Titel: Ein Beitrag zur chemischen Erkennung der Farben auf Garnen und Geweben; von Professor W. Stein.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XVI., S. 51
Download: XML
XVI. Ein Beitrag zur chemischen Erkennung der Farben auf Garnen und Geweben; von Professor W. Stein. Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1869 S. 1023, 1870 S. 616, 1055, 1209. Stein, über Erkennung der Farben auf Garnen und Geweben. Eine Farbe, welche man auf Garnen und Geweben erkennen will, ist entweder aufgefärbt oder gedruckt, und sie ist einfach oder gemischt. Der erste Unterschied ist zwar nur ein technischer; dennoch muß ich bemerken, daß der vorliegende Beitrag sich zunächst nur mit aufgefärbten Farben beschäftigt, da ich gefunden habe, daß z.B. für Krappfarben die Druckproben sich etwas verschieden von den gewöhnlichen ausgefärbten verhielten, je nachdem Alizarin oder Purpurin aufgedruckt war. Mineralfarben, wie sie beim Zeugdruck Verwendung finden, bleiben deßhalb vorerst außer Betracht. Auch werde ich mich zuerst nur mit den einfachen Farben beschäftigen. Ein geübter Praktiker erkennt zwar schon aus dem Tone oder der Nüance einer solchen in vielen Fällen, mit welchem Farbstoffe sie dargestellt worden ist. Für diesen bedarf es daher zur Erkennung nur selten einer chemischen Anleitung. Der Praktiker ist aber eben nicht von vorn herein auch schon so geübt, daß das Gesagte von ihm zutrifft, und eine Methode nach welcher er im Stande ist, die Natur einer Farbe chemisch zu bestimmen, dient ihm sonach als Mittel, sich den Grad von Uebung zu verschaffen, welcher ihn später befähigt, vielleicht in den meisten Fällen ohne chemische Versuche auszukommen. Das Bestreben, dem Praktiker seine Arbeit zu erleichtern, hat denn auch schon viele Angaben zur chemischen Erkennung der Farben veranlaßt, wie die bekannten von Bolley, Persoz, Schützenberger u.a. Ich bin jedoch überzeugt, daß Jeder, welcher sich mit dieser verhältnißmäßig einfachen Aufgabe befaßt, zu der Ueberzeugung gelangt, daß sie keineswegs zu den leichten gehört, und deßwegen betrachte ich die folgenden Mittheilungen nur als einen Beitrag zur weiteren Begründung der qualitativen Farbenanalyse. Ich bin nämlich bei meinen Versuchen von der Ansicht ausgegangen, daß es nothwendig sey, ein möglichst methodisches Verfahren zu ermitteln, und nach Analogie der qualitativen Mineralanalyse mit Hülfe des chemischen Verhaltens zunächst Gruppen zu bilden, welche dann weiter zerlegt werden, bis man zum einzelnen Stoffe gelangt. Die Classeneintheilung macht sich bei den Farben von selbst, denn sie ist durch die physikalischen Eigenschaften gegeben; für die Gruppenbildung habe ich allgemeine Reagentien aufgesucht und die einzelnen Glieder einer Gruppe nach allen Richtungen studirt, um das für jedes am meisten charakteristische Verhalten zu entdecken. Dabei habe ich mich vor allen Dingen auf die bereits wissenschaftlich festgestellten Thatsachen gestützt, bin aber selbstverständlich vielfach genöthigt gewesen, neue Merkmale aufzusuchen. Dabei habe ich beobachtet, daß die Beschaffenheit des Beizmittels, die Art des Schönens oder Avivirens, selbst die Färbedauer auf das chemische Verhalten der Farbstoffe von Einfluß ist, so daß irgend eine Reaction, welche bei einer gegebenen Probe zu ihrer Erkennung brauchbar erscheint, bei einer anderen Probe nicht Stich hält. Ich will hierfür einige Beispiele anführen, um mich deutlich zu machen. Thibetproben, welche mit einer gewissen Mischung von Alaun, Weinstein und Zinnsalz gebeizt und dann in Quercitron ausgefärbt worden waren, wurden durch Kochen mit Essigsäurehydrat nicht entfärbt. Eine Probe dagegen, welche mit derselben Mischung, aber unter Anwendung der vierfachen Menge Weinstein gebeizt worden war, entfärbte sich bei gleicher Behandlung vollständig. Kochen mit einer Lösung von Phosphorsäure entfärbte andererseits alle Proben mit Ausnahme einer einzigen, welche durch längere Zeit fortgesetztes Kochen der Färbeflotte ausgefärbt worden war. Die essigsaure Abkochung dieser Probe zeigte auch eine grünliche Fluorescenz, welche bei den übrigen fehlte. Mit Wau, unter Anwendung von Alaunbeize gefärbter Thibet wurde durch Kochen mit Essigsäurehydrat vollständig entfärbt, eine Probe dagegen, welche zwar ebenso gefärbt, aber mit Zinnchlorür avivirt worden war, wurde dadurch nicht merklich verändert. Im Allgemeinen habe ich gefunden, daß alle mit Zinn gebeizten Farben an der Faser fester haften, als die mit Thonerde gebeizten, und daß die ohne Beize erzeugten Farben ihren Farbstoff mehr oder weniger vollständig an das bezügliche Lösungsmittel abgeben. Ich habe ferner gefunden, daß in manchen Fällen ein Theil des Farbstoffes weniger innig von der Faser festgehalten wird als ein anderer. Auch fiel es mir in manchen Fällen auf, daß das chemische Verhalten der Farbstoffe auf der Faser verschieden von dem war, was diese Stoffe im isolirten Zustande zeigen. Vielleicht erleiden manche während des Färbens oder auf der Faser eine Veränderung durch den Sauerstoff der Luft, oder sie unterliegen auch einer Spaltung, welche für das isolirte Material noch nicht bekannt ist. Reactionen welche, wie an den angeführten Beispielen gezeigt wurde, zweifelhafte Resultate liefern können, habe ich so viel als möglich unbenutzt gelassen. Ebensowenig bin ich auf die Ermittelung der Beize eingegangen, weil dieselbe zur Feststellung des Farbstoffes leicht entbehrt werden kann und in keinem Falle von entscheidendem Werthe ist. Dagegen habe ich, um eine größere Sicherheit bei der Untersuchung zu erlangen und den einfachsten Gang zu finden, für erforderlich