Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. , S. 414
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Miscellen. Miscellen. Allgemeine polizeiliche Bestimmungen über die Anlage von Dampfkesseln für das Gebiet des Norddeutschen Bundes. Bekanntlich befindet sich im §. 24 der Gewerbe-Ordnung für den Norddeutschen Bund, welcher sich auf die Anlegung von Dampfkesseln bezieht, die Bemerkung: „Bis zum Erlaß allgemeiner Bestimmungen durch den Bundesrath kommen die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Vorschriften zur Anwendung.“ Zu letzterem Zwecke hat im Juni 1870 in Berlin eine vom Bundesrathe berufene technische Commission das auch jetzt noch in der Provinz Hannover gültige Regulativ vom 31. August 1861 einer gründlichen Revision unterworfen und einen betreffenden Entwurf unterbreitet, der im Nachstehenden abgedruckt ist. Dieser Entwurf wird von allen verständigen Betheiligten recht willkommen geheißen werden, da er sich durch Kürze und Präcision auszeichnet und ganz besonders alle jene Paragraphen des gedachten Regulatives von 1861 gestrichen hat, welche Beamten wie Kesselbesitzern zuweilen nicht geringe Unannehmlichkeiten bereiteten. Wenn es uns in ganz unmaßgeblicher, bescheidener Weise gestattet ist, zum Entwurfe einige Wünsche auszusprechen, so wären dieß folgende zwei: Erstens daß im §. 14 des (nachstehenden) revidirten Entwurfes auch auf das im Kessel befindliche Wasserquantum, sowie auf die Größe des Aufstellungsraumes des Kessels Bedacht genommen werde. Zweitens daß diese allgemeinen polizeilichen Bestimmungen Gültigkeit für das gesammte deutsche Reich und nicht bloß (ausschließlich) für den Norddeutschen Bund erhalten möchten! Rühlmann. Revidirter Entwurf. Auf Grund der Bestimmung in §. 24 der Gewerbe-Ordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni v. J. hat der Bundesrath die nachstehenden allgemeinen polizeilichen Bestimmungen über die Anlegung von Dampfkesseln erlassen. I. Bau der Dampfkessel. §. 1. Kesselwandungen. Die vom Feuer berührten Wandungen der Dampfkessel, der Feuerröhren und der Siederöhren dürfen nicht aus Gußeisen hergestellt werden, sofern deren lichte Weite bei cylindrischer Gestalt 25 Centimeter, bei Kuppelgestalt 30 Centimeter übersteigt. Die Verwendung von Messingblech ist nur für Feuerröhren, deren lichte Weite 10 Centimeter nicht übersteigt, gestattet. §. 2. Feuerzüge. Die um oder durch einen Dampfkessel gehenden Feuerzüge müssen an ihrer höchsten Stelle in einem Abstand von mindestens 10 Centimetern unter dem festgesetzten niedrigsten Wasserspiegel des Kessels liegen. Bei Dampfschiffskesseln von 1 bis 2 Meter Breite muß der Abstand mindestens 15 Centimeter, bei solchen von größerer Breite mindestens 25 Centimeter betragen. Diese Bestimmungen finden keine Anwendung auf Dampfkessel, welche aus Siederöhren von weniger als 10 Centimeter Weite bestehen, sowie auf solche Feuerzüge, in welchen ein Erglühen des mit dem Dampfraum in Berührung stehenden Theiles der Wandungen nicht zu befürchten ist. Die Gefahr des Erglühens ist in der Regel als ausgeschlossen zu betrachten, wenn die vom Wasser bespülte Kesselfläche, welche vom Feuer vor Erreichung der vom Dampf bespülten Kesselfläche bestrichen wird, bei natürlichem Luftzug mindestens zwanzigmal, bei künstlichem Luftzug mindestens vierzigmal so groß ist, als die Fläche des Feuerrostes. II. Ausrüstung der Dampfkessel. §. 3. Speisung. An jedem Dampfkessel muß ein Speiseventil angebracht seyn, welches bei Abstellung der Speisevorrichtung durch den Druck des Kesselwassers geschlossen wird. §. 4. Jeder Dampfkessel muß mit zwei zuverlässigen Vorrichtungen zur Speisung versehen seyn, welche nicht von derselben Betriebsvorrichtung abhängig sind, und von denen jede für sich im Stande ist, dem Kessel die zur Speisung erforderliche Wassermenge zuzuführen. Mehrere zu einem Betriebe vereinigte Dampfkessel werden hierbei als ein Kessel angesehen. §. 5. Wasserstandszeiger. Jeder Dampfkessel muß mit einem Wasserstandsglase und mit einer zweiten geeigneten Vorrichtung zur Erkennung seines Wasserstandes versehen seyn. Jede dieser Vorrichtungen muß eine gesonderte Verbindung mit dem Inneren des Kessels haben, es sey denn, daß die gemeinschaftliche Verbindung durch ein Rohr von mindestens 60 Quadratcentimeter lichtem Querschnitt hergestellt ist. §. 6. Werden Probirhähne zur Anwendung gebracht, so ist der unterste derselben in der Ebene des festgesetzten niedrigsten Wasserstandes anzubringen. Alle Probirhähne müssen so eingerichtet seyn, daß man behufs Entfernung von Kesselstein in gerader Richtung hindurchstoßen kann. §. 7. Wasserstandsmarke. Der für den Dampfkessel festgesetzte niedrigste Wasserstand ist an dem Wasserstandsglase, sowie an der Kesselwandung oder dem Kesselmauerwerk durch eine in die Augen fallende Marke zu bezeichnen. §. 