Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 199, Jahrgang 1871, Nr. , S. 329
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Miscellen. Miscellen. Die Vollendung des Mont Cenis-Tunnels. Bei dem Mont Cenis-Tunnel-Betriebe betrug am Ende des Monates Februar 1869 das noch zu durchörternde Mittel 2835 Meter und stand der Durchschlag gegen Mitte des Jahres 1871 zu erwarten. Es wurde schon damals die Hoffnung ausgesprochen, daß in Folge der fortschreitenden Verbesserung der Art der Arbeit die Vollendung des Tunneldurchhiebes auch noch früher stattfinden könne. Diese Erwartung hat sich erfüllt, denn bereits am 25. December 1870 berichtete das Wolf'sche Telegraphenbureau, daß am selbigen Tage Nachmittags 4 1/2 Uhr der Durchschlag genau in der Mitte des Tunnels erfolgt sey. Ueber das große, nun vollbrachte Werk haben wir unseren Lesern von Zeit zu Zeit kurze Mittheilungen gemacht und beschränken uns auf folgende Recapitulationen: Der Plan des Tunnelbaues wurde im Jahre 1856 entworfen. Im Verlaufe eines Jahres wurde die Linie des Tunnels genau festgestellt. Ihre Länge betrug 12220 Meter, d. i. 17/8 deutsche Meilen. Die beiden Endpunkte haben einen Niveau-Unterschied von 435 Fuß. Die Neigung wurde in Rücksicht auf freien Wasserabfluß so gewählt, daß die Tunnelsohle von italienischer Seite mit einem geringen, dagegen von der französischen Seite mit stärkerem Ansteigen getrieben wurde und in der Mitte so hoch zu liegen kam, daß sie nach beiden Seiten hin Abfall erhielt. Die Mitte des Tunnels liegt 4213 Fuß über dem Meere und 5463 Fuß unter der Frejusspitze. Die Wasserzugänge sind nicht bedeutend gewesen, sie haben auf jeder Seite nicht über 1 Liter pro Secunde betragen. Die eigene Wärme des Gesteines betrug mitten im Tunnel, 5000 Fuß seiger unter der Oberfläche, 27 1/3° R. Der Aushieb des Tunnels geschah zuerst durch gewöhnliche Handarbeit, an deren Stelle zu Anfang des Jahres 1861 die Maschinenarbeit trat, und zwar nur an der südlichen Seite. Beim Betriebe des Gegenortes kamen die von Sommeiller construirten Bohrmaschinen (beschrieben im polytechn. Journal, 1862, Bd. CLXIII S. 254) erst zu Anfang d. J. 1863 zur Anwendung; bei diesem Durchbohrungssystem, welches auf der Anwendung comprimirter Luft beruht, benutzte Sommeiller zuerst den hydraulischen Compressionsapparat (welcher im citirten Aufsatz beschrieben ist), wandte aber später ungeachtet der guten, mit diesen Compressionsapparaten erzielten Resultate, einen neuen Luftcompressions-Apparat an, welcher im polytechn. Journal, 1863, Bd. CLXX S. 86, beschrieben ist. Diese Bohrmaschinen dienten bekanntlich nur zum Aushiebe des 3 Meter hohen und 4 Meter weiten Richtstollens, dessen Erweiterung in gewöhnlicher Manier nachfolgte. Die jährlichen Leistungen beim Tunnelbetriebe sind nach den uns vorliegenden Angaben seit 1862 von 643 Meter Erlangung auf über 1500 Meter gestiegen. Nach einer am 7. Mai 1862 zwischen Frankreich und Italien geschlossenen Convention hat letzteres die Hälfte der Tunnellänge (61110 Met.) mit 3000 Franken für den laufenden Meter zu bezahlen. Ferner entrichtet Frankreich von diesem Bauantheile die Zinsen und bezahlt eine Prämie von 500000 Franken für jedes Jahr, um welches der Tunnel vor dem 1. Januar 1887 vollendet ist, jetzt aber sogar, da die Vollendung weniger als 15 Jahre (vom 1. Januar 1862 an gerechnet) betragen hat, für jedes Jahr, bedungener Massen, 600000 Franken. –––––––––– Während wir dieses niedergeschrieben, kommt uns eine Mittheilung der l'Italie zu, aus der wir Folgendes reproduciren. Der durch comprimirte Luft gebohrte Tunnel beginnt auf italienischer Seite bei Bardonnêche und endet 12220 Meter davon entfernt