Titel: Ueber die Aufgaben einer Verbesserung der feuerfesten Thone für die Glasfabrication, wie auch im Allgemeinen; von Dr. Carl Bischof.
Autor: Carl Bischof [GND]
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CVIII., S. 393
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CVIII. Ueber die Aufgaben einer Verbesserung der feuerfesten Thone für die Glasfabrication, wie auch im Allgemeinen; von Dr. Carl Bischof. Bischof, über Verbesserung der feuerfesten Thone für die Glasfabrication etc. Die gesteigerten Anforderungen, welche an die feuerfesten Thone seit den neuen pyrotechnischen Fortschritten im Allgemeinen gestellt werden, und besonders in der Glasfabrication seit Einführung der durch Zeit- und Arbeitsgewinn wie auch größere Güte des Glases sich empfehlenden heißeren Oefen, so namentlich der Gasöfen, sind auf zwei von der Praxis gebotenen Wegen zu erfüllen. Die bisher bekannte, mit Vorzug gesuchte Grünstädter Hafenerde hält an den heißesten Stellen der Gasöfen, und vornehmlich an den Oeffnungen der Züge,Man hat versucht, an diesen Stellen einen natürlichen feuerfesten Sandstein anzuwenden; derselbe ist aber theuer und springt leicht bei Temperaturwechsel. Beste Dinassteine sollen sich hier recht gut halten. nicht aus. Mit Voraussetzung fehlerfreien Anfertigens und Setzens der Häfen, sorgsamen Herausknetens der Luftbläschen, sorgfältigen Anlegens der Masse, verhüteter Beschädigungen, richtiger Stellung am Feuerschlunde wie Entfernung von etwaigen Schwefelkiestheilchen, ist die Aufgabe: eine vorzüglich brauchbare und ausdauernd feuerfeste Hafenmasse darzustellen, entweder auf den plastischen Bindethon zu richten oder auf den körpergebenden Charmottezusatz, sey es daß man den einen oder beide Bestandtheile zu verbessern, oder dafür andere zu substituiren sucht. Am ökonomisch vortheilhaftesten ist es, wenn es durch einfache und praktische Mittel gelingt, die Feuerfestigkeit des plastischen Thones merklich zu erhöhen, ohne das Bindevermögen wesentlich zu beeinträchtigen. In diesem Falle kann am unverändertsten die bisherige Darstellungsweise und die erfahrungsmäßig beste und besondere Routine beibehalten werden.Die überhaupt in reichlichem Maaße stets abfallende Charmotte ist alsdann am ausgedehntesten zu vernutzen. Die Einführung eines neuen Thones verlangt immer erst gewissermaßen ein Studium seiner Eigenthümlichkeiten, woran eventuell eingreifende Veränderungen sich reihen können. Glückt eine Verbesserung des Bindethones nicht oder nicht genügend in der einen oder anderen Weise, so kann man zutreffender die Feuerfestigkeit der Hafenmasse, wie jedes ähnlichen Thongemenges, vermehren durch ein Vertauschen der bisher verwendeten Charmotte mit einer wesentlich schwerer schmelzbaren. Hierbei ist zu beachten: wie stark ist die Charmotte gebrannt und in welcher Korngröße wendet man sie an. Wie ein gröberes Korn mehr Bindethon verlangt als ein feineres, so kommt es auch beim Mengungsverhältniß zwischen dem plastischen Thon und der Charmotte auf den Hitzegrad an, welchem der gebrannte Thon exponirt gewesen ist; je heftiger das Brennen bewerkstelligt wurde, was am empfehlenswertesten, desto mehr plastischer Zusatz ist erforderlich. Wenn z.B. auf 12 MaaßtheileDie Handhabung des Maaßes durch einen gewöhnlichen Arbeiter ist sicherer als die der Decimalwaage. fette Erde 12 Theile rothgebrannte Charmotte kommen, so sind bei weißgebrannter Charmotte 13 Theile fette Erde zu nehmen. Soll durch den Charmottezusatz außer der dadurch bekanntlich bewirkten größeren physikalischen Unveränderlichkeit eine pyrometrische Aufbesserung erzielt werden, so ist es sachgemäß, ein feineres Korn nebst dem dabei abfallenden MehlEin Hinzugeben des entfallenden feinsten Mehles in gewissem Grade ist von günstiger Wirkung. zu benutzen. Der leichtflüssigere Bindethon ist so vollständig als irgend möglich davon