8. Sicherheitsventil. Jeder Dampfkessel muß mit wenigstens einem Sicherheitsventil versehen seyn. Wenn mehrere Kessel einen gemeinsamen Dampfsammler haben, von welchem sie nicht einzeln abgesperrt werden können, so genügen für dieselben zwei Sicherheitsventile. Dampfschiffs-, Locomobil- und Locomotivkessel müssen immer mindestens zwei Sicherheitsventile haben. Bei Dampfschiffskesseln ist dem einen Ventil eine solche Stellung zu geben, daß die vorgeschriebene Belastung vom Verdeck aus mit Leichtigkeit untersucht werden kann. Die Sicherheitsventile müssen jederzeit gelüftet werden können. Sie sind höchstens so zu belasten, daß sie bei Eintritt der für den Kessel festgesetzten Dampfspannung den Dampf entweichen lassen. §. 9. Manometer. An jedem Dampfkessel muß ein zuverlässiges Manometer angebracht seyn, an welchem die festgesetzte höchste Dampfspannung durch eine in die Augen fallende Marke zu bezeichnen ist. An Dampfschiffskesseln müssen zwei dergleichen Manometer angebracht werden, von denen sich das eine im Gesichtskreise des Kesselwärters, das andere auf dem Verdeck an einer für die Beobachtung bequemen Stelle befindet. Sind auf einem Dampfschiffe mehrere Kessel vorhanden, deren Dampfräume mit einander in Verbindung stehen, so genügt es, wenn außer den an den einzelnen Kesseln befindlichen Manometern auf dem Verdeck ein Manometer angebracht ist. §. 10. Kesselmarke. An jedem Dampfkessel muß die festgesetzte höchste Dampfspannung, der Name des Fabrikanten, die laufende Fabriknummer und das Jahr der Anfertigung in leicht erkennbarer und dauerhafter Weise angegeben seyn. III. Prüfung der Dampfkessel. §. 11. Druckprobe. Jeder neu aufzustellende Dampfkessel muß nach seiner letzten Zusammensetzung vor der Einmauerung oder Ummantelung unter Verschluß sämmtlicher Oeffnungen mit Wasserdruck geprüft werden. Die Prüfung erfolgt bei Dampfkesseln, welche für eine Dampfspannung von nicht mehr als 5 Atmosphären Ueberdruck bestimmt sind, mit dem zweifachen Betrage des beabsichtigten Ueberdruckes, bei allen übrigen Dampfkesseln mit einem Drucke welcher den beabsichtigten Ueberdruck um 5 Atmosphären übersteigt. Unter Atmosphärendruck wird ein Druck von einem Kilogramm auf den Quadratcentimeter verstanden. Die Kesselwandungen müssen dem Probedruck widerstehen, ohne eine bleibende Veränderung ihrer Form zu zeigen und ohne undicht zu werden. Sie sind für undicht zu erachten, wenn das Wasser bei dem höchsten Drucke in anderer Form als der von Nebel oder feinen Perlen durch die Fugen dringt. §. 12. Wenn Dampfkessel eine Ausbesserung in der Kesselfabrik erfahren haben, oder wenn sie behufs der Ausbesserung an der Betriebsstätte ganz bloß gelegt worden sind, so müssen sie in gleicher Weise, wie neu aufzustellende Kessel, der Prüfung mittelst Wasserdruckes unterworfen werden. Wenn bei Kesseln mit innerem Feuerrohr ein solches Rohr und bei den nach Art der Locomotivkessel gebauten Kesseln die Feuerbüchse behufs Ausbesserung oder Erneuerung herausgenommen, oder wenn bei cylindrischen und Sieder-Kesseln eine oder mehrere Platten neu eingezogen werden, so ist nach der Ausbesserung oder Erneuerung ebenfalls die Prüfung mittelst Wasserdruckes vorzunehmen. Der völligen Bloßlegung des Kessels bedarf es hier nicht. §. 13. Prüfungsmanometer. Der bei der Prüfung ausgeübte Druck darf nur durch ein genügend hohes offenes Quecksilbermanometer oder durch das von dem prüfenden Beamten geführte amtliche Manometer festgestellt werden. An jedem Dampfkessel muß sich eine Einrichtung befinden, welche dem prüfenden Beamten die Anbringung des amtlichen Manometers gestattet. IV. Aufstellung der Dampfkessel. §. 14. Aufstellungsort. Dampfkessel welche für mehr als vier Atmosphären Ueberdruck bestimmt sind, und solche bei welchen das Product aus der feuerberührten Fläche in Quadratmetern und der Dampfspannung in Atmosphären-Ueberdruck mehr als 20 beträgt, dürfen unter Räumen, in welchen Menschen sich aufzuhalten Pflegen, nicht aufgestellt werden. Innerhalb solcher Räume ist ihre Aufstellung unzulässig, wenn dieselben überwölbt oder mit fester Balkendecke versehen sind. An jedem Dampfkessel welcher unter Räumen, in welchen Menschen sich aufzuhalten Pflegen, aufgestellt wird, muß die Feuerung so eingerichtet seyn, daß die Einwirkung des Feuers auf den Kessel sofort gehemmt werden kann. Dampfkessel welche aus Siederöhren von weniger als zehn Centimeter Weite bestehen, und solche welche in Bergwerken unterirdisch aufgestellt werden, unterliegen diesen Bestimmungen nicht. §. 15. Kesselmauerung. Zwischen dem Mauerwerk welches den Feuerraum und die Feuerzüge feststehender Dampfkessel einschließt, und den dasselbe umgebenden Wänden muß ein Zwischenraum von mindestens acht Centimetern verbleiben, welcher oben abgedeckt und an den Enden verschlossen werden darf. V. Allgemeine Bestimmungen. § 16. Wenn Dampfkesselanlagen, die sich zur Zeit bereits im Betrieb befinden, den vorstehenden Bestimmungen aber nicht entsprechen, eine Veränderung der Betriebsstätte erfahren sollen, so kann bei deren Genehmigung eine Abänderung in dem Bau der Kessel nach Maaßgabe der §§. 1 und 2 nicht gefordert werden. Dagegen finden im Uebrigen die vorstehenden Bestimmungen auch für solche Fälle Anwendung. §. 17. Die Centralbehörden der einzelnen Bundesstaaten sind befugt, in einzelnen Fällen von der Beachtung der vorstehenden Bestimmungen zu entbinden. §. 