Titel: Die Glasversilberung; von Krippendorf in Aarau.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CXXXVI., S. 484
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CXXXVI. Die Glasversilberung; von Krippendorf in Aarau. Krippendorf, über Glasversilberung. Bei Versuchen über neue Unterlagen für die Collodiumbilder ist der Verfasser auch auf die Bothe'sche Glasversilberung gestoßen, und da er dabei mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, so findet er sich veranlaßt, auf dieses Verfahren in einer für den Nichtchemiker mehr verständlichen Weise noch einmal zurückzukommen, um so mehr, als das photographische Laboratorium fast alle hierzu gehörige Utensilien besitzt, und die neuen Erfahrungen wieder die Erfahrungen auf dem Gebiete der Photographie unterstützen. Er bemerkt dabei, daß die nachfolgende Methode nicht genau die des Hrn. Dr. Bothe, sondern derselben vom Hrn. Prof. Böttger in Frankfurt a. M. mit einigen Veränderungen nachgebildet ist. Die Etiquetten der zur Glasversilberung erforderlichen Gläser lauten, wie folgt: 1) Seignettesalz, d. i. weinsaures Kali-Natron. 2) Seignettesalz-Lösung. I Gramm Seignettesalz auf 50 Gramme destillirtes Wasser. 3) Aetzammoniak-Lösung, 50 Kubikcentimeter. 4) Silbernitrat-Lösung, 1 : 8. Alte Silberbäder sind ebenfalls verwendbar. Außerdem sind erforderlich: 5) Ein Kochfläschchen von ca. 1000 Kubikcentimeter Inhalt zur Reductionsflüssigkeit; 6) ein ganz gleiches Kochfläschchen zur Versilberungsflüssigkeit. Mit Hülfe der angegebenen chemischen Ingredienzien werden nun die beiden Hauptflüssigkeiten, nämlich die Reductionsflüssigkeit (1) und die Versilberungsflüssigkeit (2), in den unter 5) und 6) bezeichneten Kochflaschen auf folgendem Wege dargestellt. 1) Die Reductionsflüssigkeit. 900 Kubikcentimeter (Gramme) destillirtes Wasser werden in dem unter 5 erwähnten Kolben mit 90 Kubikcentimetern der Seignettesalzlösung (2) gemischt, und die Mischung auf einem eisernen Oefchen oder Küchenherde in starkes Kochen gebracht. Mit dem Aufwallen der ganzen Flüssigkeit, wobei eine starke Dampfbildung stattfinden wird, tröpfelt man aus Flasche 4 20 Kubikcentimeter Silbernitrat-Lösung hinzu; man wird bemerken, daß die ganze Lösung sich schwärzt. Man läßt die Flüssigkeit noch ca. 10 Minuten heftig kochen und hat dann die fertige Reductionsflüssigkeit, in welcher sich eine neue Silberverbindung, das sogenannte „oxyweinsaure Silberoxyd“, gebildet hat. Diese Flüssigkeit läßt sich beliebig lange aufbewahren, ja scheint durch das Alter noch zu gewinnen. Es verbleibt dieselbe in dem bezeichneten Kochfläschchen, welches zur Vermeidung empfindlicher Irrthümer mit 1 zu bezeichnen ist. Bei dem Gebrauche muß die Flüssigkeit selbstverständlich durch Fließpapier filtrirt werden. Bei seinen ersten Versuchen scheiterte der Verfasser in der Herstellung einer sicher wirkenden Reductionsflüssigkeit wahrscheinlich aus dem Grunde daß er sich statt eines Kolbens einer flachen Schale bediente, in welcher die zum Kochen erforderliche Temperatur wegen der ziemlich hohen Lage von Aarau zu gering war, um das oxyweinsaure Silberoxyd gehörig zu bilden. Erst seit er sich eines Kolbens bediente, in welchem die Lösung eine höhere Wassersäule bildet, und es also einer höheren Temperatur bedarf, bis selbige in das Kochen geräth, sind seine Versilberungen mit Sicherheit gelungen. 2) Die Versilberungsflüssigkeit. Die von Dr. Bothe gegebene Vorschrift lautet: Salpetersaures Silberoxyd wird in Wasser gelöst und nach und nach so lange mit Ammoniakwasser versetzt, bis der entstandene braune Niederschlag fast vollständig wieder verschwunden ist, darauf die Flüssigkeit filtrirt und so weit mit Wasser verdünnt, daß auf 1 Grm. Silberfalz 100 Kubikcentimeter Lösung entstehen. Für den Nichtchemiker empfiehlt der Verfasser folgende Formel: 900 Kubikcentimeter destillirtes Wasser werden mit 80 Kubikcentimetern der Silberlösung aus Nr. 4 (1 : 8) vermischt, und hierzu werden 100 Tropfen der Lösung von Aetzammoniak (3) gesetzt. 