auf französischer Seite bei Modane, 20 Kilometer von St. Michel. Schon im Jahre 1832 legte Hr. Medail der Handelskammer zu Chambery ein Project, den Mont Cenis-Tunnel zu durchbrechen, vor, welches die Aufmerksamkeit des Königs Carl Albert auf sich zog. Im Jahre 1845 entwarf der belgische Ingenieur Maus einen, auf einer von ihm erfundenen Maschine beruhenden Durchbohrungsplan. Ein drittes Project wurde von dem englischen Ingenieur Bartlett entworfen. Inzwischen führten die von dem Physiker Daniel Colladon zu Genua angestellten Versuche, comprimirte Luft als bewegende Kraft zu verwenden, und die hieran anknüpfenden Arbeiten der Ingenieure Grandis, Grattoni und Sommeiller zu der von dem Letzteren construirten Maschine, welche die Durchbohrung des Tunnels bewerkstelligte. Nachdem der Graf Cavour durch zahlreiche Experimente die Maschine erprobt hatte, genehmigte die piemontesische Deputirtenkammer das Project am 15. August 1857. Die Ausführung wurde den Ingenieuren Grandis, Grattoni und Sommeill er übertragen, welche sich die Ingenieure Borelli, Capello und Masso beiordneten. Die Vorbereitungen erforderten 4 Jahre. Inzwischen war das Königreich Italien constituirt worden und die Nordseite des Mont Cenis zu Frankreich gekommen, jedoch verblieb die Fortsetzung der Arbeiten Italien in Gemäßheit des Artikels 4 des Vertrages vom 24. Mai 1860, durch welchen Savoyen an Frankreich cedirt wurde. Am 25. Januar 1862 weihten der König Victor Emanuel und der Prinz Napoleon das Unternehmen feierlich zu Modena ein; der König zündete die ersten von den Bohrmaschinen gestoßenen Löcher. Seitdem wurden die Arbeiten ohne Unterbrechung fortgesetzt, auf italienischer Seite unter Leitung Borelli's, auf französischer unter Capello. Am 26. December 1870 war mit dem Wegthun des letzten Bohrloches das Werk vollendet. Die Kosten werden voraussichtlich 60,000,000 Francs nicht übersteigen. Sie werden von Italien, Frankreich und der Victor-Emanuel-Eisenbahngesellschaft getragen, sind indessen von Italien allein vorgeschossen worden. Frankreich zahlt nach Maßgabe des bereits oben angegebenen Vertrages; die Victor-Emanuel-Bahn zahlt 20 Millionen Franken. Bei den Bohrarbeiten sind außer dem technischen und Vewaltungspersonal 3000 Arbeiter beschäftigt worden. (Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1871, Nr. 5.) Nairn's patentirte Berg-Locomotive. Dieselbe hat innenliegende Cylinder von 17 1/2 Zoll Durchmesser und 16 Zoll Kolbenhub, einen 10 Fuß langen cylindrischen Kessel. Die Feuerbüchse ist oben so kurz, daß die Locomotive selbst auf Gefällen von 1 : 9 vor- oder rückwärts fahren kann, ohne daß bei gewöhnlicher Höhe des Wasserstandes der Plafond der Feuerbüchse oder die Röhren von Wasser entblößt werden. Drei gekuppelte Achsen, Achsenstand 7 Fuß, Raddurchmesser 3 Fuß 2 Zoll; die Achsen ragen über die gewöhnlichen Räder beiderseits vor und tragen daselbst 2 Fuß 4 Zoll im Durchmesser haltende 14 Zoll breite Steigräder, deren Laufkränze mit Seilen umwunden sind; sie stecken jedoch nur lose auf den Achsen und werden von mit diesen in Verbindung stehenden Bremsen mitgenommen. Bei den starken Steigungen sind ferner neben den Schienen Langschwellen gelegt, welche mit schmiedeeisernen Platten überzogen sind, die querüber mit 1/4 Zoll tiefen wellenförmigen Aushöhlungen in abwechselnden Reihen versehen sind. Auf horizontalen Strecken oder leichten Steigungen geht nun die Locomotive auf den gewöhnlichen Treibrädern, bei den starken Steigungen jedoch laufen die Steigräder über sanfte Anläufe auf die erwähnten Langschwellen und bewegen die Maschine allein weiter, da die Treibräder dann etwas über die Schienen gehoben und außer Eingriff