18. Die vorstehenden Bestimmungen finden keine Anwendung: 1) auf Kochgefäße, in welchen mittelst Dampfes, der einem anderweitigen Dampfentwickler entnommen ist, gekocht wird; 2) auf Dampfüberhitzer oder Behälter, in welchen Dampf, der einem anderweitigen Dampfentwickler entnommen ist, durch Einwirkung von Feuer besonders erhitzt wird; 3) auf Kochkessel, in welchen Dampf aus Wasser durch Einwirkung von Feuer erzeugt wird, wofern dieselben mit der Atmosphäre durch ein unverschließbares, in den Wasserraum hinabreichendes Standrohr von nicht über fünf Meter Höhe und mindestens acht Centimeter Weite verbunden sind. (Mittheilungen des Gewerbevereines für Hannover, 1871 S. 97.) Neue Stopfbüchsenpackung. Zur Packung von Stopfbüchsen stellt Girwood (Barking road, Bromley bei London) Ringe aus Kupferdrahtgeflecht her. Das Drahtgewebe wird zusammengewickelt, bis die genügende Dicke erreicht ist, dann viereckig oder in irgend eine andere Form gepreßt und ringförmig zusammengebogen. Diese Dichtung besitzt beträchtliche Elasticität, und läßt sich auch bei überhitztem Dampfe und hoher Dampfspannung verwenden. (Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 14.) Ueber Whitworth's Methode des Stahlgusses unter hydraulischem Druck. In einem Vortrage über die Fortschritte in der Eisen- und Stahlindustrie im Iron and steel Institute zu London bezeichnete Henry Bessemer Joseph Whitworth's Methode des Gusses unter hydraulischem Druck als eine der wichtigsten Neuerungen in der Stahltechnik; er bemerkte darüber: „Das Gießen großer Stahlmassen ohne Blasen hat lange Schwierigkeiten gemacht, namentlich weil bei der außerordentlich hohen Temperatur des geschmolzenen Stahles eine gewisse Menge Sauerstoff absorbirt wird, welche von dem Stahle so lange zurückgehalten wird, als die hohe Temperatur erhalten wird, bei Beginn der Erstarrung aber wieder abgegeben wird und den Guß häufig porös macht. Ein anderer Uebelstand bei Stahlgüssen rührt von der krystallinischen Structur her, welche der Stahl beim Erstarren annimmt. So lange diese Krystalle in ihrem ursprünglichen Zustand bleiben, ist die Masse nur wenig cohärent; ihre Zugfestigkeit ist kaum halb so groß wie nach dem Hämmern oder Walzen. Sie läßt sich nur um wenig biegen, ohne zu brechen, und besitzt zugleich eine höchst beschränkte Ausdehnungsfähigkeit. Wird dagegen der Stahl beim Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand einem starken Druck unterworfen, so werden die Krystalle, die sonst fast unabhängig von einander bleiben würden, bei der hohen Temperatur so innig miteinander verbunden oder zusammengeschweißt, daß eine höchst vollständige Cohärenz des Ganzen eintritt, wahrscheinlich eine vollständigere, als sich durch nachträgliches Hämmern irgend erreichen ließe. Schon im Jahr 1856 beschrieb ich selbst (Bessemer) eine Methode, Stahl unter hydraulischem Druck in eisernen Formen zu gießen, wobei ein Kolben durch den hydraulischen Druck, der auf seine Rückseite wirkte, auf der einen Seite der Form in den halbflüssigen Stahl eingepreßt wurde. Etwa gleichzeitig kam ich auf den Gedanken, die Entwicklung von Gasen aus geschmolzenem Stahl durch den Druck comprimirter Luft oder von Gasen zu vermeiden, welche in einen starken geschlossenen, die Form und das Gußstück enthaltenden Behälter eingepreßt würden; durch andere Beschäftigung wurde ich aber von weiteren Versuchen in dieser Richtung abgehalten. Vor wenigen Jahren kam nun auch Whitworth, dem die Darstellung von blasenfreiem, genügend festem Stahl für seine Kanonen und Geschosse viel Schwierigkeit machte, ganz unabhängig von mir auf den Gedanken, auf den noch flüssigen Stahl einen durch Wasserdruck in die Form eingetriebenen Kolben wirken zu lassen. Seine Versuche sind ms zu einem gewissen Grad vollständig gelungen; das nach diesem Verfahren erzeugte sogenannte Whitworth-Metall zeigt auch in großen Gußstücken nicht die geringste Blase. Die große Wichtigkeit eines Verfahrens, aus einem schmiedbaren Metall, das fester als Schmiedeeisen ist, durch Guß leicht beliebige Formen herzustellen, liegt auf der Hand; aber die Herstellung beliebiger Formen macht jetzt eben noch Schwierigkeiten. Bei complicirteren Formen, z.B. doppelt gekröpften Locomotivkurbelachsen, würde es höchst schwierig seyn, das Abreißen der zwischen den Kröpfungen befindlichen Formtheile durch den hohen, auf das eine Ende der Form ausgeübten Druck zu verhindern und unmöglich würde es seyn, den Druck des Kolbens durch die Biegungen während des Festwerdens des Stahles zu übertragen; bei flüssigem Zustand des Stahles würde dieß allerdings keine Schwierigkeit haben, die Pressung würde aber dann auch ohne die gewünschte Wirkung seyn. Auch in anderen Beziehungen bietet die Anwendung des Verfahrens große Schwierigkeiten; die Formen müssen außerordentlich fest hergestellt werden und dürfen auf der Innenseite nur mit sehr dünnen Schichten von Lehm oder Masse überzogen seyn, wenn letztere nicht durch den Druck zerrissen und somit die Gestalt des Gußstückes beschädigt werden sollen; andererseits wird eine eiserne, nur mit dünnen Schichten eines nachgiebigen Materiales überzogene Form die Zusammenziehung des Gusses beeinträchtigen, der dann selbst dem Reißen ausgesetzt wäre. Alle diese Schwierigkeiten würden sich aber wohl vermeiden lassen, wenn man unter Anwendung eines gewöhnlichen Formkastens ganz in gewöhnlicher Weise formte und dann die ganze Form in ein starkes Gefäß einsetzte; die Oeffnung, durch welche der Stahl in dieses eingegossen wird, müßte durch eine Schraube verschließbar seyn. In diesem Gefäß wäre nun allmählich durch Verbrennung eines Gemisches von gepulvertem Anthracit und Natronsalpeter eine künstliche Atmosphäre von beliebiger Pressung zu erzeugen, welche nach allen Richtungen auf das Gußstück einwirkte, ohne einen nachtheiligen einseitigen Druck auf die Form auszuüben.