gehalten, die Wirkung eines jeden Reagens auf alle Glieder einer Farbenclasse kennen zu lernen, und werde das beobachtete Verhalten unter der Rubrik „allgemeines Verhalten“ im Folgenden angeben. Endlich habe ich gradweise Unterschiede in den chemischen Reactionen nur ausnahmsweise benutzt und mich in der Regel an qualitative Verschiedenheiten gehalten. Um der Aufgabe, welche ich mir gestellt hatte, so weit möglich entsprechen zu können, mußte ich die zu untersuchenden Farben selbst darstellen. Ich ließ deßhalb Streifen von weißem Thibet nach Vorschriften in Vitalis' Lehrbuch der Färberei färben und nahm erst später gekaufte Proben, um das vorläufig festgestellte Verfahren daran zu prüfen. Die Versuche sind von mir, wo nicht ausdrücklich etwas Anderes bemerkt ist, in einem Probirröhrchen mit Abschnitten von einigen Millimetern im Quadrate, sowie 1 bis 2 Kubikcentimetern der verschiedenen Flüssigkeiten angestellt worden. Tuche oder stark appretirte Stoffe kochte ich entweder vor dem Versuche mit Wasser aus, oder ließ wenigstens das Reagens hinreichend lange wirken, oder verdrängte auch die Luft mit Uebergießen von Weingeist, welcher nach dem schnell erfolgten Durchdringen wieder abgegossen wurde. Die von mir angeführten Veränderungen des Stoffes beziehen sich alle auf die Betrachtung desselben unter Wasser, womit er nach der Behandlung mit einem Reagens einige Male abgewaschen wird. Ist die Probe desselben auffallend lichter oder überhaupt eine andere und zugleich lichter geworden, so nenne ich ihn „entfärbt“; erscheint aber die Farbe weiß, so nenne ich ihn „gebleicht“. I. Die blauen Farben. Einfache Blaufarben. Blau wird gefärbt: 1) mit Indigo, und zwar auf zweierlei Art, nämlich mit reducirtem Indig, Küpenblau, und mit Indigschwefelsäure oder deren Salzen, Sächsischblau; 2) mit Cyaneisen, allgemein Kaliblau genannt, und zwar entweder durch Zersetzung der Cyaneisenwasserstoffe mittelst Kochens in Gegenwart einer stärkeren Säure (ohne Beize), oder durch Beizen mit Eisensalzen und Behandlung in einer angesäuerten Lösung von Cyaneisenkalium (mit Beize); 3) mit Blauholz unter Anwendung entweder von Thonerdebeize allein, oder mit einer Beize von Thonerde-, Kupfer- und Eisensalz; es führt den Namen Holzblau; 4) mit Anilinblau, und zwar entweder mit der wasserlöslichen oder mit der wasserunlöslichen Art. Gemischte blaue Farben. 5) Endlich kommen öfters zwei der einfachen Blaufarben zugleich vor. Auf die Mischungen wird man aufmerksam und man erkennt ihre Bestandtheile durch die „bestätigenden Versuche“, welche später angegeben werden. Allgemeines Verhalten der blauen Farben gegen die hierfür wichtigsten Reagentien. Küpenblau bleibt unverändert beim Erwärmen mit ganz verdünnter Natronlauge („verdünntes Natron“); Schwefelammonium; Lösung von doppelt-chromsaurem Kali, an und für sich („Chromlösung“) oder mit Schwefelsäure angesäuert („saure Chromlösung“); kalt gesättigter Lösung von schwefelsaurer Thonerde („Thonerdelösung“); Weingeist von 80 Proc. mit etwas Salzsäure („salzsaurer Alkohol“); durch Auftropfen von rectificirter Schwefelsäure („Schwefelsäure“), und Natronlange von 8 Proc. („concentrirtes Natron“); endlich durch Kochen mit Kupferchloridlösung. Es wird in geringer Menge gelöst beim Kochen (1 bis 2 Minuten) mit Essigsäurehydrat („Essigsäure“). Die Flüssigkeit färbt sich nämlich hierbei etwas blau, während der Stoff ganz unverändert erscheint. Sächsischblau bleibt unverändert beim Erwärmen mit der Chromlösung (doch deutet eine Veränderung in der Farbe der Flüssigkeit auf eine Reduction der Chromsäure hin), beim Kochen mit Essigsäure, beim Auftropfen von Schwefelsäure. Im letzteren Falle aber wird ein großer Theil in Wasser löslich, so daß durch das Auswaschen der Fleck blasser als die ursprüngliche Farbe wird. Verändert wird es durch Schwefelammonium, welches schon bei gewöhnlicher Temperatur entfärbt und den Stoff mit gelber Farbe erscheinen läßt. Bei Zusatz von viel Wasser wird die Schwefelammoniumflüssigkeit grün oder blau, je nach der Menge derselben. Beim Auswaschen mit Wasser färbt sich auch der Stoff selbst wieder blau, wenn man die Auswaschflüssigkeit nicht rasch entfernt. Verändert wird es ferner durch verdünntes Natron beim Erwärmen und durch Auftropfen von concentrirtem Natron. Der Stoff wird citrongelb bis braungelb. Durch saure Chromlösung und Kupferchlorid wird es beim Kochen entfärbt. Abgezogen wird es durch Kochen mit salzsaurem Alkohol, in geringerem Grade durch Kochen mit Thonerdelösung. Cyaneisenblau verhält sich gegen Reagentien verschieden, je nachdem es ohne oder mit Beize gefärbt ist. Ohne Beize gefärbtes wird durch Schwefelammonium ganz gebleicht, durch verdünnte Natronlösung und saure Chromlösung nahezu. Doch erhält man durch Zusatz von Eisensalz und Salzsäure zur Natronflüssigkeit eine Grünfärbung, welche später in einen blauen Niederschlag übergeht. Ein Tropfen Schwefelsäure bringt keinen Fleck hervor; ein solcher ist auch nach dem Auswaschen nicht erkennbar. Im Uebrigen verhält es sich nicht verschieden von dem mit Beize gefärbten. Dieses wird entfärbt oder in der Farbe verändert durch Erwärmen mit Schwefelammonium; wird rostfarbig durch verdünnte wie durch concentrirte Natronlauge; grün, zuletzt gelb durch einen Tropfen Schwefelsäure. Wasser stellt die ursprüngliche Farbe wieder her, aber der Fleck erscheint blasser. Auf Zusatz von etwas Eisenchlorid zum Wasser verschwindet jedoch der Unterschied. Die alkalische Flüssigkeit verhält sich, wie bei dem nicht gebeizten so eben erwähnt wurde. Der gewaschene Stoff wird in einer schwach sauren Lösung von Cyaneisenkalium