sind. Die breiten elastischen Laufflächen der Steigräder haften so fest auf den Wellen der Flachschine, daß ein Schleifen niemals vorkommt. Die Maschine wiegt dienstbereit 22 Tonnen; jede Achse ist mit nur 147 Centner belastet, und es können daher leichtere Schienen verwendet werden. Die Maschine soll eine Last von 30 Tonnen, oder mit ihrem Eigengewicht 52 Tonnen über Steigungen von 1 : 9 befördern können. (Engineer vom 4. November 1870; aus der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines, zweites Januarheft 1871, S. 20.) Ueber eine einfache Methode, Papier zu räuchern und Zeichnungen zu copiren; von Dr. H. Vogel. Die Anwendung von gesilbertem und nachher gewaschenem Albuminpapier gibt eine einfache Methode an die Hand, Positive oder Negative zu copiren, die namentlich für den Techniker und Liebhaber von Interesse ist, denen nicht die Hülfsmittel eines Atelier zu Gebote stehen. Besagtes Papier ist bekanntlich wochenlang haltbar, es wird erst durch Räuchern mit Ammoniak hinreichend lichtempfindlich und gibt dann ebenso kräftige Bilder, als gewöhnlich gesilbertes Albuminpapier So einfach das Räuchern an sich ist, so ist es dennoch zeitraubend und erfordert Vorrichtungen von Räucherkästen oder Schränken. Ich habe dieses Räuchern auf einfache Weise vermieden durch Einbringen von kohlensaurem Ammoniakpulver (Hirschhornsalz) in den Copirrahmen. Man legt das Negativ mit dem gewaschenen Papier ein und darauf einen Bogen Fließpapier und darüber eine Decke von Filz oder dickem Tuch, welches oben mit Hirschhornsalz gleichmäßig bestreut, resp. eingerieben worden ist. Man legt einen Deckbausch auf und schließt den Rahmen wie gewöhnlich. Das Copiren geht sofort von statten. Einmaliges Einstreuen von Hirschhornsalz genügt für eine ganze Reihe von Copien. Ich habe gewaschenes Papier und Hirschhornsalz mit Erfolg zum Copiren von kleinen complicirten Zeichnungen in wissenschaftlichen Werken benutzt. Man klemmt das Original mit aufgelegtem gewaschenen Papier und hinterliegendem Ammoniakbausch mit Klammern zwischen zwei Glastafeln und legt es an das Fenster. Man erhält auf diese einfache Weise ein Bild weiß auf schwarzem Grunde mit allen Details. Das fertige Bild ist bei Abwesenheit von Ammoniak nur wenig lichtempfindlich. Will man es längere Zeit aufbewahren (was oft nicht nöthig ist), so fixirt man es mit Natron. Ich habe gedachte einfache Vorrichtungen schon mehrfach mit mir genommen und in Bibliotheken photographisch Copien am Fenster gemacht, während ich mit Nachlesen beschäftigt war. (Photographische Mittheilungen, Februar 1871, S. 272.) Neues englisches Patent auf Indigofärberei. J. de Weweirne in Ghent will folgendermaßen mit Indigo färben: Zu jedem Kilogramm Indigo fügt man ein Kilogr. amorphes Zinkpulver und ebenso viel Krapp nebst 100 Grammen Zinnchlorür. Man mischt diese Materien sehr innig in einem großen Kessel mit 1000 Litern kalten Wassers und einem Kilogr. gelöschtem Kalk auf je ein Kilogr. Indigo. Der Effect dieser Composition soll der seyn, daß die Färbeoperation beschleunigt wird und kalt vorgenommen werden kann, ferner, daß das Färbevermögen des Indigo's wesentlich erhöht wird. (Musterzeitung, Zeitschrift für Färberei, Druckerei etc., 1871, Nr. 7.) Darstellung von Alizarin. Um Anthracen darzustellen, destilliren Jul. Brönner und H. Gutzkow in Frankfurt a. M. Asphalt mit überhitztem Dampf und rectificiren durch nochmaliges Destilliren. Zur Darstellung von Anthrachinon erwärmen sie Anthracen mit seinem doppelten Gewicht Salpetersäure von 1,3–1,5 spec. Gewicht und waschen dann. Zur Ueberführung von Anthrachinon in Alizarin und Purpurin lösen sie den ersteren Körper in einer genügenden