“ (Engineering, April 1871, S. 247.) Gasretorten aus hämmerbarem Gußeisen. Solche werden neuerdings von dem Eisenwerk Kaiserslautern angefertigt. Dieselben zeichnen sich durch große Haltbarkeit bei geringem Gewicht aus, und sind bereits in der neuen Frankfurter Gasfabrik, sowie in vielen anderen namhaften Gasanstalten eingeführt. (Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 14.) Ueber sprödes Gold. Die merkwürdige Erscheinung, daß das Krystallisiren von Substanzen durch die Gegenwart von kleinen Kernen befördert wird, ist längst bekannt; neuere, von Chandler Roberts, Chemiker der Münze der Vereinigten Staaten, angestellte Versuche haben aber dem Gegenstande ein erhöhtes Interesse verliehen. Kleine Spuren von Blei, Antimon, Wismuth oder Arsen ertheilen der gesetzlichen Normallegirung von Gold und Kupfer ein krystallinisches Gefüge und einen außerordentlichen Grad von Sprödigkeit, und machen dieselbe für die Vermünzung ganz ungeeignet. Diese auffallende Wirkung findet selbst dann statt, wenn die Menge des schädlichen Metalles nicht über 1/1900 Theil der Goldlegirung beträgt. Durch das kürzlich in der Münze der Vereinigten Staaten eingeführte Verfahren zum Geschmeidigmachen von sprödem Golde mittelst ChlorgasDieses von Miller in Sydney herrührende Verfahren ist im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVII S. 43 ausführlich beschrieben. ist nun aber eine Frage von bedeutender Wichtigkeit für die Münzkunst in befriedigender Weise gelöst worden. (Scientific American, April 1871, S. 240.) Neue Krystallfarbe (Stahl-Bronze). Der Farbenfabrik von Friedr. Rotter in Amberg bei Nürnberg ist es gelungen, ihre Mineralbrocate um eine Stahl-Bronze zu, vermehren. Bei dem brillanten Lüster dieser Novität, ihrer neutralen Farbe, und dem Umstande daß dieselbe behufs ihrer Befestigung wegen ihrer metallischen Schwere ganz die Eigenschaft der sonstigen Bronzen theilt, dürfte solche zur Verwendung als effectvolle Decoration für vorübergehende wie bleibende Zwecke um so mehr zu empfehlen seyn, als der Producent bis zur natürlichen Grenze Garantie für ihre Unveränderlichkeit übernehmen kann. D. Verfahren zur Darstellung von Alaun, von P. Spence in Newton-Heath (England). Spence verwendet bei seinem Verfahren (patentirt am 9. Juni 1870) als Grundmaterial ein in Westindien sich vorfindendes Mineral, das unter dem Namen Rondondo Phosphat bekannt ist, und aus Thonerde und Phosphorsäure mit etwas Eisen besteht. Das Mineral wird klein gepocht, mit Kohle in Kalköfen bis zur Rothgluth erhitzt und sodann in bleiernen Pfannen mit Schwefelsäure von 1,6 Dichte übergossen. Um das Auflösen zu beschleunigen, wird Dampf in die Mischung geleitet. Die Menge der Schwefelsäure hängt von dem Thonerdegehalte des Minerals ab. Nach stattgehabter Auflösung wird die Flüssigkeit mit Wasser bis auf 1,45 Dichte verdünnt und nun in geschlossene Bleigefäße gebracht, in welche ein Strom von Ammoniakgas geleitet wird. Das Ammoniak wird durch Destillation von bei der Gasfabrication gewonnenen ammoniakalischen Flüssigkeiten dargestellt. Auf eine Tonne Mineral werden, je nach dem Thonerdegehalte, 600 bis 900 Gallons dieser Gaswässer verwendet. Nachdem die erforderliche Menge Ammoniaks in die mineralische Lösung destillirt worden, wird diese absetzen gelassen, darauf in Bleipfannen abgezogen und hier krystallisirt. Die Mutterlaugen, welche nunmehr Phosphorsäure mit kleinen Mengen von schwefelsaurer Thonerde, Eisenvitriol und schwefelsaurem oder phosphorsaurem Ammon enthalten, können nach Eindampfen oder sonst geeigneter Behandlung für Düngerzwecke verwendet werden. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1871, Nr. 2.) Verfahren zur Concentration der Schwefelsäure durch Abdampfen bei niedriger Temperatur. Zum Concentriren der Schwefelsäure durch Eindampfen derselben bei einer unter ihrem Siedepunkte liegenden Temperatur empfiehlt J. Stoddard (Uphall Mineral Oil Works, N. B.) aus eigener Erfahrung, die zu concentrirende Säure auf die gewöhnliche Weise in einer Bleipfanne zu erhitzen und, sobald sie die Temperatur von 149° bis 150° C. erreicht hat, einen Strom atmosphärischer Luft durch sie hindurchzublasen, während ihre Temperatur mit Hülfe der Pfannenfeuerung auf der angegebenen Höhe erhalten wird. Mittelst dieses Verfahrens läßt sich, ohne die Temperatur viel über 150° C. steigern zu müssen, leicht braune Schwefelsäure (brown vitriol) von 1,700 spec. Gew. herstellen, ebenso kann man durch dasselbe Verfahren concentrirte Schwefelsäure in einer Bleipfanne bei Anwendung einer Temperatur von ungefähr 260° C. gewinnen. (Chemical News, vol. XXIII p. 167; April 1871.) Verunreinigung des Chlorbaryums mit unterschwefligsaurem