wieder blau. Unverändert lassen es salzsaurer Alkohol, Chromlösung beider Art, Essigsäure und Thonerdelösung. Holzblau wird durch Schwefelammonium stark verändert, indem der mit Eisen- und Kupfersalz gebeizte Stoff zuerst röthlich, später schmutzig braun (von den gebildeten Schwefelmetallen der Beize) sich färbt. Bei reiner Alaunbeize ist die Farbe des Stoffes zuletzt röthlich. Verdünntes Natron färbt Stoff und Flüssigkeit roth, ebenso salzsaurer Alkohol; ein Tropfen concentrirtes Natron macht einen rothen Fleck. Saure Chromlösung entfärbt; Chromlösung färbt beim Kochen braun bis schwarz, je nach der ursprünglichen Nüance des Stoffes. Ein Tropfen Schwefelsäure bringt einen unbestimmt blaurothen Fleck hervor. Essigsäure läßt den Stoff scheinbar unverändert oder macht ihn vielleicht etwas blauer und färbt sich gelb von gelöstem Hämatoxylin. Beim Kochen mit schwefelsaurer Thonerde färbt sich die Flüssigkeit stark blauroth. Anilinblau (beide Arten zeigten in ihrem Verhalten keine wesentlichen Unterschiede). Kochender Weingeist, salzsaurer Alkohol und Essigsäure färben sich stark damit. Unverändert lassen es Chromlösungen beider Art; Thonerdelösung färbt sich nicht damit. Schwefelsäure bringt einen braunrothen oder gelbrothen Fleck hervor. Wasser stellt die blaue Farbe wieder her, färbt sich aber blau und macht den Fleck blasser. Concentrirtes Natron macht einen braunrothen Fleck, welcher von Wasser allein nicht, wohl aber auf Zusatz von etwas Säure wieder blau wird, wie vorher, während die Flüssigkeit ungefärbt bleibt. Verdünntes Natron färbt beim Erwärmen den Stoff zuerst braunroth, entfärbt ihn endlich nahezu und nimmt eine gelbe Farbe an. Darauf folgendes Auswaschen mit Wasser läßt den Stoff entfärbt, und Zusatz von Wasser verändert die Flüssigkeit nicht; Zusatz von Säure dagegen bringt bei beiden die blaue Farbe wieder hervor; Chromlösung und saure Chromlösung entfärben es nicht; doch erschien das wasserunlösliche nach längerem Stehen durch die saure Lösung etwas verändert. Gang der Untersuchung. Textabbildung Bd. 200, S. 56 I. Man erwärmt mit Weingeist von 80 Proc. und einigen Tropfen Salzsäure; A. Der Stoff wird roth, ebenso die Flüssigkeit; B. Der Stoff bleibt blau, die Flüssigkeit färbt sich blau; C. Der Stoff bleibt blau, die Flüssigkeit ungefärbt; 1. Holzblau; 2. Anilinblau; 3. Sächsischblau; 4. Küpenblau; 5. Cyaneisenblau; II. Man bringt einen Tropfen englische Schwefelsäure auf den Stoff; Die Farbe verändert sich nicht; Die Farbe wird braungelb bis braunroth; Sächsischblau; Anilinblau; III. Man erwärmt mit Sodalösung; Die Farbe bleibt unverändert; Die Farbe wird beinahe entfärbt, gelb oder braun; Küpenblau; Cyaneisenblau Bestätigende Versuche. Zu I. A) Man kocht mit Chromlösung: der Stoff wird braun bis schwarz. Durch Kochen mit Thonerdelösung entsteht eine blaurothe Flüssigkeit. Zu I. B) Man kocht mit Weingeist: die Flüssigkeit färbt sich blau. Man kocht mit Essigsäure: die Flüssigkeit färbt sich blau. Man kocht mit Kupferchlorid: der Stoff wird nicht entfärbt. Man kocht endlich mit Thonerdelösung: die Flüssigkeit bleibt ungefärbt, wenn die Farbe Anilinblau ist. Wäre die Flüssigkeit im letzteren Falle blau geworden, so hätte man es mit einer durch Indig. carmin und Anilinblau dargestellten Farbe (gemischtes Blau) zu thun, wie sie in neuerer Zeit nicht selten vorkommen. Zu I. C) Man erwärmt mit Schwefelammonium: der Stoff bleibt unverändert. Man betropft mit Schwefelsäure: der Stoff bleibt ebenfalls unverändert. Man kocht mit Thonerdelösung: die Flüssigkeit bleibt farblos, wenn die Farbe Küpenblau ist. Färbt sich im letzteren Falle die Flüssigkeit, so ist Sächsischblau aufgesetzt. Man kocht mit salzsaurem Alkohol: die Flüssigkeit bleibt ungefärbt bei reinem Küpenblau – sie ist blau gefärbt bei Anwesenheit von Sächsischblau oder Anilinblau – sie ist roth gefärbt bei Anwesenheit von Holzblau. Die Anwesenheit von Anilinblau wird durch Kochen mit Weingeist (1 bis 2 Minuten), wenn dieser sich blau färbt, bestätigt. War man durch III. auf Cyaneisenblau hingewiesen worden, so ist die dort durch Erwärmen mit Sodalösung erhaltene Flüssigkeit mit Eisenchlorid zu versetzen und mit Salzsäure anzusäuern; wird sie dadurch grün oder blau unter späterer Abscheidung eines blauen Niederschlages beim Stehen, so ist Cyaneisenblau vorhanden. Ist dabei der ausgewaschene Fleck farblos geworden, so ist die Farbe ohne Beize erzeugt. Rostfarbe des Fleckes und Uebergang in kräftiges Blau beim Zusammenbringen mit einer angesäuerten Cyaneisenkaliumlösung deutet auf Blau mit Eisenbeize. II. Die rothen Farben. Es gehören hierher Roth von Anilin (Fuchsin, Magenta etc.), von Phenyl (Corallin), von Krapp (türkisches und gewöhnliches Krapproth), von Cochenille das gewöhnliche Roth mit blauer und gelber Nüancirung und die Cochenille ammoniacale, ein Präparat dessen Farbe ein etwas verschiedenes Verhalten von dem des gewöhnlichen Cochenilleroth zeigt, von Lakdye, Kermes, Fernambuk, Santel, Saflor, Orseille (meist nur zum Aviviren benutzt), von Aloe (ein Gemisch von Aloetinsäure und Chrysamminsäure, welches hier erwähnt wird wegen des Rosa auf Seide und Wolle). Durch das Verhalten gegen Schwefelammonium unterscheidet sich die Aloefarbe von allen übrigen. Mit Hülfe des kochenden Weingeistes lassen sich sodann diese in zwei ungleich große Gruppen trennen, von denen die eine durch schwefelsaure Thonerde wiederum weiter zerlegt werden kann. Durch Anwendung von doppelt-schwefligsaurem Natron, Kalkwasser, Barytwasser und Bleiessig gelangt man endlich zur Erkennung der einzelnen Farbenspecies. Gang der Untersuchung. Textabbildung