert weiter brennen kann. Es kann also der Ofen ebensogut mit Steinkohlengries, Torfabfällen, Gerberlohe, Sägemehl, Kohksklein, als mit Steinkohlenstücken, Kohks oder Holz gefeuert werden. Wird der Ofen von Eisen ausgeführt, so verbreitet er alsbald, nachdem er gefeuert ist, eine schnelle Wärme. Dicke Ofenwandungen verhindern einestheils das Glühendwerden desselben und sind die Ursache, warum derselbe noch lange, nachdem das Feuer erloschen ist, warm bleibt. Aber auch der Füllraum des Ofens, welcher eine große Quantität Brennmaterial aufnimmt, bewirkt daß das Feuer je nach der Art des Brennmateriales und der Größe des Füllraumes kürzere oder längere Zeit anhält. Ein solcher Ofen von Fayence hat außer dem schöneren Aussehen noch den Vortheil einer gleichmäßiger anhaltenden Wärme. Ein schmiedeeiserner Ofen von Eisenblech, welcher an der Feuerung gut ausgemauert ist, hat gegenüber den vorgenannten den Vortheil, daß derselbe dauerhafter als ein solcher von Fayence, und angenehmer als ein gußeiserner ist, weil er ebenso gleichmäßig wie ein solcher von Fayence, dabei noch etwas schneller als ein solcher heizt. Es müssen übrigens zum Ausmauern dieser Oefen am Feuer die allerbesten feuerfesten Steine verwendet werden. Bei den im Handel befindlichen gußeisernen Oefen dieser Construction geht der Zug von den zwei seitlichen Abzugscanälen an den Ofenwandungen abwärts, dann in die hinter dem Ofen aufsteigende Ofenröhre. Durch diesen Zug nach unten wird der Ofen in der Nähe des Bodens am wärmsten, während die obersten Theile desselben weniger heiß werden. Es ist dieß für die Bewohner des Zimmers angenehmer, als wenn die Hauptwärme oben ausstrahlt; denn abgesehen davon, daß unten im Zimmer die kälteren Luftschichten sind, welche geeigneter sind die Wärme aufzunehmen, als die oberen, daß also ein Ofen der unten heizt, vortheilhafter ist, als einer der hauptsächlich oben heizt, ist es höchst lästig, in der Höhe des Kopfes eine große Wärmeausstrahlung zu empfinden. An diesem im Handel befindlichen Ofen befinden sich zwei kleine Kochöffnugen, wo etwa der Kaffee und für eine anspruchslose Familie auch das Mittagessen gekocht werden kann. Eigentliche Kochöfen und Kochherde mit dieser Feuerung können übrigens leicht von Gußeisen oder Schmiedeeisen, auch von Fayence, gefertigt werden und haben dieselben immer die nämlichen Vortheile gegenüber den bisher bestehenden, nämlich daß jedes Brennmaterial mit lange anhaltendem Feuer und großer Ersparniß gebraucht Werden kann, und daß ein Verrußen nicht stattfindet. Was nun die Brennmaterialersparniß betrifft, welche bei dieser Feuerung erzielt wird, so rührt dieselbe nicht nur daher, daß das billigste Brennmaterial, welches an den betreffenden Orten zu haben ist, verwendet werden kann, und daß dasselbe vollkommen verbrennt, sondern auch namentlich daher, daß die Feuerung eine mehr abgeschlossene ist, als gewöhnlich. Es weiß jeder Heizer an Kesselfeuerungen, daß die Hauptsache die ist, die Feuerthür möglichst selten zu öffnen und die ganze Fläche des Rostes stets mit Brennmaterial bedeckt zu haben; denn wenn dieß nicht der Fall ist, so wird die Luft, welche dann mit Leichtigkeit durch die offene Feuerthür oder durch den freien Rost zum Schornstein gelangen kann, ohne durch die Gluth hindurchstreichen zu müssen, nichts zur Entwickelung derselben beitragen, sie nimmt vielmehr ein bedeutendes Wärmequantum des Feuerraumes auf, um es nutzlos zum Schornstein zu führen. Dieser Umstand, welcher gewöhnlich durch Unkenntniß