Baryt. Dr. G. C. Wittstein hat in dem Chlorbaryum, welches in seinem Laboratorium benutzt wird, Spuren von unterschwefligsaurem Baryt gefunden. Diese Verunreinigung erklärt sich daraus, daß, wenn bei der Bereitung des Chlorbaryums das Schwefelbaryum nicht vollständig durch die Salzsäure zerstört wird, der übrig gebliebene Rest von Schwefelbaryum nach und nach in unterschwefligsauren Baryt übergeht, und dieser dann, sofern nicht umkrystallisirt wird, dem Chlorbaryum anhaften bleibt. (Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie, Bd. XX S. 250.) Reinigung des Wassers durch schwammförmiges Eisen. In der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde machte G. Bischof jun. auf die energisch zersetzende Wirkung des schwammförmigen Eisens auf im Wasser gelöste organische Substanzen aufmerksam. Durch ein in angemessener Welse aus Eisenschwamm gebildetes Filter läßt sich unreines Wasser mit bedeutender Geschwindigkeit filtriren und dabei so vollkommen reinigen, daß es ohne Gefahr zum Trinken benutzt werden kann. Das Wasser verliert nicht an Schmackhaftigkeit und bleibt Monate lang klar. Sehr übelriechende und dunkelbraune Flüssigkeiten waren nach der Filtration wasserhell und geruchlos. (Archiv der Pharmacie, Bd. CXCV S. 273.) Man sehe Runge's Versuche über Anwendbarkeit des Eisens als Mittel gegen Fäulniß des Wassers, im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S. 171. Neue Sorte von Glasplatten für photographische Zwecke. Eine neue Sorte von Glasplatten, die für photographische Zwecke ganz besonders gut geeignet seyn sollen, wird – nach den photographischen Mittheilungen – seit einiger Zeit auf der Glashütte von Jorrest in Liverpool erzeugt. Gewöhnliches Glas besitzt nämlich eine natürliche Haut, welche sich dadurch bildet, daß sich die Außenfläche rascher abkühlt als das Innere. Diese Haut ist außerordentlich hart und undurchdringlich. Das gewöhnliche Glas besitzt diese Haut, und Die, welche mit seiner Anwendung für kleine Photographien vertraut sind, wissen, daß es in Bezug auf Reinheit bessere Resultate gibt als das Spiegelglas. Letzteres wird aus Glasscheiden hergestellt, welche man schleift, glättet und polirt, um ihnen Ebenheit und eine scheinbare Vollkommenheit der Oberfläche zu geben. Doch gerade dieses ist nur Täuschung. Durch das Schleifen und Reiben wird die unschätzbare harte Haut, welche das Glas besitzt, zerstört; das weiche Innere des Glases wird bloßgelegt und dieses ist verhältnißmäßig empfindlich. Legt man bedrucktes Papier zwischen solche Glasplatten, so dringt der fettige Theil der Druckerschwärze in die Poren des Glases ein, und läßt sich nicht wieder daraus entfernen. Ebenso absorbirt eine Platte, auf der man schon einmal ein Negativ entwickelt hat, einen Theil des ausgeschiedenen Silbers, und es ist vielen Photographen gewiß schon vorgekommen, daß, wenn sie auf derselben Platte ein zweites Negativ entwickelten, das erste Bild sich zugleich mit dem neuen auf der vorher anscheinend reinen Platte mit wunderbarer Schärfe entwickelte. Tritt auch nicht jedesmal die Störung in solch' entschiedener Gestalt auf, so ist doch der poröse Charakter des Spiegelglases die Ursache von vielen Fehlern. Jorrest stellt nun gewöhnliches Scheibenglas dar, welches durch geeignete Maschinen sorgfältig polirt wird. Bei dieser Behandlung wird die harte Haut nicht fortgeschafft und man erhält ein Glas, das frei ist von allen Unregelmäßigkeiten, dunkeln Stellen, Unebenheiten etc., so daß es die Vortheile des Spiegelglases mit denen des rheinischen verbindet. Ueber das Verhalten der mit Rosanilin gefärbten Zeuge gegen Reagentien; von Philipp Holland. Der Verf. stellte eine Reihe von Versuchen an, um zu entscheiden, ob man auch in dem auf der Faser fixirten Fuchsin die vertretbaren Wasserstoffatome durch Radicale ersetzen und somit das Roth in andere Farben verwandeln könne. Es gelang dem Verf. roth gefärbte Seide in violett gefärbte zu verwandeln, als er dieselbe in verschlossenen Gefäßen etwa 2 Stunden lang mit Jodäthyl auf 100 bis 110° C. erhitzte. Das Jodäthyl muß jedoch, wenn der Versuch gelingen soll, vollkommen trocken seyn, da bei Gegenwart von Feuchtigkeit die Seide in Folge der Bildung von Jodwasserstoffsäure angegriffen wird. Uebrigens ist es zweckmäßig, das Jodäthyl mit wenigstens dem sechsfachen Volumen trockenen Benzols zu verdünnen. Das so hergestellte Violett vertrug das Waschen besser, als das in gewöhnlicher Weise mit Triäthylrosanilin gefärbte. Daß es gelingen werde, das auf der Faser fixirte Fuchsin durch Substituirung von Phenyl in Blau zu verwandeln, ist wenig wahrscheinlich, da diese Umwandlung eine Temperatur von circa 180° C. voraussetzt bei welcher die Seidenfaser leidet. Wohl aber gelingt die Ueberführung in Rothviolett durch Behandlung mit Aldehyd. Mit Fuchsin gefärbte Seide ändert sofort die Farbe, wenn man sie in mit Schwefelsäure angesäuerten rohen Aldehyd einlegt. Nach Verlauf einer halben Stunde ist die Reaction beendigt. Auch kann man so verfahren, daß man 1 Theil zweifachchromsauren Kalis in 6 Theilen Wasser löst, 1 Theil Schwefelsäure zufügt, gut kühlt, in kleinen Portionen unter stetem Umrühren etwa 1 Theil Alkohol