Menge mäßig warmer Schwefelsäure und setzen dann salpetersaures Quecksilberoxydul zu. Das so erhaltene Product wird in einem Alkali gelöst, filtrirt und durch eine Säure gefällt. Der Niederschlag enthält variable Mengen Alizarin und Purpurin. Dieses Verfahren wird bereits in der chemischen Fabrik von Meister, Lucius u. Comp. in Höchst bei Frankfurt a. M. im Großen ausgeführt. (Praktischer Maschinen-Constructeur.) Das Saffranin. Bekanntlich gehört der Safflor zu denjenigen Farbstoffen, welche in letzter Zeit im Preise immer mehr gestiegen und dabei in der Qualität fortdauernd gesunken sind. Trotz der großen Kosten, welche die Anschaffung des Safflors sowohl als des Safflor-Carmins im Augenblick bedingt, sind diese Farbmaterialien dennoch häufig von so schlechter Beschaffenheit, daß der Färber wenig daraus färben kann und daher der Preis für die Herstellung des Safflor-Rosa von Tag zu Tag wächst. Schon seit längerer Zeit hat man sich bemüht einen Ersatz für den Safflor und Safflor-Carmin, welcher letztere besonders in größeren Städten Anwendung findet, zu bekommen; alle Versuche haben bisher nicht zu dem gewünschten Resultat geführt, indem sie theilweise mißlangen, anderntheils wieder der erlangte Farbstoff in größeren Quantitäten nicht darstellbar war. Erst die neueste Zeit hat einen wahren Ersatz des Safflors gefunden; einem französischen Chemiker gebührt das Verdienst der Darstellung des Farbstoffes, welcher nach allen bisher gemachten Erfahrungen den Safflor gänzlich und in allen Anwendungen ersetzen wird. Hr. Rudolph Knosp, der bekannte, durch Einführung werthvoller Neuheiten in die Farbenindustrie ausgezeichnete Fabrikant, ist es auch diesesmal, der die Entdeckung in die Hand nahm und nach Ueberwindung praktischer Schwierigkeiten im Augenblick das Präparat in größeren Massen in den Handel bringt. Der Name des Productes ist Saffranin. Das Saffranin kommt in Form eines dicken bronzeschimmernden Teiges in den Handel, ist in warmem Wasser vollkommen löslich und besitzt eine größere Beständigkeit gegen Angriffe chemischer Agentien als die übrigen Anilinfarben. Es zeigt in dieser Hinsicht große Aehnlichkeit mit Perkin's Violett, welches bekanntlich durch Einwirkung oxydirender Agentien auf Anilinöl hergestellt wird. Das Saffranin gehört zu den Anilinfarbstoffen und ist als solcher ein substantives, also die animalische Faser direct färbendes Pigment. Die Ausgiebigkeit des Farbstoffes ist eine sehr bedeutende. Ein Pfund Saffranin färbt circa 50 Pfund Baumwolle in einem dunklen Safflor-Rosa von schöner Farbe und großer Lebhaftigkeit; dieselbe Quantität Farbstoff ist zur Färbung von 8 Pfund Seide ausreichend. Es ist also die Färbekraft des Saffranins etwa dreimal so groß als die des Safflor-Carmins. Auch auf Wolle läßt sich mit dem Farbstoff ohne Weiteres in derselben Art, wie man mit Fuchsin färbt, eine hübsche rosa Farbe erzielen, welche dem mit Fuchsin gefärbten Rosa an Zartheit voransteht. Was die praktische Anwendung des Farbstoffes anbelangt, so wird er, wie oben schon angedeutet, einfach in kochendem Wasser, und zwar in möglichst viel desselben, aufgelöst und die Lösung sorgfältig filtrirt. Die so erhaltene Farbstofflösung kann direct für die Seidenfärberei benutzt werden, indem man einfach in einem Seifenbade unter Zusatz der Saffraninlösung ausfärbt. Die Baumwolle bedarf natürlich einer Beizung. Man bringt die in einem Seifenbade gereinigte und ausgewaschene Baumwolle zwei Stunden lang auf ein kaltes Bleizuckerbad von 4° Baumé. Hierauf wird abgerungen und die Waare 45° R. warm auf Seife gestellt, dann gewaschen und in einer 50° R. warmen Flotte, der man nach Bedürfniß von der Saffraninlösung