oder Gleichgültigkeit unbeachtet bleibt, und welcher die Ursache seyn kann, warum das Feuer schlecht brennt, kann bei obiger Feuerung deßhalb nicht vorkommen, weil durch das im Füller befindliche Brennmaterial der ganze Rost und das ganze Feuer bedeckt ist, und weil beim Oeffnen oder Offenstehenlassen der Feuerthür die Luft nicht zum Feuerraum gelangen kann, ohne zuerst durch die Gluth hindurch gedrungen zu seyn und dadurch zur Entwickelung des Feuers beigetragen zu haben. Die bis jetzt ausgeführten Feuerungen nach diesem System, nämlich Zimmeröfen von Gußeisen, Schmiedeeisen und Fayence, sowie Kochherde, genügen den oben genannten Anforderungen beinahe in jeder Hinsicht, und es ist anzunehmen daß sich dieses System ebenso für Dampfkessel etc. bewähren wird. Wenn hierdurch dem Rußen und Rauchen der vielen Dampfkamine abgeholfen würde, so wäre eine Hauptcalamität der industriellen Städte beseitigt. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1870, Nr. 42.) Der Füllregulirofen von Professor Meidinger in Carlsruhe. Dieser Ofen wird von Dr. E. Wiederhold in Max Wirth's soeben erschienenem „deutschem Gewerbskalender“ für 1871 lebhaft empfohlen. Zu der Construction dieses Ofens gab dem Erfinder der Wunsch des Capitän Koldeway Veranlassung, für die Nordpolexpedition einen Ofen zu besitzen, der einen kleinen Raum einnehme, eine gute Ventilation bewirke und bei geringem Brennmaterialverbrauch namentlich die glühende Wärmestrahlung der Steinkohlenöfen vermeide. Meidinger hat diese Aufgabe glücklich gelöst. Sein Ofen besteht im Wesentlichen aus einem gußeisernen Heizcylinder, welcher von einem doppelten Blechmantel umgeben ist. Der Heizcylinder ist oben mit einem lose ausliegenden Deckel versehen, welcher, wenn der Ofen mit Feuerungsmaterial, zu welchem sich am besten nußgroße Kohksstücke eignen, beschickt werden soll, abgehoben wird und mit welchem man, nachdem man die Kohkssäule durch oben aufgelegtes brennendes Reisig entzündet hat, den Cylinder wieder bedeckt. Der letztere hat am Boden eine knieförmige Erweiterung, an welcher sich eine luftdicht schließende Feuerthür befindet, die sowohl völlig aufgeklappt als auch Zeitlich vorgeschoben werden kann, so daß für den Zutritt von Luft bald ein größerer, bald ein kleinerer Spalt, je nach Bedürfniß, gebildet wird. Der Ofen hat weder Rost noch Aschenfall. Die Entzündung breitet sich von oben nach unten aus und in demselben Maaße kommen die oberen Schichten Kohks wieder aus dem Glühen; ist die Entzündung unten angelangt, so nimmt die Verbrennung wieder den umgekehrten Weg von unten nach oben, bis alles Feuermaterial aufgebraucht ist. Der Ofen wird täglich einmal mit der nöthigen Menge Kohks beschickt; er brennt Tag und Nacht, ohne daß es nothwendig wäre, das Feuer täglich von Neuem anzumachen. Schlacken und Asche werden täglich einmal durch die Feuerthür entfernt. Durch den doppelten Mantel findet eine sehr rasche Luftströmung statt, die kalte Luft tritt unten am Boden ein, streicht am Cylinder empor und strömt durch eine durchlöcherte Gußplatte nach oben in das Zimmer. Durch diese Einrichtung wird der Heizungscylinder stets so weit abgekühlt, daß er höchstens schwach rothglühend wird, jede lästige strahlende Wärme indessen vermieden. Der untere Theil des Ofens ist denn auch so kalt, daß man ihn ganz unbedenklich auf einen Teppich stellen kann. Die Regulirung der Wärme geschieht theils durch die Feuerthür, theils durch einen siebartig durchlöcherten Rohrstutzen, der am Rauchrohr angebracht und