zufügt und nach gehöriger Abkühlung die roth gefärbte Seide einlegt. Das so hergestellte Rothviolett ist bei Tageslicht außerordentlich lebhaft, bei künstlichem Licht etwas stumpfer. Man bezeichnet das Aldehydviolett in der Regel als wenig beständig; das in der angegebenen Weise auf Seide fixirte soll indessen beständig seyn, und der Verf. ist der Ansicht, daß auf diesem Wege Seide violett zu färben im Großen billiger auszuführen seyn werde, als die Fixirung anderer Violetts. Bei Anwendung einer concentrirten Aldehydlösung soll eine mehr blaue Nuance resultiren, welche selbst kochender Seifenlösung sehr gut widersteht. Ein Versuch, das auf Seide fixirte Fuchsin in Grün zu verwandeln, gab ein negatives Resultat, da unter den Bedingungen, welche das Grün hervorbringen, die Seide leidet. Die mitgetheilten Versuche wurden sämmtlich unter Verwendung von mit Fuchsin gefärbter Wolle wiederholt und ergaben dabei ähnliche Resultate. Auch auf Baumwolle mittelst Albumin fixirtes Fuchsin konnte in Aldehydviolett verwandelt werden. (Chemical News, December 1870; polytechnisches Centralblatt, 1871 S. 598.) Verfälschung der rothen Anilinfarben, Fuchsin, Rubin etc. Hr. Joly, Assistent an der Universität zu Brüssel, hat gefunden, daß viele rothe Anilinfarben, Fuchsin, Rubin etc., mit bedeutenden Quantitäten Zucker verfälscht sind. Analysen haben ihm bewiesen, daß genannte Farbstoffe bis zu 50 Proc. Zucker enthielten. Das beste Verfahren zur Entdeckung des Zuckers besteht darin, daß man eine Probe des verdächtigen Farbstoffes mit absolutem Alkohol oder besser mit einer Mischung von Alkohol und Aether behandelt. Der Alkohol löst die Farbstoffe auf, indem er den Zucker ungelöst zurück läßt. (Musterzeitung, Zeitschrift für Färberei etc., 1871, Nr. 13.) Man vergl. die Mittheilung von A. Ungerer im vorhergehenden Heft S. 339. Ueber das künstliche Alizarin von Gebrüder Gessert in Elberfeld: von Dr. H. Grothe. Das künstliche Alizarin aus Anthracen wird von der Firma Gebr. Gessert in Elberfeld bereits seit dem vorigen Jahre im größeren Maaßstabe dargestellt. Es ist dieses Product bereits in sämmtlichen Kattundruckereien Deutschlands, des Elsaß, Oesterreichs und Rußlands eingeführt und hat überall eine gleichmäßig günstige Beurtheilung gefunden. Das künstliche Alizarin wird von den Gebr. Gessert in den Handel gebracht in Form eines Teiges, welcher 10 Proc. trockenen, reinen Farbstoff und keine weiteren fremden Substanzen enthält. Es ist diese Form die geeignetste für die Anwendung im Druck, weil in ihr das Alizarin in möglichst feiner Vertheilung sich findet, also geeignet ist, möglichst große Flächen zu bedecken. Färbeversuche mit getrocknetem Alizarin und entsprechender Menge Teig, welche dieselbe Menge trockenes Alizarin enthielt, angestellt, zeigten eine bedeutend geringere Ergiebigkeit des getrockneten Productes. Das Alizarin von Gebr. Bessert ist auf einer Stufe der Reinheit angelangt, welche nichts zu wünschen übrig läßt. Es ist ca. 25 Proc. stärker als Krappextract von demselben Gehalte an Trockensubstanz und seine Farben sind viel schöner, lebhafter und ächter als die des Krappextractes. Das Alizarin ist zunächst berufen, als Farbe für die Dampfapplication zu dienen, und zwar erlaubt es, die mit Krapp oder Garancin bisher gefärbten Artikel der Kattundruckereien jetzt als Dampffarben zu drucken. Da es schöner ist als das bisher zu diesem Zwecke benutzte Krappextract, so wird es diesen Artikel verdrängen. Besonders lebhaft und schön ist das mit Alizarin erzeugte Roth. Als passendes Verhältniß für den Roth druck hat sich folgendes bewährt: 25 Theile Alizarinteig von 10 Proc. trockenem Farbstoff, 10    „ Essigsäure von 8° Baumé, 10    „ Baumöl werden mit einander gerührt, bis die Masse gleichmäßig ist; dann werden zugefügt:   3 Theile essigsaure Kalklösung, bestehend aus 25 Theilen essigsaurem Kalk in 100 Th. Wasser, und 45 Theile concentrirte Gummilösung. Kurz vor dem Drucken gibt man hinzu:   7 Theile essigsaure Thonerde von 8° Baumé, welche bereitet wird, indem man aus 10 Pfd. Alaun die basisch-schwefelsaure Thonerde durch Soda fällt und in Essigsäure auflöst zu 15 Liter Lösung. Die Stücke werden nach dem Druck getrocknet, dann zwei Stunden gedämpft, gewaschen und geseift. Es eignet sich diese Vorschrift auch für den Garndruck. Eine nicht weniger wichtige Verwendung hat das Alizarin als Ersatz der fleurs de Garance (Krappblumen) in der Lilafärberei. 