zufügt, ausgefärbt. Auf diese Weise erhält man ein gelbliches Rosa, in dunklerer Nüance Cerise. Um Ponceau zu färben, muß man die Baumwolle vor dem Beizen mit Curcuma grundiren. Nach einem einfacheren Verfahren wird die Baumwolle auf einem kochend heißen Bade von Marseiller Seife – 1 Pfund Seife auf 50 Pfd. Waare – umgezogen, über Nacht stecken gelassen und am anderen Morgen herausgenommen, schwach in fließendem Wasser gespült und kalt ausgefärbt. Die gefärbte Waare kann, abweichend von den Safflorfarben, in geheizten Räumen getrocknet werden, was in vielen Fällen eine große Annehmlichkeit ist. Neben diesen in der That außerordentlichen Vortheilen, welche der Farbstoff darbietet, und welche ihn zum vollkommenen Ersatz des Safflors geeignet machen, erlaubt derselbe noch eine Benutzung, welche dem Safflor nicht eigenthümlich ist. Es ist möglich, aus dem Saffranin einen Carmin herzustellen, mit dessen Hülfe man zarte rosa Farben auf Kattun drucken kann. Hr. Knosp beschäftigt sich neben der Anfertigung des Farbstoffes auch mit der Herstellung dieses Carmins. Es wäre also durch diesen neuen Farbstoff wieder eines der alten seit Decennien eingebürgerten überseeischen Farbmaterialien bei Seite gedrängt, und zwar zum größten Nutzen der Farbenindustrie; denn die Schwierigkeiten, welche das Aufbewahren, die Prüfung, das Färben des Safflors immer mit sich führte, sind den Färbern nur zu wohl bekannt Der Farbstoff empfiehlt sich selbst und wird in kurzer Zeit nicht nur den Platz des Safflors vollkommen eingenommen, sondern sich auch ein ganz neues Gebiet erobert haben. Nachschrift. – Auf Baumwolle kann man entweder in einer Lösung von essigsaurer Thonerde von 3–5° Baumé beizen und dann die Nacht hindurch die Waare hängen oder liegen lassen, um sie am anderen Morgen zu spülen. Man färbt dann einfach in einer kalten Saffranin-Flotte aus. Will man das Hängen ersparen, so kann man die Flotte zuerst durch eine 10grädige Lösung von salzsaurer Thonerde nehmen, abringen und, ohne zu spülen, in schwefelsaure Thonerde bringen. Man zieht einigemale um, spült und kann nun direct färben. Die schwefelsaure Thonerde nimmt man 10° Baumé stark und versetzt die Lösung mit ein wenig Schwefelsäure. Seide kann man in einer 50–60° R. warmen Flotte färben, welcher man ein wenig Soda zusetzt. Man wäscht dann die Seide in kaltem Wasser, welchem man ein wenig Citronen- oder Weinsteinsäure hinzugefügt hat. Wenn die Seide die Farbe zu schnell annimmt, so setze man der Flotte ein wenig Seifenlösung hinzu. (Reimann's Färberzeitung, 1871, Nr. 5 und 6.) Ueber Prüfung des Saffrans auf Verfälschungen. Der Saffran unterliegt gegenwärtig sehr bedeutenden Verfälschungen, denen man um so mehr Aufmerksamkeit zuwenden muß, als die Natur und die Ausdehnung derselben sogar erfahrenen Droguisten nicht völlig bekannt sind. In einer Besprechung dieser Verhältnisse in dem „neuen Jahrbuch für Pharmacie“ bemerkt D. Hanbury, daß er keine Prüfungsmethode des Saffrans für erfolgreicher halte, als das Aufstreuen einer sehr kleinen Prise auf die Oberfläche eines Glases mit warmem Wasser. Der Griffel des Saffrans dehnt sich sofort aus und nimmt eine so charakteristische Gestalt an, daß er nicht verwechselt werden kann mit der Blüthe von Safflor, Calendula oder Arnica, oder mit den Staubfäden des Crocus selbst. Bei der Ausführung dieser einfachen Untersuchung beobachtete Hanbury, daß ein eben von ihm gekaufter Saffran mit einem schweren erdigen Pulver behandelt worden war, das sich schnell von den leichten Narben trennte und auf den Boden des Glases niederfiel. Nach Sammlung und Prüfung des Pulvers ergab sich, daß es kohlensaurer Kalk war, der an die Fasern des