zu durchdringen, wobei die Grenzen nur durch den dem Drucke der flüssigen Glasmasse nothwendig zu leistenden Widerstand, wie das Erforderniß eines gewissen körnigen, nachgebenden, die Spannung vermindernden Gefüges gezogen sind. Bedient man sich zur Verbesserung eines Thones, dessen Strengflüssigkeit selbstredend eine hervorragende seyn muß, die sich durch Unschmelzbarkeit in Schmiedeeisen-SchmelzhitzeSelbst auf die Gefahr hin, daß es dem aufmerksamen Leser völlig überflüssig erscheinen muß, erwähne ich nochmals ausdrücklich, daß dieser oder ein noch höherer Hitzegrad als Norm angenommen ist, worauf sich auch meine analytisch maaßgebende Quotientberechnung für das pyrometrische Resultat bezieht. Für geringere, in der Praxis oft ausreichende Hitzegrade, in welchen die chemischen Actionen noch nicht in Vollzug treten, entscheiden, wie ich wiederholt dargelegt habe, andere Verhältnisse, ja die pyrometrischen Erscheinungen können sich alsdann relativ umkehren, wie z.B. die Verbesserung durch Kieselzusatz in Hitzegraden bis zur Gußstahlschmelzhitze, die Beobachtung der Verzögerung und Aenderung des Aequivalentgesetzes für die Flußmittel unter bestimmten Umständen etc. zeigen. charakterisirt, so ist ein pyrometrischer Erfolg stets entschieden zu constatiren. Das Verhältniß von 1 : 1, ein Maaßtheil fetter Thon und ein Maaßtheil gebrannter, ist im Ganzen für Glashafenmasse das normale, wenn der Bindethon wenigstens zu den gut bindenden gehört. Unter dieser Voraussetzung, wie der, daß die Charmotte heftigst gebrannt, deren Korngröße eine mehr feine ist und außerdem die günstige Eigenschaft hinzukommt, daß sie sich mit dem Bindethon unmittelbar gewißermaßen amalgamirt (so daß die Charmottekörner nicht wie ölig in der Masse liegen) – ist der Bindethonzusatz zu erhöhen, und zwar wie erwähnt, um 8 und mehr Procent über das angegebene Verhältniß hinaus. Diesen mehr allgemeinen Regeln ist als stetiger Kontrolleur ein erfahrungsmäßiges Durchprobiren wie Ausprobiren je der größten Haltbarkeit gegenüber zu stellen, deren Bedingungen auf folgende wesentliche Punkte hinauslaufen und in bestimmten äußeren Kennzeichen sich bemerklich machen. Die drei bis vier gleichberechtigten Factoren für die Haltbarkeit der Häfen sind zunächst die sogen. Composition, die Verarbeitung und das Aufwärmen und Setzen. Ein guter Hafen zeigt nach sechswöchentlicher Benutzung noch eine kantige Form; bei vorzüglichen Gemengtheilen, wenigstens den gebrannten, erscheint er nach 14tägigem Gebrauche noch nicht einmal glasirt; dagegen sintert z.B. die pure Grünstädter Composition in großer Hitze zu einer festgeschlossenen, porzellanartigen Masse, welche in, wenn auch nur annähernd weißglühendem Zustande, schon etwas biegsam ist. Den einsichtigen Fabrikanten dürfen eine größere Mühewaltung und selbst erforderliche ernstliche Opfer bei den Versuchen nicht verdrießen, da mit dem längeren, außergewöhnlichen Halten der Häfen zwar der mögliche Kostenaufwand in mehr als einfachem Verhältnisse wächst, ein gesteigerter Erfolg aber in ganz ungleichem Verhältnisse lohnend ist. Auf die Art der Prüfung kommt aber ganz besonders viel an. Dieselbe muß mit einem Worte rationell seyn, und man muß dabei um so vorsichtiger zu Werke gehen, als derartige Versuche in mehr als einer Hinsicht kostspielig und sehr zeitraubend sind. Die günstigste Gelegenheit bietet sich, wenn man in einem neuen Ofen den Hafen von einer fraglichen Composition gleichzeitig mit demselben auftempern kann. Ein praktisches Kriterium über die Qualität einer Hafenmasse läßt sich am sichersten durch Massenbeobachtung gewinnen. Drei Häfen sind mindestens auf die Probe zu stellen, da bei einem Hafen ein Fehler bei der Bearbeitung das Resultat unsicher macht und schon das Austrocknen 8 Wochen Zeit erfordert, und einschließlich Anfertigung und Setzen 10–12 Wochen. Wiesbaden, im Mai 1871.