Bd. 200, S. 58 I. Man erwärme mit Schwefelamonium; II. Man koche mit schwefelsaurer Thonerde; Der Stoff färbt sich mehr oder weniger blau bis grünlich; Die Flüssigkeit färbt sich roth ohne Reflex und wird durch Zumischung eines gleichen Volumens doppelt-schwefligsaurer Natronlösung gebleicht; nicht gebleicht; Aloefarbe; Krappfarben; Fernambuk; Santel; Anilinroth; Corallin; Saflor; Cochenille; Lakdye; Kermes; Orseille; III. Man koche mit 80procentigem Weingeist; IV. Man koche mit 80procentigem Weingeist; Die Flüssigkeit färbt sich deutlich blauroth; gelbroth; Die Flüssigkeit färbt sich nicht oder kaum merklich; Dieser färbt sich deutlich roth; Er färbt sich nicht oder doch kaum merklich roth; IV. Man erwärme mit Kalkwasser; VII. Man erwärme mit Barytwasser; Dieses färbt sich nicht; Es färbt sich roth; Dieses färbt sich nicht; Es färbt sich; V. Man erwärme mit verdünnter Schwefelsäure; VIII. Man erwärme mit Kalkwasser; Der Stoff färbt sich orangeroth; Er färbt sich gelb unter merklicher Entfärbung; Der Stoff färbt sich braunroth; Er färbt sich violett. Bestätigende Versuche. 1) Aloefarbe. Diese ist durch ihr Verhalten gegen Schwefelammonium so gut charakterisirt, daß über ihre Identität nicht wohl ein Zweifel bleiben kann. Sollte man indessen dennoch nicht ganz sicher geworden seyn, so erwärmt man eine neue Probe mit Barytwasser, wobei der Stoff eine grüne Farbe annehmen muß. Färbt sich dabei die Flüssigkeit nicht bloß grünlich, sondern violett, so erkennt man zugleich, daß neben der Aloefarbe Orseille vorhanden ist, was thatsächlich vorkommt. 2) Krappfarbe. Das Verhalten gegen schwefelsaure Thonerde ist so charakteristisch, daß etwas Besseres zur Feststellung der Krapprothe kaum angeführt werden. 3) Fernambukroth. Da man mit Fernambuk (im weiteren Sinne) alle Farben unächt färbt, welche mit Krapp und Cochenille ächt gefärbt werden, so ist hauptsächlich der Unterschied desselben vom Cochenilleroth noch weiter, als es schon in der Tabelle geschehen, festzustellen (für Krapproth bedarf es eines Weiteren nicht). Zuerst ist zu erwähnen, daß die schwefelsaure Thonerde durch Kochen damit sich gelbroth färbt, während sie mit Cochenillefarben deutlich blaurothe Färbung annimmt. Verdünnte Schwefelsäure dagegen verändert das Farnambukroth in Orangeroth, während Cochenilleroth orangegelb wird. Durch Phosphorsäurelösung wird das Fernambukroth gelb und stark entfärbt, das Roth von Cochenille orange. 4) Santelroth wird durch Kalkwasser beim Erwärmen braun, ohne daß die Flüssigkeit sich merklich färbt. Verdünnte Schwefelsäure, Essigsäurehydrat, auch concentrirte Salzsäure färben sich, damit erwärmt, roth. Die Farbe des Stoffes erscheint im ersten Falle lebhafter, im zweiten stark entfärbt, im dritten mit einem Stiche in's Blaue. 5) Anilinroth wird durch Kalkwasser langsam entfärbt und schließlich gebleicht. Schwefelammonium bleicht dasselbe ebenfalls; beim Auswaschen des Stoffes mit Wasser wird derselbe jedoch wieder roth, besonders wenn dem Wasser zuletzt etwas Säure zugesetzt wird. Concentrirte Salzsäure wandelt das Roth in Gelb um, was beim Auswaschen in Violett übergebt, und Essigsäurehydrat färbt sich damit stark, ohne daß eine Entfärbung des Stoffes bemerklich wird. Mit Kupferchlorid erwärmt, erhält es nur einen blauen Stich. 6) Corallin unterscheidet sich von Anilinroth und ist dadurch charakterisirt, daß es vom Weingeist nicht abgezogen wird, daß Kalkwasser dasselbe nicht bleicht und sich damit dunkel rosa färbt, daß Essigsäurehydrat nur eine gelbliche Färbung annimmt, während der Stoff eine starke Entfärbung erleidet, und daß Kupferchlorid es unter starker Entfärbung in Grau umwandelt. 7) Saflorroth wird durch Kalkwasser gelb, ohne daß dieses sich färbt; durch Uebersättigen des Kalkwassers mit Essigsäure kommt die rothe Farbe des Stoffes wieder zum Vorschein. Von Schwefelammonium wird es gebleicht (die Wirkung ist rascher, als bei Anwendung von Aetzammoniak). 8), 9), 10) Roth von Cochenille, Lakdye und Kermes. Diese drei Farbmaterialien bilden eine unter sich nahe verwandte, wenn nicht in ihren reinen Farbstoffen vollkommen übereinstimmende Gruppe, so daß es zweckmäßig erscheint, sie auch bei ihrer näheren Charakterisirung zusammenzufassen. Ihr chemisches Verhalten zeigt wenigstens eine so große Uebereinstimmung, daß es schwierig ist, sie sicher von einander zu unterscheiden. Am meisten gilt dieß jedoch von Cochenille und Lakdye. Auf der anderen Seite ist das Verhalten der Cochenille ammoniacale von der gewöhnlichen Cochenillefarbe in mehreren Punkten ganz verschieden. Ich werde deßhalb zuerst anführen, worin diese Farben übereinstimmen, und dann auf ihre Unterschiede aufmerksam machen. Schwefelsaure Thonerde färbt sich mit allen blauroth in verschiedenen Graden der Stärke und Nüancirung. Eisenchlorid färbt sie alle dunkel, und zwar ist in der Farbe Braun oder Blau, bis zum Schwarz gehend, vorherrschend. Verdünnte Schwefelsäure verändert das Roth in Orange mit mehr oder weniger vorherrschendem Gelb. Verschieden erweist sich hierbei nur die Cochenille ammoniacale, welche durch die Säure keine Veränderung in der Nuance erleidet. Phosphorsäure färbt sich mit letzterer rosa, während sie mit den übrigen eine röthlich-gelbe Färbung annimmt. Salzsaurer Alkohol verwandelt ihre Farbe in ein schmutziges Gelb, was jedoch beim Auswaschen mit Wasser wieder carmoisinfarbig wird, Kupferchlorid in Braun (ähnlich verhält sich die Kermesfarbe). Die Kermesfarbe hat überdieß ein von den übrigen abweichendes Verhalten in folgenden Punkten: Eisenchlorid färbt rothbraun, Bleiessig verändert das Roth in Ponceau, Kalkwasser in Braunroth. Am wenigsten unterscheidet sich vom Cochenilleroth die Lakdye-Farbe. Die eine Verschiedenheit besteht in dem schon in der Tabelle benutzten Verhalten gegen Barytwasser, die andere darin, daß dieselbe, mit Bleiessig gekocht und wenigstens 5 Minuten stehen gelassen, so dunkel wird, daß sie schwarz erscheint. Die Flüssigkeit bleibt dabei ungefärbt (wird nicht blauroth). Cochenilleroth wird dadurch in der Regel nur dunkelviolett, und die Flüssigkeit färbt sich blauroth. Wenn Scharlach mittelst Cochenille unter Zusatz eines gelben Farbstoffes gefärbt ist, so verhält es sich, was die Färbung des Stoffes betrifft, zum Verwechseln ähnlich; dagegen ist auch dann noch die Flüssigkeit gefärbt. 