Saffrans fixirt worden war, ohne dessen allgemeines Aussehen irgend zu verändern. Um die Quantität der betrügerisch zugesetzten erdigen Beimischung zu bestimmen, wurden verschiedene Saffranproben eingeäschert, nachdem dieselben zuvor im Luftbad so lange getrocknet worden waren, bis keine Gewichtsabnahme mehr stattfand. Die von 8 Proben erhaltenen Resultate waren folgende: Nr. 1 Herkunft unbekannt, rein 5,90 Proc. Asche 2 4 48 3 Valencia 4,41 4 5,20 5 Alicante verfälscht 21,22 7 28,01 8 15,36 Probe Nr. 2 ist von ausgezeichneter Qualität. Probe Nr. 3, sogen. Valencia, war zwar unverfälscht, aber nicht besonders fein. Bei Probe Nr. 7 war die Verfälschung mit dem Auge wahrnehmbar, eine Menge der Fäden war überdeckt mit einem orange gefärbten erdigen Pulver. – Um eine solche Verfälschung nachzuweisen, empfiehlt Hanbury folgende Methode: Man bringe in ein Uhrglas etwa einen Gran Saffran, gieße darauf 8 bis 10 Tropfen Wasser und drücke den Saffran mit der Fingerspitze so, als ob man ihn anfeuchten wollte. War die Drogue frei von erdiger Beimischung, so wird sofort eine klare hellgelbe Lösung erhalten; war sie verfälscht, so schlägt sich ein weißes Pulver nieder, welches die Flüssigkeit trübt und bei Zugabe von einem Tropfen Salzsäure Aufbrausen verursacht. Der Saffran enthält immer einige beim Sammeln zufällig hinzugekommene Staubfäden, aber der Pollen derselben, welcher beim Einweichen abgesondert wird, ist sehr wenig und läßt sich vom kohlensauren Kalk durch sein Verhalten zu Salzsäure, wie auch durch die Form der Körner. mikroskopisch leicht unterscheiden. (Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 5.) Apocynum, eine neue Gespinnstpflanze; von Dr. H. Grothe. Die Baumwollkrisis zur Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges hat mehr denn je vorher irgend ein Ereigniß Anlaß gegeben zur genaueren Beachtung der Eigenthümlichkeiten der Pflanzen. Dabei hat sich die Aufmerksamkeit wesentlich auf die Verwendbarkeit der Pflanzenfasern zu Gespinnsten und Geweben gerichtet, die verschiedenen Ausstellungen haben ebenfalls Einfluß hierfür gehabt. Seitdem haben wir schon manche vordem unberücksichtigt gelassene Faser zum Gebrauche gebracht Wir erinnern an die Jute, die Rheafaser, das Chinagras, das Esparto etc. Diese genannten Fasern haben sich bereits eingebürgert und die Industrien, welche sich daran geknüpft haben, vergrößern sich täglich, weil immer mehr erkannt wird, daß diese Fasern sich durch Schönheit und Feinheit der Faser oder durch Haltbarkeit und einfache Bearbeitung auszeichnen. In diese Reihe von neuerdings angewendeten Faserstoffen möchten wir auch das Apocynum rechnen. In früherer Zeit schon wurden die Bastfasern von Apocynum cannabinum in Virginien und anderen Staaten Nordamerika's als Material für Netze, Taue und Stricke, aber auch für Gewebe benutzt und besonders waren es die Schweden, welche diese Faser in Gebrauch nahmen. Sie nannten sie Wilsk Hampa. Allmählich verschwand dieselbe wieder und man benutzte sie in Europa nicht mehr. Auf der nationalen russischen Ausstellung in St. Petersburg im Juli 1870 aber sahen wir unter den Ausstellungsobjecten von Südsibirien eine schöne, glänzende und feine, sehr weiße Faser und daraus gefertigte Gewebe in schneeiger Weiße und mit hohem Seidenglanz, ferner braungelbe Fischernetze von großer Festigkeit, Jägertaschen und Schuhe aus derselben Faser, und als wir näher darauf eingingen und nach dem Namen dieses Materiales fragten, hörten wir, daß es herstamme von Apocynum Venetum und A. Sibiricum. Diese Pflanzen treiben hohe, gertenähnliche Schößlinge von 2 bis 8 Fuß Länge, in deren Rindenbast diese kostbare Faser enthalten ist. Sie trennt