durch eine Klappe verschlossen wird. Diese Klappe findet sich aber unterhalb des eigentlichen Abzugscanales für die Feuergase, so daß durch etwaiges unvorsichtiges Schließen niemals eine Ausströmung von Kohlenoxydgas in die Zimmer vorkommen kann; durch das Oeffnen derselben tritt nur kalte Luft in das Rauchrohr, wodurch der Zug im Ofen gemindert wird. Der billige Preis, – ein Ofen zu 12 Thlr. reicht schon für ein ziemlich großes Zimmer aus, – zusammengenommen mit ihren unläugbaren Vorzügen vor allen ähnlichen Constructionen machen nach Wiederhold's Ansicht diese Oefen zu einer der beachtenswerthesten neuen Erscheinungen im Gebiete des Hauswesens. (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 43.) Ueber Anwendung von Cement-Verputz in den geschlossenen Arbeitsräumen der chemischen Laboratorien. Bei dem im Jahre 1865 erfolgten Neubau des chemischen Laboratoriums der k. Kreis-Gewerbsschule zu Bayreuth ließ ich die Rückwände der geschlossenen Arbeitsräume mit Portlandcement auskleiden, wobei die Vorsicht gebraucht wurde, den Verputz zu poliren. Seit dieser Zeit sind nun genannte Räume in stetem Gebrauch und wurden namentlich in dem einen, der das Sandbad umschließt, große Mengen von Säuredämpfen etc. entwickelt. Trotzdem ist aber der Cement-Verputz noch heutigen Tages wie neu; wenn er auch oft von den sich anschlagenden Dämpfen befeuchtet und durchnäßt wurde, so war er in kurzer Zeit doch wieder vollständig trocken und nie beobachtete ich ein Ablaufen der Flüssigkeiten, wie dieß häufig an zur Auskleidung verwendeten Kacheln vorkommt. Es dürfte sich daher die Anwendung von Cement zu dem genannten Zwecke sehr empfehlen. Spieß, k. Lehrer für Chemie. Ueber Ausscheidung der kohligen und Asphalt-Antheile aus dem Steinkohlentheer; von Dr. E. Jacobsen. Versetzt man Steinkohlentheer mit etwa dem halben Volumen Schwefelkohlenstoff, so wird sämmtlicher freier Kohlenstoff pulverig abgeschieden; wird von der decantirten Flüssigkeit der Schwefelkohlenstoff abgeblasen und versetzt man die Flüssigkeit dann mit Richten Petroleumölen, so scheidet sich der Gesammtgehalt an braunem Asphalt ab, während die überstehende Flüssigkeit nach dem Abblasen des Petroleumäthers ein tief orangegelbes klares Oel bildet, welches neben Naphtalin auch Anthracen u.s.w. enthält. In ähnlicher Weise kann man Steinkohlenpech von den kohligen und Asphalt-Antheilen trennen und da hiervon befreite Theerproducte leichter zu fractioniren sind und weniger auf Kosten der höheren Kohlenwasserstoffe vergast werden, so ließe sich ein ähnliches Verfahren vielleicht auch in der Technik zur Darstellung des Anthracens benutzen. Schwefelkohlenstoff und Petroleumäther lassen sich schon bei niedrigen Temperaturen immer wieder gewinnen, der Verlust dürfte namentlich in den von E. F. Richter construirten Apparaten zur Entfettung der Oelsaat mit Schwefelkohlenstoff unwesentlich seyn. Setzt man zum Steinkohlentheer direct Petroleumäther, so bildet der sich ausscheidende Asphalt mit dem freien Kohlenstoff und einem Theil der Schweröle eine zähe, schwer zu behandelnde Masse, durch Zusatz eines Gemisches von Schwefelkohlenstoff und Petroleumäther zum Theer wird ein Theil des braunen Asphaltes in Lösung gehalten. (Aus des Verfassers „chemisch-technischem Repertorium,“ zweites Halbjahr. Ueber Nitrirung des Anthracens in weingeistiger Lösung; von Prof. Bolley. Erhitzt man in Weingeist gelöstes Anthracen mit Salpetersäure (gleiche Molecüle), so färbt sich die Flüssigkeit roth und nach längerem Erhitzen