11) Orseille wird durch Eisenchlorid nicht dunkel, sondern lichter gefärbt, und nimmt einen gelben Schein an. Von Schwefelammonium wird sie stark entfärbt, bis gebleicht. Beim Auswaschen mit Wasser färbt sich aber der Stoff wieder, und zwar mehr oder weniger violett. Das Auswaschen muß jedoch unmittelbar nach der Entfärbung vorgenommen werden. Geschieht es erst nach längerem Stehen des Stoffes unter Schwefelammonium, so kommt nur eine röthliche Mißfarbe zum Vorschein. III. Die gelben Farben. In der folgenden Tabelle haben die wichtigsten gelben Farben Berücksichtigung gefunden, und in einem Anhange wird von der Erkennung einiger weniger gebrauchten die Rede seyn. (Siehe Seite 62 und 63.) Bestätigende Versuche. 1) Orlean. Die Farbe des Orleans ist rothgelb und hätte unter Orange aufgeführt werden können. Da sie jedoch gewöhnlich als Orleangelb bezeichnet wird, so hat sie hier Aufnahme gefunden. Sicherer als auf dem Zeuge ist die Reaction der Schwefelsäure, wenn man den Orlean durch Weingeist abzieht, die Lösung zur Trockne verdunstet und einen Tropfen Schwefelsäure auf den Rückstand bringt. Ueberdieß erfährt man durch diesen Versuch, ob der Orlean bloß zum Schönen benutzt worden war, und kann mit dem durch Weingeist extrahirten Stoffe weitere Versuche zur Ermittelung der Grundfarbe anstellen. In dem Verhalten gegen Schwefelsäure stimmen mit dem Orlean zwei andere Falbstoffe überein, nämlich der des Safrans und der der chinesischen Gelbschoten (von Gardenia grandiflora). Da jedoch beide kaum je in der Zeugfärberei Anwendung finden, so glaubte ich sie unberücksichtigt lassen zu können. 2) Curcuma. Das Curcumagelb könnte nur mit Anilingelb verwechselt werden, von dem es sich durch sein Verhalten gegen Schwefelammonium unterscheidet. Von diesem wird es nämlich schon bei gewöhnlicher Temperatur braunroth gefärbt, während Anilingelb unverändert bleibt. 3) Anilingelb färbt die meisten Säuren, insbesondere auch wässerige Phosphorsäure roth, während der Stoff stark entfärbt wird. Curcuma wird dabei nicht verändert, und die Säure bleibt farblos. 4) und 5) Pikrinsäure, Naphtalingelb. Diese beiden stimmen in ihrem chemischen Verhalten so vielfach nahe überein, daß die Gang der Untersuchung. Textabbildung Bd. 200, S. 62–63 I. Man erwärme mit Weingeist oder Wasser und einigen Tropfen neutralen Eisenchlorids;; Die Farbe des Stoffes bleibt ganz oder nahezu unverändert; Die Farbe des Stoffes wird mehr oder weniger dunkel (gelbgrün, olivengrün, braun, tintenfarbig); Orlean. Curcuma. Anilingelb. Pikrinsäure. Naphtalingelb; Krappgelb. Gelbholz. Fisetholz. Wau. Quercitron. Flavin. Rhamnusbeeren; II. Man bringe einen Tropfen englische Schwefelsäure auf den Stoff; Es entsteht ein blauer oder grüner Fleck; Der Fleck wird sogleich oder nach einiger Zeit braun, rothbraun, roth; Anilingelb (Amidodiphenylamid); Naphtalingelb (Dinitronaphtol); III. Man übergieße mit salzsaurem Weingeist und setze Borsäure zu; Die Flüssigkeit färbt sich intensiv rosa; blaßrosa; Flüssigkeit bleibt unverändert; Curcuma. (Der Soff hat die Farbe der Flüssigkeit.) Durch Zumischung eines gleichen Volumens Wasser werden Flüssigkeit und Stoff zu Röthlichgelb entfärbt; Anilingelb. (Der Soff nimmt eine violette Farbe an.) Die Flüssigkeit wird intensiver rosa, der Stoff carmoisin; IV. Man erwärme mit ammoniakalischer Kupferlösung und wasche aus; Die Farbe des Stoffes zeigt sich blaugrün; olivengrün; V. Man koche mit schwefelsaurer Thonerde und mische ein gleiches Volumen Wasser zu; Die Flüssigkeit ist roth mit grünem Reflex; Die Flüssigkeit ist mehr oder weniger deutlich gelb blau-grünem Reflex; ohne Reflex; VI. Man erwärme mit Barytwasser oder Kalkwasser; Der Soff färbt sich roth; Die Farbe des Stoffes wird nur etwas dunkler; VII. Man koche mit Essigsäurehydrat; Die Flüssigkeit zeigt nach der Abkühlung; einen deutlichen grünen Reflex; keinen oder nur einen sehr schwachen Reflex; Engl. Flavin. (Die Flüssigkeit ist deutlich goldgelb gefärbt.);Wau. Quercitron. Rhamnusbeeren. (Die Flüssigkeit ist nur wenig gefärbt.); VIII. Man koche mit Bleiessig; Die Farbe des Stoffes ist kaum verändert; Die Farbe des Stoffes ist orangebraun * Im Handel als Phosphingelb (Jaune phosphorin) bezeichnet. * Gelbbeeren, persische Beeren, Avignonbeeren. Färbung durch ammoniakalische Kupferlösung noch das sicherste Unterscheidungsmerkmal abgibt. 6) Krappgelb (könnte auch Krapporange genannt werden), welches vielleicht nur beim Kattundruck benutzt wird, erhält man mit Zinnbeize; man erkennt aber den Krappfarbstoff am besten durch das in der Tabelle angegebene Verhalten. 7) Gelbholz. Die Fluorescenz, welche Morin in einer Thonerde enthaltenden Flüssigkeit zeigt, ist so empfindlich, daß sie noch bei 100,000-facher Verdünnung wahrgenommen werden kann. Sie verschwindet auch beim Erwärmen der Flüssigkeit nicht, sondern tritt sogar deutlicher hervor. Dagegen wird sie geschwächt oder vernichtet durch freie Salzsäure oder freies Alkali. Sie zeigt sich endlich auch dann, wenn man die Stoffprobe mit einer Lösung von doppelt-schwefligsaurem Natron aufkocht und hierauf einen Tropfen Thonerdelösung zufügt. 