sich leicht aus der Rindenumhüllung ab, wird geröstet und läßt sich vorzüglich leicht bleichen. Bei geeigneter Bearbeitung erweist sie sich ungemein theilbar, mehr sogar als der Flachs, welchen sie an schöner Weiße und hohem Glanz übertrifft. Die Benutzung dieser Pflanze ist im ganzen Südsibirien verbreitet, ferner am caspischen Meer, in Turkestan, Taschkend und in den Steppen Südrußlands; sie und ihre Fasern verdienen jedenfalls Aufmerksamkeit. (Musterzeitung, Zeitschrift für Färberi, Druckeri etc., 1871, Nr. 5.) Dr.Ehrle's blutstillende Baumwolle. Die blutstillende Baumwolle ist eine sehr werthvolle Erfindung von Dr. Carl Ehrle, praktischem Arzt in Isny, welcher die Darstellung und Anwendung derselben in der Berliner klinischen Wochenschrift, 1870, Nr. 37 beschrieb. Diese blutstillende Baumwolle, bei deren Zubereitung Kochen der Baumwolle in Sodalösung und späteres Tränken derselben mit Eisenchloridflüssigkeit das Wesentliche ist, kann jeder Chemiker und jeder Apotheker mit Leichtigkeit zubereiten. Es hat dieselbe überall den größten Beifall gefunden und insbesondere in dem gegenwärtigen Feldzuge durch ausgezeichnete Dienste sich erprobt. Sie empfiehlt sich insbesondere zur Anwendung als Hausmittel in Nothfällen. Es handelt sich nur darum, solche vorräthig zu haben und dieselbe möglichst trocken aufzubewahren, da sie sehr hygroskopisch ist. Diese Baumwolle wird ganz wie gewöhnliche Charpie bei Wunden angewendet, entweder unmitelbar auf die Wunde oder auf groblöcheriger Gaze oder gefensterter Leinwand auf dieselbe gelegt und dann eine Compresse darüber gebunden. Verbesserung in der Fabrication der Knochenkohle, von Gebrüder Pilon und Comp. in Paris. Beim Zerkleinern der Knochenkohle entsteht eine gewisse Menge Kohlenstaub, welcher in der Zuckerfabrication nicht verwendet wird und überhaupt wenig Werth hat. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, soll man nach der den Vorgenannten patentirten Erfindung die Knochen selbst, nachdem ihnen das Fett entzogen ist, zu kleinen Stücken zerflossen, und diese in geeigneten Gefäßen calciniren, wodurch man sofort gekörnte Knochenkohle erhält. Beim Zerstoßen der Knochen wird nur ein sehr geringer Theil derselben zu Pulver zertheilt; dieser pulverige Theil wird vor dem Calciniren der Knochenstücke von denselben abgesiebt und zur Verwendung als Dünger verkauft. Moniteur scientifique, August 1870, S. 774. Ueber Liernur's pneumatisches System zur Entfernung von Abortstoffen. Das System, nach welchem der Ingenieurhauptmann Liernur aus Harlem die Abfallstoffe aus den Städten wegschafft, besteht, wie im Jahrg. 1869 des polytechn. Journals Bd. CXCII S. 430 näher beschrieben ist, in einer eisernen Röhrenleitung, welche die Aborte der Gebäude in directe Verbindung bringt mit unter dem Straßenpflaster angebrachten eisernen Reservoirs, die täglich durch eine mittelst Dampf getriebene Luftpumpe luftleer gemacht werden. Ist ein Reservoir luftleer gemacht, so öffnet man die vorher geschlossene Verbindung mit den eisernen Abortröhren, und der ganze Inhalt der letzteren stürzt dann in das Reservoir. Der Inhalt der Straßen-Reservoirs wird darauf von einem gleichfalls luftleer gepumpten, auf einem Wagen angebrachten Faß aufgesaugt und zur landwirthschaftlichen Verwendung abgefahren. Im Großen ist dieses Verfahren zuerst in Prag zur Ausführung gelangt, wo sich im Herbst 1869 ein Consortium bildete, welches darnach unter Liernur's directer Leitung eine große Caserne einrichtete. Prof. Dr. H. Ranke hat nun, von dem General-Comité des landwirthschaftlichen Vereines in München dazu veranlaßt, über die Ausführung des Liernur'schen Systemes in Prag an Ort und Stelle