1 Pfd. Alizarinteig ersetzt 7 bis 8 Pfd. fleurs de Garance. Das Garancin, mit dem das Türkischroth bisher gefärbt wird, enthält außer dem reinen Alizarin noch bedeutende Mengen brauner und gelber Farbstoffe, welche alle auf das gebeizte Garn auffärben, so daß dieses nach der Färbung schmutzig braunroth aussieht. Durch langwierige Avivagen in Alkalien, Seifen und Chlor werden die unächten Farbstoffe wieder vom Garn entfernt, bis endlich die reine rothe Farbe übrig bleibt. Es ist dieß eine Reihe mühsamer und kostspieliger Operationen und sind dieselben auch mit Verlusten verknüpft, da bei dem Abziehen des unächten Farbstoffes unvermeidlich auch gewisse Quantitäten ächten guten Farbstoffes mechanisch mit fortgenommen werden. Alle diese Uebelstände sind hingegen vermieden bei der Anwendung des Alizarinteiges. Derselbe liefert, da er lediglich reinen und ächten Farbstoff enthält, direct eine reine Farbe, welche nur einer leichten Seifung bedarf, um einen Glanz zu zeigen, der den der Garancinfarbe bei weitem übertrifft. Ebenso sind die mit Alizarinteig erhaltenen Farben ächter wie die mit Garancin gefärbten, besonders gegen Chlor, was auch einfach in der größeren Reinheit des Farbstoffes begründet ist. In der Türkischrothgarn-Färberei werden 3 1/2 Theile Garancin durch 1 Theil Alizarinteig vertreten, ein Verhältniß, das den resp. Preisen ziemlich proportional ist. In der Färberei des Hrn. J. C. Dunkelnberg in Elberfeld wird das hellere Rosa mit     6 Pfund Alizarinteig oder 300 Grm. trockenem Alizarin auf 100 Pfund Garn gefärbt; das dunklere mit     9 Pfund Alizarinteig oder 450 Grm. trockenem Alizarin auf 100 Pfd. Garn. Das Alizarin kann also den Hoffnungen entsprechen, welche man bei Bekanntwerden der Liebermann-Graebe'schen Mittheilungen über die Auffindung desselben allseitig hegte. Es wird dereinst den Krapp verdrängen! Diese Aussicht steht unwandelbar fest. Wann dieser Zeitpunkt eintritt, ist natürlich nicht zu bestimmen, doch läßt sich erwarten, daß bei dem regen Eifer, welcher von Seiten der wissenschaftlichen und technischen Chemiker und Industriellen der Untersuchung und Nutzbarmachung dieses Stoffes gewidmet wird, der Zeitpunkt nicht fern ist. Ist doch bei dem Alizarin nach Gessert's Methode bereits erreicht, daß das künstliche Alizarin mit Krappextract und mit fleurs de Garance und Garancin in allen Artikeln, wo es sich um ächte Färbungen handelt, erfolgreich concurriren kann. Allerdings kann es bei ordinären Farben, wo Garancin mit Rothholz, Quercitron etc. gleichzeitig zur Anwendung kommen und auch die unächten Farbstoffe desselben mit benutzt werden, noch nicht gegen dieses Krapppräparat in Concurrenz treten. – Wir bringen diese Mittheilung, um zugleich die Strebsamkeit der Gebr. Gessert voll anzuerkennen, da sie die einzigen von allen Fabriken, welche künstliches Alizarin zu fabriciren unternommen haben, sind, welche über Production von Proben hinausgekommen sind, und ein gleichmäßiges Product in größeren Mengen geliefert haben. (Musterzeitung, Zeitschrift für Färberei etc., 1871, Nr. 21.) Ein neues brillantes Hellgrün auf Wolle. Es ist noch Niemand auf die Idee gekommen, aus rothem Blutlaugensalz hellgrün zu färben, weßhalb meine Mittheilung bei der brillanten Schönheit, Aechtheit besonders in Walke, woran es bisher bei Hellgrün so sehr mangelte, und Billigkeit, sowie Einfachheit des Verfahrens gewiß den Betheiligten willkommen seyn wird. Ich nehme auf 20 Pfd. Waare (Tuch, Flanell, Garn): 1/2 Pfd. rothes Blutlaugensalz. 1      „    englische Schwefelsäure, gehe dann mit der Waare in kaltem Kessel ein, lasse den Kessel rasch bis zur Kochhitze treiben und die Waare 1 Stunde lang kochen. Sodann wird die Waare (Tuch, Flanell) aufgedreht, die Garne ausgehoben, und in dieselbe Flotte (Bad) 3 Loth (nach gelber Nuance mehr, blauer Nuance weniger) Pikrinsäure gegeben, worauf nach nochmaligem viertelstündigen Kochen die Waare fertig ist. Wolle bedarf natürlich dessen etwas mehr. Ein Grün mit diesem Verhältniß wird in der Dunkelheit des sogenannten „Sächsisch-Grün,“ nur bedeutend schöner, als dieses aus Indigo-Composition oder Carmin erzeugt ist. Will man nun ganz hellgrüne Nuancen, Wassergrün, Erbsgrün etc. herstellen, so muß man selbstverständlich die Quantität des Kalisalzes verringern, z.B. 20 Pfund Waare: 5, 8, dunkler 10 Loth rothes Blutlaugensalz, 1 Pfd. Schwefelsäure, Behandlung wie oben, sodann 1/2, 1 bis 2 Loth Pikrinsäure. Am schönsten fallen die Grün aus, wenn man den Kessel, nachdem kalt eingegangen wurde, rasch in die Hitze trieb, also am Grellsten und Lebhaftesten in Holzkufe und Dampfheizung; werden dieselben jedoch im Kupferkessel und mit Unterfeuer gemacht, so übertreffen sie selbst da die bisherigen Indigogrün und sind ganz walk- und ziemlich luftächt, wenigstens luftächter als die bisherigen. Das Eingehen der Waare kalt in den Kessel ist unbedingt nothwendig und zwar aus folgendem Grunde: Wird der Kessel, in welchem das rothe Blutlaugensalz und die englische Schwefelsäure sich befinden, angeheizt, bevor die Maare in demselben, so bildet sich ein Niederschlag (das Berlinerblau), welcher theilweise im Kessel, am Kesselrand, Haspel (Lummel), Stöcken etc. sich ansetzt. Würde also auf diese Weise manipulirt, so wäre das fast doppelte Quantum rothes Blutlaugensalz erforderlich, um nur kaum die Nuance so dunkel zu bringen als es so auf die einzig richtige Art mit dem einfachen Quantum erzielt wird. Außerdem wird die Farbe bedeutend trüber, und schmutzt die Waare. Es hat mir diese Färbeweise bisher, seitdem ich das richtige Verhältniß ermittelt habe, noch nie mißglückt und färbe ich mit der größeren Sicherheit. – Ein tieferes Grün jedoch als mit höchstens 1 Pfd. Kalisalz auf 20 Pfd. Waare ist nicht gut zu erzeugen, da mehr Kalisalz auch mehr Schwefelsäure erfordern würde und dieselbe der Waare nicht von Nutzen ist. Carl Pfundheller. (Wollengewerbeblatt.) Anwendung des neutralen Wasserglases zur Wollwäsche. Eine