3) Der Versilberungsproceß. Gleiche Raumtheile der Flüssigkeiten 1 und 2 werden sorgfältig und einzeln filtrirt, hierauf in einer Cuvette zusammengegossen, und die gut geputzte Glasplatte eingebracht. Schon nach ca. 10 Minuten findet eine Zersetzung des Gemisches statt, indem sich unter Schwärzung desselben rein metallisches Silber auf der Platte niederschlägt. Das Einbringen der Platte, sowie das Putzen derselben findet genau wie beim photographischen Processe statt, indem sonst unregelmäßige Linien entstehen, oder ungleichmäßige Silberablagerung stattfindet. Durch Wärme und directes Sonnenlicht wird der Proceß begünstigt, durch Kälte und Dunkelheit verzögert. Schließlich wird die Platte wieder aus der Cuvette gehoben, mit reinem Wasser abgespült, getrocknet, lackirt und mit irgend einem schützenden Hintergrunde versehen. Was die Menge der zu verwendenden Flüssigkeiten anlangt, so darf man nicht zu haushälterisch verfahren und muß die Mischung auf der Platte 2 bis 3 Millimeter hoch stehen lassen. Verdünnt man die Flüssigkeiten mit Wasser oder verwendet man zu geringe Mengen, so wird die Silberschicht sehr dünn und durchscheinend. Als Lack kann man jeden Negativlack verwenden. Die abgegossene Flüssigkeit enthält immer noch 50 bis 60 Procent der verwendeten Silbermenge; sie wird also filtrirt und das Silbersalz durch Zutröpfeln von Salzsäure als Chlorsilber ausgefällt. Hohlgläser, z.B. Reagensgläser werden versilbert, indem man sie einfach mit den Lösungen 1 und 2 in der angegebenen Weise anfüllt und stehen läßt.Durch heftiges Schütteln haben wir beim Versilbern von Hohlgefäßen durchweg schönere Schichten entstehen sehen, als beim Stehenlassen. Auch braucht man bei diesem Verfahren viel weniger Flüssigkeit.Die Red. des photographischen Archivs. Zur Versilberung der inneren Fläche großer Glaskugeln wird man nur kleine Mengen auf einmal eingießen, damit die Innenseite gleichmäßig benetzen, und so lange drehen, bis die erste dünne Silberschicht entstanden ist. Nach einer zwei- oder dreimaligen Wiederholung dieses Verfahrens hat man mit wenig Kosten eine große Glaskugel versilbert, welche das Atelier nicht bloß ziert, sondern auch bei der Beleuchtung der Person die Stelle des Spiegels vertreten kann. 4) Die Zukunft der Silberspiegel. Die einfache und leichte Darstellung der Silberspiegel führt von selbst auf den Gedanken, solche in größerer Menge geschäftsmäßig herzustellen. Es leiden aber alle diese Spiegel an dem gemeinsamen Fehler, daß sie ein mehr gelbliches Bild erzeugen und deßwegen mit den Quecksilberspiegeln nicht concurriren können; auch dürfte dieser Fehler, weil er in der Natur des Silbers liegt, schwerlich je zu vermeiden seyn. Der Versuch, Spiegel mit ganz dünner Silberschicht nachträglich galvanoplastisch zu verkupfern, zu versilbern, zu vergolden, ist von dem Verfasser mit allen möglichen Modificationen angestellt worden, ohne daß er je zu einem befriedigenden Resultate gelangt wäre. Doch liegt nach dieser Richtung wenigstens die Möglichkeit, selbst die Wahrscheinlichkeit vor, dieses schöne Verfahren noch weiter auszubilden. Als Unterlage für Collodiumbilder werden die chemisch erzeugten Silberschichten nur eine untergeordnete Bedeutung haben, indem das Kreidepapier bis jetzt noch unerreicht ist. Dagegen können die Versilberungsflüssigkeiten 1 und 2 möglicher Weise auch zur Verstärkung des Negativbildes dienen. (Photographisches Archiv, 1871 S. 22.)