scheidet sich allmählich ein rother krystallinischer Körper aus (80 Procent des angewandten Anthracens), der schwer löslich in heißem, unlöslich in kaltem Alkohol und Benzol ist. Zwischen zwei Uhrgläsern erhitzt, sublimirt er in rothen Nadeln, die dem sublimirten Alizarin täuschend ähnlich sehen; aus heißer alkoholischer Lösung schießt er in sternförmig gruppirten Nadeln an. Die auf beiderlei Art dargestellten Krystalle stimmen genau zu der Formel des Mononitroanthracens. Es ist diese Thatsache um so interessanter, als bei directer Einwirkung von Salpetersäure auf Anthracen nicht die reinen Nitroproducte entstehen. Aus diesem Nitroproduct wird voraussichtlich durch Reduction ein dem Anilin entsprechendes Amidoderivat des Anthracens zu erhalten seyn. Mit Zink und Kalilange längere Zeit erhitzt, färbt sich die Flüssigkeit anfangs dunkelroth, später gelb, und es läßt sich durch Ausziehen mit heißem Weingeist und Fällen mit Wasser und Salzsäure ein Körper erhalten, der unlöslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol und Benzol ist und durch Sublimation farblose Blättchen liefert. Neben dem erwähnten Mononitroanthracen entsteht gleichzeitig, namentlich bei Anwendung eines Ueberschusses von Salpetersäure, ein in heißem Alkohol und Benzol ziemlich leicht löslicher Körper, der in farblosen Blättchen sublimirt und dessen Stickstoffgehalt genau zu der Formel eines Dinitroanthracens stimmt. Diese Untersuchung, von Prof. Bolley in Gemeinschaft mit seinem Assistenten, Dr. Tuchschmid, begonnen, ist in beklagenswerther Weise durch den plötzlich erfolgten Tod des hochverdienten Chemikers unterbrochen worden; Dr. Tuchschmid ist gesonnen, die Arbeit fortzusetzen und behält sich weitere Versuche darüber vor. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1870, Nr. 14.) Verbesserte Darstellung künstlichen Alizarins, von R. S. Dale und C. Schorlemmer. Diese Erfindung (patentirt in England am 24. Januar 1870) besteht in einer verbesserten Darstellung von Alizarin aus Anthracen; das Verfahren ist folgendes: 1 Theil Anthracen wird mit 4–10 Theilen starker Schwefelsäure einige Zeit gekocht, hierauf mit Wasser verdünnt und die Lösung mit kohlensaurem Kalk, kohlensaurem Baryt, Soda oder Potasche neutralisirt und die hierbei gebildeten schwefelsauren Salze entweder durch Filtriren oder Krystallisiren entfernt. Die resultirende Lösung wird mit Aetznatron oder Aetzkali, dem ein dem angewandten Anthracen ungefähr gleiches Gewicht Salpeter oder chlorsaures Kali zugemischt ist, so lange zwischen 180–260° C. erhitzt, als eine blauviolette Farbe gebildet wird. Aus diesem Product wird das Alizarin durch Fällung mit einer Säure auf die gewöhnliche Weise erhalten. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1870, Nr. 15.) Darstellung neuer Farben aus Methyldiphenylamin; von C. Bardy. Die neuen Farben, welche der Erfinder darstellt, haben Methyldiphenylamin zur Basis. Er erhält diese Substanz durch Einwirkung von Methylalkohol oder Verbindungen dieses Alkohols mit verschiedenen Substanzen, welche Substitutionsproducte ermöglichen, auf Diphenylamin oder dessen Salze. Die Reaction findet bei verschiedenen Temperaturen statt, je nach den angewandten Substanzen. So reagirt Diphenylamin schon ohne Druck bei 100° C. auf Jodmethyl. Ein krystallisirtes Jodhydrat wird erhalten, welches durch Behandlung mit einem caustischen Alkali die neue Base liefert. Das salzsaure Diphenylamin im Gegentheil reagirt nur bei einer Temperatur von 250–300° C. und zwar