8) Fisetholz. Im Fisetholze findet sich ein FarbstoffNäheres über denselben hoffe ich demnächst in einer Arbeit über die Farbstoffe des Fisetholzes mittheilen zu können., welcher sich durch die Eigenschaft auszeichnet, in Berührung mit concentrirten Säuren oder den Lösungen freier Alkalien eine lebhaft rothe Färbung anzunehmen. Da dieser, wie ich mich überzeugt habe, beim Färben mit Fisetholz sich stets mit der Faser verbindet, so wird die in der Tabelle angeführte Reaction dadurch bestätigt, daß durch Erwärmen mit salzsaurem Weingeist die Farbe des Stoffes ebenfalls roth wird, und auch die Flüssigkeit sich roth färbt. 9) Wau. Der Farbstoff des Wau, das Luteolin, hat große Aehnlichkeit im Verhalten mit dem Farbstoffe des Quercitron und der Rhamnusbeeren. Der beste Unterschied ist nächst dem in der Tabelle angeführten das negative Verhalten in essigsaurer Lösung gegen Thonerdelösung. Es entsteht keine Fluorescenz. 10) 11) 12) Quercitron, Flavin, Rhamnusbeeren. Der Farbstoff des Quercitrons, das Quercitrin, ist ein Glucosid, welches indessen direct auf die Faser aufgefärbt werden kann. Das durch Spaltung desselben entstehende Quercetin bildet die Hauptmasse des englischen Flavins. Da nun die Rhamnusbeeren ebenfalls Quercetin oder eine demselben isomere Verbindung enthalten, so ist es nicht zu verwundern, daß diese drei Farbstoffe sich nur schwer, beziehentlich nicht von einander unterscheiden lassen. Das Flavin ist ausgezeichnet durch Lebhaftigkeit und Reinheit der gelben Farbe, durch die tief gelbe Färbung welche Essigsäurehydrat beim Kochen damit annimmt, und durch die starke grünliche Fluorescenz der Flüssigkeit. Die mit Quercitron oder Rhamnusbeeren gefärbten Stoffe haben gewöhnlich eine weniger reine Farbe (besonders wenn sie mit Alaun gebeizt sind), färben die Essigsäure beim Kochen nur in geringem Grade, und die Lösung zeigt bisweilen keine, bisweilen nur eine schwache Fluorescenz. Wenn dagegen die Stoffe sehr lange in der Flotte gekocht werden, so nehmen sie die Flavinfarbe an und zeigen alsdann auch dessen Reactionen. Zu bemerken ist übrigens, daß die Fluorescenz beim Verdünnen mit einem gleichen oder doppelten Volumen Wasser, ebenso auch beim Erhitzen bis zum Kochen verschwindet. Anhang zu den gelben Farben. a) Berberitzenwurzel und das darin enthaltene Berberin liefern ein Gelb, welches sich dadurch auszeichnet, daß es von Chlorwasser schon bei gewöhnlicher Temperatur geröthet wird (die Farbe wird in der Regel braunroth). Beim Stehen nimmt auch die Flüssigkeit eine röthliche Farbe an. Säuren ziehen die Farbe ab, indem sie sich goldgelb färben. b) Schmack (Sumach) wird bisweilen mit anderen Farben, z.B. Orlean, gebraucht. Man zieht letzteren mit Weingeist aus und behandelt dann den Stoff mit Eisenchlorid und Wasser, wie oben angegeben. Der Stoff schwärzt sich. Mit Barytwasser gekocht, wird die Farbe zuerst grünlich, dann orange oder röthlich. Mit salzsaurem Weingeist erwärmt, wird die Farbe stark abgezogen und der Stoff bläulichroth. Dieses Verhalten erinnert an Fisetholz, was nicht überraschen kann. c) Eisenoxyd (Nankinfarbe) wird am sichersten dadurch erkannt, daß es, mit Schwefelammonium erwärmt, schwarz, mit gelbem Blutlaugensalz und einem Tropfell Salzsäure blau wird. d) Chromsaures Bleioxyd (Chromgelb) wird, mit Weingeist und Salzsäure erwärmt, weiß, während die Flüssigkeit sich grünlich färbt. Wird dann der gebleichte Stoff mit Weingeist ausgewaschen und hierauf mit Jodkaliumlösung befeuchtet, so wird er gelb, oder statt dessen mit Schwefelammonium befeuchtet, schwarz. IV. Die grünen Farben. Die grünen Farben lassen sich nach ihrem Hauptbestandtheile in drei Hauptgruppen bringen, welche heißen können: 1) Anilingrün, oft Pikrinsäure, wohl auch Anilingelb enthaltend. 2) Carmingrün. Neben Indigcarmin findet sich darin Pikrinsäure (Pikringrün), Gelbholz (Gelbholzgrün), Wau (Waugrün) und Curcuma (Curcumagrün). 3) Küpengrün. Es enthält entweder Küpenblau allein, oder Küpenblau und Indigcarmin, und in der Regel nur Gelbholz. Außer den zu diesen Hauptgruppen gehörigen Farben kommen auch solche aus Anilinblau und Pikrinsäure vor, und der Indigcarmin ist wohl bisweilen durch Holzblau (vergl. die blauen Farben) theilweise ersetzt. Cyaneisenblau ist mir als Bestandtheil grüner Farben nicht vorgekommen. Nach der bei den blauen Farben gegebenen Anleitung ist es indessen leicht, die drei genannten Varietäten zu erkennen. Uebrigens werde ich im Anhange über das gemischte Anilingrün, sowie über Cyaneisengrün, Chromgrün und Schweinfurter Grün noch einige Notizen geben. Gang der Untersuchung (Siehe S. 67). Bestätigende Versuche. 