Titel: Hydraulische Lochpresse.
Autor: Haedicke
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. I., S. 1
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I. Hydraulische Lochpresse. Mit Abbildungen auf Tab. I. Hydraulische Lochpresse. Die hydraulische Lochpresse ist ein Werkzeug, welches wohl in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient. Sie wird auf englischen und amerikanischen Werften seit längerer Zeit unter dem Namen hydraulic punch verwendet, und ist besonders an Bord der Schiffe ein äußerst praktisches, überall anzubringendes und dabei ungemein kräftiges Lochinstrument. Ihre Anwendung ist namentlich da von Vortheil, wo man, wie z.B. bei umgebördelten Kesselböden, oder bei Reparaturen, mit der Bohrmaschine nicht zukommen kann, und die sonst langwierige Bohrknarre anstellen müßte, wenn man nicht mit der leichteren Schrauben- oder Schraubenhebelpresse vorgehen kann. Referent sah z.B. einmal zwei junge, schwächliche Chinesen, welche mit diesem Werkzeug durch den umgebördelten Rand eines etwa 4 Fuß im Durchmesser haltenden 5/8zölligen Kesselbodens 3/4zöllige Nietlöcher drückten. Der Boden war von einem älteren Arbeiter gekörnt, vertical festgestellt und dann den Chinesen übergeben worden. Mittelst einer durch den Kopf der Preßschraube gesteckten Stange Rundeisen, an welcher sie wie bei einem Göpel herumliefen, lochten sie Stück für Stück mit der größten Sicherheit und einer Schnelligkeit welche selbst die einer Bohrmaschine weit hinter sich ließ. – Bei kleineren Dimensionen der zu pressenden Löcher genügt ein durch den Kopf gesteckter Schlüssel von 15–18 Zoll Länge, und ist man ohne große Anstrengung im Stande, mit einer Hand ein 1/2zölliges Loch durch eine 3/8zöllige Platte zu drücken, welche Arbeitsleistung z.B. Referent in Gegenwart mehrerer Besucher durch einen Knaben hat ausführen lassen. Das in Fig. 10 dargestellte Instrument sieht von Außen einfach und für den Laien in seiner Wirkung wenig befremdend aus. Man sieht eben nur die dünne, ein- bis einundeinachtelzöllige Preßschraube hinein-, den Cylinder mit dem Stempel herausgehen, und kommt leicht auf die Vermuthung, daß letzterer direct von der ersteren getrieben werde. Dem ist aber nicht so, und der aufmerksame Beobachter erräth das bald an der verschiedenen Geschwindigkeit der Bewegungen beider Körper. Das Princip ist trotzdem sehr einfach: Ueber dem genau eingeschliffenen und oben mit einer sorgfältigen Dichtung versehenen Stempelcylinder a befindet sich ein mit einer Flüssigkeit gefüllter Raum b, welcher durch Hineintreten der durch den Kopf gehenden Preßschraube c verkleinert wird. Demgemäß verhalten sich die Drucke, womit die Preßschraube einerseits vertical eingetrieben, und andererseits der Stempel hinuntergepreßt wird, wie die entsprechenden Querschnitte und umgekehrt wie die verticalen Geschwindigkeiten der genannten Theile. Zu der durch dieses Verhältniß angegebenen Uebersetzung kommt nun noch die durch die Preßschraube nebst Schlüssel hervorgebrachte, so daß ein einfacher Schluß die enorme Kraft ergibt, welche mit diesem Instrument ausgeübt werden kann. Bei größeren Uebersetzungen ist es wünschenswerth, das Anpressen des Stempels, beim Beginn, nicht von der langsamen Bewegung der kleinen Preßschraube abhängig zu wissen. Es existiren daher Ausführungen, Figur 11, welche zwei Preßschrauben haben, von denen die eine durch die andere hindurchgeht. Man dreht dann erst mit der größeren an, bis das Instrument „sitzt,“ und bringt dann erst die kräftigere kleine zur Wirkung. Diese größere Schraube erweist sich auch da von Vortheil, wo nur geringe Widerstände zu überwinden sind. Man benutzt dann nur diese, und läßt die kleine fest. Sind die Dichtungen an den Schrauben und am Cylinder gut ausgeführt, dann ist das Instrument von vorzüglicher Wirkung. Nur muß man dafür sorgen, daß eine stets genügende Menge der Flüssigkeit vorhanden ist, damit nicht, wie es bei unkundigen Händen vorkommt, die Preßschraube direct den Stempel treibt. Auch sind Luftblasen in dem Flüssigkeitsraum streng zu vermeiden, welche beim unachtsamen Eingießen leicht vorkommen können. Es folgt dann der Stempel wegen der mangelnden Luftleere nicht der rückgängigen Bewegung der Preßschraube, und bleibt im Loche stecken. In vielen Fällen ist jedoch, und namentlich bei unrichtiger Form des Stempels, auch eine gute Luftleere nicht ausreichend, um denselben herauszuziehen, und liegt hierin die wohl einzige Unvollkommenheit des Instrumentes. Der Verfasser hat mit Vortheil stets einen klauenförmig gebogenen Gabelhebel angewendet, welcher in Fig. 10 punktirt angedeutet ist. Derselbe wird mit seinen Füßen gegen den Bund des Stempels, mit seinem Rücken gegen das gelochte Blech gestemmt, und so durch Drücken mit der einen und Rückdrehen der Preßschraube mit der anderen Hand leicht der Stempel zurückgebracht. Beachtet man diese Vorsicht, so kann man lange Zeit mit dem Instrument arbeiten, ohne ein Nachfüllen nöthig zu haben. Als Flüssigkeit wird meist Oel angewendet. Referent hat jedoch in eigenen Ausführungen mit Erfolg Talg benutzt. Derselbe hat den Vortheil, bei etwaigen Undichtheiten nicht abzufließen und so Verluste resp. Verunreinigungen zu veranlassen. Er quillt dann einfach heraus, wird mit dem Finger abgewischt und nach Herausnahme der Preßschraube resp. Abdichten der Oeffnung wieder eingestrichen. – Zu Beginn ist es gut, wenn der Talg eingegossen wird, weil dann die Luftblasen am Sichersten vermieden werden.Als Fabrikant für das beschriebene Instrument ist in Deutschland dem Referenten nur Hr. A. L. Liepe in Brandenburg a. H. bekannt. Haedicke.

Tafeln

Tafel Tab. I
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