unter Druck auf Methylalkohol. Die auf die eine oder andere Weise erhaltene Base stellt selbst bei 0° eine ölige Flüssigkeit dar, deren Siedepunkt ungefähr der des Diphenylamins ist. Sie ist leicht vom Diphenylamin dadurch zu unterscheiden, daß Salpetersäure mit ihr eine einer übermangansauren Kalilösung ähnliche Färbung hervorbringt; Diphenylamin liefert unter denselben Umständen eine blaue Färbung. Zur Darstellung von Farben aus diesem Alkaloid können alle Substanzen angewandt werden, welche direct oder indirect Wasserstoff eliminiren. So wird ein Violett oder Blau erhalten durch Anwendung folgender Substanzen: Arsensäure, salpetersaure Metallsalze, chlorsaures Kali, Chlorkohlenstoff, Pikrinsäure etc. Eisenchlorid bildet aus der Base bei 100° C. sehr rasch eine harzige Substanz von braunrother Farbe, die sich in Askohol mit rein blauer Farbe löst. Eine Mischung von 1 Theil Methyldiphenylamin, 1/2 Theil Jod und 2 Theilen chlorsaurem Kali zuerst auf 60° C. erhitzt und dann, um die Reaction zu vollenden, auf 100 bis 120° C. gibt ein braunes Product von sehr intensivem Färbevermögen. Methyldiphenylamin mit Chlorkohlenstoff auf 190–200° C. erhitzt, liefert in kurzer Zeit eine harzartige Substanz, in Alkohol mit röthlichblauer Farbe löslich. – Patentirt in England am 9. Februar 1870. (Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1870, Nr. 15.) Neues Beizverfahren für Kaninchen- und Hasenhaare behufs ihrer Verfilzung. Dasselbe bezieht sich auf die Behandlung der Kaninchen-, Hasen- und anderer Felle, deren Haare in der Hutmacherei Verwendung finden, und besteht darin, an Stelle des Quecksilbers, welches bis jetzt noch an vielen Orten zum Beizen benutzt wird, ein Kohlehydrat, welches die Salpetersäure gleichfalls zu salpetriger Säure zu reduciren vermag, in Anwendung zu bringen, z.B. Zucker, Gummi, Stärkmehl, welche insgesammt recht gute Resultate geben. Die Ausführung des Beizens kann auf zweierlei Weise vorgenommen werden, je nach Beschaffenheit des Felles und nach der Concentration der Beize, indem man entweder die Auflösung der Kohlehydrate und die Säure, jedes für sich allein, oder beide zugleich mit einander gemischt, mittelst Bürsten auf die Felle aufträgt. Nach dem Auftragen werden dieselben in einem Raume getrocknet, und zwar theils bei offenen Thüren, theils bei geschlossener Hitze, je nachdem eine weiße oder gelbe Farbe des Haares verlangt wird; im Ganzen hat man aber nicht nöthig, die Felle bei so hoher Temperatur zu trocknen, wie sie die Quecksilberbeize nothwendig macht. Die Verhältnisse, in welchen man die beizenden Substanzen mit einander mischt, ändern ab nach der Qualität und nach der verlangten Farbe der Haare, insofern man die Kohlehydrate und die Salpetersäure zu gleichen Theilen, oder 1/5 bis 1/2 von den ersteren und 3/10 bis 5/10 von der letzteren, beide mit je 1000 Theilen Wasser in Anwendung bringt. (Industrieblätter, 1869 S. 56.) Ueber die Conservirung der Fischernetze durch Gerben derselben. Nach dem Journal of applied  science werden die Fischernetze an der englischen Küste sämmtlich gut gegerbt. Eine der wesentlichsten Ursachen des Verrottens der Netze ist das Liegenlassen derselben in Haufen, wenn sie naß sind. Die Fischer zu Scarborough und an der Küste von Sussex sind sehr besorgt daß ihre Netze gleich nach dem Gebrauche möglichst rasch trocknen, denn wenn dieselben einige Stunden lang in Haufen liegen, erhitzen sie sich und damit beginnt ihre Zerstörung. Netze dagegen, welche nach ihrer Benutzung stets