Beobachtungen und Erörterungen angestellt, deren Ergebnisse im bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1870 S. 198, ausführlich mitgetheilt sind. Dieser Mittheilung zufolge ist das Liernur'sche System in der Ferdinands- und Königshofer Caserne in Prag, sowie in der Maschinenfabrik von Lüsse, Märky und Bernard in Carolinenthal bei Prag eingeführt, so daß gegenwärtig die Abfallstoffe von circa 2800 Menschen gewonnen werden, und der Erfolg ist ein äußerst günstiger. Es steht fest, daß es gelungen ist, die Fäcalien aus mehreren großen Gebäudecomplexen auf eine vom Gesichtspunkt der Hygiene untadelhafte Art zu entfernen, und die gewonnenen Düngestoffe zu solchen Preisen an regelmäßige landwirthschaftliche Abnehmer zu verkaufen, daß das ganze Unternehmen als ein rentirendes Geschäft sich darstellt. Dabei hat sich das Verfahren auch während der kalten Winterzeit, in welcher man mancherlei Störungen hätte erwarten können, vollkommen bewährt. Vertragsmäßig hatte Liernur, resp. das hinter ihm stehende Consortium der Herren W. Beller, A. Diehl und L. Maydelin, ohne jede Beisteuer des k. k. Militär-Aerars, die Kosten der Einrichtung des Liernur'schen Systemes in den Casernen selbst zu tragen, wogegen von Seiten des Militär-Aerars dem Consortium auf 15 Jahre die Fäcalstoffe aus sämmtlichen Prager Militärgebäuden unentgeltlich überlassen wurden. Die sämmtlichen Fäcalien werden an die Oekonomie und Zuckerfabrik Czakowitz in der Nähe von Prag verkauft, welche mit dem Liernur'schen Consortium einen Contract auf jährlich 20000 Ctr. Fäcalien, mit Verkaufsrecht bis zu 30000 Centner, zum Preis von 66 Kreuzer pro Centner abgeschlossen hat und gegenwärtig gegen 1300 Ctr. Fäcalien monatlich erhält. Die Fäcalien wurden hier bisher ausschließlich zur Compostbereitung mit Stalldünger verwendet. Um eine selbstständige Beurtheilung des wirklichen Handelswerthes der nach Liernur'schein System gewonnenen Fäcalien zu ermöglichen, übergab man dem Prof. Jul. Lehmann, Vorstand der landwirthschaftlichen Central-Versuchsstation in München, eine Probe zur Untersuchung. Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung von 100 Pfd. frischen Excrementen: Wasser 90,700 Pfd. organische Substanz und kohlensaures Ammoniak 7,540 Phosphorsäure 0,244 Kali 0,172 Kochsalz 0,774 Kalkerde 0,124 Bittererde 0,120 Eisenoxyd 0,035 Schwefelsäure 0,041 Kieselsäure 0,009 in Säure Unlösliches 0,214 –––––––––––– Summa 99,973 Pfd. Stickstoff in 100 Pfd. frischer Excremente   =  0,7 Pfd. Nach den jetzt üblichen Preisen bestimmt Prof. Lehmann den Werth dieses Düngers auf 46 Kreuzer österr. W. pro Zollcentner. Demnach wäre allerdings der von Czakowitz gezahlte Preis, vorausgesetzt daß die Zusammensetzung des Düngers nicht sehr wechselt, um ein Beträchtliches zu hoch. Zu erwähnen ist noch, daß auch die Casernen Brünns durch dasselbe Consortium, welches in Prag die Sache in der Hand hat, nach Liernur'schem System und zu denselben Bedingungen wie in Prag eingerichtet werden sollen, und daß Capitän Liernur sein System auch in verschiedenen Gebäuden und Gebäudecomplexen in Cöln einführt. Es ist ihm gelungen, den Absatz der Fäcalien von 10000 Menschen zu 7 1/2 Sgr. pro Centner an Landwirthe der Umgebung Cölns zu sichern. (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 42.) Berichtigungen. In Prof. v. Waltenhofen's Verfahren, die Vergrößerung und das Gesichtsfeld eines Fernrohres zu bestimmen, im vorhergehenden Heft lese man Seite 181, Zeile 17 von oben = 23,7 . 61/71 = 20,3. In der Beschreibung von Haag's Alarm-Apparat für den Heizer bei Heißwasserheizungen in diesem Heft lese man Seite 263 Zeile 19 von oben Ofenspirale statt „Zimmerspirale.“