höchst wichtige Mittheilung für die Woll-Industrie ist die Anwendung des neutralen Wasserglases zur Wollwäsche. Die Behandlung ist so einfach und billig, daß man nach einem kleinen Versuche bald die Ueberzeugung gewinnt, daß das Wasserglas wohl das beste und billigste bis jetzt bekannte Waschmittel, besonders für Wolle ist. Man nimmt auf 40 Theile 40–45 Grad Réaumur warmes Wasser, 1 Theil von unserem zu diesem Zwecke bereiteten neutralen Wasserglas, legt die Wolle einige Minuten lang hinein und verarbeitet sie ein wenig mit der Hand; alsdann spult man dieselbe mit kaltem oder lauem Wasser aus, und erhält eine Wolle so vollständig rein weiß und so total geruchlos, daß man das Resultat dieser Manipulation kaum glauben würde, wenn man die Probe nicht selbst gemacht hätte. Die Wolle bleibt auch nach dieser Wäsche vollständig weich, leidet überhaupt durch dieselbe nicht im Geringsten an Qualität, selbst wenn sie mehrere Tage in der Wasserglaslösung liegen bleibt und dann erst mit warmem Wasser ausgespült wird. Man kann auf diese Weise nicht allein die Wolle sehr rasch waschen, indem man sie in Körben oder Netzen einigemal in einer wie oben bereiteten 40–49 R. warmen Wasserglas-Lösung auf und ab läßt und alsdann mit klarem Wasser wieder abspült, sondern auch die Schafe werden sehr leicht und schnell schneeweiß, wenn man sie, nachdem man ihnen die Augen durch Verbindung geschützt, in einem Behälter mit obiger Lösung von 40–45° R. Wärme eine Minute wäscht und dann mit reinem Wasser abspült. In Kammgarnspinnereien müßte die Wolle erst in ein Bad von 40 Theilen 40–45° R. warmem Wasser und 1 Th. Wasserglas 10 Minuten eingeweicht und dann in ein zweites Bad von 80 Theilen circa 30° warmem Wasser und 1 Theil, Wasserglas gebracht werden. Man erhält auf diese Art eine sehr schöne und gewiß billige Wäsche ohne Anwendung von Seife und Soda; die Wolle wird mindestens ebenso weiß, rein und weich, wie nach allen bis jetzt bekannten Waschmethoden. Auch bei der gewöhnlichen Hauswäsche leistet das Wasserglas Unglaubliches. In eine Mischung von 20–30 Th. 40–50° R. warmem Wasser mit 1 Th. unseres Wasserglases legt man die Wäsche Abends hinein und bearbeitet sie des Morgens mit einem Stock, nachdem man die Brühe vorher mit etwas warmem Wasser wieder aufgewärmt hat, dann legt man die Wäsche zum Abträufeln über ein Bret oder über ein paar Stöcke und findet an der schmutzigen Brühe, die zurückbleibt und abläuft, daß der größte Schmutz bereits aus der Wäsche entfernt ist; was davon noch in der Wäsche sitzt, läßt sich mit wenig Seife rasch entfernen. Es ist nun rathsam, die Wäsche nochmals mit einer schwachen Wasserglaslösung (auf 50 Theile Wasser, 36–40° R. warm, nimmt man 1 Th. Wasserglas) zu behandeln und dann mit reinem warmem Wasser auszubrühen. (Noch einfacher geschieht dieß in der Waschmaschine.) Die auf diese Weise erhaltene Wäsche ist blendend weiß und bedarf der Bleiche nicht, dazu stellt sich dieß Verfahren wesentlich billiger und läßt sich viel rascher bewerkstelligen, als das bisher gewohnte mit Soda und Seife. Farbige Wollstoffe werden in einer schwachen Wasserglas-Lösung von 50 Th. 30–40° R. warmem Wasser und 1 Th. Wasserglas gewaschen. Wir belassen das Wasserglas ab Worms und Filiale in Berlin, Hermsdorfer Straße Nr. 4 und 5, à 1 2/3 Thlr. per 50 Kil. in Petroleumfässern und bemerken, daß dasselbe auch von unserem Zweiggeschäft Firma „K. K. p. Wasserglasfarben- und chemische Producten-Fabrik in Wien“ (Wieden), Wielandgasse Nr. 3, zu beziehen ist. v. Baerle und Comp. in Worms. (Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, 1871, Nr. 15.) Das Tannin in der Bierbrauerei. Das Tannin ist bekanntlich der reine Gerbstoff der Galläpfel und besitzt alle Eigenschaften des Hopfengerbstoffes, von welchen wir wissen, daß auf seiner Anwesenheit in den Blättern der Hopfendolde wesentlich die klärenden und conservirenden Eigenschaften des Hopfens beruhen. Ein Zusatz von 15 Grammen Tannin, welches einen Werth von 1 1/2 Sgr. besitzt, wirkt eben so klärend und läuternd auf das Bier, wie 1 Pfund bester Hopfen. Es liefert das Tannin, welches vor seiner Anwendung in der acht- bis zehnfachen Menge warmen Wassers gelöst und dann der Würze zugesetzt wird, während des Kochens eine vollständige Klärung und auf dem Kühlschiffe einen schnell sich abscheidenden, festen Kühlschlamm. Der Hopfen kann demzufolge in allen den Fällen, in welchen man, auf dessen Aroma und Bitterstoff verzichtend, ein süßes, weiniges Bier herstellen will, vollständig und mit Vortheil durch Tannin ersetzt werden, und die Anwendung dieses neuen Klärungsmittels bahnt die Fabrication ganz neuer, hopfenfreier Biersorten an, und überhebt den Brauer der Anwendung der (ebenfalls durch ihren Gehalt an Gerbstoff wirkenden) Späne und aller sonstigen Klärstoffe. Mit der Anwendung des Tannins wird aber in der Bierbrauerei eine ganz neue Epoche hervorgerufen, die als Zielpunkt die Darstellung der sogenannten Lusacbiere besitzt, auf welche wir später zurückkommen werden, und mit deren Bereitung die deutsche Bierbrauerei sich an die Spitze der Reorganisation des deutschen Brauverfahrens überhaupt zu stellen berufen ist. (Der Bierbrauer, 1871, Nr. 1)