sofort zum Trocknen aufgehängt werden, zeigten sich nach zwölf- bis vierzehnjährigem Gebrauche noch gut und fest. Die an der Küste von Sussex gebräuchlichen Fischernetze werden entweder aus Hanf oder Baumwolle angefertigt und vor ihrer Benutzung gehörig präparirt. Die aus Hanf oder Flachs angefertigten werden vor ihrer Verwendung bloß gegerbt und dann getrocknet; die baumwollenen Netze aber werden erst gut gegerbt und getrocknet, dann mit Leinöl getränkt, durchaus getrocknet, hierauf gut getheert und nochmals gut getrocknet. Mittelst dieses Verfahrens werden nicht nur die Netze conservirt, sondern es erhalten auch die Maschen durch dasselbe eine gewisse Steifigkeit, welche sie für ihren Zweck geeigneter macht. Nach Aussage der Fischer erhitzen sich baumwollene Netze, wenn sie in Masse zusammenliegen, leichter als die aus Hanf bestehenden. Das Gerben der Netze wird in einem ziemlich großen Gebäude vorgenommen, in welchem zwei kupferne Kessel von 5 Fuß Durchmesser und 3 Fuß 4 Zoll Tiefe stehen. Als Gerbmaterial dient Catechu. Neben den Kesseln befinden sich mehrere quadratische Pfannen von ungefähr demselben Inhalte wie der Kessel, sowie mehrere große Fässer ohne Deckel; diese dienen zum Einweichen der Netze, wenn man sie wegen Anhäufung nicht die nöthige Zeit lang in den Kesseln liegen lassen kann. Sind die Netze neu, so werden sie in nachstehender Weise behandelt. Man bringt anderthalb Centner Catechu, in kleine Stücke zerbrochen, mit so viel Wasser in den Kessel, daß die zu gerbenden Netze damit bedeckt sind. Diese Quantität Catechu genügt für eine Flotte von Netzen, welche aus beiläufig 106 Stück besteht, deren jedes 35 Yards lang ist. Die Netze werden mit der Flüssigkeit zum Kochen erhitzt und bleiben dann 24 Stunden in derselben liegen. Alsdann werden sie aus dem Kessel genommen und, nachdem sie gehörig abgetropft sind, sorgfältig getrocknet. Nach sechs- bis siebenwöchentlichem Gebrauche der Netze wird das Gerben derselben wiederholt, wobei man aber nur einen Centner Catechu auf eine Flotte von Netzen anwendet. Mit dieser Wiederholung des Gerbens wird so lange fortgefahren, als die Netze diensttauglich bleiben, was bei sorgfältiger Behandlung fünf bis sechs Jahre der Fall seyn soll; zu allen erforderlichen Ausbesserungen der Netze wird Garn verwendet, welches für diesen Zweck gehörig gegerbt worden ist. Wenn die Fischer Morgens heimkehren und an demselben Tage nochmals an ihr Geschäft gehen, so Pflegen sie zwar ihre Netze nicht zu trocknen, lassen aber dieselben niemals zusammengewickelt oder in einem Haufen im Boote liegen, sondern legen sie auseinander und breiten sie ganz flach aus, so daß sie sich durchaus nicht erhitzen können. Ist die Fischereizeit vorüber, so werden die Netze vor der Aufbewahrung wieder gut gegerbt. Die Kleidung der Fischer wird, wenn sie aus Leinwand besteht, vor dem Tragen gegerbt, wodurch sie mindestens die doppelte Dauerhaftigkeit erhält. Hierzu werden eine bis zwei Unzen Catechu fein zerrieben und in einem kleinen Kessel mit Wasser zu einer Brühe gekocht, mit welcher man die Kleidungsstücke in derselben Weise behandelt wie die Netze. (Scientific American, August 1870, S. 130.) Berichtigungen. In Dr. Cl. Winkler's Beiträgen zur Chlorometrie in diesem Bande des polytechn. Journals S. 143 (erstes Novemberheft 1870) lese man S. 151 Zeile 20 von oben: Schwefelsäure, statt „Tetrathionsäure.“  „ 151 Zeile 7 von unten: + 2 S statt „+ S.“  „ 153 Zeile 5 von oben: nitroser Schwefelsäure statt „roher Schwefelsäure.“