1) Anilingrün (Jodgrün und Aldehydgrün). Solche Anilingrüne, welche Pikrinsäure enthalten, färben sich beim Kochen mit Wasser oder schwachem Weingeist zuerst gelb, später grünlichgelb. Die Flüssigkeit zeigt dann mit Cyankalium das Verhalten einer Pikrinsäurelösung. Direct mit Cyankalium und Wasser erwärmt, wird die Farbe in Braun bis Rothbraun umgewandelt. Schwefelammonium verwandelt diese Grüne in Orangeroth. Beim Auswaschen bleibt letztere Farbe in der Hauptsache unverändert. Die Flüssigkeit hat einen stark rothen Ton angenommen, der durch Kochen noch verstärkt wird. Reine Anilingrüne färben sich mit Wasser entweder gar nicht oder blaugrün bis blau; noch stärker mit Weingeist, wobei die Farbe abgezogen wird. Cyankaliumlösung entfärbt oder verändert die Farbe in Gelb, was durch fortgesetztes Auswaschen fast farblos wird. Essigsäurehydrat zieht Aldehydgrün mit schön blaugrüner Farbe ab. Die Flüssigkeit wird beim Uebersättigen mit Ammoniak bis zu blaßbläulich entfärbt; kohlensaures Natron entfärbt in viel geringerem Grade. Jodgrün wird durch Essigsäurehydrat mit starker blaugrüner Farbe abgezogen (der Stoff wird deutlich entfärbt, aber gelbgrün). Ammoniak entfärbt die blaue Lösung nicht. Schwefelammonium entfärbt Aldehydgrün schon bei gewöhnlicher Temperatur rasch, so daß der Stoff in der Flüssigkeit fast farblos erscheint. Beim Auswaschen mit Wasser nimmt er wieder eine blau-grüne Farbe an. Die Flüssigkeit erfährt, auch beim Kochen, keine Farbenveränderung. Jodgrün wird kalt in Orangegelb verändert, welches beim Auswaschen in Strohgelb übergeht. Die Farbe der Flüssigkeit nimmt beim Kochen einen nur schwachen röthlichen Ton an. Gang der Untersuchung. Textabbildung Bd. 200, S. 67 I. Man koche mit einer mäßig concentrirten Lösung von Cyankalium; Das Grün wird bräunlich, braun, braungelb oder gelb; Das Grün geht in Braungrün oder Gelbgrün über, oder wird kaum verändert; Anilingrün. Carmingrün. Küpengrün. Küpencarmingrün; II. Man mische die Flüssigkeit von I. unmittelbar nach dem Kochen mit dem doppelten Volumen Wasser und setze schwefelsaure Thonerde zu, bis ein reichlicher Niederschlag entstanden ist, der abfiltrirt und gewaschen wird; V. Man verfährt wie in II; Das Filtrat ist gelb oder röthlich; a. Das Filtrat ist blau; Das Filtrat ist farblos, der Niederschlag gelb; a. Das Filtrat ist blau gefärbt; Reines Küpengrün; b). Der Niederschlag von II. ist nach dem Auswaschen farblos; gelb gefärbt; b. Der Niederschlag ist ungefärbt; gelb gefärbt; Carminpikringrün; Carminpflanzengrün; Die weitere Behandlung ist wie in III; III. Man löse den gelb gefärbten Niederschlag auf dem Filter in Wasser und einigen Tropfen verdünnter Schwefelsaure und filtrire; Das Filtrat fluorescirt grün; Ist ohne Fluorescenz; Gelbholz. Wau. Curcuma; IV. Man erwärme eine frische Probe mit Weingeist, setze Borsäure und Salzsäure zu; Die Flüssigkeit färbt sich rosa * Ein Ueberschuß von Thonerde ist zu vermeiden, weil der entstandene Niederschlag sich darin wieder auflöst. Directe Anilingrüne (gleichviel, ob sie Pikrinsäure enthalten oder nicht) erkennt man übrigens sofort auch daran, daß sie mit Wasser und etwas Salzsäure erwärmt, gebleicht werden. Bei Gegenwart von Pikrinsäure färbt sich die Flüssigkeit gelb. 2) Carmingrün. Die Gegenwart des Indigcarmins ist durch die in der Tabelle unter II angeführte Farbe des Filtrates nachgewiesen. Zu constatiren bleiben daher nur: a) Pikrinsäure. Man zerstört durch Chlorwasser oder Chlorkalklösung das Indigblau, wäscht aus und weist durch Cyankalium oder Schwefelammonium die Pikrinsäure nach. b) Gelbholzfarbstoff. Es muß bemerkt werden, daß der unter II b der Tabelle erwähnte Thonerdeniederschlag bei Gegenwart von Gelbholzgelb bisweilen kaum gefärbt erscheint. Im Uebrigen ist auf das zu verweisen, was bezüglich desselben bei den gelben Farben angeführt wurde. c) Waufarbstoff. Auf die Anwesenheit dieses Farbstoffes ist nur durch sein negatives Verhalten zu schließen. Man theilt den nach II b erhaltenen Thonerdeniederschlag in zwei Theile, löst den einen in verdünnter Schwefelsäure, den anderen in Essigsäurehydrat. Wenn beide Lösungen keine Fluorescenz zeigen, so ist auf Waugelb (oder Quercitron) zu schließen. Fluorescirt dagegen die essigsaure Lösung, so deutet dieß auf Flavin oder Rhamnusfarbstoff hin. d) Curcumafarbstoff. Für diesen ist das in der Tabelle unter IV angegebene Verhalten am meisten charakteristisch. Ueberdieß färben Schwefelammonium, ebenso wie reines Ammoniak, ein solches Grün auffällig braunroth. 3) Küpengrün. Enthält gewöhnlich Gelbholz, welches, wie angegeben, erkannt wird. Zur Bestätigung des Küpenblaues wird mit Cyankalium gekocht, gut ausgewaschen und getrocknet, zuletzt mit Chloroform geschüttelt (vergl. die blauen Farben). 4) Küpencarmingrün. Der gelbe Bestandtheil wird, wie unter 2), ebenso der Indigcarmin und das Küpenblau, wie so eben angeführt, nachgewiesen. Anhang zu den grünen Farben. a) Anilinblau mit Pikrinsäure. Man kocht mit Wasser oder Weingeist aus, dampft zur Trockne ab und behandelt den trockenen Rückstand mit kaltem Wasser. Dieses löst (auch wenn lösliches Anilinblau vorliegt) nur die Pikrinsäure, die auf bekannte Weise nachgewiesen wird. Der blaue Rückstand löst sich in Weingeist und hinterläßt einen Rückstand, der sich gegen Schwefelsäure und Natron wie Anilinblau verhält (vergl. die blauen Farben); er wird durch Kochen mit Kupferchlorid nicht gebleicht. b) Cyaneisengrün. Diese Art von Grün ist mir zwar, wie schon erwähnt, an käuflichen Stoffen noch nicht vorgekommen; sie läßt sich jedoch leicht und sicher durch die folgenden Versuche feststellen. Man erwärmt mit Sodalösung, gießt die Flüssigkeit ab und mischt Eisenchlorid und dann Salzsäure bis zu schwach saurer Reaction zu. Die Flüssigkeit nimmt eine grünliche Farbe an und setzt nach einiger Zeit Berlinerblau ab. Der mit Sodalösung behandelte Stoff wird mit einer Mischung von Chlorkalklösung und Chlorwasser erwärmt und, nach einigem Stehen damit, gut ausgewaschen. Bringt man nun Schwefelammonium damit zusammen, so wird er schwarz werden, und nach Entfernung des Schwefelammoniums durch Auswaschen geht die schwarze Farbe durch eine schwach angesäuerte Ferridcyankaliumlösung in Blau über. c) Chromgrün. Dieses läßt sich am leichtesten durch Einäschern des Stoffes und Behandlung der Asche in der Perle mit dem Löthrohre erkennen. Um es auf nassem Wege nachzuweisen, verfährt man folgendermaßen: Man kocht die Probe mit Chlorkalklösung; dadurch wird sie gewöhnlich entfärbt, während die Flüssigkeit eine gelbe Färbung annimmt. Man übersättigt diese mit Essigsäure, erwärmt zur Verjagung des Chlors und setzt Bleiessig zu. Dadurch entsteht ein gelber Niederschlag (Chromgelb). d) Schweinfurter Grün (überhaupt Arsenikgrün) wird leicht erkannt, wenn man den Stoff mit Aetzammoniak digerirt. Dadurch geht das Grün zuerst in Blau über; nach und nach färbt sich die Ammoniakflüssigkeit blau, während der Stoff sich entfäbt. Erwärmen beschleunigt die Veränderung. Behandelt man eine zweite Probe mit Wasser, in welchem etwas salpetersaures Silberoxyd gelöst ist, und setzt so viel Aetzammoniakflüssigkeit zu, bis der zuerst entstehende Niederschlag beim Schütteln eben wieder verschwindet, so geht die grüne Farbe in Gelb oder Braungelb über. Wenn man endlich den Stoff mit wenig Wasser und einigen Tropfen Natronlösung erhitzt, so scheidet sich rothes Kupferoxydul ab. V. Die violetten Farben. Das Violett wird in verschiedenen Tönen hergestellt mit Anilinviolett (als wasserlösliches „Neuviolett,“ als Hofmann's Violett und als Perkin's Violett), mit Orseille (als Extract, Persio, oder französischer Purpur), entweder ohne Zusatz oder unter Mitanwendung von Indigcarmin oder Blauholz, mit Alkanna, mit Blauholz („Holzviolett“), mit Küpenblau und Blauholz oder Anilinviolett oder Fuchsin oder Orseille („Aechtviolett), mit Indigcarmin und Fuchsin (Carminviolett), mit Krapp oder Krapp-Präparaten und Eisenbeize (Krappviolett, nur auf Druckartikeln angewendet). Gang der Untersuchung (Siehe S. 71). Bestätigende Versuche. Als neue, im Vorhergehenden noch nicht zur Sprache gekommene Farbstoffe treten hier nur das Anilinviolett und das Violett der Alkannawurzel auf. Alle übrigen sind schon früher charakterisirt worden und brauchen deßhalb hier nur kurz berührt zu werden. 1, 3 und 4) Anilinviolett. Als solches charakterisirt sich die Farbe dadurch, daß Weingeist beim Kochen sich stark damit färbt. Orseilleviolett, welches allein darin mit den Anilinvioletten übereinstimmt, ist leicht durch sein Verhalten gegen Schwefelammonium zu unterscheiden (man vergl., was unter 2) über Alkannaviolett angegeben). a) Wasserlösliches. Dieses ist von den beiden anderen schon durch sein Verhalten gegen Schwefelammonium verschieden. Dazu kommt noch, daß auch wässerige schweflige Säure bei mehrstündiger Berührung die Farbe des Stoffes in Blaugrau verwandelt, während die Farbe der beiden anderen nur einen mehr rothen Ton annimmt. b) Perkin's Violett und Hofmann's Violett unterscheiden sich von einander und werden zugleich charakterisirt durch ihr Verhalten gegen verdünnte Salzsäure. 2) Carmin-Fuchsin färbt kochenden Weingeist roth und zeigt nach mehrmaligem Auskochen mit demselben das Verhalten des Indigcarmins (man vergl. die blauen Farben). Alkannaviolett, welches sich in Weingeist, besonders auf Zusatz von Salzsäure, mit ähnlicher Farbe löst, kann, wenn das Verhalten gegen Schwefelammonium berücksichtigt wird, nicht damit verwechselt werden. 5) Alkannaviolett wird von kochendem Weingeist wenig, nach Zusatz von Salzsäure jedoch reichlich mit Carmoisinfarbe gelöst. Der Abdampfungsrückstand dieser Lösung löst sich in Chloroform, Essigsäurehydrat, Benzin, Schwefelkohlenstoff unter Hinterlassung eines blauen Körpers. In Schwefelsäurehydrat löst sich der obige Abdampfungsrückstand mit rothvioletter Farbe; von Barytwasser wird er indigblau gefärbt. Ebenso färbt sich die Lösung durch Ammoniakflüssigkeit. 6) Orseille (man vergl. darüber die rothen Farben). 7) Holzviolett. Die Rothfärbung durch verdünnte Salzsäure ist zusammen mit dem Verhalten gegen Schwefelammonium zur Charakteristik des Holzviolettes hinreichend. Nur muß man sich hüten, concentrirte Gang der Untersuchung. Textabbildung Bd. 200, S. 71 I. Man erwärme mit Schwefelammonium; Der Stoff wird entfärbt; Er wird braunroth; Er wird olivenbraun; Er wird nicht merklich verändert; Wasserlösliches Anilinviolett. Carmin-Fuchsin. Perkin's Violett. Hofmann's Violett. Alkannaviolett. Orseillviolett. Küpenorseillviolett. Holzviolett. Küpenviolett. Küpenholzviolett. Krappviolett; II. Man koche mit Weingeist; III. Man übergieße mit verdünnter Salzsäure ohne zu erwärmen; IV. Man koche mit Weingeist; Dieser färbt sich violett; roth; Die Flüssigkeit färbt sich gelblich, der Stoff vorübergehend grünlich; bläulichroth; die Farbe des Stoffes wenig verändert; Dieser färbt sich rosa oder braungelb und wird auf Zusatz von Ammoniak violett; nicht merklich; VII. Man erwärme mit Chloroform; VI. Man erwärme mit verdünnter Salzsäure; Dieses färbt sich bläulich; Diese färbt sich roth; nicht oder gelblich; VII. Man erwärme mit Chloroform; Dieses färbt sich bläulich; Salzsäure anzuwenden, welche sich mit Alkannaviolett rosa färbt und dadurch Anlaß zu Unsicherheiten geben könnte. 8) Küpenviolett läßt durch die Behandlung mit Chloroform am sichersten das Küpenblau erkennen. Holzviolett, Orseille oder andere aufgesetzte Farben werden bei einiger Uebung unter Zugrundelegung der früheren Angaben leicht nachgewiesen werden. 9) Krappviolett. Mit schwefelsaurer Thonerde erwärmt, erhält man eine schön blaurothe Flüssigkeit, die jedoch nicht immer die früher erwähnte Fluorescenz erkennen läßt. Behandelt man die Probe nach dem Auswaschen mit Schwefelammonium, so wird die Farbe schwarz. Nach dem Auswaschen, wobei die violette Farbe gewöhnlich wieder zum Vorschein kommt, geht diese durch Ferridcyankalium unter Zusatz einiger Tropfen Salzsäure beim gelinden Erwärmen in unreines Blau über.